Gastbeitrag: Bin ich eine schlechtere Mutter, weil meine Kinder keine Hobbys haben?

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"Hanna würde sich gerne mal mit Jule verabreden. Wie sieht es denn Donnerstag bei Euch aus?"

"Donnerstag hat Jule Geige." 

"Freitag?"

Da geht sie zum Ballett."

"Montags?"

"Da ist Töpfern – so sorry!"

Oh mann, wann ist es eigentlich so schrecklich voll im Terminplan von manchen Kindern geworden? Ich stelle immer wieder fest: Fast alle Klassenkameraden meiner achtjährigen Tochter sind so beschäftigt wie ein Dax-Vorstand. Sport, Musik, Handwerk – fast jeder Tag ist besetzt. Ich frage mich: Wann haben diese Kinder Zeit zum Spielen?

Ich bin kein Fan von dieser Hobby-Flut. Meine Tochter spielt Flöte – das wars. Klar gab es Zeiten, da wollte sie tanzen, Tennis spielen, reiten. Aber ich habe es nicht erlaubt. Sie geht in die Schule, spielt ein Instrument, das muss doch reichen. Ich habe keine Lust, dass meine Achjährige jetzt schon im Freizeitstress ist. 

Nur: Bei vielen Müttern stoße ich dabei auf Unverständnis. Als ob ich das Kind vernachlässigen würde, nur weil ich nicht jedes Mode-Hobby mitmache. Als wäre ich eine schlechtere Mutter, weil ich finde: Kinder sollen am Nachmittag vorallem spielen.

Ich bin zudem nämlich alleinerziehend und berufstätig. Zum einen kann ich es mir einfach nicht leisten, denn Hobbies kosten Geld. Zum anderen habe ich auch keine Lust, den Fahrdienst zu spielen. Wir haben so wenig gemeinsame Zeit, die möchte ich nicht im Auto verbringen. 

Ich bin wirklich zunehmend genervt von diesem Förderungswahn. Über Mamas, die ihre Dreijährigen zum Chinesisch schleppen, lachen alle. Aber über Mamas, die Achtjährige mit Hobbys zu ballern, nicht. Da ist es Potential-Entfaltung. 

Lasst Eure Kinder doch einfach Kind sein. Geht mit ihnen spazieren, baut Lego zusammen, verabredet sie mit Freunden, geht in den Zoo, lest ihnen Bücher vor. Ich glaube, das ist viel wertvoller als das x-te Hobby. 

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11 comments

  1. Mal aus der anderen Sicht…
    Ich bin Kinderturn Lehrerin und leite nachmittags einen Turn Kurs für Kinder. Ich kann aus der anderen Perspektive berichten. Das gilt natürlich nicht für alle Kinder. Aber einige kommen wirklich nur weil ihre Eltern das so wollen. Eigentlich wären sie lieber zu Hause und würden sich vom anstrengenden, langen Tag ausruhen. Ein Kurs bei mir beginnt um 17 Uhr und die Kinder kommen dort direkt aus der Betreuung hin. Das ist ein richtig langer Tag. Wenn ich sie dann frage ob Sie lieber zu Hause wären bejahen sie das oft.
    Da frage ich mich allen Ernstes, ob das Hobby wirklich dem Kind nutzt oder nur den Eltern für eine zusätzliche Betreuung.
    Von einigen Kindern weiß ich dass sie fast täglich zu einem anderen Hobby geschleppt werden und das obwohl sie überhaupt gar keine Lust dazu haben.
    Mir tun diese Kinder leid….

    Es betrifft natürlich nicht alle Kinder, aber ich habe das Gefühl, dass es stetig zunimmt…

  2. Kann ich verstehen!
    Ich wundere mich auch oft, dass so viele Kinder bereits im Kindergartenalter mit mehreren Hobbies verplant sind. Man muss es natürlich jeder Familie überlassen. Wenn es den Kindern gefällt und die Eltern nicht gestresst davon sind, ist es doch ganz in Ordnung. Die Menschen sind verschieden. Während ich zum Beispiel immer auch viel Zeit für mich brauche, habe ich viele Freunde, die deutlich mehr Termine in einen Tag quetschen und sich wohl dabei fühlen. Bedenklich finde ich die Sache, wenn Eltern denken, sie müssten das alles machen, um ihre Kinder optimal zu fördern, obwohl die ganze Familie offensichtlich nur noch gestresst ist. Vielleicht interessiert dich mein Artikel zum Thema freies Spiel: http://www.kraftvollmama.de/freies-spiel/
    Er zeigt auf, warum es so wichtig ist, dass Kinder auch für diese Freizeitform genug Zeit finden …

