Wenn schon Applaus, dann bitte für alle Mütter, egal welchen Weg sie wählen

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Sorry Caro, aber gegen Deinen Beitrag muss ich jetzt einfach mal direkt anreden. Mich stören einige Dinge, besonders aber zwei.

Erstens: Warum dürfen Männer nach der Geburt einfach weiterarbeiten ohne einen vor den Latz geknallt zu bekommen, wie schlimm das ist, dass sie das erste Lächeln verpassen? Warum wird das immer nur den Frauen vorgehalten, sind sie etwa verwandter mit den Kindern als die Väter?

Zweitens hat es einige Kommentare gegeben, die besagen: Kind oder Karriere, man muss sich halt entscheiden. Dem möchte ich einfach vehement widersprechen, denn wenn das heute noch so sein müsste, dann wäre das ein Armutszeugnis für unser Land und von Chancengleichheit könnte einfach keine Rede sein, nicht mal im Ansatz.
Überhaupt: Warum maßen wir uns an, über andere Lebenswege zu urteilen, statt uns zu freuen, dass wir uns frei entscheiden können? Warum immer dieser dogmatische Zickenkrieg?

Die Frau macht es anders, also macht sie es falsch, oder wie? Das ist doch Bullshit.

Was mich auch immer wieder nervös macht, ist dieses Totschlag-Argument: Warum hat sie überhaupt ein Kind gekriegt? Ja, geht uns das denn überhaupt etwas an? Die liebe Yahoo-Dame hat ein Kind bekommen, weil sie ein Kind bekommen wollte. Punkt. Ich kenne sie nicht und doch gehe ich davon aus, dass sie gewisse Muttergefühle hegt und ihr Kind sogar LIEBT. Oho.

Dass einzig die Mutter ausschließliche Betreuungsperson sein darf, ist doch auch ein rein westliches Phänomen. Schau doch mal nach – sagen wir – Afrika. Da erziehen sich die Kinder gegenseitig, Klein hört auf Groß und bei den Großen hat der Onkel genauso viel zu sagen wie die Mutter. Die Kinder wachsen in der Gemeinschaft auf und nicht in dieser Mutter-Kind-Symbiose wie hier häufig zu sehen. Auch so können Kinder groß werden.

Manchmal habe ich das Gefühl, dass es früher leichter war, Mutter zu sein, weil der Weg vorgegeben war. Papa ging arbeiten, Mama blieb zuhaus. Heute ist alles möglich und das beunruhigt scheinbar viele. Auch Du fragst Dich in diesem Beitrag, ob Dein Kind mit zehn Monaten nicht noch viel zu klein ist  für die Kita. Vor lauter Unsicherheit, welcher Weg der Richtigste sein könnte, bekriegen sich Frauen untereinander, dabei brauchen wir uns doch gerade heute gegenseitig so sehr. Es gibt kaum noch gemeinsam lebende Großfamilien, in denen die Verwandten mal einspringen können. Viel zu viele einsame Mütter (ja, es sind leider immer noch meist die Mütter) sitzen auf den Spielplätzen und erleiden Fast-Zusammenbrüche, wenn das Kind krank wird, weil sie niemanden kennen, der mal helfen kann. Da wären andere Mütter sowas von hilfreich. Wenn sie sich nicht gegenseitig mit Sand bewerfen würden.

Ich habe mich selbst kürzlich für ein Großfamilienleben entschieden, weil es vieles so viel einfacher macht. Mal können die Kinder bei Oma mitlaufen, mal bei Opa, mal beim Onkel. Bin ich deswegen eine schlechtere Mutter, weil ich mich nicht rund um die Uhr ausschließlich um meine Kinder kümmere, sondern auch mal die Großeltern? Und jetzt sag nicht JA oder NEIN, bezieh es nicht auf Dein eigenes Leben und denk: Für mich wär das nix, sondern nimm es zur Kenntnis und denk allenfalls: Aha, interessant. Auch ein Weg. Nur weil ich das so mache, hei´t das aber noch lange nicht, dass ich dasselbe nun auch von Dir verlange. Du MUSST jetzt in der Großfamilie leben, weil ich es tue. Hört sich skurril an in diesem Fall. Wenn es um Kind und Karriere geht, geht es aber um ebensolche Argumentations-Skurrilitäten.

Ganz ehrlich, Millionenjob hin oder her: Meinst Du, Marissa Mayer setzt sich zu Hause hin und denkt sich: Hm, wie kann ich den Frauen dieser Welt ein Vorbild sein, ein Statement setzen? Und dann auch noch mit der privatesten Angelegenheit einer Schwangerschaft/Geburt/Erziehung? Das tut sie nicht und das tut Ihr nicht und das tun wir nicht. Wir entscheiden das alles selbst und nur für uns und unseren Mikrokosmos. Gleiches Recht für alle, da nehme ich jemanden mit einem höher datierten Job sicherlich nicht aus.

Es ist so ein Wahnsinn, wie ideologisch verschiedene Mutterwege immer noch diskutiert werden. Dabei wäre es so schön, wenn wir all diese Kräfte bündeln könnten und gemeinsam einen Schritt nach vorn wagen. Damit eine Chancengleichheit wirklich möglich wird und jeder seinen eigenen Weg mit gutem Gewissen gehen kann. Egal ob jemand Marissa, Caro oder Lisa heißt.

