bke Erziehungsberatung: Und was, wenn ich plötzlich hilflos vor meinem Kind stehe?

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Foto: pixabay

Ihr Lieben, in Zeiten wie diesen, in denen wir viel Quality- und Quantitytime mit der Familie verbringen, weil wir uns immer wieder durch kleinere oder größere Lockdowns auf die Kernfamilie zurückberufen, tauchen neue Herausforderungen auf. Gerade in Erziehungs- und Familienfragen stehen Eltern manchmal hilflos vor ihren Kindern. Und auch für die Kinder selbst und für die heranwachsenden Jugendlichen ist das nicht immer leicht.

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Die bke Erziehungsberatung – die Bundeskonferenz für Erziehungsberatung e.V. – kümmert sich um diese Familien – um Menschen wie dich und mich – und bietet unterschiedlichste Hilfen an. Von der persönlichen Beratung bis hin zu einem Gruppenchat, einer Mailberatung oder Einzelchats unter vier Augen. Und zwar für Eltern, aber auch für Jugendliche. Außerdem gibt es ein Forum zum Mitdiskutieren und Austauschen.

Professionelle Unterstützung für Eltern, Jugendliche und Kinder

Viele Beratungsstellen sind auf die Unterstützung von Migrantenfamilien oder auf die Beratung von Familien mit Säuglingen und Kleinkindern besonders eingestellt. Aber es geht auch um grundsätzliche Themen, die in jeder Familie aufkommen – auch außerhalb von Pandemien: Um Schulprobleme, um Stress in der Pubertät oder Veränderungen in der Familie. Um den Umgang mit Trennung und Scheidung oder Emotions-Achterbahnen im Wochenbett oder in der Trotzphase der sonst so lieben Kleinen.

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Ulric Ritzer-Sachs

Was die bke Erziehungsberatung genau leistet, weiß kaum einer besser als Ulric Ritzer-Sachs, er gehört zum Leitungsteam und erzählt uns im Interview, wie geholfen wird – und wo die Hilfen ankommen.  

Sehr geehrter Herr Ritzer-Sachs, Sie gehören zum Leitungsteam der bke-Erziehungsberatung. Haben Sie in Corona-Zeiten mehr Anfragen als sonst eh schon?

Ja, wir haben bedeutend mehr Anfragen, was sich vor allem an den Registrierungen zeigt. Zum Vergleich: 2019 haben sich 2873 Eltern und 1673 Jugendliche registriert. 2020 waren es 4760 Eltern und 2139 Jugendliche (bis heute).

Mit welchen Sorgen und Nöten melden sich Eltern gerade vor allem bei Ihnen?

Bei Eltern sind es grob gesagt Verunsicherungen und Überforderungen. Auch durch das Homeschooling über so eine lange Zeit. Das eigene Homeoffice, die Alltagssorgen, die besondere Stimmung durch die Pandemie, die Einschränkungen und dann auch noch die Beschulung waren und sind heftig, vor allem, wenn die Erziehungsaufgaben nicht gleichmäßig verteilt sind.

Sind das ähnliche Sorgen, die auch Jugendliche äußern, die sich an Sie wenden oder gibt es da gar nicht so viele Überschneidungen?

Jugendliche fühlen sich tatsächlich auch oft überfordert und machen das zum Thema. Die Pandemie hat Kinder und Jugendlicher meiner Meinung nach besonders hart getroffen. Erwachsene können daran festhalten, dass es irgendwann wieder vorbei ist. „Irgendwann“ ist aber für junge Menschen eine Ewigkeit.

Wenn ich jetzt Abi gemacht habe, nicht feiern kann, mein Auslandsjahr ins Wasser fällt, ich mich viel früher als gedacht bewerben muss, den Eltern weiter auf der Pelle hänge, die Ausbildung überhaupt nicht unter Coronabedingungen funktioniert (Reisekauffrau /-mann, Veranstaltungstechniker /-in, Koch oder Köchin…, oder z.B. in der Pflege schon zu Beginn überfordert bin das echt schlimm.