    Liebe Grüße
    Lena

  3. Kann ich nachvollziehen…
    …und trotzdem nehmen die Termine meiner Kinder zu. Zum Beispiel mein 8jähriger Sohn, der 2-3mal die Woche Training hat und am Wochenende die Punktspiele. jetzt kommt auch noch einmal im Monat das Auswahltraining der U9 eines großen Vereins dazu. Zudem gehen wir gerne am Wochenende schwimmen. Ein Instrument spielen wir nicht, weil es mein Sohn noch nicht will. Meine 6jährige Tochter spielt 1mal die Woche Flöte und geht zum Turnen. Die Termine haben sich so eingeschlichen und manchmal fluche ich auch darüber. Für Verabredungen finden wir trotzdem immer Zeit. Jedes Kind und jede Familie ist anders.

  4. Hobbyflut
    Hallo, ich muss dir wirklich recht geben liebe gastbeitragsschreiberin. In unserem Umfeld sind auch kaum noch Kinder dabei, die mal zeit haben sich zum spielen zu verabreden. Ich finde es furchtbar wenn Kinder keine zeit mehr haben, in der ihnen auch mal langweilig sein darf und ihnen dadurch selber Viel kreatives einfällt. Und auch für uns Mamas ist es dich schöner nicht immer unter der Zeitdruck zu stehen. Schnell von der Arbeit heim, schnell schnell essen und dann die Kinder antreiben die Hausaufgaben schnell zu erledigen weil man sonst diesen oder jenen Freizeit Termin nicht schafft. Aber es muss jeder selber entscheiden welche Lebensweise die richtige ist. Meine Kinder haben jeder ein Hobby das wahlweise wöchentlich oder auch nur alle zwei Wochen gemacht wird. Viele grüße

  5. Provokant
    Hallo, ich habe auch zwei Kinder, 4 und 7. Die Kleine hat nach der Kita keine weiteren Termine, der Große ist in einem Sportverein und geht dort1-2 mal die Woche zum Training. Damit sind wir auch Exoten im Bekanntenkeis, die meisten Kinder, die wir kennen haben mehr Nachmittagstermine. Doch unseren macht es keinen Spaß und uns Eltern auch nicht. Wir arbeiten beide und können die Kids zwei Tage die Woche erst nach vier abholen, an den anderen 3 Tagen wollen wir die Zeit am Nachmittag so viel, wie möglich gemeinsam genießen. Mir kommt die Hobbyflut wie zusätzliche Fremdbetreuung vor und unseren Kindern auch. Sie wollen nach Kita und Hort nicht schon wieder von anderen bespaßt werden. Ich habe in Zusammenarbeit mit Mann und Großeltern auch unserem Großen das Schwimmen selber beigebracht, er hatte keine Lust auf fremde Lehrer… hat ein Jahr zwar gedauert, aber er hat dann mit 5 Jahren das Seepferdchen abgelegt, bei Ski fahren lief es ähnlich… ich denke mit der Kleinen wird es ähnlich.

