Blick zurück: Wie das war mit neugeborenen Zwillingen und einer Zweijährigen

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Liebe Claudia,Du backst noch Plätzchen? MIT zwei Babys an Bord? Mein RESPEKT. Das ist toll, das ist bewunderswert.
So, dieser erste Satz kam jetzt aus dem Bauch heraus und zack, schaltet sich der Kopf an. Wie war das damals bei mir?
Als meine erste Tochter damals vier Wochen alt war, habe ich einen Kuchen gebacken. Für mein süßes Nachbarskind, das an diesem Tag ein Jahr alt wurde. Begrüßt hat mich seine Mama, die nicht fassen konnte, dass ich es schaffen konnte, einen Kuchen zu backen, obwohl ich eigentlich noch ins Wochenbett gehöre.
Okay, es war eine Backmischung, aber ich dachte trotzdem: Huch! Wieso findet sie das so erstaunlich? Als sie mich zwei Wochen später, also sechs Wochen nach der Geburt, in Reiterhosen durch unseren Berliner Hinterhof gehen sah, konnte sie es noch weniger fassen? Du gehst reiten obwohl Du vor sechs Wochen einen Kaiserschnitt hattest? RESPEKT, sagte sie. Und ich dachte: Wieso, das Leben geht doch weiter.
Jawohl. Da war ich noch frische Erstmutter, liebe Claudia, wie Du jetzt. Da dachte ich noch: Joah, ist schon ein bisschen anstrengend mit Kind, aber ich hab ja schließlich Superkräfte. Schon immer gehabt. Haha!

Ich muss da heute drüber lachen. Da wusste ich ja auch noch nicht, dass das erst der Anfang war. Dass da also noch etwas wartet, für das ich meine Kräfte besser schonen sollte. Denn nicht das ins Muttersein-Geschubstwerden am Anfang war die Herausforderung, sondern das Durchhalten. Das Anhaltende und Andauernde der Mutterschaft, die einen nicht einmal loslässt, wenn man mal ohne Kinder unterwegs ist.

Ich habe Dir die ersten Sätze mit dem Wort RESPEKT aus meiner jetzigen Perspektive geschrieben, so wie meine Nachbarin mir damals „RESPEKT“ bescheinigte – mit dem Wissen, was noch alles kommt und was so ein erstes Jahr mit Kind oder Kindern eigentlich bedeutet.

Bei uns war es so: Meine Tochter war erst anderthalb, als ich mit unseren Zwillingsjungen schwanger wurde. Bis unsere Tochter mit elf Monaten laufen konnte, war sie relativ – wie soll ich sagen – schrei-intensiv vielleicht. Ich dachte: OH MEIN GOTT, und das mal zwei und freute mich im nächsten Moment trotzdem unglaublich auf die beiden. Aber ich richtete mich auf Schlachten ein für die ersten Wochen nach der Zwillingsgeburt, ich erwartete, weder schlafen noch sonst irgendwas tun zu können, ich rüstete mich für den schlimmsten Fall.

Und dann kamen die beiden Herren. Und ich war voller Euphorie. Und dachte: So klein kann man doch gar nicht sein. Und so schön. Und so süß.

Die ersten vier Monate liefen viel, viel besser, als wir es uns hätten wünschen können. Ich stillte, ich schwärmte, ich genoss. Und dann kam die Müdigkeit. Und der Ruf nach Erholung, nach Entlastung. Die Große, dann schon zwei, malte die Wände an, wenn ich beide Jungs stillte, weil sie wusste, dass ich nicht würde aufstehen können. Die Nächte wurden schlechter, unterbrochener, vom ersten, vom zweiten, vom dritten Kind. Wir lebten in einer Parallelwelt. Es war das pure Glück und die pure Anstrengung.

