Der Sandkasten-Rowdy

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Liebe Lisa, es gibt da einen Jungen, der mich an meine Grenzen bringt. Wir treffen ihn in den letzten Wochen regelmäßig auf Spielplätzen und am Badesee. Er ist drei, dreieinhalb Jahre alt, hat noch ein kleines Geschwisterchen und eine nett aussehende Mutter.

Doch leider gibt es immer Ärger mit ihm. Wie ein aufgezogenes Duracel-Häschen rennt er über den Spielplatz, nimmt anderen Kindern das Spielzeug weg, zertritt Sandburgen, ist laut, macht Ärger. Ständig heult irgendein Kind, weil der Junge einfach keine Grenzen kennt. Ihn interessiert es nicht, dass jemand anders gerade mit dem Bagger spielt. Er geht hin und nimmt ihn weg. Letzte Woche nun blockierte meine Tochter oben die Rutsche – was natürlich auch nicht toll ist. Der Junge will an ihr vorbei, meine Tochter sagt noch: „Ich rutsch ja schon“, aber da beißt der Junge sie in die Schulter. Und zwar heftig. Meine Tochter schreit und heult, ich erschrecke total. Die Mutter des Jungen hat alles mit angesehen, aber sie rührt sich nicht vom Fleck. Ich schnappe mir den Jungen und sage ihm deutlich, dass Beißen überhaupt nicht geht. Und dass ich das absolut nicht dulde. Er reißt sich los und stürmt ohne ein Wort davon. Was mich wirklich schockiert, ist das Verhalten der Mutter. Sie wirkt total unbeteiligt. Wenn sie keine Lust hat, ihren Sohn in die Schranken zu weisen, erwarte ich doch wenigstens, dass sie meine Tochter tröstet, die völlig tränenüberströmt ist. Dass sie Anteilnahme zeigt. Aber nichts. Sie hockt im Sand und tut nichts. Ich bin so wütend, dass ich kurzerhand den Spielplatz verlasse, weil ich fürchte, ich müsste sie sonst anschreien.

Nun treffen wir die Mutter und den Jungen regelmäßig. Und regelmäßig gibt es wieder Ärger. Nicht mehr so heftigen wie das eine Mal, aber er stört einfach. Und jetzt habe ich die Frage: Wie soll ich damit umgehen? Ihn völlig ignorieren? Meiner Tochter sagen, sie soll sich wehren? Die Mutter ansprechen? Aber ich will doch keine andere Mutter erziehen…ich weiß ja auch nicht, in welchen Lebensumständen sie ist und ehrlich gesagt, habe ich schon so einen Groll sie, dass mich das auch nicht mehr interessiert. Irgendwie bin ich ratlos und genervt….Weißt Du Rat? Oder einer unserer Leser?

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11 comments

  1. Liebe Katharina, ich bin der
    Liebe Katharina, ich bin der Meinung, das es ok ist auch das Kind anzusprechen. Schließlich hat der Junge ein Recht darauf zu erfahren, was er anrichtet. Ich meine damit nicht, dass Du ihn zusammen falten oder ihn zwingen sollst, sich zu entschuldigen. Aber er sollte wissen, dass er anderen Kindern weh tut und das nicht i. O. ist. Ich finde es auch gut, wenn meine Kinder mal von anderen Feedback bekommen, und ich nicht immer allein die Arbeit machen muss (aber nur, wenn es angemessen ist).
    Vielleicht kannst Du ihn auch in Zukunft grüßen, loben, ansprechen wenn es keinen Grund zum Schimpfen gibt, einfach, damit er sich auch mal angenommen fühlt. Damit meine ich nicht, dass Du die Aufgaben seiner Mutter übernehmen sollst. Aber ich denke, es würde ihm guttun.
    LG, Jana

