Bin ich vielleicht doch eine Helikopter-Mutter?

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Meine Große ist acht Jahre alt und in den letzten Wochen erwische ich mich oft dabei, dass ich sie ansehe und mir denke: Himmel, wann genau ist die eigentlich so groß geworden?

Sie war schon immer ein recht selbstbewusstes Kind. Vielleicht lag das auch daran, dass ich sie von Anfang an "gefordert" habe. Während zb. andere Eltern oft wochenlang in der Turnhalle saßen, war ich immer nur bei ersten Mal dabei, ab dann hieß es immer: Du schaffst das. Ich hol dich in einer Stunde wieder ab. 

Ich habe ihr schnell zugetraut, alleine wo anders zu übernachten, sie war schnell alleine bei Spiel-Verabredungen. Ich bin auch keine ängstliche Mutter, wenn wir auf Spielplätzen sind – und so ist sie immer eins der Kinder, das am höchsten klettert. 

EIGENTLICH dachte ich: Ich bin sowas von cool und gut im Loslassen.

Nun ja, seit ein paar Wochen nun fordert meine Große ein, alleine mit dem Rad zu den Hobbys zu fahren. Bisher habe ich sie immer gebracht und abgeholt – aber ich merke schon, wie mich dieser "Fahrdienst" anstrengt, denn schließlich habe ich drei Kinder und die werden alle später mindestens ein Hobby haben. Also ist es eigentlich nur großartig, dass sie alleine radeln will. Hab ich früher ja auch gemacht. 

Die Strecken sind auch nicht weit, genau wie ihre beste Freundin nur ein paar 100 Meter entfernt wohnt – und zu der will sie nun auch immer alleine laufen. Aber ich merke, dass ich doch nicht so locker bin wie gedacht. Mit der anderen Mutter habe ich ausgemacht, dass sie mich anruft, wenn meine Tochter bei ihnen angekommen ist. Und so starre ich ab dem Moment, wenn bei uns die Tür zugeht, auf mein Handy. Umso länger es dauert, desto schneller geht mein Herzschlag. Ich merke tatsächlich, dass sich leichte Panik breit macht. 

Ich kann meine Ängste gar nicht so genau beschreiben. Natürlich kommen mir auch die Horror-Geschichten vermisster Kinder in den Kopf. Deshalb habe ich mit der Großen genau besprochen, dass sie sich nicht anquatschen lässt, keine Umwege fahren darf usw. Aber wenn jemand ernsthaft böse Absichten hat, würde das vermutlich auch nichts helfen. 

Ich weiß, dass meine Ängste unbegründet sind – die Wahrscheinlichkeit "weggeschnappt zu werden" ist so gering. Und das ist auch nicht die einzige Angst, die sich in das seltsame Gefühl mischt. Ich kann es nicht mal richtig beschreiben. 

Dabei finde ich es so wichtig, dass die Kinder gewisse Fahrten alleine bewältigen. Ich sehe ja, welches Selbstbewusstsein meine Große daraus zieht. Wie stolz sie auf sich ist. Ich möchte sie da nicht einschränken, keine Glucke sein. 

Und trotzdem ist da immer eine difuse Angst, wenn ich sie alleine los schicke. Meine Tochter beschwert sich schon, dass ihre beste Freundin (sie ist das 4. Kind der Familie) viel mehr alleine darf. Ich antworte dann immer, dass die Mutter ja auch schon drei Mal geübt hat, loszulassen und dass ich mich erst an den Gedanken gewöhnen muss….

Trotzdem hole ich mir heute auch mal Hilfe aus unserer tollen Community. Ihr, die schon ältere Kinder habt: Wie habt Ihr Euch an den Gedanken gewöhnt, dass die Kids alleine unterwegs sind? Welche Absprachen gab es bei Euch? Was hat Euch gegen die innere Unruhe geholfen? Ich freue mich auf Eure Erfahrungen! 

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11 comments

  1. Weg üben, Verkehrsregeln üben
    Meine Jungs sind auch 8 und sollen nun immer mehr alleine mit dem Rad zu den Hobbies fahren. Wir üben Hin- und Rückweg ein und ich achte zur Zeit verstärkt auf ordentliches Fahren und Einhalten der Verkehrsregeln. Dann klappt das schon.

