Zusammenhalt und Solidarität! Unser Rant zum Aus der Deutschen bei der WM

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Ihr Lieben, gestern ist Deutschland bei der WM in Russland ausgeschieden. Mal ganz ehrlich, wir haben damit alle nicht wirklich gerechnet. Was für eine Überraschung. Und einfach: so schade.

Für mich ist die Weltmeisterschaft tatsächlich ein ziemlich emotional besetztes Thema. Nicht nur, weil ich einfach Fußballfan bin. Nein, auch weil ich unglaublich schöne Momente mit den letzten Weltmeisterschaften verbinde.

Beim Sommermärchen 2006 war ich hochschwanger mit meinem ersten Kind. Ich sah jedes Spiel der Deutschen an einer anderen Location in Berlin, das hatte ich mir zum Sport gemacht. Die WM im eigenen Land, ich durfte sogar einmal ins Stadion. Ich war sehr verliebt, frisch verheiratet, in freudigster Erwartung auf das Töchterchen – die Sonne strahlte. Es war einfach ein wundervoller Sommer. Und eine Woche nach dem Finale, an einem Sonntag, kam dann unser kleines WM-Mädchen zur Welt.

Ihr merkt schon, ich hole weit aus. Ich lass das jetzt mal. Nur eins noch: Bei der letzten Weltmeisterschaft waren unsere Jungs 5. Für sie war diese Weltmeisterschaft einschneidend, denn seitdem konnte sie fußballerisch nichts mehr halten. Sie spielen seitdem im Verein, sie lieben und leben Fußball und können uns zu jedem einzelnen Spieler jeder einzelnen Mannschaft jedes einzelne Detail raussprudeln, weil sie ihre Panini-Karten nicht nur einkleben, sondern wirklich auch studieren.

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Nun ist dies die erste von ihnen bewusst erlebte WM, bei der sie nicht Weltmeister werden (auch lustig, oder?). Sie saßen noch lange ungläubig vor dem aufgebauten Beamer und konnten nicht fassen, was da grad passiert war. Ihre kleine Fußballwelt blieb plötzlich stehen.

Und ja, es gibt Wichtigeres im Leben als Fußball, falls jetzt wieder jemand mit diesem Spruch kommt. Aber hier, an diesem Beispiel, üben sie grad fürs Leben: Frustrationstoleranz. In ihrer noch übersichtlichen Welt war das gestern ein Einschnitt. Wie Liebeskummer. Mit in-den-Schlaf weinen. Enttäuschung. Das gehört eben im Leben dazu. Die Lektion haben sie gelernt.

Und ja, ich habe gerade mit Katharina geschrieben und wir sind auch beide traurig. Traurig, weil jetzt schon wieder die ersten rassistischen Kommentare durchs Netz geistern. Zu wenig Nationalstolz. Zu wenig Hymne mitgesungen. Zu erdogan-beeinflusst. Pfui Teufel. Ein glückliches Kullerballtor der Deutschen – und alles wäre anders gewesen. Es sollte eben gestern nicht sein. Und ja, das war ein wirklich schlechter Kick, die Pässe kamen nicht an, da war kein Feuer. Nur: das entschuldigt weder rassistische Auswüchse noch das mediale Nachtreten m heutigen Tage.

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Die Satirewebsite Postillon zeigte gestern schon nach Abpfiff die deutsche Mannschaft, alle mit Balken vor den Augen und der Nachricht: Diese 22 deutschen Männer beantragen nun Asyl in Russland, um sich vor medialer Verfolgung im eigenen Land zu schützen.

Diese ganze Schadenfreude. Dieses Ganze: Wir haben das doch gewusst. Dieses Meckern auf höchstem Niveau. Dieses „Tut-doch-mal-was-für eure-Millionen“. Boah, wie mich das nervt.

 

Trauerprozess. #diemannschaft #niemalsgehtmansoganz

Ein Beitrag geteilt von Lisa Harmann (@lisaharmann) am

 Ich bin einfach nur traurig. Traurig für die Jungs, die da angetreten sind, um Fußball zu spielen und weiterzukommen. Traurig für meine Jungs, die nun mit ihrem Fußballfrust klarkommen müssen. Und traurig um die vielen schönen Nachmittage, die wir zusammen mit Freunden unsere Mannschaft angefeuert hätten. Denn wenn die WM für mich eins ist, dann ist es ein Spektakel der Gemeinschaft und Gemeinsamkeit.

