Wisch Dir den Rotz von der Nase und weiter geht’s!

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Liebe Lisa, 

ja, vielleicht wirst Du mich für diesen Post hassen, aber Du bist ja eigentlich immer diejenige, die mir Tipps in Sachen Mutterschaft und Schwangerschaft gegeben hast, aber heute drehe ich den Spieß vielleicht mal ein bisschen rum. Neulich als Du gedankenverloren am Telefon erwähntest, dass mein Erziehungsstil, sagen wir mal, naja, nicht so stark wie bei Dir, Auf-Das-Kind-Einzugehen sei, saß mein Erstaunen doch tief. „Aber ich bin immer für ihn da“, protestierte ich. „Caro, ich bin gerade in der Kita, ich muss jetzt auflegen, war Deine Antwort.“ 

Ja, und dann habe ich darüber nachgedacht. Und Du hast recht. Ich bin vielleicht nicht sooo einfühlsam wie die meisten Mütter in meiner Umgebung. Aber das auch mit voller Absicht. Mein Sohn ist fast zwei und wenn ich mich an meine eigene Kindheit erinnere, und dass obwohl ich eine sehr liebevolle französische Mutter hatte, war einfach nicht so viel Zeit für das einzelne Kind und irgendwie war das auch für mich wie ich mich als Dreijährige tatsächlich noch erinnern kann, völlig okay so. Wir waren manchmal mit allen meinen gleichaltrigen Cousinen und Cousins neun Kinder und ich konnte mir eigentlich schon immer ausmalen, es denn es war etwas ernstes, wie viel ungeteilte Aufmerksamkeit meiner Eltern ich jetzt bekommen würde. Aber: Das war wirklich okay so. Nicht weil ich meine armen kindlichen Gefühle unterdrückt habe, sondern weil ich es auch wohl schon damals als befremdend empfunden hätte, wenn mir ständig ein Erwachsener die Hand hält. Wir wollten frei sein, im Garten spielen, in den Büschen, in unseren Zimmern, wo auch immer… Klar, war da immer ein Erwachsener in greifbarer Nähe, der uns auch wohl mit Argusaugen beobachtete, aber das spürten wir kaum oder nahmen es zumindest überhaupt nicht wahr. 

Tja, und das ist wohl heute auch, wo ich bei Maxime ansetze. Er ist klein, klar, nicht mal zwei, aber ich renne nicht jedes Mal hin, wenn er vom Dreirad fällt. Ich bin da, beobachte, aber beobachte dann auch, dass er von selbst wieder aufsteigt und jetzt gerade keinen Nerv auf Mama hat, weil es ja weitergehen soll. Ich mache das auch Prinzip, weil ich glaube, dass es mir selbst auch immer gut getan hat, hart im Nehmen zu sein. Einfach, damit das Leben schnell weitergehen kann, verkneife ich mir vieles. Manchmal auch bis in Extrem. Vor zwei Jahren war ich zum Beispiel in Shanghai und kurz nach unserer Ankunft stieß ich mir den kleinen Zeh am Hotelbett so doll, dass er anschwoll und über Stunden so richtig fies extrem wehtat. Ich dachte mir schon: Der ist gebrochen. Aber irgendwie hatte ich keine Lust auf chinesisches Krankenhaus. Wir waren frisch verliebt, hatten dieses riesige Hotelzimmer für uns und diese noch größere Stadt und dieses Land die nächsten vier Wochen vor uns. Also bin ich nie zum Arzt gegangen, ohne Konsequenzen.

Ja, das mag ein extremes Beispiel sein, aber der Kern ist eigentlich das, was ich von Herzen meinem Sohn weitergeben möchte. Stell Dich nicht an. Wenn Du woanders bist, iss, was auf den Tisch kommt, wenn Du woanders einkehrst, beschwer‘ Dich nicht, dass das Bett nicht so weich ist wie Deins zuhause. 

Wisch Dir den Rotz von der Nase, wenn Du hinfällst und weiter geht’s. Manchmal hat man halt Hunger oder Durst (die nächste Banane wartet in Mamas Handtasche!), aber das sitzt man dann halt für eine Weile aus. 

Ich mache das so, liebe Lisa, weil ich glaube, dass Maxime es dadurch im Leben einfach haben wird, als hypersensibel von einem Gefühlsloch in die nächste Laune zu torkeln, nicht weil ich nicht weniger liebevoll sein möchte. Kannst Du das verstehen. 