  2. Ich sehe mich in ihnen wieder
    Ich sehe mich in ihnen wieder. Ich habe meine Tochter genauso erzogen wie Sie ihre große. Doch auch ich habe immer ein ungutes Gefühl wenn meine Tochter allein unterwegs ist. Ich glaube das ist normal und ging unseren Eltern genauso. Wichtig ist, diese Angst nicht auf die Kinder zu übertragen. Heutzutage liest und hört man durch die überverfügbaren Medien viel mehr von Entführungen und dergleichen und die Zunahme der Helikoptereltern und deren Art polarisiert extrem. Ich für meinen Teil finde Sie nicht helikopterisch sondern normal und mit einer guten Art die Kinder so fordern und fördern.

  3. „Um ein Kind zu erziehen braucht man ein ganzes Dorf“
    …und so war meine Kindheit. Ich durfte früh alles alleine machen, auch mit dem Rad.
    Meistens sogar ohne Ziel. Wir gingen nicht zu einer Verabredung. Wir gingen einfach „auf die Straße“. Wenn wir dann doch mal vor unserer Nintendo64 versackt sind wurden wir auch genau so aus dem Haus geworfen „ab auf die Straße“. Trotzdem waren wir in der Kleinstadt niemals allein, immer unter Beobachtung, ohne das wir uns dabei so gefühlt haben. Die Beste Freundin der Nachbarin von der Tante von einem von uns, der Zugezogene der den Hausmeister der Grundschule kennt, die große Schwester von einem der die selbe Schule besucht, aber gar nicht bei uns war. Die ganze Stadt hat sich verantwortlich gefühlt, die Leute haben sich auch „gewagt“ zu schimpfen. „Ey, ich kenne deine Oma, hört mal auf mit dem Mist“. Aber auch geholfen und falls nötig, auch über Umwege, die Eltern informiert. Wegen schürfenden durch nen Fahrradstürz ist keiner Heim, mit Pflastern wurde man in jeder Straße versorgt. In einer Stadt mit 60.000 Einwohnern kann man jetzt auch nicht mehr von einem Dorf sprechen. Ich denke trotzdem das sich dieses Gemeinschaftsverhalten geändert hat und deswegen gibt es „Helikopter-Eltern“, deswegen muss es sie geben, und für jedes Kind und jede Familie tritt dieses Verhalten in anderen Lebensbereichen hervor. Eine Vermischung mit den ganz wenigen Eltern, die ihre Kinder absolut überbehuten und ihnen somit jede Möglichkeit nehmen selbständig zu werden, verstehe ich nicht.

    1. Auf den Punkt!
      Wow Buni, Du hast den Nagel auf den Kopf getroffen, ja, es war toll damals, so alleine draußen Abenteuer zu entdecken, aber das waren andere Zeiten, selbst in einer Großstadt wie Frankfurt kannte jeder jeden in unserem Viertel. Und ja, heute sind die Zeiten anders und die sogn. Helikoper-Eltern reagieren auf die veränderte Umwelt. Ich wünschte diese Vermischung des Begriffs würde endlich mal aufhören! Lasst uns alle unseren individuellen Weg finden – ohne so dämliche Begriffe.

  4. guter Tipp! gegen Ängste hilft……
    Gottvertrauen !
    Loslassen und beten,
    wenn es schwer wird, z.B. ein Kreuzzeichen symbolisch auf die Stirn geben und Gott die Obhut überlassen.
    Bin Mutter von vier Kindern. Das dritte Kind hat seit kurzem den Autoführerschein. Es gibt so viele Situationen, die ich ohne Gottes Hilfe nicht geschafft hätte. —- und Gott danken kann man auch–!

  5. Jedes Kind ist verschieden
    Ich bin Mutter von 4 Kindern und alle haben ihr eigenes Tempo und vor allem auch Temperament.

