Familen-Update: Seit drei Jahren zu fünft

upd

Diesen Text habe ich zigmal angefangen. Habe Sätze geschrieben, sie kritisch gelesen, wieder gelöscht. Von vorne angefangen, nur um alles wieder wegzustreichen. Es ist nämlich gar nicht so leicht, ein Familien-Update zu schreiben. Und dazu noch eins, das ein ganzes Jahr wiederspiegeln soll. Familie ist ja so vielschichtig. Manchmal so fluffig-wonne-weich und dann wieder extrem anstrengend, schlafraubend und laut. Auf jeden Fall gilt das für unsere Familie. Weil wir drei sehr unterschiedliche Kinder haben, wir Eltern beide berufstätig sind – und leider kein Aupair im Haus wohnt. Weil wir an manchen Tagen finden, dass wir die großartigsten Kinder der Welt haben und am nächsten Abend zusammen sitzen und uns sicher sind, dass wir im Irrenhaus gelandet sind. 

Wie also das beschreiben, was doch ganz schön komplex und vorallem jeden Tag anders ist? Weil das ja in unserem Buch "WOW MOM – der Mama-Mutmacher für das erste Jahr mit Kind" schon so wunderbar geklappt hat, nehme ich zur Gliederung einfach mal meine Emotionen im letzten Jahr. 

WOW, bin ich dankbar

Wir sind seit drei Jahren zu fünft. Ich habe drei gesunde, fröhliche Kinder. Im Bekanntenkreis kam gerade ein Kind schwerbehindert zur Welt, das macht mich für die Gesundheit meiner Kinder demütig und dankbar.

Zumal es im letzten Jahr auch bei uns so einige Schockmomente gab. Vor einem Jahr wurde mein Sohn operiert, weil sich der Zustand danach nicht besserte, musste der kleine Kerl im Juli ein zweites Mal in den OP. Es waren harte Stunden, die ich da vor dem OP-Saal saß. Dieses Warten bis Ergebnisse da sind, war schier unerträglich. Ich wusste, dass eine schlimme Diagnose unser Leben für immer verändern würde, dass dann nichts mehr so sein würde wie bisher. Dass unser Sohn jetzt gesund herumspringt, so voller Energie ist, ist ein großes Glück. 

Ganz generell hatte ich bei Schwangerschaften und Geburten viel Glück. Ich habe nie eine Fehlgeburt erlitten, wurde immer schnell schwanger und hatte relativ unkomplizierte Schwangerschaften. Viele Frauen haben dieses Glück nicht. Dessen bin ich mir bewusst und sehr dankbar für meine drei Kinder. 

WOW, bin ich angestrengt

Wir befinden uns wieder mitten in der Phase "Nichts klappt einfach mal so". Auf jedes "Zieh bitte deine Herbstschuhe an" folgt ein "Ich will aber Turnschuhe anziehen." Auf jedes "Händewaschen nach Kita!" wird ein "Warum?" geantwortet, obwohl ich diese Frage schon zwölfdrillionen Mal beantwortet habe. 

Jacken und Schuhe fliegen viel zu oft einfach in die Ecke, es wird am Essen rumgemäkelt, generell ist alles "sooooo unfair." Und dann immer wieder Geschwisterstreit, der mich so unfassbar mürbe und traurig macht. Ich bemühe mich, zugewandt und geduldig zu sein. Manchmal aber gehen die Nerven durch und ich schreie herum. "Ich hatte gerade wieder einen RTL2-Moment" schicke ich dann per Whatapp an Lisa. 

Die Tage sind voll und saugen Energie. In den seltensten Fällen kann ich mich am Ende eines Tages noch zu irgendwas aufraffen, viel zu viele Abende enden auf der Couch mit Glotze. 

WOW, bin ich motiviert

Ja, ich scharre mit den Hufen. Mir macht das Arbeiten so viel Spaß, würde gerne mehr arbeiten, habe viele Ideen, Konzepte in meinem Kopf. Wo genau mich meine berufliche Reise hinführt, weiß ich noch nicht – aber ich hab Bock auf mehr. Und dann… wird ein Kind krank. Oder ich bin erschöpft. Dann bin ich entsetzlich streng mit mir, finde, ich schaffe zu wenig. Alle anderen scheinen ihr Leben mit links auf die Reihe zu kriegen. Und ich? Drehe mich im Kreis, mache zwei Schritte vor, einen zurück. All das schicke ich (mal wieder) an Lisa per Whatsapp, die geduldig zuhört – bis ihr der Kragen platzt. Sie ruft mich an und schimpft. Sagt: "Du hast ein Buch geschrieben, der Blog ist so groß wie nie zuvor. Du hast 3 Kinder, wovon eins noch echt klein ist. Himmel – mir ist eh schleierhaft, wie du das alles machst. Du machst so viel." 

Und ich kann plötzlich sehen: Oh. Hat sie ja schon ein bisschen recht. Ich bin nur so ungedulig, meine größte Schwäche. Wenn ich lerne, diese Ungeduld in gute Energie umzuwandeln, dann bin ich 2020 ein großes Stück weiter….

WOW, bin ich überrascht

Wie ich ja in den letzten Familien-Updates schon geschrieben habe: Kind Nr.3 stellte alle unsere Vorstellungen auf den Kopf. Ich dachte, das Kind würde einfach so mitlaufen, alles würde ganz easy werden. Dann kam dieses Kind und war ganz anders als die anderen. Von Beginn hat hatte sie einen sehr starken Willen, "Einfach-so-mitlaufen" wollte sie nie.