Gerade kommt er übrigens reingerannt, springt auf mein Bett, stößt sich den Kopf, ruft „Auaaa“ und lacht sich kaputt. Scheint ja schon ein bisschen funktioniert zu haben…

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7 comments

  1. „locker“
    Hallo caro,

    ist jetzt nicht bös‘ gemeint, aber in dem beitrag klingst du irgendwie ein bisschen wie die von dir (zu recht) „gehassten“ ach so „lockeren“ und coolen mütter 😉

    und ich finde auch, irgendwie passt es nicht so recht damit zusammen, dass du ja sonst schon eher als sehr fürsorgliche und besorgte mutter rüber kommst. wobei ich sagen muss, wenn ich so überlege, habe ich da wahrscheinlich auch zwei seiten in mir…

    lg
    a

  2. naja
    naja…ich fidne es gibt in unserer gesellschaft schon zu lange die strategie….wisch dir einfach den rotz von der nase und weiter gehts…wo ist dann mal das innehalten…das auf sich schauen, das auch mal pause machen können…mir kommt das halt zu sehr an das „funktionieren müssen“ ran…und das genau finde ich sollten unsere kinder nicht (mehr) lernen müssen…aber da schreibst du ja, dass du dann auch da bist, wenn er dich braucht oder die banane in der handtasche ist und das finde ich sehr gut….

    und ich glaube auch viele wege führen nach rom…und für mutter und kind muss es passen.

  3. Ich finde es gut,
    dass jeder seinen eigenen Stil hat, wie er sein Kind erziehen möchte und es ist gut, dass es jeder auf seine Weise tut. Auch jedes Kind ist verschieden und man wird selbst Geschwister nie gleich erziehen können. Gott sei Dank sind alle unterschiedlich. Deswegen würde ich auch niemals einer anderen Mutter reinreden. Und es inspiriert ja manchmal auch einen selber, wenn man andere beobachtet…

  4. Ein bisschen was von allem…
    Liebe Caro,
    nach bald einem Jahr als Mama habe ich immer mehr den Eindruck, dass irgendwie viele Wege nach Rom führen. 🙂 Ich glaube, jede(r) muss einfach den für sich Richtigen finden und dann passt es auch am Besten für das Kind. Ich finde es hilfreich und mutig, dass Ihr uns auf diese Weise an Eurem individuellen Weg teilhaben lasst. Ihr eröffnet damit eine tolle Möglichkeit zum Austausch, wenn man gerade mal wieder nicht raus kann etc. …Toll finde ich es auch, wenn andere Mamas dadurch angeregt ebenfalls von ihren Erfahrungen berichten und wenn wir uns alle dabei nicht so hammermäßig bewerten/beurteilen. Es ist doch so schon herausfordernd genug, den eigenen Weg zu finden, meint Ihr nicht? 🙂
    Mir persönlich hat es (zurück zum Thema Deines Artikels) super geholfen hat, einfach mal ein rein auf Fakten basierendes Entwicklungsbuch zu lesen. Es fiel mir daraufhin leichter „zu wissen“, wann ich ihn eher machen lassen kann und wann sofortiges Dasein wichtig/hilfreich ist. Außerdem habe ich für mich eigene Images („Oberglucke“ oder „Mama Obercool“) sowie den Anspruch „eine gute Mutter“ sein zu wollen (was genau ist das?) aufgegeben (oder versuche es jedenfalls immer wieder:-)). Ich bin einfach ich und jetzt auch Mama.

    Dir, liebe Caro, alles gute für die Schwangerschaft! Jetzt beginnt ja bald der entspanntere Teil! (Wünsche ich Dir jedenfalls.)

    LG Anka

  5. Irgendwie…
    …hat man oft beim Lesen deiner Beiträge das Gefühl, du bist eine fanatische Oberglucke, um dann beim nächsten Mama Obercool präsentiert zu bekommen…mir fehlt da ab und zu die entspannte Mitte.

  6. find ich voll gut
    Find ich voll gut liebe Caro, ich mache es ähnlich und denke man gibt dem Kind dennoch genau die selbe Liebe. Mütter welche ständig um ihr Kind herum sind und es auch nachts beim kurzen Aufwachen direkt neben dem Bettchen stehen machen mir einfach zu viel Theater. Die Kinder haben nix davon, sie lernen nur, dass immer jemand kommen muss wenn was los ist und das fördert keine Eigenständigkeit und auch das Gefühl „ich schaff das schon“ bleibt völlig auf der Strecke. Und bezeichnend finde ich auch immer wieder: sobald solche Eltern dann mal ein Wochenende für sich weg sind, jemand anderes auf die Kinder aufpasst, klappt plötzlich immer alles „ohne Probleme“ 😉 das kann doch echt kein zufall sein denke ich mir da!

    1. na, na, letzteres spricht
      na, na, letzteres spricht wohl eher dafür, dass die vermeintlich verhätschelten Kinder doch so unselbstständig nicht geworden sind! 😉

      a.