Warum wir als Kinderlose auch nicht jeden Sonntag Langeweile haben – Gastbeitrag von Charlotte

kinderwunsch wolken

Ihr Lieben, es gibt immer zwei Seiten der Medaille. Nach Katharinas Text gestern hat sich Charlotte bei uns gemeldet, eine Leserin, die ungewollt kinderlos ist. Was würde sie darum geben, an einem Sonntag um sechs Uhr von zwei kleinen Tapse-Füßchen geweckt zu werden.

Nun, ihr wurde der Wunsch nach einem Kind bislang nicht erfüllt. Und ihr ist es ein Bedürfnis, einmal zu erzählen, dass auch sie als Kinderlose nicht den ganzen Sonntag im Bett liegen bleibt. Sie spielt vielleicht nicht ab 7 Uhr Lego, denkt aber trotzdem ans Geschenk für den Neffen und bereitet Essen für die Verwandtschaft vor. Hier beschreibt sie uns eindrücklich, wie dankbar wir auch für ein Wecken um 6 Uhr am Wochenende sein können…  

Liebe Lisa, liebe Katharina,

ich bin schon sehr lange ein großer Fan von „Stadt-Land-Mama“ und lese eure Beträge auch immer sehr gerne. Meistens bin ich erfreut, amüsiert und erstaunt über bestimmte Themen und freue mich auch immer schon auf die nächsten Beiträge.

Doch dann gibt es auch Tage, an denen mich auch mal Beiträge traurig machen. Nicht, weil die Geschichte eine traurige ist, nein, weil ich in manchem etwas anderes lese, als viele eurer Leserinnen. Ich gehöre nämlich zu einer speziellen Lesergruppe, die eine andere Sicht auf die Dinge hat. Zum Beispiel gestern beim Beitrag „Was haben wir eigentlich den ganzen Tag gemacht, als wir noch keine Kinder hatten?

Frauen und Männer mit Kindern fangen bei so einem Beitrag wahrscheinlich an, in Erinnerungen zu schwelgen und denken an die schönen Dinge zurück, für die damals noch Zeit war. Aber als Kinderlose lesen wir darin etwas ganz anderes.

Ich meine nicht diese Ehepaare, die sich bewusst gegen Kinder entschieden haben oder die sich noch zu jung für Kinder fühlen, nein, die scrollen wahrscheinlich weiter oder lesen den Text ganz normal… ich meine unfreiwillig kinderlose Ehepaare, die sich seit vielen Jahren ein Kind wünschen – und die sehr sensibel auf solche Äußerungen reagieren.

Wir lesen darin: „Hach, diese Kinderlosen. Kinderlose haben ja so GAR keinen Stress. Sie haben das Glück auf Erden und so viel Zeit. Können das Leben genießen und haben mit nix was am Hut. Schlafen am Wochenende und an Feiertagen bis 11 Uhr und können faul sein…“ Dazu kann ich nur sagen: Nö, DAS IST NICHT SO!

Wir haben alle unsere Päckchen zu tragen… nur eben anders. Wir haben an Ostern oder Weihnachten zum Beispiel auch Stress, laden die ganze Familie ein, die auch bekocht wird. Alle bekommen Geschenke, es gibt Osternestchen für alle Nichten, Neffen und Patenkinder. Sie werden selbst gemacht, es gibt selbstgekochte Marmelade oder selbstgemachten Likör – noch schnell hergestellt  als Geschenk für die Eltern.

Alle werden umsorgt und bedient! Es ist Familie… und ob es nun die eigenen Kinder sind oder die der Geschwister oder Nachbarn… auch wir haben immer etwas zu tun. Somit macht das ganze keinen großen Unterschied an solchen Tagen.  

An den anderen „normalen“ Tagen ist der Alltag da. Aber auch der sieht nicht so aus, dass wir uns nach Feierabend zwischen Fingernägel machen lassen oder Schwätzchen halten bei der Freundin entscheiden müssen… Gut, bei manchen vielleicht schon, aber die meisten unfreiwillig Kinderlosen haben andere Probleme, glaubt es mir.

Aber klar, natürlich kommen zu uns keine Kinder um 7 ins Bett und wollen spielen – aber das heißt immer noch nicht, dass wir alle immer bis in die Puppen schlafen können oder wollen. Ganz im Gegenteil. Wenn ich von meiner Freundin höre, hach, die Kleine hat uns heute Morgen um halb neun schon geweckt, ihr habt es ja so gut und schlaft bestimmt bis zehn, dann denke ich: HALLO???