Ich mag das Gefühl, dass die Autobahnen leer sind, weil wir alle zusammen, das ganze Land der einen guten Sache entgegenfiebert. Ich mag, dass ich weiß, dass jetzt in der jeder Ecke des Landes Schlauberger das Spielgeschehen kommentieren. Dass bei Toren gemeinsam gejubelt wird. Überhaupt ist es doch so schön, den Tagesablauf mal durch diese schöne Nebensache strukturiert zu bekommen. Ich mag die WM. Weil ich Gemeinschaft mag. Es wäre so schön, wenn es da auch in der Niederlage Zusammenhalt gäbe. Lasst uns das doch einfach versuchen.  

 

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14 comments

  1. Bin bei Lisa
    Hallo Lisa,
    es sind immer wieder deine Fußball-Artikel, die mich bewegen. Auch ich sehe die WM (und auch EM) als Gemeinschaftserlebnis, alleine gucke ich kaum Fußball, da fehlt was. Für mich ist die WM 1990 die erste, an die ich mich bewusst erinnern kann, weil die Nachbars-Jungs bei uns Fußball geguckt haben, weil die Nachbarn selbst keinen Fernseher hatten. 2006 habe ich tolle Erinnerungen an Public Viewing mit Engländern in Köln und am Finaltage 2014 wurde unser großer Sohn getauft und wir haben abends mit allen Gästen das Finale geguckt. Auch dieses Jahr hätten noch ein paar Partys folgen können, Fußball wird hier immer noch geguckt, aber es ist was anderes. So wie Bundesliga ohne FC Köln 😉
    Was ich in der ganzen Berichterstattung tröstlich fand, war ein kleiner Artikel über Toni Kroos mit seiner Familie im Kölner Zoo und der Kommentar von Cathy Hummels, dass ihr Sohn der Gewinner sei, weil er jetzt mehr Zeit mit seinem Papa habe (weiß den genauen Wortlaut nicht). Und so freue ich mich für alle kleinen Nationalspieler- Kinder, dass sie jetzt mehr Zeit mit den Papas verbringen können.

  2. Mit Kindern ist die WM anders
    Was für ein schöner Text! Und ja, mit Kindern ist eine WM und das drum herum. Unser älterer Sohn ist 2013 geboren, daher waren wir 2014 bei der WM mit dem Public-Viewing etwas eingeschränkt, allerdings hat die Kombination aus zahnendem Kind und Zeitverschiebung nach Brasilien dazu geführt, dass man das ein oder andere Spiel gesehen hat, dass man sonst verschlafen hätte. Dieses Jahr ist der Große 5 und hat noch einen dreijährigen Bruder und beider lieben die WM. Beim Fahnen- oder Hymnenerklären, beim Nachschlagen im Kinderatlas wo welches Land ist und beim kommentieren von spektakulären Stürzen. Die Deutschlandspiele haben wir gemeinsam mit Nachbar auf einer Leinwand geguckt und auch unabhängig vom Ergebnis war es ein toller Anlass mal wieder zusammen zu kommen, zu grillen und zu quatschen. Dazu düsten alle Kinder in Action. Dieses Erlebnis sind wertvoll für alle und bleiben. Am Mittwochabend mussten dann bei unseren Jungs auch die Tränen nur deshalb getrocknet werden, weil es jetzt erstmal kein Fußballgucken mit allen mehr gibt.

    PS: Die Jungs sind durch Papa beide Eff-Zeh-Fans, deshalb haben sie es dieses Jahr wirklich nicht leicht!

  3. Danke für den Artikel 🙂
    Huhu, ich bin auch etwas traurig, dass Deutschland so unglamourös aus der WM taumelt. Immerhin haben wir einen kroatischen Teil der Familie und dürfen nun noch für unseren anderen Favouriten jubeln. Vielleicht fiebert ihn nun auch mit einer anderen Manschaft mit? Es ist natürlich nicht das gleiche, aber bewahrt den Spaß an der WM.