    De Große (11) hat sich immer viel von den anderen abgeschaut. Der anfangs ruhige Junge, der auch noch nach einer Stunde auf dem Teppich saß und mit Bauklötzen spielte, der bei der Tagesmutter immer artig war, im Kindergarten immer auf die Erzieher hörte, wurde in der Grundschule zu einem sehr guten Schüler, der Freundschaften aufbaute und ab der 4.Klasse kein Eltern-Taxi mehr zur Schule haben wollte. Er ist alleine draußen und manchmal weiß ich auch gar nicht so genau bei welchem Freund er gerade ist. Er ist jetzt 11, 6.Klasse, fährt alleine mit Rad zur Schule (5 km). Er hat ein Handy, welches er immer dabei hat. Auf ihn kann ich mich verlassen.

    Unser 2.Sohn ist fast 8, 2.Klasse, und von Anfang an eher der Typ „Draufgänger“. Er möchte immer im Mittelpunkt stehen. In der Schule fordert er viel, was für die Lehrer anstrengend ist. Zu Hause fordert er auch, nämlich unsere Aufmerksamkeit. Alleine zum Spielplatz oder zu Freunden, das möchte er nicht. Nur wenn ein Elternteil mitkommt ist das ok. Er ist zu Hause lieber unter sich.

    Unsere große Tochter ist 3.5 Jahre. Im Kindergarten läuft sie mit, fällt nicht auf. Zu Hause fordert sie Aufmerksamkeit. Sie möchte nur mit einem Elternteil raus. Mir ist das auch ganz recht, da sie kaum spricht und auch motorisch nicht so fit ist. Sie kann mir nicht wiedergeben, was sie gemacht hat.

    Unsere kleine Tochter ist 2.5 Jahre und möchte Alles alleine machen. Wenn es nach ihr geht würde sie schon alleine zur Krippe gehen. Für die Krippe fühlt sie sich schon zu klein; sie möchte in den Kindergarten. Sie spricht sehr viel und gut und diskutiert viel. Das ist für die Erzieher, wie auch uns Eltern, eine Herausforderung. An einem Nachmittag darf sie jetzt in den Kindergarten und fühlt sich da wohl. Laufrad fährt sie blitzschnell. Jetzt möchte sie Fahrrad fahren. Buggy ist doof; Laufen ist besser. Von der Größe wirkt sie wie 1 Jahr, vom Tun und Machen wie 4. Sie geht auch problemlos beim großen Bruder zum Spielen mit (natürlich nur nach Absprache mit den anderen Eltern, welche dann ein Auge auf sie haben). Und sie ist so stolz auf sich.

    Am Anfang fiel es mir sehr schwer loszulassen.
    Der Große kam mit 8 Wochen zur Tagesmutter, weil ich noch in der Ausbildung war. Das musste so sein und ging auch.
    Beim 2.Kind war die Krippeneingewöhnung mit 18 Monaten schwer, weil ich ihn loslassen musste.
    Der Kitastart bei Kind 3 mit 2.5 Jahren verlief super, weil ich endlich wieder Zeit für nich hatte, für meine Arbeit.
    Genauso war es bei Kind 4 mit 1.5 Jahren.

    Los lassen ist nicht leicht. Mich beruhigt es, dass mein Sohn ein Handy hat. Der kleine Junge hat such schon eins. Früh übt sich der Umgang damit. Ich dränge kein Kind dazu selbständig zu werden. Jeder hat da sein eigenes Tempo. Und auch wenn es mir besonders bei der Kleinen zu schnell geht, ich kann sie nicht festhalten. Ich vertraue auf mein Instinkt und mein Gefühl. Ich weiß, dass sie das kann.

  6. Eigentlich kennst Du die Antwort…
    Hi, ich bin gerade zum ersten Mal auf dieses Forum gestoßen. Und auch wenn ich keine Mama bin, sondern „nur“ stolzer Papa von einer 26 jährigen Tochter, einem pubertierendem 16 jährigen Sohn und zwei frechen Zwillingsdamen von 4 Jahren, möchte ich trotzdem kurz meine Gedanken mit Dir teilen.

