Zurück zum Alltag – bin ich wirklich zu ungeduldig und schnell?

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Ihr Lieben, vor zwei Tagen habe ich ja einen Artikel darüber geschrieben, wie es uns vier Monate nach der Geburt unserer Tochter geht. Ich schrieb davon, dass die abendliche Schreiattacken weg sind, aber auch, dass ich wieder joggen gehen will und dass ich mir Gedanken um die berufliche Zukunft mache. 

Eine Leserin kommentierte darauf hin im Blog folgendes: 

Ich freue mich, dass Ihr Euch schon so gut eingelebt habt. Für meine Begriffe geht das aber alles so schnell bei Euch, rein gedanklich und emotional: Mit 12 Monaten geht das Baby in die Krippe, joggen tue ich vier Monate nach der Geburt schon regelmäßig und gedanklich bin ich schon eigentlich im Jahr 2018…das kann ich so schwer nachvollziehen. Genieße doch einfach jetzt das Mama-sein ganz ohne Hintergedanken. Die Zeit rennt so schnell und Du bist so jung. Du hast noch so viel Zeit, Deine Projekte zu machen.

Das fand ich total interessant und habe lange darüber nachgedacht. Was sich für mich völlig normal anfühlt, ist für andere viel zu früh. Was wieder einmal beweist: Jede Frau, jede Mutter, jede Familie hat ihr eigenes Tempo. 

Das fällt mir zum Beispiel immer auf, wenn ich Berichte über Fernreisen mit Babys lese. Ich hätte mich nie getraut, 14 Stunden mit einem Säugling zu fliegen – für andere scheint das kein Problem zu sein. Als meine erste Tochter 10 Monate alt waren, waren mein Mann und ich alleine drei Nächte in Istanbul – viele meiner Bekannten konnten das nicht verstehen, wie wir so ein kleines Kind abgeben können. 

Wie ist es also in diesem konkreten Fall? Geht es wirklich alles so schnell bei uns? 

Die Kleine wird mit 12 Monaten in die Krippe gehen. Meine beiden Großen waren mit je 15 Monaten in der Kita, die Kleine wäre also früher dran. Wie ich mich damit fühle? Momentan gut. Wie es sein wird, wenn die Eingewöhnung startet, kann ich nicht sagen. Ich habe aber ja das große Glück, selbstsändig zu arbeiten – dh die Kleine könnte zb. auch erstmal nur vormittags in die Kita gehen. Zudem hoffe ich, dass sie die Eingewöhnung gut mitmachen wird, weil wir ja bereits jeden Tag in der Kita sind, sie die Räumlichkeiten dann also schon gut kennen wird. Tatsächlich habe ich aber nie darüber nachgedacht, die Kleine wesentlich länger als ein Jahr zu Hause zu lassen. Vielleicht hat mich Berlin da schon sehr geprägt und auch die Erfahrung, dass es bei meinen Großen gut geklappt hat. 

Ich gehe vier Monate nach der Geburt joggen. Ich war bisher dreimal, weil ich mich wirklich schlimm danach sehne (das Foto oben stand kurz vor meinem letzten Lauf). Vor der Schwangerschaft bin ich zwei-bis dreimal die Woche gelaufen.  Es geht mir weniger um die köperliche Fitness, sondern um das Kopf-frei-Kriegen. Ich leiste jeden Tag ganz schön viel und stecke meine Bedürfnisse ordentlich zurück, da war das Joggen ein guter Ausgleich für mich. Da ich irgendwie immer zu wenig Zeit für Sport habe, finde ich das Joggen ideal. Ich muss in kein Studio fahren oder auf Kurszeiten achten. Einfach Schuhe an und los. Eine halbe Stunde später bin ich ein anderer Mensch. Genau das fehlt mir gerade so. Und deshalb habe ich auch schon jetzt, also relativ schnell nach der Geburt, wieder angefangen. Ich möchte einfach mir wieder was Gutes tun. Langsam, keine weiten Strecken, aber trotzdem meine Auszeit. 