  2. manchmal is es schwierig, Orientierung zu geben
    Liebe Katharina, ich begleite derzeit beruflich eine Mutter, die in einer sehr ähnlichen Situation ist, wie die Mutter dieses Buben. Egal wo sie hingehen, er macht etwas, um andere Kinder zu stören. Er schubst, nimmt etwas weg, zerstört Sandburgen, wirft mit Rindenmulch, kaum, dass er ein Kind am Spielplatz sieht. Zu Freunden mit Kindern traut sie sich schon kaum mehr, weil er immer aneckt. Sie haben alles versucht, erklärt, gedroht, gestraft, Verständnis gezeigt. Es hilft nicht – sein Verhalten ist bis dato vor allem destruktiv. Bei Geschichten, mit Bösewichten, verehrt er den Bösen.
    Wir sind erst am Beginn unserer gemeinsamen Arbeit, aber ich kann Dir versichern, dass kein Kind sich so verhält, einfach nur so oder weil es ein „böses“ Kind ist – es hat immer Sinn, was das Kind macht, auch wenn es uns erschreckt oder abstößt. Meistens steckt eine tiefere Botschaft dahinter; ist es eine Art Hilferuf, der unbedingt von den Eltern gehört werden muss.
    Im Fall, den ich begleite haben die Eltern es „gehört“ und gemeinsam sind wir auf Spurensuche und haben die ersten Notwendigkeiten für Veränderung schon gesehen. So kann sich etwas verändern für die gesamte Familie und die Menschen rund um sie. Aber dazu muss der Blick der Eltern nach außen auf ihr Kind offen sein.
    Diese Mutter wirkt passiv, desinteressiert. Wer weiß welche Sorgen sie grade hat. Eltern, die sehr mit sich, ihren Sorgen, Problemen, Fragen des Lebens beschäftigt sind, können nicht gut sehen, was ihr Kind braucht. Manchmal ist auch die Ratlosigkeit von Eltern so groß, dass sie nicht reagieren. Oder sie wurden selbst so streng erzogen, dass sie nun eine Idee von „mein Kind soll freier sein“ haben.
    Was auch immer dahinter steckt. Wenn Eltern wenig Orientierung geben, bei einem solchen Verhalten nicht reagieren,… dann geraten ihre Kinder in Not und können gar nicht anders als wilder, lauter, unkontrollierter zu werden. Einfach um eine Reaktion zu bekommen, sich gesehen und wertvoll zu fühlen. Die Not mancher dieser Kinder ist groß und der Eltern am Ende auch.
    Was kannst Du tun? Ich würde auch mit der Mutter reden. Ihr einfach sagen, wie es für Dich ist und ob sie das wahrnimmt. Ob sie das handhaben kann, will oder damit einverstanden ist, dass Du es tust.
    Vielleicht erzählt sie Dir, wie es ihr geht.
    Vorausgesetzt, sie ist einverstanden, dass du intervenierst noch ein Aspekt zum Abschluss: Kinder wie er geraten rasch ins Out; gelten als „Störenfried“. Neben einem „Nein! das erlaube ich nicht, wie Du es gemacht hast, ist für ihn besonders wichtig, zu erfahren, was er alles
    darf. Vielleicht kann er irgendwo mithelfen am Spielplatz…
    Nähe hilft; Aufgaben helfen sich wertvoll zu fühlen…
    Alles Gute für Euch

  3. Von der anderen Seite
    Liebe Katharina, auch ich würde Dir raten, die Mutter anzusprechen. Mein Sohn ist vier, sehr groß und stark, und auch sehr friedliebend, wird aber regelmäßig von
    etwas kleineren Jungs spielerisch provoziert. Es ist dann immer so ein kleines Kräftemessen, bei dem die kleinen dann natürlich unterliegen, weil sie einfach kleiner und jünger sind; sie wollen es aber unbedingt ausprobieren und kommen immer wieder an, um sich dann wieder eine „einzufangen“. Vielleicht auch weil sie merken, dass er ihnen nicht wirklich weh tun will. Aber irgendwann, und das ist wirklich immer so, kommt dann der Punkt an dem sie zu weit gehen, er seine wahre Kraft auspackt oder auch nur mal aus Versehen zu doll hinlangt und schon liegen sie am Boden und Heulen Rotz und Wasser unr rennen zu ihren Müttern. Mein Sohn ist deswegen schon mindestens dreimal auf Spielplätzen von mir wildfremden Müttern so lautstark zusammen gefaltet worden, sollte sich mehrfach entschuldigen etc. pp. Er sass dann nur noch weinend in der Ecke, weil er überhaupt nicht verstanden hat, was er eigentlich falsch gemacht hat. Einmal sagte er noch: Wieso soll ich mich jetzt entschuldigen? Der hat doch vorher den Eimer auf mich geworfen und ich habe nichtmal zurück geworfen! Das ist ungerecht!“ Und das stimmte auch, sowohl ich als auch die Mutter des anderen Jungen hatten es gesehen. trotudem beharrte sie auf einer Entschuldigung. Ich stehe dann immer vor der Wahl, mich mit den anderen Müttern so richtig anzulegen, oder meinem Jungen eben diese Ungerechtigkeit zuzumuten. Ich nöchte nicht, dass mein Kind auf dem Spielplatz von fremden Personen zurecht gewiesen wird in einer Weise, die ich für nicht gerechtfertigt halte. Daher würde ich immer zuerst mit der Mutter sprechen.

