Was will mir dieser verdammte Traum sagen?

mathe

„Es tut mir leid“, sagt der Herr mit den grauen Ansätzen und hebt bedauernd die Schultern. „Da ist vor 15 Jahren etwas schief gegangen. Ihr Abitur ist ungültig. Sie müssen die Klausuren noch mal schreiben.“ Ich kann es nicht fassen. Abitur? Das ist doch so lange her. Ich verstehe die Welt nicht mehr. Und doch sitze ich wenig später in einem Hörsaal, starre auf die Tafel, mein Kopf raucht. Kurvendiskussion. Wie soll ich das je wieder in meinen Schädel bekommen. Ich kriege die Panik, gucke um mich herum und sehe nur Schüler, die eifrig über ihren Büchern hängen. In einer Woche ist die Prüfung und ich verstehe nichts. Rein gar nichts. Ich fange an zu schwitzen. Was mache ich bloß? Hilfeeeeeeeeee…..

Und dann wache ich auf. Ja, so alle acht bis zehn Wochen träume ich genau das. Bis auf ein paar Einzelheiten gleicht sich der Traum immer wieder. Abitur ungültig, ich sitze in dem Hörsaal, fange an zu schwitzen. Was zur Hölle soll das bedeuten? Was mich wirklich verwundert: ich habe kein Abi-Trauma. Ich habe damals nicht gebangt, sondern bin bequem durchgerutscht. Abinote 2,5 – völliger Durchschnitt. Auch in Mathe war ich mittelmäßig gut. Ich weiß heute, dass ich viel besser hätte sein können. Aber damals gab es ja so viel Wichtigeres als lernen. Ich hatte auch nie übertriebene Prüfungsangst. Gut, ich habe oft auf Lücke gelernt, hatte leichten Bammel, ob es reichen wird. Aber meistens ist es gut gegangen. Kein Grund also, dass ich 15 Jahre später immer noch von miesen Träumen heimgesucht werde.

Als Hobby-Psychologin könnte man schnell sagen: Versagensängste. Oder die Angst, mit anderen verglichen zu werden. Die Furcht, nicht mit anderen mithalten zu können. Vielleicht steckt da der Funken Wahrheit drin. Ich bemerke an mir selbst durchaus eine ordentliche Portion Selbstkritik. Gebe ich Texte ab, fiebere ich auf die Antwort der Auftraggeber hin. Und durch meine Selbstständigkeit bin ich natürlich nonstop in Konkurrenz mit anderen.

Manchmal erwische ich mich, dass ich ehrfürchtig auf andere schiele und mir denke: „Das würde ich aber auch gerne können. „ Oder „So gut könnte ich das nicht.“ Auf der anderen Seite habe ich privat und beruflich doch so einige Erfolge gefeiert. Oft sehe ich diese gar nicht so bewusst. Erst, wenn mich Freunde loben, fällt mir auf, dass ich das gut hinbekommen habe. Vielleicht sind diese Träume ein Fingerzeig, dass ich weniger streng mit mir sein sollte. Oft sitze ich abends da und denke mir: „Heute hast Du viel weniger geschafft, als Du wolltest.“ Ich neige oft dazu, meine Leistung klein zu reden – und ich weiß, dass es vielen Frauen so geht. Vielleicht sollte ich abends vielmehr aufzählen, was ich gut gemacht habe. Denn mal ehrlich: Wir alle machen doch eine ganze Menge richtig gut. Wir müssen nicht perfekt sein, können auch mal schlechte Tage haben. Um mich herum sind so viele Frauen, die ich bewundere, die Tolles leisten – aber wer weiß schon, ob sie nicht auch nachts von seltsamen Dingen träumen.  Und all denen rufe ich zu: Lasst uns den Herrn mit den grauen Schläfen (oder wer Euch eben nachts besucht..) kräftig in den Hintern treten…Sie haben es verdient!!!!

 

Fotoquelle: simosg / photocase.de

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2 comments

  1. Ich kenne es…
    ….nur zu gut.
    Mein Dauertraum war auch ein Schultraum. Ich träume, ich sitze im Schulbus und wundere mich, dass ich nicht mit dem Auto gefahren bin. Immerhin habe ich in Wirklichleit ja einen Führerschein und besitze ein Auto.
    In der Schule angekommen, sind Abiklausuren. Nicht für mich, aber wir müssen leise über die Gänge schleichen, um nicht zu stören.
    Da wundere ich mich auch wieder im Traum und denke „Pauline, du hast doch schon dein Fachabi, du hast ne Ausbildung abgeschlossen…. Was willst du hier?!?“
    Der Traum kehrte bis vor einem Jahr immer wieder…. Er veränderte sich, als ich mein Kind bekam. Da sollte ich Sport mitmachen und ich sagte, dass es nicht ginge, weil ich ja meinen Sohn dabei hätte. Die Sportlehrerin sagte „Nix da, den packen sie sich mal schön ins Tragetuch und machen mit.“ Als ich aufwachte, habe ich laut „jetzt reicht es aber“ gerufen. Seitdem kommen die Träume sehr sehr selten.
    Verrückt, was einen nachts beschäftigt.