Ich bin mittlerweile wieder aufgetaucht aus dieser Parallelwelt, nicht in Gänze (das will ich auch gar nicht), aber zu einem großen Teil. Ich kann bei der Weihnachtsfeier wieder mit den anderen Schnaps oder Prosecco trinken (oder auch nicht), ich kann abends länger ausbleiben, ich bin wieder Teil dieser Gesellschaft, die ich auch vor den Kindern um mich herum hatte. Das ist toll. Und man geht gestärkt aus dieser Parallelwelt-Phase hervor. Aber man wird Neumüttern ab dann mit RESPEKT begegnen. Weil man weiß, was es heißt ein, zwei oder drei Kinder zu wickeln, zu behüten und ihnen einen guten Start ins Leben zu ermöglichen.

Wir sprechen uns in einem Jahr, liebe Claudia. Und dann erzählst Du mir, ob Du anderen frischgebackenen (Zwillings-)Mamas nicht auch mit Hochachtung begegnest, wenn Du hörst, dass sie es noch schaffen Plätzchen zu backen… Ich habs in diesem Jahr übrigens noch nicht geschafft 😉
 

P.S. Auf Deinen letzten Absatz zum Thema „Wer eine Windel wechselt, kann auch zwei wechseln“, werde ich Dir noch eine separate Antwort schreiben. Okay? Das würde hier nämlich den Rahmen sprengen…

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4 comments

  1. Sehr wenig Plätzchen
    Der Hinweis, man solle zu Beginn Kräfte schonen, ist sehr gut!

    Das habe ich nie getan. Nicht über 12 Jahre hinweg. Meine Erste war ein Schreibaby, die Zweite ein sehr zufriedenes Baby, das ich bekam als die Große 17 Monate alt war. Also zwei Wickelkinder zugleich. Eins stillen während das andere den Schrank ausräumt.

    Als die Kleine drei war, kam die Dritte. Ein sehr liebes Baby. Wir wohnten damals im vierten Stock eines Altbaus in der Großstadt, täglich 90 Stufen rauf und runter. Ich war dauernd unterwegs mit den Kindern – das schien mir alles nichts auzumachen. Die Probleme in der KiTa mit den vielen „Problem-Kindern“, die anstrengende (Schwieger-)Familie, der viel arbeitende Mann. Es lief und ich wurde bewundert. Und dachte immer „So what? Ich krieg alles hin!“

    Letztes Jahr kam unser Viertes – ein sehr anstrengender heiß ersehnter und heiß geliebter Junge.

    Die Nächte waren richtig hart und die Tage mit zwei Kindern in der weiterführenden Schule und einem Grundschulkind sowie dem Säugling, den ich absolut nicht ablegen konnte, richtig krass. Es waren Episoden aus lähmender Eintönigkeit und heftiger (Über-)Forderung. Es gab keine Unterstützung – wir haben keine Omas oder Tanten, die mal eben einspringen könnten. Letztlich kam eine liebe Frau einer ehrenamtlichen Einrichtung und ging jeden Freitagmorgen eine Stunde mit dem Kleinen spazieren. Drei Monate lang.

    Dann bekam ich vor drei Monaten eine Schilddrüsenüberfunktion diagnostiziert, nachdem ich recht lange unter den Symptomen gelitten hatte. Das war kurz nach einem riesigen Wasserschaden in unserem Haus, der seit sechs Monaten reguliert wird. Das war dann wohl der berühmte tropfen. Vermutete Ursache: jahrelange Überanstrengung und das völlige Zurückstellen der eigenen Person, der eigenen Gefühle. Zack! Nun weiß ich mehr.

    Sich wahrzunehmen ist existenziell wichtig. Man kann ein paar Jahre auf Kredit der eigenen Bedürfnisse leben und sich missachten. das geht. Sogar ein Jahrzehnt lang geht das. Aber nicht ewig.

    Das Zusammenleben mit Kindern besteht nicht nur aus Niedlichkeiten und Glücksgefühlen und man muss das auch nicht so nach außen propagieren – das vermittelt Mit-Müttern nur unnötigen Druck, selbst etwas falsch zu machen, wenn sie nicht dauernd glückselig sind.