  4. Danke!
    Für Eure Tipps! Ich werde mir das alles durch den Kopf gehen lassen und dann entscheiden. DANKE!

  5. Liebe Katharina, der Beitrag
    Liebe Katharina, der Beitrag spricht mich sehr an und zwar von der anderen Seite. Ich befand mich einige Zeit auf der Seite der Mutter, dessen Kind sich auffällig verhalten hat. In unseren Fall hat unser Sohn andere Kinder in der Kita gebissen. Wir wussten zu dieser Zeit nicht mehr, wie wir mit der Situation umgehen sollten. Ein paar Mal die Woche kamen Vorwürfe anderer Mütter (speziell von Zweien), dass Ihr Sohn ja nun wieder eine Bisswunde hatte. Wir haben mit unserem Sohn geschimpft, wir haben mit ihm geredet (soweit es mit 2 möglich ist), wir haben versucht die Ursachen zu analysieren, wir haben das Verhalten ignoriert, um ihn nicht noch mit Aufmerksamkeit zu belohnen. Es hat nichts geholfen. Und immer wieder die Vorwürfe andere Mütter deren Kinder sich ja (in meinen Augen) stets vorbildlich verhalten. Es wäre toll gewesen mal etwas emphatisches zu hören wie „Ach ist dein Sohn in dieser Phase – das geht sicher vorbei“ oder auch „Kann man denn gar nichts machen, du hast dich doch sicher informiert…“ Ich wollte auch nicht, dass er anderen Kindern weh tut und es tat mir auch leid. Es war zum Glück nur eine Phase, die vorbei ging und so wird auch dieser Junge auf deinen Spielplatz irgendwann ruhiger werden. In diesem Sinne möchte ich dich auch aufmuntern etwas nettes zur Mutter zu sagen. Auch sie möchte nicht, dass ihr Sohn anderen Kindern weh tut. Sie ist scheinbar hilflos und weiss nicht, wie sie diese Situation verändern kann.
    Grüße aus Berlin

    1. @Ulrike
      Danke für Deinen Kommentar. Er schenkt mir nochmal einen anderen Blickwinkel auf die Geschichte!!!

  6. Liebe Katharina,

    Liebe Katharina,

    ich habe selbst drei kleine Kinder und lese einige deutsche Mütterblogs, am liebsten lese ich jedoch den englischen Blog Momastery von Glennon http://momastery.com/blog/
    Was hat das mit dem Sandkastenrowdy zu tun? Für mich alles.. Bei Glennon – die selbst Mutter von drei Kindern ist, und zudem trockene Alkoholikern, Christin, aber das kannst du alles bei Interesse in ihrem großartigen Blog finden! – geht es immer und immer um die Liebe.
    Vielleicht ist die Mutter des Rowdys überfordert, vielleicht ist sie ignorant, vielleicht.. Ich würde inzwischen die Mutter ansprechen. Auf eine liebevolle, auf sie zugehende Weise. Denn auch wenn es nicht deine Aufgabe ist, sie zu erziehen, vielleicht kannst du ihr Herz berühren und somit ihr Leben ein bißchen schöner machen, und damit auch das Leben ihres Sohnes.
    Man ist schnell versucht wütend zu sein, besonders wenn es um das Wohl der eigenen Kinder geht, ich kenne das sehr gut. Gleichzeitig habe ich die Erfahrung gemacht (und diesbezüglich ganz viel gelernt von Glennon), dass es letztlich nur zwei Gefühle gibt. Angst oder Liebe. Anscheinend bist du die Gefestigtere und die, die die Liebe besser zeigen kann, also fass dir ein Herz und geh auf sie zu. In Liebe.
    Sonnige Grüße aus dem Bergischen von Ni