    1. Andere Mannschaften
      Na klar. Wir schauen weiter WM, wir sind einfach eine fußbalverrückte Familie. Und da meine Schwägerin Mexikanerin ist und meine Nichte zumindest zur Hälfte… 😉 fiebern wir jetzt natürlich mit Mexiko mit. Und mit Kolumbien, denn dort habe ich eine Zeitlang gelebt und ich kenne die Hymne noch auswendig. Und mit Belgien und Kroatien, weil sie es einfach verdient hätten. Aber wie du schon schreibst: Es ist halt nicht dasselbe wie beim eigenen Team. Liebe Grüße dir und noch eine schöne WM!

  4. Bin bei Lisa
    Mir geht es da wie Lisa. Ich bin traurig, auch wenn es nur Fußball ist und mein Leben abgesehen von ein paar netten Rudelguck-Treffs unbeeinflusst davon bleibt. Aber ich finde auch, es ist toll, sich in dieses Gemeinschaftsgefühl hinzugeben und ich finde wie sie, es ist völlig ok, wenn kleine Jungs nach so einem Aus erst mal traurig sind und ich finde, man muss das auch nicht relativieren, sondern einfach zulassen und begleiten. Kinder sind auch wegen anderer „Kleinigkeiten“ traurig und das ist auch gut so.
    Ich habe in keinem WM-Jahr die große Masse der deutschen Fans als aggressiv und rassistisch wahrgenommen, aber ja, es gibt und gab Szenen, die mich auch ärgern. Zuletzt das blöde Getue der deutschen Funktionäre in Richtung der Schweden (und wenn die jetzt schadenfroh sind, kann ich das verstehen und bin nicht beleidigt). Ich mag auch die Niederländer gerne und habe mich nie gefreut, wenn sie nicht qualifiziert sind. Aber blödes Verhalten gibt es auch nicht nur bei uns. Das soll es nicht entschuldigen, aber eben auch nicht höher hängen als es ist.

  5. Alles relativ
    Ich sehe das auch ähnlich wie im ersten Kommentar beschrieben. Außerdem finde ich es im Hinblick auf die kleinen Fans ganz ganz wichtig, dass man denen die Relevanz einer (gewonnenen oder verlorenen) WM mitgibt. Wenn ich im TV heulende Kinder im Stadion sehe, dann denke ich, dass man als Eltern auch die Aufgabe hat das ganze zu relativieren. Es ist niemand ums Leben gekommen, es ist keiner verletzt, es ist keine Tragödie!
    Gebt euren Kindern mit, dass Verlieren zum Leben dazu gehört, und dass man auch erhobenen Hauptes Verlierer sein kann. Das nämlich ist wahre Größe!

    1. An Niederlagen lernen
      Aber genau das lernen unsere Kinder doch eben in solchen Momenten. Dass ein Verlust weh tut – und wie man damit umgehen kann. Und ich lasse sie das lieber am Beispiel Fußball schon mal auf zarte Weise lernen, bevor sie dann plötzlich vor einem wirklichen Schicksalsschlag stehen. Sie sollen wissen: Ich nehme ihre Gefühle ernst. Sie dürfen traurig sein, denn für sie ist Fußball nun mal gerade die Welt. Und sie sollen merken: Wer traurig ist, wird ernst genommen, bekommt Trost – und dann geht es auch schon wieder. Ein wichtiger und guter Lernprozess.

  6. Finde ich auch
    Ich finde den Kommentar der Sun auch harmlos und sehe es auch sonst wie Antina. „Wir“ sind auch nicht zimperlich mit den Italienern und Niederländern umgegangen und welche Häme gab es für die Engländer, wenn sie ausgeschieden sind. Das ist auch etwas, was es mir seit vielen Jahren verleidet mich mit der deutschen Nationalmannschaft zu identifizieren. Mal abgesehen davon, dass ich auch den Spielstil der Deutschen nicht schön finde. Genau wie diese Euphorie von Leuten, die sich prinzipiell Null für den Fußball interessieren, aber sich dann als Experten aufspielen, für die die WM aber nun vorbei ist. Nein, ist sie nicht. Die deutsche Mannschaft ist ausgeschieden. Verdient. Na und? Es gibt noch 16 andere Teams, die (wahrscheinlich) schönen Fußball spielen. Und mit der Schadenfreude müssen „wir“ nun einmal leben.

