Interview mit Beate: Würde ich meinen Job kündigen, würde alles zusammen brechen

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Neulich hat hier bei uns im Blog eine Dreifachmutter darüber geschrieben, dass sie einfach nicht mehr kann – und darum nun ihren Job gekündigt hat. Uns erreichten viele Reaktionen auf diesen Text.

Solche, die sagten: Gut so, wir dürfen nicht immer so lang rennen, bis wir zusammenbrechen, wir müssen auch mal die Reißleine ziehen, wenn es nicht mehr geht. Und solche, die sagten: Da hat sie es aber gut, bei uns wäre das so leicht nicht möglich, den Job einfach hinzuwerfen, weil uns dann das Geld fehlen würde. Auch Beate hat sich bei uns gemeldet. Sie ist alleinerziehend und sagt: Wenn sie aufhören würde zu arbeiten, würde alles zusammenbrechen.

Liebe Beate, erzähl erstmal ein bisschen was von deiner aktuellen Situation. 

Ich bin 39 Jahre alt, alleinerziehende Mutter von drei Kindern (20, 10 und 7 Jahre alt). Alle drei Kinder leben noch bei mir zu Hause. Ich arbeite 30 Stunden pro Woche als Sozialarbeiterin.  

Wie zufrieden bist Du mit der Situation – gibt es etwas, was Du gerne ändern würdest?

Prinzipiell bin ich über die Tatsache alleinerziehend zu sein, nicht unglücklich. Aber selbstverständlich wäre es schöner, wenn meine Ehe erfüllt und glücklich gewesen wäre.

Könnte ich mir eine Veränderung wünschen, wäre die ganz klar, dass der Vater der Kinder sich mehr in deren Leben engagiert. Er hat die Kinder jedes zweite Wochenende, ansonsten bringt er sich nicht ein. Und so kommt es, dass jeder Tag, an dem ein Kind krank ist, bei mir alles durcheinander bringt. Und ich würde mir wünschen. dass ich – ohne Gehaltsverlust – ab mittags zu Hause sein könnte, damit ich mehr Zeit mit meiner Kleinsten hätte. 

Viele Mütter geraten durch die Doppelbelastung an ihre Grenzen. Ging es dir auch schon mal so? 

Ja, das kenne ich. Im Dezember letzten Jahres war ich wegen Erschöpfung vier Wochen krankgeschrieben. Und auch die letzten Wochen waren hart, weil sich Krankheiten und Unfälle aneinander reihten. Im Alltag gerate ich auch oft an meine Grenzen, obwohl ich eigentlich ein Organisationstalent bin. Montags, zum Beispiel, arbeite ich bis 18 Uhr. Da muss ich organisieren, wie die Kids betreut sind und wie sie zu den Hobbies kommen. Fällt dann mal ein Hobby aus, muss ich alles schnell vom Schreibtisch aus umplanen und auch immer erreichbar sein. 

Neulich war es ganz schlimm. Meine Kleine schläft sehr sehr schlecht. Sie leidet unter Albträumen. Ich hatte fünf Nächte hintereinander fast nicht geschlafen. Mein Mittlerer hatte die Grippe und 40 Grad Fieber. Die Kleine nahm darauf keine Rücksicht und schrie alles zusammen – die Nachbarn klingelten um Mitternacht, weil sie dachten, es sei was passiert. Am nächsten Morgen weigerte sich die Kleine auch noch, zur Schule zu gehen, weil sie zu müde war.

Ich selbst war unfassbar müde, ratlos und verzweifelt. Also rief ich den Kindsvater an und bat um seine Unterstützung. Er sagte, er sei nicht dafür da, dass ich mich ausruhen kann. Dabei ging es gar nicht um mich, ich wollte, dass er sich um die Kinder kümmert. Ich konnte aufgrund von Müdigkeit und Erschöpfung kaum noch klar denken. Weil der Kindsvater nicht helfen wollte, bat ich das Jugendamt um Hilfe.

Daraus zog der Kindsvater Konsequenzen und hat nun einen Antrag beim Familiengericht gestellt, dass die Kinder bei ihm wohnen sollen. Leider habe ich nun noch mehr Termine deshalb und weder die Kids und ich kommen zur Ruhe. 

Wir hatten neulich einen Beitrag, in dem eine Mutter dann ihre Stelle gekündigt hat. Wäre das für dich auch machbar?

