Gastbeitrag von Katrin: Warum Frauen ihre Mutterschaft nicht gleich bereuen, wenn sie mal genervt sind

kind beleidigt

Vor kurzem habt ihr bei Facebook einen Text von einer bloggenden Mutter geteilt, die sich mit dem Thema „Regretting Motherhood“ beschäftigte und dieses Phänomen scheinbar in jeder Mutter zu finden glaubte, es gebe eben kaum Mütter, die wirklich glücklich seien, schrieb sie. (Der Text hat so viele – auch negative – Reaktionen hervorgebracht, dass die Schreiberin ihn gelöscht hat, weshalb wir ihn hier nicht verlinken können.)

Vorweg, ich habe viel über „Regretting Motherhood“ gelesen und kann deswegen sagen: Es hat eigentlich nichts mit Überanstrengtsein oder Genervtsein zu tun. Es sind Mütter, die einfach ihre Mutterrolle bereuen. Sie bereuen weder ihre Kinder, noch lieben sie ihre Kinder nicht. Es ist schlichtweg das, was die Übersetzung schon sag: Das Muttersein bereuen.

Daher konnte ich gar nicht verstehen, wie man Müttern, die jeden Tag alles für ihre Kinder tun, die Vollzeit nur für ihre Kinder da sind, eine Sache andichten kann, die nichts mit Genervtsein zu tun hat. Genauso wenig konnte ich verstehen, wie man nur eine Seite bewerten kann. Ja, es gibt viele Mütter, die öfter genervt wirken, die so aussehen, als würden sie nicht zurechtkommen und die sich in ihrer Rolle als Mutter nur unwohl zu fühlen scheinen, aber: Wurden diese Mütter auch mal gefragt, ob es so ist? Ob sie bereuen, Mutter geworden zu sein?

Ich kann hier eigentlich nur von mir sprechen, von meinen Gefühlen und auch von meinem eigenen Genervtsein. Es gibt Tage, an denen möchte ich alles hinschmeißen, weil meine Tochter um 4 Uhr morgens beschließt, dass jetzt Zeit zum Spielen ist und das, obwohl sie erst spät gegen Mitternacht endlich eingeschlafen ist. An solchen Tagen geht alles schief, ich bin maulig wegen zu wenig Schlaf und auch meine Tochter kann zu einer richtigen Zicke mutieren, wenn sie nicht genug geschlafen hat. Das äußert sich dann in plötzlichen Wutanfällen, weil ich nicht so spiele, wie sie sich das gedacht hatte oder darin, dass mir das liebevoll gekochte Essen an den Kopf geworfen wird, weil es scheinbar das Falsche war. Und dann bin ich genervt. 

Trotz wenig Schlaf versuche ich das Beste für meine Tochter zu geben und mache damit offenbar alles falsch. Dann kommt einem noch der Alltag dazwischen, denn auch mein Mann oder die Wohnung sollen nicht an meiner Schlaflosigkeit und den Tobsuchtsanfällen unserer Tochter leiden. Ich weiß, dass mein Mann es mir nie übel nehmen würde, wenn es abends nur eine kleine Brotzeit geben würde und auch den Haushalt könnte ich durchaus erledigen, wenn wir alle etwas ausgeschlafener sind, aber ich muss ehrlich sagen, hier kommt wieder der Druck perfekt zu sein. Und genau diesen Druck bekommt man auch durch solche Artikel, wie dem o.g. „Regretting Motherhood“-Beitrag.

Dieser hat uns anderen Müttern im Grunde vermittelt, reißt euch zusammen und seid perfekt, auch wenn euch nicht gerade danach zumute ist. Auch vor seinem Kind sollte man seine Genervtheit am besten verbergen, weil… Ja, warum eigentlich? Weil wir Mütter von einem anderen Planeten kommen, auf dem keine negativen Gefühle zugelassen sind? Es ist wohl jeder Mutter klar, dass man sein Kind nicht anschreien oder womöglich verletzen sollte, nur weil man einen schlechten Tag hatte, aber darf man sein Kind nicht um ein bisschen Ruhe bitten? Oder darum, kurz allein zu spielen? Gerade ältere Kinder können so etwas verstehen und für mich gehört es auch zum Erwachsenwerden dazu, dass die Kinder ebenso lernen, wenn jemand Ruhe braucht, darf er diese auch fordern. Genauso wie das auch ein Kind darf, wenn es gerade mal von der Mama die Nase voll hat.

Auch als Mutter darf man Gefühle haben, man ist eben nicht einfach nur Mutter. In den meisten Fällen ist man auch eine Partnerin, manche Mütter gehen zusätzlich arbeiten, man ist Hausfrau, Köchin, Problemlöserin und vor allem, ist man immer noch ein Mensch. Gefühle sind menschlich und genauso natürlich wie Essen, Schlafen oder Kinder bekommen. Und Kinder sind genauso Menschen mit Gefühlen.