  6. Ach Du bist keine schlechte
    Ach Du bist keine schlechte Mutter, wenn Du Deine Kinder nicht zu drölfzig Hobbyterminen fährst. Aber man ust halt auch keine, wenn man es macht. Meine Große (3.Klasse) hat (zu) viele Hobbys. Sie will es so. An 5 von 7 Tagen. Ist mir auch zu viel. Eird aber nicht dauerhaft so bleiben. Wir klnnen5und möchten es ihr ermöglichen. Mein Sohn will NICHTS machen. Ich konnte ihn nun endlich zur Musikschule überreden und es gefällt ihm sehr gut. Grundsätzlich ist es so, dass in unserem Umfeld beinahe alleKinder Schwimmkurse machen (ist ja auch wichtig), eine Sportart betreiben und ein Instrument spielen. Das ist eine gute Kombi, sind aber schon mindestens 3 Termine pro Kind. Außerdem sinkt das Niveau an Deutschlands Schulen zusehends. Wir wohnen in einem guten Viertel; aber wenn ich sehe, was wir früher in der 3. Klasse gelernt haben und was heute dran ist….ein Riesenunterschied. Auch die Hort und AG Angebote sind da und nett, aber von der Qualität oftmals nicht mehr als eine Beschäftigungsmassnahme. Ich bin sicher, es geht ohne Hobbys ebenso. Da wir allerdings auch in der Stadt leben, wäre eine Kindheit wie ich es früher auf dem Land hatte auch nicht möglich. Und nein, wir wohnen nicht in der Bronx, aber hier sind beide Elternteile oft bis späten Nachmittah berufstätog, vor dem Haus fährt der Bus, die wenigstens Leute haben Gärten am Haus, es ist nachmittahs keiner da bei dem man klingeln könnte. Es ist ein anderes Leben. Der Nachmittag hat sich halt von zu Hause wegverlagert. Vllt fände ich es anders sogar schöner. Aber es ist halt wie es ist und es ist okay so.
    VG Anni

  7. Kann den Post nicht nachvollziehen
    Klar, natürlich, deine Tochter hat unter der Woche keine Spielpartner- aber das liegt daran, das die anderen welche zur Genüge haben. Beim Sport kann sich jeder seine Freunde selbst zusammensuchen, im Unterricht ist man zwangsweise im Klassenraum zusammen. Meine Jungs hatten schon in der 1. Klasse 2x Fußball, 1x Schwimmen, haben noch 1x Leichtathletik gemacht und sind dann noch begeistert zum Turnen gegangen. Warum? Weil es ihnen Spaß gemacht hat, weil sie ohne Sport sich „nicht wohl“ gefühlt haben. Es mag solche Kinder geben, aber keines meiner Kinder wäre nach einem Schultag und „spielen“ ausgelastet und glücklich gewesen. Inzwischen haben sie den Fußball weggelegt und schwimmen und turnen nur noch (was nochmals zeitaufwändiger ist), aber es macht sie glücklich. Und Verabredungen? Dafür haben wir Samstags nach den Fußballspielen Zeit und eigentlich immer vor dem Training. Die Schule ist um 12:30 aus, das Training beginnt um 17-18 Uhr. Freunde vom Sport kommen in dieser Zeit sehr häufig und oft zu den Großeltern (die die Nachmittagsbetreuung machen) und sie spielen dort. Sport kostet meiner Erfahrung nach nicht viel. Ich zahle im Sportverein für eine Familienmitgliedschaft 100€ (und das sollte jeder übers Jahr verteilt aufbringen können- und wer es nicht kann, wird da vom Staat unterstützt) und zu Geburtstagen gibt es häufig neues Equipment für die Hobbys. Ich habe natürlich den Vorteil, dass sowohl mein Mann als auch ich Vollzeit arbeiten und dennoch unsere Jungs (auch durch die Hobbys) bis 19:00 Uhr gut betreut wissen. Und die anschließenden 30min. Im Auto sind erst recht qualitiyzeit- man kann sich nämlich mal in Ruhe unterhalten, ohne dass jemand im Kinderzimmer/Wäschezimmer sonst wohin abhaut.

  8. Zerrupfter Tag und Leerlaufzeiten
    Ich bin auch kein Freund von vielen Hobbies: ich finde, sie zerrupfen den Tag und machen Stress und Termindruck: „Mach schnell die Hausaufgaben, Du musst zum Fussball“ obwohl man die Aufgaben eigentlich in Ruhe und Frieden machen will. Was ich wirklich schrecklich finde, ist, die Kinder ständig auf die Hand oder sogar im Auto essen zu lassen. Das finde ich einen Mangel an Lebensqualität, wenn man nicht in Ruhe am Tisch essen kann.
    Aber gut, wenn andere Mütter das mögen, ist mir das auch echt egal. Muss man ja nicht verstehen.