Den Artikel habe ich gelesen und direkt gedacht "wenn das mal so einfach wäre". Wenn ich kündige, ändert sich alles. Es geht nicht darum, dass wir uns dann weniger Zoobesuche leisten könnten oder dass  ich dann nur noch in Second Hand Läden kaufen könnte. Nein, bei uns würde sich alles ändern. Wir leben in einer Stadt mit sauteuren Mieten. Ich habe das Glück seeeeehhhhr günstig in einem Haus zu leben.

Würde ich meinen Job kündigen, würde ich schnell in Hartz4 rutschen. Was das bedeutet, weiß ich aus meiner täglichen Arbeit als Sozialarbeiterin ganz genau. Ich müsste also in eine kleinere Wohnung ziehen. Bei uns im Landkreis herrscht aber akuter Wohnungsmangel. Es gibt keine kleinen hübschen Wohnungen, die wesentlich günstiger sind als mein Haus jetzt. Das heißt also: Ich müsste weiter weg ziehen. Aber: Die Kinder sind im Ort fest verwurzelt mit Vereinen und Freunden. Hier habe ich auch mein Netzwerk von Frauen, die sich gegenseitig helfen. Das alles würde bei einem Umzug wegbrechen. 

In dem genannten Artikel war auch die Rede von Gesundheit und davon, dass man auf sich aufpassen muss. Meine Gedanken dazu: Was macht kränker? Die Doppelbelastung durchstehen oder ins "Ghetto" ziehen, die Kids entwurzeln, in Armut leben? Das möchte ich nicht ausprobieren! Deshalb kann ich es mir schlichtweg nicht leisten, meinen Job zu kündigen. 

Wo holst Du Dir im Alltag Kraft? Nimmst Du Dir regelmäßig Auszeiten?

Kraft schöpfe ich aus Gesprächen mit Freunden und ich genieße lange Waldspaziergänge an den kidsfreien Wochenenden. Genauso sehr hole ich mir aber auch Kraft mit den Kids zusammen an unseren Wochenenden. Ich habe festgestellt, dass es uns allen gut tut, wenn wir dann nichts vorhaben und keine großen Freizeitevents geplant sind.

Was ist für dich die größte Schwierigkeit darin, berufstätig und Mutter zu sein?

Wenn es nur die Kinder und Job wären, ginge es. Aber es ist das ganze Drumherum. Alles, was nicht planbar ist. Dass die Kinder sich gegenseitig anstecken und dann alle flachliegen. Oder die ganze Organisation, wenn der Hort geschlossen hat – die Schließtage fallen irgendwie auch immer genau auf die Tage, an denen ich dringend mehr arbeiten muss, um auf meine Stundenzahl zu kommen. 

Außerdem belastet mich die fehlende Zeit für Verabredungen und dass wir nie einfach so in den Tag leben können. Ständig steht was an. Wann gehen wir zum Arzt, Zahnarzt, Friseur? Wann kann ein Handwerker kommen? Wann habe ich Zeit eine neue Waschmaschine zu kaufen? Das Auto muss in die Werkstatt. Eigentlich wollt ich ja auch mal in Ruhe auf den Spielplatz – aber nein, es müssen ja dringend Schuhe gekauft werden. Job und Kinder und alleinerziehend  – das lässt einfach wenig Zeit für das Leben an sich.

Was bedeutet der Job für dich?

Mein Job macht mir Spaß. Nicht zuletzt durch den kollegialen Austausch. Und er füllt mein Konto. Ich gehe gern zur Arbeit.

Was wünscht Du dir für die Zukunft?

Ich wünsche mir vor allem Wertschätzung und Anerkennung. Ich bin gerade dabei an den Arbeitszeiten zu schrauben. Und dadurch mehr Zeit für die Kids im Rahmen meiner Möglichkeiten raus zu holen. Vielleicht kann ich statt 4 bald 5 Tage arbeiten und bin dadurch nachmittags früher zuhause? Vielleicht muss ich auch Stunden reduzieren? Es gibt ein Sparmodell meines Arbeitgebers, in dem ich monatlich Geld zur Seite lege, um früher ohne Einbußen in Rente zu gehen oder mal sechs Monate am Stück frei zu haben.

Ich habe noch nicht lange eingezahlt, aber vielleicht reicht es schon bald, um halbes Jahr fünf Stunden weniger die Woche zu arbeiten. Und ich wünsche mir, dass der Kindsvater die Bedürfnisse der Kids vor seine eigenen stellt. Aber das würde einen ganz eigenen Artikel füllen….