Jugendliche, die schon vor der Krise keine gute Beziehung zu den Eltern hatten, sind jetzt noch ärger dran. Sie stehen unter extremer Beobachtung, die Eltern arbeiten daheim, alles ist noch enger. Das kann zu erheblichen Spannungen führen. Mit diesen Themen wenden sich Jugendliche auch an uns.

Bei Ihnen arbeiten über 100 qualifizierte Fachkräfte. Wie können Sie Hilfesuchenden konkret helfen?

Wir helfen in der Einzelberatung, dort in der Mailberatung oder im Einzelchat. In der Mailberatung gibt es eine „eigene“ Fachkraft, mit Fachwissen, therapeutischer Zusatzausbildung und Lebenserfahrung, die neutral und fachkundig ohne Eigeninteresse zuhört, da ist, hilft, das eigene Handeln zu reflektieren und auch gemeinsam mit den Ratsuchenden Ideen und Auswege finden kann.

In den Chats gibt es Gleichgesinnte, die Peer-to-Peer-Beratung kann helfen aber natürlich auch die professionelle Begleitung durch die Fachkräfte. Chats gibt es mit offenen Themen, aber auch mit spezifischen Themen, wie „Hilfe, meine Eltern trinken“, Themen wie Trennung und Scheidung, auch Chats nur für Jungs oder Mädchen, für Väter und für Mütter. Auch Chats mit Jugendlichen und Eltern zusammen sind im Angebot. Allerdings zum Glück nicht mit der eigenen Familie 😉

Im Forum gibt es auf der Eltern- und Jugendseite die Chance, sehr schnell eine Unterstützung zu allen möglichen Themen zu bekommen. Entweder von Eltern und Jugendlichen, oder von den Fachleuten. Hier kann gefragt und diskutiert werden. Das Forum ist 24 Stunden täglich offen und wird fast den ganzen Tag betreut.

Erfahren Sie auch Dankbarkeit? Bekommen Sie manchmal Briefe? Welcher Dank hat Sie bislang am meisten beeindruckt?

Ja, wir bekommen tatsächlich oft gute Rückmeldungen. Menschen, die längere Zeit eine Mailberatung hatten, sind sehr oft dankbar und berichten über die Veränderungen und den Mut, den sie durch die Unterstützung bekommen haben. Jugendliche, die das Forum wegen der Altersgrenze verlassen müssen berichten, was sie alles geschafft haben und dass ihnen die Onlineberatung dabei geholfen hat.

In den Chats ist es oft auch außerordentlich lustig und kreativ. Die Menschen sind begeistert, dass andere das Gleiche empfinden und sich gegenseitig helfen. „Die“ beeindruckendste Rückmeldung gibt es also nicht wirklich, weil oft und regelmäßig neue dazu kommen. Die Neueste ist dann, bis zur nächsten, die Tollste und es fällt mir schwer, eine besonders hervorzuheben.

Gibt es Fälle, die Sie nach dem Feierabend noch mit nach Hause nehmen? Haben Sie da Beispiele? Und wer fängt Sie auf, was gibt Ihnen dann Kraft?

Es gibt Fälle, die besonders berühren. Jugendliche, die unter sehr schwierigen Bedingungen aufgewachsen sind, Eltern mit extremen Schicksalsschlägen, Menschen, die Hilfe suchen und brauchen, sie aber nicht annehmen können. Es kommt auch vor, dass mich die beschäftigen, auch wenn ich frei habe. Das passiert allerdings nicht mehr sehr oft.

Mit etlichen Berufsjahren gibt es zum Glück viele Ideen, auch abschalten zu können. Mit Musik, Sport aber auch einer sehr zugewandten und liebevollen Partnerin. Professionell bietet die bke-Onlineberatungen aber sehr viel, um schwierige Beratungssituationen gut bewältigen zu können. Wir haben regelmäßig Intervision. Ein Fachteam sitzt, natürlich virtuell, zusammen und unterstützt sich gegenseitig.