  9. Was du nicht willst….
    Liebe Gastbeitragsschreiberin (finde keinen Namen…),

    du willst nicht als schlechte Mutter dastehen, weil du deinen Kindern keine Hobbies ermöglichst? Haste recht! Bist sicher trotzdem eine gute und auf jeden Fall deswegen keine schlechte Mutter!
    Dumm nur, dass du anderen nicht dasselbe Recht zugestehst! Und sehr wohl deutlich deinen Unmut darüber äußerst, wie andere das machen. Ich verstehe, dass das doof ist, dass Spielverabredungen heutzutage nicht mehr einfach täglich möglich sind, aber das ist doch schon deswegen so, weil viele Kinder in Betreuung sind. Klar, das war früher anders und auch schön. Jetzt ist es aber auch nicht schlecht, nur weil es anders ist. Mein Sohn mag seine Hobbies! Er ist Fußballer, was 2 bis 3 mal die Woche auf dem Platz sein heißt und er spielt Klavier. Wenn es in seiner Schule AGs gibt, die ihn interessieren, macht er das auch noch. Von Kochen bis Karate war da auch schon einiges dabei. Er findet’s gut, ich finde es gut und trotzdem und teils auch dadurch hat er viele intensive Freundschaften und kommt auch noch viel zum Spielen.
    Ich schreibe auch keinem vor, was er/sie nun unter spielen verstehen soll: Musizieren ist auch spielen und es ist erfüllend und macht Freude. Fußball ist ein Spiel! Und ja, Chinesisch lernen ist nun nicht in erster Linie ein Spiel, aber man wird es Dreijährigen nun auch nicht in Form von Vokabeln und Lautschrift nahebringen sondern eben spielerisch.
    Ich bin btw. auch lange alleinerziehend gewesen und fand gerade auch deswegen wichtig, meinem Sohn gerade sowas zu ermöglichen. Das ist für mich auch kein Mode-Ding, in meiner Jugend haben viele Kinder eine oder mehrer Sportarten ausgeübt und ein Instrument gespielt. Für mich hat das schon auch mit Bildung zu tun, in der Zeit lernen sie einfach vieles leichter und selbstverständlicher also später…
    Also, einfach das machen, was dir wichtig ist und den anderen dasselbe Recht zugestehen….

  10. Sportliche Jungs
    also, das Finanzielle kann ich nachvollziehen, Hobbies sind teuer! Und ich finde es auch nicht gut, die Kinder dauernd mit neuen Hobbies zu konfrontieren. Aber ich habe zB. zwei sehr energiegeladene Jungs, und der Schulsport reicht da einfach nicht aus, sodass ich sie zweimal die Woche zu Fussball und Hockey bringen muss. Der eine spielt auch noch Klavier, weil ich es wichtig finde, dass die Kinder die Möglichkeit haben, ein Instrument zu lernen, so lange sie noch Zeit dafür haben. Ich selbst habe als Kind Klavier gelernt und spiele immer noch und bin soooo froh darüber! Also, wenn das für einen selbst irgendwie möglich und erträglich ist, finde ich, dass einige ausgewählte langfristig betriebene Hobbies sehr schön für die Kinder sind.

  11. Entschleunigen macht glücklich
    meine Kinder sind in der 4. und 2. Klasse – haben zweimal die Woche bis 15.30h Schule. Sie freuen sich auf die GTS, da sie dort Zeit zum Spielen haben, welche mit manchen Freunden an anderen Tagen wegen Hobbystress immer fehlt. In der GTS ist bei uns nach den Hausaufgaben viel Spiel+Sport-Zeit angesagt. Ich habe dieses Jahr alle anderen Hobbys gestrichen. Tanzen/Fussball/Outdoor-AG haben meine Kinder in der GTS. Sport und Ausgleich udn Musik sind somit „vorhanden“ – die anderen Tage sind frei. Zeit für Freunde und Garten und freies Spiel. — seit diesem Jahr geht es mir als Mama-Taxi besser. Es geht den Kindern besser. Es ist zeit für Spielen, für Freunde, und ja: auch für lernen. Es war die Beste Entscheidung für uns alle, die Nachmittag-Abend-Hobbies abzublasen und Sport+Tanz eben auf die zweimal Ganztagesschule zu verlegen. Meine Kinder sind viel ausgeglichener. und ich auch. Wir haben Zeit für Dinge, die die letzten Jahre immer zu kurz kamen. Zusammenzeit. Und die Kinder haben Freunde+Spielzeit. Ich finde das wichtig, seit ich gesehen habe, was für einen Unterschied das zu den letzten Jahren gemacht hat. Da hatte das Mama-Taxi bei zwei Kindern täglich mindestens zweimal Mittags-Einsatz, an harten Tagen 5 Mal.