    Also: Sehr guter Beitrag mit richtig wichtigem Hinweis! Danke für das Mitteilen der eigenen Erfahrungen! 🙂

  2. Auch keine Plätzchen
    Mit meinen fast zweijährigen Zwillingen hab ich schon Zeitprobleme dem Ehemann und mir etwas warmes zum Abendessen zu kochen (ich meine jetzt RICHTIG kochen mit Gemüse schnippeln, abschmecken usw. wie ich es vorher IMMER gemacht hab).
    Also auch mein Respekt nochmal an Claudia 😉
    Wenn ich nur an den Abwasch denke…..
    Da kommen dann aber die tollen Mutter-Ehefrau-Schuldgefühle auf und ich sag mir immer „Ja, morgen koch ich was“ „Zu Ostern backen wir dann was! Ganz harmonisch“ *lach lach*

    Liebe Grüße und ein ein Glas Rotwein
    Kerstin

  3. Haha…
    liebe Lisa, sehr schön! Ich bin Mutter von zweien die genau 2 Jahre auseinander sind (bis auf eine Woche), jetzt 2 3/4 und 9 Monate alt. Und bei Neu-Müttern mit einem Baby denk ich immer mal gern: pfffff. Anfänger! ;)) (also alles unter der Voraussetzung, dass die Babys wenig schreiintensiv und relativ pflegeleicht sind – wie mein Erstgeborener es auch war. Wo man in den ersten Monaten denkt aaach ist doch easy-peasy, wo man viel reist mit dem Kind, es geht ja alles, es schläft überall und viel, lässig…. :)) Naja und dann hat man zwei. oder drei…;)
    Liebe Grüße,
    Julia

  4. Antwort auf die Antwort
    Liebe Lisa,

    danke für Deine ausführliche Antwort. Ich glaube, ich kann erahnen, was Du meinst.

    Gestern habe ich nämlich erstmals die Fotos aus den ersten Lebenstagen der Zwillis sortiert – und dachte: Mein Gott, was sehe ich da entspannt aus. So anteilslos, als hätte ich gar nichts zu tun mit all dem. Und irgendwie war das auch so: zwei Wochen waren wir nach dem Kaiserschnitt der Babys noch in der Klinik. Da war immer jemand – eine Schwester, die mir eins der Babys beim Wickeln abnimmt, die Putzfrau, die jeden Tag das Zimmer säuberte, meine tolle Hebamme, die mir bei ihren Besuchen den Nacken massierte. Wie das alles zu Hause werden würde – das wusste ich da noch nicht im entferntesten.

    Und so wie ich jetzt auf diese ersten Tage blicke, tust Du das vermutlich bezogen auf Deine ersten Jahre mit den Kids. Irgendwie kam mir der Spruch „Mutter werden ist nicht schwer, Mutter sein dagegen sehr“ in den Sinn.

    Wahnsinn, was da noch alles kommt in den nächsten 5, 10, 18 Jahren – die Vorstellung treibt mir (Vorfreuden-)Tränen in die Augen. Zum Glück. Denn es gibt genug Leute, die mir sagen: warte mal ab, freu Dich nicht zu früh. Wenn die erstmal krabbeln/laufen/streiten können, dann…! An dieser Stelle denke ich dann immer: Na und? Wenn sie all das können, können sie sich auch miteinander beschäftigen. Sie haben ihren besten Freund immer an ihrer Seite. Und das MUSS doch Entlastung für UNS bringen.

    Oder?

    Das fängt ja jetzt schon an, und die zwei sind heute gerade mal fünf Monate alt: wenn die beiden auf ihrer Krabbeldecke liegen, ich mal eben was in der Küche erledigen will – dann gucke ich kurz runter, sehe, wie Theo mal wieder Ellis Händchen hält oder Elli an Theos Unterarm nuckelt und denke: gut, dass die beiden sich haben. Wäre da nur ein Baby, hätte ich vielleicht ein schlechtes Gewissen, es da jetzt so alleine liegen zu lassen.

    Kürzlich sagte mal eine andere Zwillingsmama zu mir: die allerersten Wochen sind die anstrengendsten, danach zahlt sich alles aus.

    Ich glaube ihr, weil ich ihr glauben will. Weil ich damit die größte Hürde schon genommen hätte. Und bin trotzdem gespannt, welche Phase für Dich die heftigste war – und was Du zum doppelten Windelnwechseln noch zu sagen hast 🙂

    Ganz liebe Grüße!

    Claudia