    1. Auch hier nochmal
      Das Foto der Sun war missverständlich gewählt. Es ging mir nicht um die Häme der anderen Nationen, sondern um das, was hier im Land passiert. Das habe ch auch oben im KOmmentar schon beantwortet. Und: Ich finde es überhaupt kein Problem, das ganze Jahr kein Fußball zu schauen – und dann zur WM aber. Warum denn auch nicht? Darf ja jeder machen, wie er mag! Und ich finde es trotzdem etwas anderes, wenn die eigene Mannschaft spielt. Wenn mein Verein in der Bundesliga absteigt, werde ich ja auch nicht plötzlich Fan einer anderen Mannschaft… da ist man als Fan ja schon treu.

  7. Schlechte Leistung
    Meine Kids sind noch zu klein um zu verstehen, was da gestern passiert ist. Ich hasse auch diese Worte „das Leben geht weiter“ bla bla. Natürlich geht es weiter, aber wer Fussball liebt, der kann sowas einfach nicht mal eben abhacken und sagen „ach ja geht weiter“.
    Es ist immer leicht hinterher zu reden usw. Ob die Sache mit Özil und Gündogan auch dazu beigetragen hat ? Mit einem gewissen kleinen Prozentsatz bestimmt,dennoch sollte man sich mit irgendwelchen Sprüchen zurück halten, den der Rest ging einfach an Trainer und Mannschaft. Kein pep, keine Dynamik, kein Feuer, keine Leidenschaft. Ich habe mich nach 25 min gefragt, ob es dort so heiß ist, dass die Profis einfach nicht laufen. 23 Grad war es dort gestern… Ich war einfach schockiert und hatte ernsthaft den Gedanken ob die dafür bezahlt werden, dass sie ausscheiden. Eine traurige Leistung war das einfach und ich war so glücklich als mein Sohn zu mir kam und sagte, Mama ich schieße demnächst ein Tor für dich <3

    1. Kinder!
      Ach, Kinder sind doch einfach super, oder? DAnn schieß ich dir halt ein Tor, Mama. Und dann gings vermutlich nicht nur für ihn schon viel besser, sondern auch für dich. We feel you!!! Und liebe Grüße an das tolle Kind.

  8. Das ist doch noch harmlos
    Der Kommentar der Sun ist doch noch harmlos! Habt ihr Euch mal überlegt, das die Schadenfreude der anderen auch auf der Überheblichkeit der Deutschen beruht, völlig selbstverständlich davon auszugehen, diesmal wieder Weltmeister zu werden, oder auf dem Verhalten der Mannschaft nach dem Finalsieg vor vier Jahren #gauchogate.
    Und die WM 2006 habe ich leider ganz anders wahrgenommen, ich habe die Deutschland-Spiele eigentlich seit dieser WM gar nicht mehr in der Öffentlichkeit geschaut, weil das Verhalten vieler Deutscher gegenüber den anderen Fans so aggressiv und nationalistisch war.
    Ich habe die Gelegenheit dieser WM genutzt, meinen Kindern deutlich zu mache, dass gerade Vorfälle wie die Diskussion über das Foto mit Erdogan zeigen, wie überholt und artifiziell Nationalmannschaften eigentlich sind (und Nationalismus).

    1. Missverständlich
      Liebe Antina, das Foto von der Sun habe ich nu gewählt, weil da auf dem Titel das Wort „Schadenfreude“ stand und ich das eine gute Bebilderung fand. Tatsächlich rege ich mich im Text aber nicht über die Schadenfreude der anderen Länder auf, sondern über die im eigenen Land, von den Leuten also, die – falls doch noch ein glückliches Tor gefallen wäre – ihre Mannschaft applaudierend willkommen geheißen hätten. Die nun aber nichts als Lästern für sie übrig haben.