Auch heute bin ich immer noch überrascht, wie unterschiedlich meine drei sind. Sie haben so verschiedene Talente, verschiedene Temperamente, verschiende Tempi. Ich stehe oft staunend daneben – glücklicherweise sind alle Kinder in Montessori-Einrichtungen, die sie in ihrer Einzigartigkeit unterstützen. Durch diese Einrichtungen habe auch ich viel gelernt. Ich konzentriere mich (meistens) wirklich voll auf das, was sie gut können anstatt ihre "Fehler" zu sehen. Ganz tief in mir verwurzelt ist der Wunsch, dass die drei ihren eigenen Weg gehen. Sie müssen nicht die Besten oder Klügsten sein, nicht 10 Instrumente spielen und Abitur machen. Sie sollen glücklich werden und ihr Leben selbstbestimmt leben, auf einen Beinen stehen und gute, empathische Menschen bleiben. 

WOW, bin ich eingespannt

Laternenfest hier, Elternabend da. Schnell das eine Kind zum Sport fahren, das andere zu einem Freund. Kuchenverkauf in der Kita, Kieferorthopäden-Termine, Gedichte üben und und und. Mein Kalender ist übervoll, oft hetze ich durch den Alltag.  Zu oft ist noch der Wunsch da, allen gerecht zu werden und an allem teilzunehmen. Mental Load kenn ich nur zu gut. Zum Glück habe ich einige sehr gute Freundinnen, die mir unkomliziert helfen, die Kinder mal abnehmen. Ohne diese Freundinnen wäre ich oft aufgeschmissen. Trotzdem muss ich lernen, noch mehr NEIN zu sagen.

Aber: Ich merke, dass es nun für mich viel leichter ist, auch mal "abzuhauen". Ein Wochenende bei meiner Freundin, eine Lesung in Köln bei Lisa – das ist heute viel leichter möglich als noch vor einem Jahr. Die Kinder werden größer, ich kann leichter loslassen. Ein gutes Gefühl. 

WOW, bin ich verliebt

Auch nach fast 12 Jahren Ehe und drei Kindern würde ich keinen anderen Mann an meiner Seite haben wollen. Ja, wir zoffen uns, wir diskutieren, haben unterschiedliche Meinungen. Und doch: Er ist der eine. 

WOW, bin ich emotional

Meine kleine Schwester hat gerade das zweite Kind bekommen. Und obwohl ich dachte, ich sei durch dem Kinderkriegen, löste dieses kleine Wesen etwas in mir aus. Warum nicht noch EINMAL schwanger werden, dieser Geruch, diese kleinen Händchen. Und vier Kinder sind schon cool, ich selbst bin ja auch in einer Großfamilie groß geworden. Doch ganz ehrlich – ein viertes Kind würde ich wohl kräftemäßig nicht mehr packen. Deshalb verabschiede ich mich immer mehr von diesem Thema. Was mich einerseits wehmütig macht. Meine Kleinste ist jetzt 3 – wirklich kein Baby mehr. 

Und auf der anderen Seite ist es so toll zu sehen, wie die Kids größer werden. Die Themen werden andere. Es dreht sich nicht mehr nur um Windeln und Durchschlafen. Es ist die beste Aufgabe, die ich mir wünschen kann, diese drei so lange zu begleiten, wie sie mich lassen. Ich bin keine Super-Mutter, habe keine Helden-Kräfte. Ich bin nicht immer geduldig, nachhaltig und ausgeglichen. Aber wirklich: Ich gebe mein Bestes. Ich liebe meine Familie wie verrückt.

Wir sind bunt, laut, weich, anstrengend, zuckersüß, wild, ehrlich, kuschelig und selbstbewusst. Wir sind einfach wir. Drei Jahre zu fünft. Es war oft eine Achterbahn. Immer wieder werden Grenzen neu ausgehandelt, verschieben sich Prioriäten. Manchmal werden wir vom Leben überholt, manchmal schippern wir ganz cool dahin. Eins ist sicher: Es bleibt spannnend. 

—-ZUM WEITERLESEN HIER ALLE UPDATES: Seit zwei Jahren zu fünft – Seit 15 Monaten zu fünft – Das erste Jahr zu fünftSeit zehn Monaten zu fünft – seit acht Monaten zu fünftseit fünf Monaten zu fünft – seit vier Monaten zu fünft – seit zwei Monaten zu fünft 

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3 comments

  1. Starke Kinder
    Wow, selbst mit zwei kleinen Kindern und ohne Berufstätigkeit meinerseits ist es so turbulent und manchmal frage ich mich was ich alles denn jetzt nicht geschafft habe, aber wir Mütter machen so viel, und soviel nebenher. Es ist anstrengend und gleichzeitig so sinnvoll ! Kommt es mir nur so vor oder sind die letzten Jahrgänge voll mit willensstarken Kindern? Mein Sohn kam Anfang 2016 zur Welt und es gibt in seinem Alter und jünger so viele willensstarke. Meine Tochter ist zwar anderst aber dennoch auch willensstark und autonom. Oder dürfen die Kinder das jetzt einfach sein und werden anderst gesehen und angenommen ?!

  2. Toll geschrieben!
    Toll geschrieben! Immer wieder finde ich unser Familienleben in deinen/euren Texten wieder. 6 jährige Zwillingsjungs und eine fast 2-jährige Karline mit starkem Willen. Wir sind dankbar und gespannt wo uns die Familienreise hinführt.
    Danke für die schönen, nachdenklichen Beiträge. Macht weiter so!

  3. Auch meine Tochter wird heute
    Auch meine Tochter wird heute 3! Ebenfalls mit einem starken Willen ausgestattet…. Vielleicht gab es 2016 einfach eine ganz besondere Sternenkonstellation? Habt einen schönen Geburtstag!
    Christine

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