    Du hast geschrieben, dass Du sie zu einer selbstbewussten jungen Dame erzogen hast. Du hast sie über gefahren aufgeklärt und sie möchte sich dennoch auf ihre eigenen Füsse stellen. Jetzt musst Du nur noch zu Dir sagen, was Du auch zu ihr gesagt hast… „Du kannst das.“

    Btw. es gibt keine exakten Zeitpunkt ab dem man ein Kind diese Wege allein gehen/fahren lassen kann. Es gibt so viele kleine Variablen, aber die größte und wichtigste ist das Kind. Und so wie es mir scheint, ist Deine Tochter bereit dafür.
    LG,
    Andy

  7. Los lassen
    Hallo, ich kann sie da voll und ganz verstehen. Mein Sohn ist 8 und wir wohnen auf dem Dorf. In der näheren Umgebung ist auch eine „große Autobahn“. Wir haben unserem Kind eine Kinder GPS Uhr verpasst. Ich kann damit sehen wo mein Kind sich aufhält, bekomme Info wenn der den markierten Bereich verlässt und er kann jeder Zeit anrufen bzw ich kann Ihn jederzeit anrufen. Die Kinder können damit kein Quatsch machen denn nur die Nummern die auch gespeichert sind können anrufen und angerufen werden. Als kleine Motivation das die Kids nicht nur drin hocken hat diese Uhr einen Schrittzähler. Mehrere Kinder im Dorf haben so eine Uhr und es ist fast ein kleiner Wettkampf unter den Kids entbrannt wer am Ende des Tages die meisten Schritte hat. Mein Kind los zu lassen war für mich auch sehr schwer und ich hatte lange damit zu tun. Er hat nur 200m Schulweg und trotzdem wollte ich ihn immer bringen. Schließlich ist die Schule an der Hauptstraße. Ich habe gemerkt wenn die Kinder etwas einfordern sind die selbst dafür bereit und trauen sich das zu. Sie darin nicht zu bestärken ist ein Schritt in die falsche Richtung. Es gibt ein Knacks im kindlichen Selbstvertrauen.

    1. Zwiespalt
      Zu diesen GPS-Trackern habe ich ein gespaltenes Gefühl. Wenn ich schon sehen kann, wo sich meine Kids durch den Tracker aufhalten, dann können das auch alke anderen, denn diese Tracker sind leicht zu knacken….und ich fände es als Kind eher beunruhigend, wenn man immer weiß, wo ich bin. Immer. Mmmmmmhhhh. Ist aber meine Meinung

  8. Gesetzliche Regelung beachten
    Hallo! Schön, dass du dir Gedanken machst. Zum Thema Radfahren fällt mir ein: Mach‘ dich mal schlau, ab welchem Alter dies alleine erlaubt ist. Hier in Österreich dürfen Kinder erst ab 9 Jahren nach bestandener Radfahrprüfung (Ende 4. Klasse) alleine radfahren. Daher verstehe ich dein Bauchgrummeln. Vielleicht kann sie zu Fuß mit einer Freundin zum Hobby gehen oder nur den Heimweg ohne Mama? Viele liebe Grüße

  9. Schwierig…
    Liebe Katharina, meine Mädels sind erst 3 und 5,aber ich denke natürlich auch öfter daran, wie es in ein paar Jahren ist, wenn sie alleine losziehen und kann mir das auch noch nicht vorstellen! Deswegen kann ich deine Gedanken total nachvollziehen, aber leider auch keine Tipps geben.
    In meiner Kindheit sind wir immer viel allein oder mit anderen Kindern unterwegs gewesen und es hat keinen groß gestört (zumindest hat mir meine Mutter nie das Gefühl vermittelt), aber ich selber wäre da auch nicht so easy going mit. Gibt es bei dem Hobby auch eine Möglichkeit, dass du die Rückmeldung bekommst, dass sie heil angekommen ist? Oder kann sie zusammen mit einem anderen Freund /Freundin den Weg machen? Zu zweit finde ich auch immer noch etwas anderes… Und vermutlich ist es wirklich ein gewöhnen… So wie die Eingewöhnung bei Kindergarten /tagesmutter, bei der nicht nur das Kind loslassen lernen muss, sondern Mama auch… Und irgendwann wird es dann auch immer leichter.
    Und dann kommt ja noch soviel mehr dazu, Fahrten alleine zur weiterführenden Schule, später das Auto! Oh Gott, stell dir vor, sie fährt zum ersten Mal allein mit dem Auto wohin! 🙂

    Aber ich weiß noch, dass ich es als Kind immer genossen habe, wege allein machen zu können! Sie wird es bestimmt schaffen!!!

    Alles Liebe, julia

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