Am Anfang sind diese Gefühle noch rudimentär und simpel, aber wie sollen sich unsere Kinder zu gefühlvollen, toleranten und offenen Erwachsenen werden, wenn wir uns selbst verstellen und den Kindern das Gegenteil vorleben? Vermutlich wirke ich auf manche Menschen auch genervt, fertig und überanstrengt aber würden die mich fragen, wie es wirklich ist, würde ich wohl folgendes antworten:

Ja, ich bin manchmal genervt und mit meinen Kräften am Ende. Ich hätte im Leben nicht gedacht, dass ich irgendwann mal um 20 Uhr ins Bett krabbeln würde, weil ich einfach nur müde und alle bin. Genauso wenig hätte ich erwartet, dass ich mich als Mutter so sehr verändern würde. Im Grunde ist immer ein bisschen Angst da – über die Zukunft, die Gesundheit und das Wohlergehen meiner Tochter. Früher war ich ein unheimlich selbstbewusster Mensch, jetzt liege ich nachts wach und habe Selbstzweifel, ob ich auch alles richtig mache. An manchen Tagen ist Muttersein das Anstrengendste und so nervenzehrend, das ich mich frage, wo ich überhaupt noch die Kraft dafür hernehme.

Aber genauso hätte ich mir nie träumen lassen, dass ich in den unmöglichsten Situationen so voller Liebe sein würde. Dass es mich mal nicht mehr interessieren würde, mit Essen vollgekleckert zu sein, weil ich einfach nur verzückt darüber bin, wie meine Tochter sich selbst und das Essenlernen entdeckt. Bevor ich Mutter geworden bin, hätte ich nie gedacht, dass ein so kleiner Mensch einem so viel Freude und Liebe geben kann, dass alles andere in den Hintergrund rückt. Die Nächte, in denen ich wach mit meiner Tochter auf dem Arm im Schaukelstuhl gesessen habe, weil sie nur so schlafen konnte, hätten mich früher zum Explodieren gebracht, denn mein Schlaf war mir heilig. Aber es gibt nichts Schöneres im Leben, als von kleinen warmen Händen geweckt zu werden, die sich an meine Wange legen. Ich war nie der Kuscheltyp und jetzt ist es einfach wundervoll, wenn meine Tochter mitten im Spielen ihr Spielzeug fallen lässt und sich zu mir auf die Couch kuschelt, mittlerweile ertappe ich mich dabei, dass ich darauf regelrecht warte.

Muttersein ist anstrengend, das eigene Leben rückt oft in den Hintergrund, aber diese kleinen Dinge machen das alles wett und zeigen mir, dass es die absolut richtige Entscheidung war.

Ich kann nur für mich sprechen, vielleicht empfinden es andere Mütter anders, aber auch wenn eine Mutter mal genervt ist oder es auch nur wirkt, macht euch die Mühe und fragt sie einfach mal, anstatt zu urteilen und sich erstmal auszudenken, sie würde irgendwas bereuen.

 

Foto: Pixabay

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2 comments

  1. Genau!
    Das sehe ich ähnlich, es wird viel dramatisiert und überall muss direkt ein Label drauf. Das stört mich auch bei der „Regretting Motherhood“ Diskussion. Es gibt so viele Abstufungen von Überforderung und genervt sein und ich finde, man ist als Mutter auch heute in der Situation, dass man ruhig mal zugeben darf, wenn einem alles über den Kopf wächst und man mal echt keine Lust hat. Deswegen gehört man noch längst nicht zu der Mütterkategorie, die es bereut, Kinder zu haben. Davon gibt es, meines Erachtens, ingesamt wohl doch recht wenige und es ist eher ein Schreckgespenst für die, die noch keine Mütter sind, denn wie oft hörte auch ich als junges Mädchen „Überleg es Dir gut, wann und mit wem Du Kinder haben willst, denn die kann man nicht zurückgeben.“ Das ist wohl wahr. Man kann aber einiges tun, um sich das Leben mit Kindern so schön zu machen wie ohne Kinder, nein, noch viel schöner: Fremdbetreuung in Anspruch nehmen, mal Mittagsschlaf machen, mit den Kindern Dinge unternehmen, die einem selbst Spass machen, also keine Angst vor kleinen Reisen haben oder auch mal ins Museum oder Restaurant MIT den Kindern. Sie ruhig mal 10 Minuten länger fernsehen lassen, damit man in Ruhe eine Freundin anrufen kann. Den verkleckerten Pulli vom Mittagessen ruhig mal anlassen anstatt sofort umziehen. Abends tatsächlich mal die Küche kalt sein lassen; die Kinder essen gerne Butterbrot, mit lecker Aufschnitt, geschnibbeltem Gemüse, und auch der Ehemann, es muss nicht immer perfekt sein! Setzt Euch selbst nicht so unter Druck, dann macht es viel mehr Spass und man sieht die guten Seiten! Wir haben unsere Kinder doch auch, damit es für UNS schön ist!