Gedanklich bin ich schon im Jahr 2018. Das stimmt so natürlich nicht – auch nicht beruflich. Fakt ist, dass ich mich nicht einfach so zurück lehnen kann und nicht mehr an meine Arbeit denken kann. Das war möglich, als ich festangestellt war. In den letzten zwei Jahren habe ich wie eine Blöde geackert, um als Selbstständige Geld zu verdienen. Ich hatte oft Existenz-Ängste, habe es aber geschafft, mich durchzubeißen. Wenn ich jetzt einfach ein Jahr komplett aussteige, kann ich einige Auftraggeber vergessen. Aus den Augen, aus dem Sinn – so ist das leider. Und: Ich liebe meinen Job einfach. Ich wollte nie etwas anderes machen als Schreiben. Menschen interviewen, ihre Geschichte verstehen, aufschreiben, etwas bewirken und berühren vielleicht. Wenn ich nicht schreiben kann, fehlt mir etwas. Zum Glück gibt es ja diesen Blog , der mir das Schreiben ermöglicht. Aber da Lisa und ich ganz bewusst diesen Blog nicht hauptberuflich/ausschließlich beruflich betreiben wollen, möchte ich eben am Ball bleiben. Manchmal hadere ich damit, dass ich gerade nicht alles schaffen kann. Aber es gibt genauso viele Momente, in denen ich mein Baby angucke und mich einfach nur über die Zeit mit ihm freue. 

Es stimmt wohl, dass ich eher der unruhige Typ bin. Es stimmt auch, dass ich besonders beruflich immer Panik habe, dass es nicht weiter gehen könnte. Es stimmt auch, dass ich mich manchmal bremsen muss. Ich bin gern in Bewegung, möchte voran kommen. Dennoch glaube ich, dass ich die Babyzeit jetzt wesentlich bewusster genieße als noch bei Baby Nr. 1.

Und ich glaube auch, dass es nicht so sehr darauf ankommt, wann man was tut. Sondern dass es ganz allein darauf ankommt, dass man selbst und die Familie sich damit gut fühlt. Was sich gut für uns fünf anfühlt, testen wir gerade aus. Noch ist nicht alles perfekt – wahrscheinlich wird es das auch nie sein. Muss es auch nicht.

Aber ich wünsche mir, dass wir alle fünf glücklich sind.

 

——ZUM WEITERLESEN: 

Selbstständig und Elternzeit – wie geht das?

Gedanken zur Rollenverteilung

Wie ich mir einen Personal Trainer leistete

 

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6 comments

  1. Ich versteh dich so gut!!
    Liebe Katharina, ich versteh den Kommentar, ich verstehe aber auch dich sehr gut!! Es ist doch wichtig, dass es uns Mamas gut geht, und ich habe beim zweiten Mal jetzt auch schneller angefangen wieder auf mich selbst zu schauen, mir Auszeiten zu nehmen und auch Sport zu machen! Im Bekanntenkreis habe ich gemerkt: manche Mamas brauchen mehr solcher Auszeiten oder auch früher, andere weniger oder gar nicht – ist wie alles sehr individuell. Aber du siehst so happy aus auf dem Foto, also behalt dir das bei, wenn es dir so gut tut!! Alles Liebe, Ulli

  2. Wunderbar authentisch
    Liebe Katharina,

    ich les Euren Blog so gern. Ich bin Yogalehrerin, arbeite viel mit Schwangeren und jungen Eltern nach der Geburt, die ihre Kinder dann zum Yogakurs mitbringen und die Eltern machen Yoga, während die Kinder einfach mal „nebenher laufen“ – also kein Pekip, Pikler, Delphi (wo ja die Eltern sozusagen als Anhang dabei sind, beim Kurs für die Kinder) – sondern Zeit und Raum für die Eltern und das Kind darf mit. Pekip, Krabbelgruppen, Kontaktgruppen etc. können natürlich trotzdem alle machen, wie sie lustig sind. Aber ich mag Raum für die Eltern schaffen. Denn:

    Glückliche Eltern – glückliche Kinder!

    Als Yogalehrerin und als Mama bin ich dankbar für die Ehrlichkeit, die aus diesem Artikel spricht. Und tatsächlich finde ich es sehr mutig, dass Du Eure Situation so teilst, mit Euren Lesern. Denn natürlich gibt es Leute, die es ganz anders machen und die dies dann gern auch bei den anderen sähen, um sich selbst bestätigt zu fühlen.