NEIN! Wir waren schon um halb acht Brötchen kaufen und haben um acht gefrühstückt…um halb neun hatte ich schon die Küche wieder sauber und hatte dann den anderen Kram zu tun, den ich mir vorgenommen habe.

Und dazu kommt natürlich auch noch, dass wir sonntags  auch lieber von einem Kind um viertel nach 6 geweckt werden möchten, als von der Katze die an der Tür kratzt – oder von der inneren Uhr, die die Weckerfunktion der Woche einfach nicht ausschalten kann.

Nun ja. Es ist wie es ist…..leider hat man als kinderloses Ehepaar bei solchen Äußerungen immer sofort das Bedürfnis, sich zu rechtfertigen… und das wollte ich heute mal ganz öffentlich beichten, denn ich glaube dass die meisten gar nicht wissen, wie wir diese Sache empfinden.

Wir wissen natürlich aus der Familie und von unseren Freunden, dass es stressig sein kann mit Kind, Stress, den man vorher nicht kannte, Ängste und Sorgen…  und dass man manchmal einfach alles hinschmeißen möchte… Kinder zu haben ist sicher nicht immer der Himmel auf Erden, aber dennoch: Genießt es! Es gibt viele, die liebend gern mit euch tauschen würden.

Es gibt immer zwei Seiten…..wie gesagt….jeder hat seine Päckchen zu tragen.

Eure Charlotte

 

Zum Weiterlesen:

Liebesbriefe bei Stadt Land Mama: Von Stolz und Kinderwunsch

"Mit zwei Pampelmusen über den Himalaya": Ein Kinderwunsch-Buch

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15 comments

  1. Ich kann beide Seiten
    Ich kann beide Seiten nachvollziehen. Meine Tochter hat auch auf sich warten lassen und ich fand Kommentare wie „du hast so ein Glück, dass du nicht immer an ein Kind denken musst“ sehr verletzend.
    Das „Jammern“ selbst hat mich nie gestört, jeder beschwert sich mal über etwas und das ist auch jedermanns gutes Recht.

  2. Schon ok
    Wenn ich persönlich von einem Schicksal höre, wie ein Kind ist schwer krank, ein Kind wurde in einer frühen Schwangerschaft verloren oder eben ich weiß von einem unerfüllten Kinderwunsch, dann macht mich dieses Wissen immer etwas sensibler. Ich bin jetzt mit Ende 30 viel vorsichtiger mit Aussagen geworden als noch vor 10 Jahren. (Über manche in der Vergangenheit schäme ich mich)
    Und ehrlich ich drücke meine Kinder dann ganz fest und bin so froh dass wir gesund sind und uns haben.
    Meine sind jetzt 5 und 6, gerade sehr harmonisch bei uns, wenn ich an die vielen schlechten Nächte, die ersten Zähne/Fieber das viele laute untröstliche Weinen zurückdenke, ja da habe ich bei meinen Freundinnen mit Kindern gerne mein Leid geklagt. Wie gesagt werde ich mit steigendem Alter aufmerksamer bei verschiedenen Themen und lese daher auch diesen Artikel eher mit einem Aha-Erlebnis, als dass es mich jetzt aufregt. Erst vor kurzem erzählte mir eine kinderlose Freundin „du hast doch alles geschafft, du hast doch schon zwei Kinder“ und ich war ganz überrascht dass sie das so sieht. Seit dem möchte ich sie mit manchen Aussagen eben nicht verletzten und passe besser auf. Dafür habe ich in den letzten sechs Jahren viele Mütter kennengelernt die mich blind verstehen, hier kann ich mich auch jammernd austauschen. (Was!! beide Kinder haben Läuse verständlichvolles Lachen)
    Ich drücke die Daumen, dass es klappt mit dem Wunsch! Und das du dann auch stöhnend zur Zeitumstellung um fünf Uhr morgens auf deinen ersten Lego Stein trittst. Das wünsch ich dir ganz lieb gemeint.

  3. ?
    Wenn man die Kommentare all der geplagten Mütter liest, möchte man meinen, dass sie gezwungen wurden Kinder zu bekommen und jetzt schrecklich unter der Situation leiden!
    Niemand MUSS Kinder bekommen, aber viele Paare MÜSSEN UNGEWOLLT auf Kinder verzichten, weil sich ihr Kinderwunsch nicht erfüllt!

