Arschbombe ins Leben: Warum Mutterschaft wie ein Sprung ins kalte Wasser ist

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Du stehst auf dem Sprungbrett, nur noch ein paar Schritte, dann fällst Du ins Wasser. Wie kalt und wie tief es ist, kannst Du nur ahnen.

Neun Monate hast Du Zeit, Dich an den Gedanken zu gewöhnen, dass Du bald Mama bist. Dass da dann jemand ist, der Dich Dein ganzes Leben brauchen wird. Für den Du immer da sein wirst. Du kannst Ratgeber lesen und Freunde fragen, aber wie es wirklich sein wird, wirst Du erst wissen, wenn es soweit ist. 

Du nimmst Anlauf, wirst schneller, rennst auf das Ende des Sprungbrettes zu.

"Ich kann den Kopf schon sehen! Noch zwei Mal pressen und das Baby ist da". Panik, Schmerzen, Vorfreude. Jetzt verändert sich alles. Der Moment ist gekommen…

Und Du springst. Ruderst mit den Armen, tauchst ins Wasser.

Dein Kind ist da. Die Zeit steht still. Diese Gefühle. Diese Erschöpfung. Lachen, Weinen, Küsse. Unglaublich. 

Sinkst weiter ins Wasser, bleibst unten, bis die Luft knapp wird. Fängst an zu strampeln, willst zurück nach oben.

Warum hat niemand gesagt, dass Muttersein so umfassend ist? Du hast nicht geahnt, was das bedeutet. Nicht schlafen, wunde Brustwarzen, Streit mit dem Liebsten, volle Windeln, Geschrei, so viel Geschrei, trösten, singen, Fingerspiele machen, weinen über das erste Mama, die ersten Schritte, Pflaster aufkleben, Brotboxen auffüllen, beim Radeln anfeuern, Ameisen beobachten, Bobo Siebenschläfer lesen, nachts zur Seite rücken, in Legosteine treten, Knete vom Boden kratzen, Superhelden auswendig lernen, Fieber wegstreicheln, in überfüllten Arztpraxen sitzen, Matschekuchen backen, Muscheln suchen, Eis vom T-Shirt schlecken, Heulen vor Erschöpfung, Ausgehen vermissen, bei jedem Film nach 10 Minuten einschlafen, jede Woche Fischstäbchen essen, Logopäden-Termine ausmachen, Elternabende überstehen, Sandhaufen aus Sandalen kippen, für Kitafeste backen, nächtelang Schulranzen recherchieren, umgekippte Gläser aufwischen, erste graue Haare kriegen, abends an ihren Betten stehen und sie atmen hören, Hausaufgaben kontrollieren, sie vermissen, sie verfluchen, nicht mehr alleine aufs Klo gehen, Freunde verlieren und neue gewinnen, selbstgemalte Bilder bekommen und Muttertag feiern, Übernachtungsbesuche organieren, Geschwisterstreit schlichten, den ersten Liebeskummer begleiten, Berge von Wäsche, Wenn-Dann-sagen, in Pfützen hüpfen, bei der Tanzvorführung Kloß im Hals, Räuber Hotzenplotz vorlesen, schon wieder den Chef anrufen, weil das Kind krank ist,  die Beziehung wackeln sehen, zum Klavierüben anhalten, von Erziehungstipps genervt sein, Dinkelpfannkuchen backen, Mut machen, auf Bäume klettern, über Haustiere nachdenken, vor Liebe platzen, vor Wut auch.

Du tauchst auf, schnappst nach Luft. Legst Dich auf den Rücken, lässt dich treiben und guckst in den Himmel. 

Ja, manchmal scheint es, als würden wir untergehen, uns selbst verlieren, keinem gerecht werden. Egal, wie Du Dich gerade fühlst: Es geht weiter. Morgen ist ein neuer Tag. Du hast Dich getraut und bist mitten ins Leben gesprungen. Mit allem, was dazu gehört. Mit Freude, mit Kampf, Tränen und Liebe. Du hast ein Kind geboren, ihm das Leben geschenkt. Du gehst nicht unter. Du kämpfst Dich zurück. Und bis dahin leg Dich einfach mal auf den Rücken und guck in den Himmel. 

 

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6 comments

  1. Mitten ins Herz
    Diese Worte sind einfach wunderschön, ebenso wie das Elternsein wunderschön ist. Aber auch ebenso anstrengend. Vielen Dank für diesen treffenden und ergreifenden Text. Mir tat es gerade sehr gut, das zu lesen und so ich liege nun im Bett auf dem Rücken neben meinem fiebernden, schlafenden Engel, schaue durch das Fenster in den Himmel, atme einmal tief durch und sage Danke!

  2. In drei Wochen…
    …springen wir zum zweiten Mal vom Sprungbrett und sind jetzt schon wieder mega aufgeregt. Wird ne harte Zeit aber auch voller Magie…Vielen Dank für Deine Worte!

  3. Vielen Dank für den schönen
    Vielen Dank für den schönen Text.
    Ich habe gerade ein paar Tranchen in den Augen.
    Du hast so Recht mit deinem Text.

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