Foto: Pixabay

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7 comments

  1. Ganze Bücher füllen…
    …könnte ich auch mit den Eigenheiten der Väter, die sich als gute Väter betonen und im Stillen dann genau das Gegenteil tun und im „Vertrauen“ dann raushängen lassen, wie lästig es ihnen ist, mit den Kindern einen ordentlichen Umgang zu pflegen und die Aufmerksamkeit zukommen zu lassen, die sich erbetteln und eigentlich auch ohne Zutun verdient hätten. Aber das eigene Ego spielt Streiche und alles wird auf die schwierige Beziehung zueinander gemünzt. Ich gebe zu, ich bin da auch nicht frei von negativen Gedanken, lenke aber jedes mal in Sinne der Kinder ein und stelle meine Bedürfnisse hinten an.

    Ich würde auch so gerne meinen Job auf Eis legen und mich ganz meinen Kindern widmen. Zwei davon leben jedoch nicht bei mir und schon aus diesem Grund bin ich verpflichtet, ein geregeltes Einkommen zu erzielen, um der Unterhaltspflicht gerecht zu werden. Es zählt dabei auch nicht, dass ich als Mutter den Löwenanteil an der Erziehung der Kleinsten habe und mich um den Tagesablauf kümmern muss. Es wird die Zeit kommen, an der sie mich zu einem Zweitjob verdonnern. Werde ich bewusst arbeitslos, werden sie bzw. mein Ex mich zur Annahme eines Jobs verklagen…

  2. Kathrin!
    Stadt Land Mama ist ein Blog auf dem alle zu Wort kommen und so unterschiedlichste Meinungen vertreten werden können. Gerade diese Vielseitigkeit hält mich schon sehr lange Zeit fest. Ich habe aber selten erlebt dass eine Meinung so undifferenziert und verletzend geäußert wurde.
    Manchmal, Kathrin, ist es besser einfach nichts zu sagen!

  3. Hallo Kathrin,

    Hallo Kathrin,

    woher weißt Du wieviel der Vater zahlt? Und woher kennst Du den Trennungsgrund? Woher weißt Du wie groß das Haus ist? Ich lese bei dir nur Neid.

  4. Immerhin gibt es einen
    Immerhin gibt es einen Kindsvater, der Unterhalt zahlt. Das ist sehr viel Geld, das zusätzlich zur Verfügung steht. Was machen denn verwitwete Mütter, die im Gegensatz zu geschiedenen/getrennten Paaren immerhin eine intakte Beziehung zu führen im Stande waren und nun alleine sind?! Und nicht seeeeehr günstig in einem Haus (!), also luxuriös mit viel Platz, leben?

    1. Selten so ein unsensibles
      Selten so ein unsensibles Kommentar gelesen. Niemand von uns weiß warum sie nicht mehr mit dem Vater der Kinder zusammen ist. Vielleicht hat er sie verlassen, obwohl sie gerne noch gekämpft hätte und selbst wenn sie ihn verlassen hat oder es eine einvernehmliche Entscheidung war sollte sie nicht schlechtergestellt sein als eine verwitwete Mutter. Ja, sie bekommt Alimente, aber der Mann ist auch nach einer Trennung noch der Vater und sollte sich öfter als alle 2 Wochen am Wochenende um seine Kinder kümmern. Dann hätte die Mutter auch mal Zeit für sich und könnte ordentlich durchatmen. Hat sie sich wie jede in einer Beziehung lebende Mama verdient.

    2. Inhaltlich auch noch Schwachsinn
      Nicht nur unsensibel sondern auch falsch. Kinder einer Witwe bekommen Halbweisenrente und das ist recht auskömmlich.
      Nächster Punkt: Haus ist nicht gleich Luxus auch hier gibt es große, kleine, alte, neue…
      Mein Tipp Kathrin: Erst denken, dann schreiben! Evtl. auch mal mit anderen Perspektiven und Fakten auseinander setzen, könnte nicht schaden!

  5. Danke auf für diese Seite
    Danke für diesen Artikel. Das ihr aich Frauen zu Word kommen lasdt, denen es nicht so einfach ist zu kündigen, in Home Office zu arbeiten und die ganzen Ferien zu hause mit den Kids zu verbringen. Ich bin nicht alleinerziehend und wir arbeiten beide. Haben beide studiert und trotzdem müssen wir sehen, wie wir über die Runden kommen. Macht weiter so.

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