Geschwisterstreit und Liebe reloaded. Vom Eingreifen und Aushalten.

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Liebe Lisa, Deinen Beitrag über den Geschwisterstreit mochte ich sehr – auch, weil wir am Wochenende ähnliche Szenen hatten. Ich vermute, die Rivalität unter Zwillingen ist noch mal ein Stück größer, aber auch meine Große hat in den letzten Tagen mehrfach geäußert, sie wolle gar keinen Bruder.

Szene eins: Sie baut liebevoll und mühsam ein Legohaus, legt detailverliebt einen Vorgarten an, stellt die Tiere um das Haus herum auf, ist voller Stolz. Der Bruder (15 Monate alt) tapst ins Spielzimmer und setzt sich dazu. Reißt dann eine Hauswand ein, schmeißt die Tiere durch die Gegend, bringt seine Schwester zur Weisglut. „Maaaaamaaaa, nimm ihn weg“, kreischt sie. Was ich total verstehe, denn sie hat sich große Mühe gegeben. Also packe ich den Kleinen und nehme ihn mit ins Wohnzimmer, damit meine Tochter in Ruhe weiter spielen kann.

Szene zwei: Die beiden sitzen im Sandkasten. In zehn Minuten soll es Abendessen geben und solange ich die Brote schmiere, dürfen die beiden noch buddeln. Auf einmal wieder: „Maaaamaaaaa, nimm ihn weg. Er zerstört meine Sandstraße!“ Ich gehe raus und sehe einen kleinen Graben, den sie gegraben hat und den er wieder zuschaufelt. Ist ärgerlich, aber ich lasse die Geschwister zusammen. Was wiederum einen Heulkrampf bei meiner Tochter auslöst.

Später habe ich mich gefragt, ob ich ihn doch aus dem Sandkasten heben hätte müssen. Ich finde, große Geschwister müssen nicht immer alles verstehen, müssen nicht immer mit ansehen, wenn der Kleine was zerstört, nur weil er es nicht besser weiß. Aber manchmal müssen sie es aushalten können. 

Ich finde es super schwer, die Balance zu finden, den Kleinen nicht ständig in Schutz zu nehmen, der Großen beizubringen, dass sie mal zurück stecken muss, aber sie trotzdem nicht immer nur zur Rücksicht und Geduld zu ermahnen. Oft spielen die beiden ganz schön miteinander, manchmal hauen sie sich den halben Tag. Manchmal schreit sie: „Er ist so blöd“, kurz darauf knutscht sie ihn von oben bis unten ab. Lustigerweise merke ich, dass sie den Streit besser schlichten, wenn ich nicht darauf eingehe. Sondern sage: Ich kann jetzt nicht. Ich muss noch 5 Minuten etwas anderes machen. Wenn es dann immer noch ein Problem gibt, komme ich.“ Oft hat sich der Streit in dieser Zeit schon erledigt. Wenn das der Fall ist, bin ich sehr stolz und denke mir: „Was für ein Geschenk, dass sie schon so früh, solche Sozial-Kompetenzen erwerben können. Einfach nur, weil sie einander haben.“

PS: Oben siehst Du eins meiner Lieblingsbilder von früher. Es zeigt meine beiden großen Brüder und mich – heute weiß ich, dass ich von vier wunderbaren Geschwistern so viel gelernt habe – und immer noch lerne. 

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