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10 comments

  1. Genau so ist das…
    …und deswegen nerven ja auch die Berichte in Zeitungen über Familienministerinnen und Prominente, die Beruf und Erziehung eines oder mehrerer Kinder so ganz Leger meistern als wäre es nix. Da leistest Du doch viel mehr, oder? Die haben aber Im Gegensatz zu Dir einen Apperat an Kindermädchen und teure Kitas und im Zweifel teure Wellness-Urlaube. Ich bin alleinerziehend und muss auch arbeiten, um unser Leben zu finanzieren. Ich wünschte, ich hätte mehr Zeit für meine Tochter! Ich bin da also ganz bei Dir und sehe es einfach mit Besorgnis wenn in der Gesellschaft ein völlig falsches Bild von Vereinbarkeit von Beruf und Familie vermittelt wird,

  2. Ist es nicht auch so….
    …das man es sich heutzutage meistens nicht mehr aussuchen kann ob oder wann man wieder arbeiten geht? Ich gönne jeder Familie ihren Weg – egal wie der aussieht. Aber wir können es uns nicht aussuchen. Ich muss spätestens wieder arbeiten gehen, wenn mein süsser kleiner Sohn (jetzt bald ein jahr alt) 1 1/2 ist. Und ich habe schon gefragt ob ich ab Januar zumindest für zwei Wochenenden im Monat kommen darf (Ich bin Krankenschwester). Wir brauchen das Geld – so pragmatisch sich das auch anhört – es ist so! Um uns alle zu ernähren verdient mein Mann leider zu wenig. Und was hat mein Sohn davon, wenn wir nicht das kaufen können (und ich spreche dabei vom existentiellen!) was er braucht? Ich wäre gern zu Hause bis mein Kleiner drei ist – aber es ist einfach nicht möglich!

  3. ist es nicht so…
    dass man heute fast als träge und bequem gilt, wenn man nicht hoppladihopp so schnell wie möglich zurück ins Berufsleben geht? Man hat ja fast den Eindruck, die Karrierefrauen, die zwei bis drei Jahre Elternzeit nehmen, bekommen den Titel damit abgesprochen. Richtig Caro, es ist auch in meinen Augen nichts sonderlich Erwähnenswertes, wenn man Karriere macht und nebenher ein Kind bekommt, das ist doch heute möglich, wenn man genug Geld für die Kinderbetreung hat und weiß, dass das Kind gut aufgehoben ist. Aber mal ehrlich, was wäre denn, wenn Melissa sich mehr Zeit für den Sohn nehmen wollen würde? Hat sie wirklich eine Wahl, oder war es das dann, mit der Karriere und sie wird plötzlich nicht mehr öffentlich bewundert? Und das ist der Knackpunkt! Warum würde sie eigentlich nicht dafür bewundert? Was glaubt Ihr, wieviele Frauen Karrierefrauen in dem Dilemma stecken. Mein Chef hat mal gesagt, wenn er Termine absagt, weil er sich um sein Kind kümmern muss, sind alle in der Firma beeindruckt und nehmen voller Respekt gerne Rücksicht. Bei weiblichen Führungskräften sind dagegen immer alle genervt…

  4. Danke, Lisa!
    Toller Beitrag, Lisa! Ich selbst habe auch lange Zeit gedacht mein Weg sei der einzig Richtige, aber das ist vermessen, wenn man das denkt! Einen tollen Denkanstoß hat mir auch das Buch „Muttergefühle.Gesamtausgabe“ gegeben. Hier wird keinE verurteilt, weil sie es anders macht und so muss es sein. Und Fakt ist – eine sich bis sehr Selbstaufgabe aufopfernde Mutter, die ihren gesunden Egoismus verloren hat, kann weder ihrem Kind/ihren Kindern eine gute Mutter, noch ihrem Partner eine gute Partnerin sein. Und wie jede von uns zufrieden und glücklich wird, das sollte auch jede für sich und ihre Familie entscheiden dürfen. Ich habe mich lange gefragt woran es eigentlich liegt, dass Mütter sich heutzutage so anfeinden bezüglich ihrer unterschiedlichen Lebensmodelle und eine ganz simple, wie auch traurige Antwort für mich gefunden: NEID. Die „Zuhause-Mama“ ist neidisch auf die „Karriere-Mama“, die nicht den ganzen Tag für die Kinder funktionieren muss und umgekehrt ist man neidisch, weil die andere so viel mehr Zeit mit den Kindern verbringen kann und überhaupt hat man ja ständig wegen allem ein schlechtes Gewissen… Ihr seht, auch bei mir löst das Thema große Emotionen aus und ich habe vor einiger Zeit beschlossen einfach jede Mama bzw. jede Familie und ihren Weg zu tolerieren und mich für jeden zu freuen, der glücklich und zufrieden ist. So geht es uns allen besser!

  5. Danke!
    Danke für den Artikel! Ich werde selbst bald Mutter und um mich rum verunsichern mich auch viele ständig mit dem Thema wann ich zurück in den Job darf und machen mir ein schlechtes Gewissen wenn ich sage, dass ich das eigentlich nach 6-10 Monaten wieder anstrebe. Oft höre ich dann: „Wozu kriegst Du dann ein Kind wenn Dir die Arbeit so wichtig ist …“ Ich komme aus den neuen Bundesländern und meine Mutter hat auch beides super gewuppt. Volltagsstelle und 2 Kinder. Es gab kein entweder oder. Sie wollte beides. Und ich möchte das eben auch!

  6. ups
    Da hab ich wohl meinen Mikrokosmos zu vehement vertreten.

    Und Ja, der Weg den Lisa denkt ist sehr gut. Wir vergessen immer die Toleranz anderen gegenüber.

    Und 2. Ja: Zicken liegt Frauen in den Genen. Sagt zumindest mein Mann ;-). Der musses ja wissen 😀