    1. @Regina
      Ich lese hier ehrlich gesagt keine Kommentare von jammernden Mamis. Natürlich ist es sehr traurig, wenn Paare ungewollt kinderlos bleiben.
      Nichtsdestotrotz ändert das doch nix an der Tatsache, dass Kinder ein Leben verändern. Schöner, aber zu Beginn auch ein wenig anstrengender machen. Was ist so falsch daran, dass ehrlich auszusprechen? Niemand weiss doch vorher, wie es ist Kinder zu haben. Du doch auch nicht, oder?

  4. Ich finde diesen
    Ich finde diesen „Gegenartikel“ auch etwas unnötig. Fakt ist: ohne Kind konnte man sich das Leben einteilen wie man selbst es wollte. Ich bin müde? Na dann gehe ich ins Bett und schlafe so lange wie ich mag. Ich habe Lust auf ein Buch/Shoppen/Kochen? Mache ich wann auch immer ich will. Mit Kind ist der Tagesablauf bestimmt von den Bedürfnissen vom Kind. Das ist ein riesiger Unterschied und tatsächlich nicht zu vergleichen. Niemand kann etwas für die Kinderlosigkeit von Anderen und der Andere nichts für den Stress von Paaren mit Kind.

    Ich beschwere mich nicht und bin so dankbar für mein Kind, aber jammern muss ab und zu mal sein. Denn ja: das Leben mit Kind ist deutlich anstrengender als ohne.

  5. Quatsch
    Irgendwie werden hier Äpfel mit Birnen verglichen. Wenn das so ist, darf ich nicht über Muskelkater jammern (vor allem nicht gegenüber Rollifahrern), über BH-Grössen sprechen (könnte ja jemand Brustkrebs gehabt haben), Sex ist ohnehin Tabu (was weiss ich, für wen das alles ein Problemthema ist), Essen auch (man denke nur an die vielen Störungen), Politik auch schwierig… irgendwann sprech und ich dann wohl besser nicht mehr, denn alle könnten irgendwann irgendwas falsch verstehen. Sorry, ein unerfüllter Kinderwunsch ist das eine, Überanstrengung/Übermüdung von jungen Eltern das andere. Und das eine hat mit dem anderen schlichtweg nix zu tun. Wahrscheinlich haben alle von uns die/den ungewollt Kinderlosen im Freundes/Bekanntenkreis. Da gilt es dann eben, einen Weg miteinander zu finden, bei dem der Kinderlose sich nicht verletzt fühlt und die kaputten Eltern ehrlich sein dürfen. Sunshine ist eben auch nicht immer mit Familie. Ebenso wenig wie ohne.

  6. Ich finde den Post nicht
    Ich finde den Post nicht albern und kann Charlotte gut verstehen. Vielleicht auch, weil ich in einer ähnlichen Position war und jahrelang um ein Kind gekämpft habe. Jetzt habe ich eins und finde es auch manchmal anstrengend, aber mir ist gleichzeitig bewusst, was für ein großes Glück es ist, nachts um drei aufstehen zu dürfen. Und ich weiß noch sehr genau, wie verletzend ich Bemerkungen von Leuten mit Kindern empfand, die dies nicht zu schätzen wussten und meinten, ich könne doch froh sein, so viel Zeit für mich zu haben. Diese Zeit kann man aber irgendwann auch nicht mehr unbeschwert genießen, wenn tatsächlich alle um einen herum Kinder haben, nur man selbst es nicht hinbekommt, obwohl man sich nichts sehnlicher wünscht. Es ist tatsächlich kein Vergleich, Stress zu haben, weil der Alltag mit Kind anstrengend ist oder zu leiden, weil man kein Kind bekommen kann.

  7. Ich finde den Post ehrlich
    Ich finde den Post ehrlich gesagt etwas albern. Mit dieser Art von Totschlagargument ließe sich jedwege Beschwerde oder Jammerei abbürsten:

    – Du beschwerst dich über Überstunden? Sei froh dass du über haupt nen Job hast!
    -Dein Partner betrinkt sich jedes Wochenende? Immerhin bist du nicht alleine!
    – Du hast nen Wasserrohrbruch? Denk mal an die ganzen Obdachlosen, die wären froh drum

    Eine Mutter, die sofort schwanger geworden ist, und sich trotzdem nicht das Recht zum gelegentlichen Jammern absprechen lassen möchte