  7. Bitte ansprechen
    Ich stimme Sabrina da vollkommen zu. Bitte sprich erst die Mutter an. Es kann so viele unterschiedliche Gründe geben, warum sie so reagiert oder eben auch nicht reagiert. Angefangen bei Unsicherheit oder Überforderung ihrerseits bis hin zu Verhaltensauffälligkeiten, Wahrnehmungsproblemen oder tatsächlichen Behinderungsbildern des Jungen oder aber auch tatsächlich ganz banale Ignoranz. Das kannst du vorher gar nicht wissen oder in Betracht ziehen, daher sprich sie bitte an. Vielleicht ist sie ja auch ganz dankbar dafür oder hat tatsächlich einen guten Grund. Wenn dem nicht so ist und es ihr einfach egal ist, was ihr Sohn tut, was ich mir schlecht vorstellen kann, dann würde ich allerdings doch einschreiten und ihrem Sohn Konsequenzen aufzeigen. Denn andere Kinder sollten nicht darunter leiden, wie manche Eltern erziehen. Und dann muss die andere Mutter da durch.
    Hast du denn ansonsten schon mal mit anderen Eltern gesprochen, die vielleicht auch regelmäßig auf diesem Spielplatz sind? Wie reagieren sie?

  8. Step one step two
    Liebe Katharina,
    für mich persönlich gibt es in Solch einer Situation (die ich bisher nur als Betreuerin erlebt habe, da meine eigene Tochter noch sehr klein ist) immer Schritt eins und wenn nötig zwei. Zunächst spreche ich die Mutter bzw. Bezugsperson des Kindes an, da ich mich selbst nicht in der Pflicht sehe mich um Ihre Erziehungsaufgaben zu kümmern. Anders natürlich in „Akut-Situationen“, wobei ich auch hier im Anschluss das Gespräch mit dem Erwachsenen suche. Sollte die andere Bezugsperson nicht auf meine Bitte reagieren spreche ich durchaus auch anschließend das andere Kind an. Sollte das der Bezugsperson nicht gefallen, treffen wir uns künftig zwar sicher nicht zum Plaudern am Sandkastenrand, aber damit muss ich dann Leben.

  9. Die Goldene Regel und ihre Variationen
    Hallo Katharina,

    was ist aus „Du rüttelst am Watschenbaum!“ geworden? Das sollte doch zumindest ein geeignetes Mittel sein, um eine Reaktion bei der sonst teilnahmslosen Mutter hervorzurufen – und manchmal muss etwas Provokation einfach sein. =)

    Aber Spaß beiseite, ich kann mich Martina anschließen und rate Dir, keine Hemmungen davor zu haben, kleinen wie auch großen Menschen etwas Ethik näher zu bringen, die für ein friedvolles Zusammenleben – unter anderem auf Spielplätzen – meiner Ansicht nach sehr wichtig ist. Dadurch gewinnt man zwar nicht viele Beliebtheitspreise, aber man wird doch häufiger das ein oder andere Problem bezüglich unerwünschten Handlungen anderer los und macht die Welt vielleicht ein bisschen besser.

    Natürlich funktioniert diese Vorgehensweise nicht bei allen Menschen, aber mit manchen Dingen muss man einfach leben und sich auch deren bewusst sein (siehe „The Basic Laws of Human Stupidity“ von Carlo M. Cipolla).

  10. Ich erziehe auch andere Kinder
    Ich habe kein Problem damit auch andere Kinder zu erziehen, höchstens ihre Mütter, die dann mit offenem Mund daneben stehen.
    Meine erste Tochter wurde in ihren ersten drei Jahren wie in einer kleinen Affenhorde erzogen. 4 Kinder auf dem Spielplatz, wir Mütter im Plausch und wenn eines der kinder was falsch machte stand irgendeine der Mütter auf und erledigte das, egal ob das eigene oder das einer anderen Mutter. das klappte hervorragend und auch heute handhabe ich das so.
    Ich bin auf einem Minidorf aufgewachsen und auch da war das vor über 40 Jahren *hüstel* noch so – wenn man irgendwo Mist baute kam ein Bauer aus dem stall und schimpfte deinen in Grund und Boden.
    Es gibt den Spruch, dass es ein ganzes Dorf braucht um ein Kind zu erziehen – das sollte auch in der Stadt gelten, versuch es, der Junge wird sich dann wenigstens in deiner Nähe benehmen und wenn die Mutter sich einmischt, dann erzähle ihr mal ein paar Töne über den Biss usw.
    Martina von http://jolina-noelle.blogspot.com/