    Aber: jede(r) hat sein Tempo. Und wie schön bunt ist die Welt dadurch. Du kennst Deine Kinder, Du bestimmst die Richtung Deines Lebens, Du hörst Deine innere Stimme.
    Wie schön, dass Du ihr folgst.

    Hab einen schönen Tag
    Julia

  3. Mach dein Ding, du kannst dein Kind am besten einschätzen
    Lass dir nicht reinreden. Wobei das wahrscheinlich gar nicht beabsichtigt war von der Kommentatorin – sie hat lediglich ihre Meinung geschildert. Lass dich aber nicht verunsichern. Wie die Vorrednerinnen bereits schrieben, kommt es immer auf den Einzelfall an, jedes Kind ist anders, jede Mutter auch. Und jede Familie hat ihr eigenes Tempo. Ich entband vor 3,5 Jahren mit Kaiserschnitt. An einem Mittwoch. Ich war selbstständig und montags drauf stand ich wieder in meinem Geschäft. Wennauch ich nicht sofort wieder Vollzeit einstieg, so war ich doch täglich stundenweise im Laden – wenn es nicht anders ging (weil der Vater auch arbeitete und die Großeltern nicht immer verfügbar waren) auch mit Baby. Nach 2 Monaten arbeitete ich wieder voll und nach 3 Monaten ging ich wieder ins Fitnessstudio (da ich massive Probleme mit dem Rücken hatte) und mein Kind ging mit 9 Monaten zur Tagesmutter. Sie fühlte sich pudelwohl dort und ich bin sehr froh, dass sie diese Zeit erleben durfte. Der Kontakt zu Gleichaltrigen, war das Beste, was ich meinem Kind „geben“ konnte. Sie hat sehr viel gelernt dort, sich super entwickelt und ist sehr aufgeschlossen – ein fröhliches Kind. Ich denke, nur mit mir daheim, wäre es monotoner gewesen für das Kind – und auch für mich. Ich denke nicht, dass ich dem Kind soviel hätte geben können, wie sie von der Tagesmutter mitgenommen hat. Dort war die Kleine bis sie 2 3/4 war und seit Herbst geht sie in den Kindergarten. Sie fühlt sich auch dort wohl. Die Selbständigkeit habe ich mittlerweile aufgeben – auch die Beziehung zum Kindsvater. Ich wohne mit der Kleinen nun in unserer eigenen Wohnung in der selben Stadt. Sie sieht ihren Vater oft und regelmäßig. – ca 2- 3 Tage die Woche, ich arbeite wieder in Festanstellung 32 h/Woche. Mach, was du für gut befindest!

  4. Jede Frau ist anders
    und hat ihr eigenes Tempo. Ich musste grinsen, als ich den ersten Abschnitt laß. Wir sind so welche, die mit 8-Monate altem Baby 11 Stunden in die USA geflogen sind, um dann drei Wochen lang einen Roadtrip zu machen (für sehr viele absolut undenkbar). Jetzt ist sie 15 Monate alt. Über Nacht kann ich nur woanders schlafen, wenn mein Mann für sie da ist. So trifft einfach jede ganz individuell seine Entscheidungen, mit denen sie sich wohlfühlt.

  5. Ich denke jeder sollte in der
    Ich denke jeder sollte in der Elternzeit, dass machen womit er sich gut fühlt und auch die spätere Planung des Wiedeeeinstiegs gehört nun mal dazu. Man kann ja nicht einfach so in den Tag leben und dann steht auf einmal da und nichts ist organisiert. Unsere Kleine geht seit sie 12 Monate ist für 8,5h in die Kita und sie fühlt sich da pudelwohl. Ich selbst war nach 9 Monaten wieder arbeiten und hab auch seit dem dritten Monat Sport gemacht. Anders hätte ich es auch nicht gewollt. Und ich gestehe, dass ich seit ich arbeiten, viel entspannter bin und das kommt ja auch meiner Familie zu Gute. Aber wie gesagt, jeder ist anders und das sollte man auch akzeptieren.

  6. Jeder hat sein Tempo
    Das finde ich auch! Danke für diesen Schönen Bericht – Ihr beide seid so herrlich sympathisch. Tut gut in dieser Bloggerblase