  8. Kinderwunsch
    Ich kenne beide Seiten. Bei uns wollte es auch nicht klappen mit dem Schwangerwerden und ich war tot unglücklich und habe mir nichts sehnlicher gewünscht als ein Kind. Ich habe immer gedacht, dass viele Mütter ihr Glück gar nicht ausreichend zu schätzen wissen.
    Nun bin ich (dank Kinderwunschbehandlung) seit 1,5Jahren Mutter und auch ich jammere hin und wieder (der Schlafmangel war zeitweise schon krass) und wünsche mir nochmal einen Nachmittag vor dem Fernseher. Aber ich erzähle das anderen Müttern und nicht Kinderlosen. Und vor allem nicht kinderlosen Freundinnen oder Kolleginnen, von deren Kinderwunsch ich weiß (oder ahne). Dafür erinnere ich mich noch zu gut an meinen Schmerz.
    Und dankbar bin ich so oder so… Auch wenn ich manchmal rummjammere 🙂

  9. Ein bisschen mehr Verständis.. auch für´s Jammern
    Liebe Regina, liebe Charlotte, liebe unbekannte Mutter,

    warum können Mütter, bei denen es „einfach“ geklappt hat, die Kinder haben, nicht gleichzeitig demütig und dankbar UND trotzdem an manchen Tagen erschöpft und überfordert sein? Ich verstehe den Schmerz, der hinter dem Kinderwunsch steht und dass es dann besonders weh tut, wenn man bei anderen sieht, was man sich wünscht. Ich finde es aber nicht sehr tolerant, wenn geschrieben wird:

    dieses ständige gejammer und kundtun, wie stressig ihr Leben doch sei. Sowas kann ich einfach nicht hören. Es fehlt einfach vielen Müttern an Dankbarkeit und Demut dafür, dass sie (gesunde) Kinder haben.

    Denn wie Charlotte schreibt, hat jeder sein Päckchen. Ihr vielleicht dieses, den Wunsch ein Kind zu bekommen. Und die Mutter, die einfach mal jammert? Die hat kein Päckchen zu haben, nicht das Recht darauf müde zu sein? Ich finde, man darf, worum auch immer es geht, auch mal jammern. Nicht sich verlieren in der Jammerei und na klar, trotzdem sehen was man hat. Aber ja.. man darf sich bei Menschen, die einem nah sind auch mal über die beschweren, die man liebt.

    Und ich finde alle sollten toleranter miteinander sein, gerade wenn es doch in diesem Beitrag um Verständnis geht. Also bitte auch für erschöpfte Mütter.

  10. Jammern
    Liebe Charlotte,

    ich schließe mich Regina an. Auch wir sind nach einer Kinderwunschbehandlung nun Eltern einer vier Monate alten Tochter – und mein Mann und ich jammern nicht. Denn wir wollten dieses Kind so sehr und hatten Sorge, dass wir nie Eltern werden würden, dass wir gar nicht wagen würden zu jammern, jetzt wo wir eine Familie sind. Überhaupt ist das eines der größten Probleme das ich mit anderen Müttern habe… dieses ständige gejammer und kundtun, wie stressig ihr Leben doch sei. Sowas kann ich einfach nicht hören. Es fehlt einfach vielen Müttern an Dankbarkeit und Demut dafür, dass sie (gesunde) Kinder haben. Für uns war das nämlich nie selbstverständlich.

    Ich drücke dir ganz fest die Daumen, dass du bald auch eine schöne große Kugel hast. 🙂
    Vielleicht magst du hier im Blog ja auch von deiner Kinderwunschgeschichte erzählen?

    Liebe Grüße

  11. Danke!
    Liebe Charlotte,
    danke für deinen ehrlichen Beitrag. Diese Sehnsucht nach einem eigenen Kind kenne ich gut und wenn sich dann Mamas und Papas über ihre vermeintlich schwierige Situation beklagen, macht es den eigenen Schmerz oft noch größer.
    Glücklicherweise durfte ich nun auch die ‚andere Seite‘ kennenlernen, denn ich bin seit acht Monaten Mama einer kleinen Tochter.
    Und natürlich gibt es auch anstrengende Nächte oder nervenaufreibende Situationen, aber ich bemühe mich ( besonders in Anwesenheit Kinderloser) nicht zu jammern, zumal auch Vollzeitberufstätige anstrengende Tage haben!
    Ich genieße so viele schöne Momente mit meiner Tochter und vielleicht bin ich durch meine wenig dankbarer und demütiger, weil der Wunsch nach Kindern und Familie nicht auf Knopfdruck funktioniet hat!
    Liebe Charlotte, ich wünsche dir alles Gute!
    Regina