Bei über 100 Kolleginnen und Kollegen ist darüber hinaus immer jemand online, die oder der ein Ohr, in unserem Fall 2 Augen zur Verfügung stellt und unterstützen kann. Das Koordinationsteam (=Leitungsteam) ist immer (ok, fast immer) ansprechbar und alle Fachkräfte können sich eine Einzelsupervision holen.

Ihre Beratung ist kostenlos, wie genau finanzieren Sie sich und Ihre Angebote?

Die Jugendministerkonferenz hat vor, oje, ich glaube fast 20 Jahren beschlossen, über den Königssteiner Schlüssel (das ist eine Mischung zwischen Bevölkerungszahl und Steueraufkommen der einzelnen Bundesländer) die bke-Onlineberatung zu finanzieren. Konkret bedeutet das: In den meisten Fällen werden Fachleute in den Erziehungsberatungsstellen vor Ort für die bke-Onlineberatung mit einem bestimmten Stundenvolumen freigestellt.

Einige Bundesländer haben auch etwas andere Finanzierungsmodelle. Die Jugendminister haben zum Glück gemerkt: Es ist egal, ob eine Mutter aus Berlin von einer Beraterin aus München und dafür ein Jugendlicher aus Erfurt von einem Berater aus Hannover beraten wird. Es gleicht sich aus, wenn bundesweit alle mitmachen. Und genau das passiert auch. Federführend in der Organisation ist das Land Bayern und unterstützt uns dadurch besonders.

Sie sind nun schon von Anfang an bei der Online-Beratung mit am Start. Wie haben sich die Themen über die Jahre verändert?

Ich bin nicht von Anfang an dabei, „erst“ so etwa 13 Jahre ;-). Die Themen haben sich eigentlich nicht wirklich verändert. Es kommen immer mal wieder neue Schwerpunkte dazu, wie jetzt in der Coronakrise zum Beispiel. Aber eigentlich geht es immer um Erziehung und Beziehung. Mit allen Schattierungen, die nur vorstellbar sind.

Was meinen Sie, warum Familien – auch außerhalb der Pandemie – heute mit der Erziehung überforderter wirken als früher? Oder ist das nur ein subjektiver Eindruck?

Ich habe keine Daten, ob die Überforderung zugenommen hat. Allerdings ist es heute – und das ist super! – normaler geworden, über Erziehung und auch Überforderung zu sprechen. Es verstecken sich vielleicht etwas weniger Menschen und es wird mehr darüber gesprochen.

Über Erziehungs- und Beziehungsthemen wird öffentlicher in den Medien berichtet, es gibt Dokus, Filme, Tutorials, Comedians, Kanäle und Blogs und noch viel mehr. Vielleicht entsteht so der Eindruck, dass es schwieriger geworden ist. Erziehung ist ganz sicher anspruchsvoller geworden, und auch die Ansprüche an Beziehungen sind gestiegen. Und das ist beides prima.

Nun befinden wir uns in einem erneuten Lockdown, was geben Sie Ihren BeraterInnen für diese Zeit als Mutmacher mit auf den Weg?

Ich bin ja auch noch ein Berater, nicht nur im Leitungsteam. Aber alle, Koordinations- und Beratungsteam sehen sich als gleichberechtigt und wir bilden eine sehr heterogene Einheit. Mit ähnlichen Haltungen, viel Kreativität, unfassbar variantenreichem Fachwissen und mit ganz viel Unterstützung gegenseitig. Wir loben, unterstützen, völlig egal, ob es einen Lockdown gibt oder nicht.

Und ganz viele Kolleginnen und Kollegen arbeiten jeden Tag daran, das Beratungsangebot zu verbessern und zu erhalten. Deshalb gebe ich mit auf den Weg: Ihr seid wirklich einzigartig toll und ich bin froh, dazu gehören zu dürfen.

Und welche motivierenden Worte würden Sie gern für diese Zeit noch an uns Eltern und ihre Kinder richten?

Habt Euch lieb!

Hier finden Familien Hilfe: bke Elternberatung, bke Jugendberatung

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