„Für mich waren die Kaiserschnitte freudige Erlebnisse!“ Ein mutmachender Gastbeitrag

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Die Tränen flossen. Ich saß im Geburtsvorbereitungskurs, schwanger mit meinen Zwillingen, und weinte. Es ging um das Thema Kaiserschnitt, und ich wusste, dass ich mit großer Wahrscheinlichkeit einen Kaiserschnitt haben würde. "Geburtsunmögliche Lage", hatte der Chefarzt der Uniklinik gesagt. "Niemand in Deutschland wird Sie mit dieser Lage spontan entbinden." Die Zwillinge lagen wie Yin und Yang ineinander verschlungen. Dabei hatte ich mir doch so sehr gewünscht, sie spontan auf die Welt bringen zu können.

Ein paar Wochen später flossen wieder Tränen. Doch diesmal waren es Tränen der Rührung und des Glücks. Die Tränen flossen einige Tage nach der Geburt der Zwillinge. Ich musste noch einmal in den Kreißsaalbereich, um ein Formular unterschreiben zu lassen. Als ich diesen Bereich des Krankenhauses wieder betrat, wurde ich geflutet von Gefühlen. Hier hatte ich meine Kinder zur Welt gebracht. Hier hatten meine Wunder das Licht der Welt erblickt. Per Kaiserschnitt. Der Kaiserschnitt war für mich ein so gutes Erlebnis, eine so runde Sache, dass ich beim Rückblick darauf Tränen des Glücks weinte.

Woran lag es, dass ich dieses Erlebnis als gut empfunden habe? Ich hatte mehrere Wochen Zeit gehabt, um mich auf den Kaiserschnitt einzustellen. Ich habe generell keine Angst vor Ärzten, Krankenhäusern, Operationen und Narkosen. Das OP-Team war klasse. Ich fühlte mich gut betreut, als werdende Mutter ernst genommen und insgesamt gut aufgehoben. Die Anästhesistin stand mir die ganze Zeit bei uns, gab mir Sicherheit. Der Chefarzt leitete die Operation kompetent und vertrauenserweckend nach der sanften Misgav-Lagach Methode. Die ganze Atmosphäre im OP war so entspannt, wie das bei einer Operation nur sein kann.

Ihr bekommt einen Kaiserschnitt? Nicht traurig sein – auch das können wunderschöne Geburten werden

Die Kinder wurden mir nach der Entbindung gezeigt, dann kurz von den Kinderärzten versorgt und wieder zu mir gebracht. Meine Tochter konnte ich direkt nach der OP im Kreißsaal anlegen und stundenlang mit ihr kuscheln. Mein Sohn musste zunächst noch mal in ärztliche Betreuung, bevor er zu uns zum Kuscheln und Stillen kommen durfte. Schön war auch, dass die Kinder durch einen Blasensprung circa drei Wochen vor dem geplanten Kaiserschnitttermin die Geburt ins Rollen gebracht hatten. Sie hatten selbst ihren Geburtstermin bestimmt. Ich hatte mehrere Stunden Wehen gehabt. Es war aufregend gewesen, nach dem Blasensprung ins Krankenhaus zu fahren. Es war für mich so näher dran an einer spontanen Geburt als ein Kaiserschnitt am geplanten Termin.

Am Tag nach dem Kaiserschnitt konnte ich bereits aufstehen und mit einer Physiotherapeutin sanfte Übungen machen. Echte Schmerzen hatte ich nur am Tag nach der Operation. Und auch diese wurden durch Schmerzmittel gut gedämpft. Insgesamt war ich sehr schnell wieder fit. Stillen konnte ich vom ersten Tag an. Die Schmerzen des ersten Tages, vor allem beim Aufsetzen und Aufstehen, will ich aber nicht verhehlen. Das ist fies. Und ich kenne Frauen, die deutlich länger körperlich unter den Folgen eines Kaiserschnitts gelitten haben. Eventuell hatte ich Glück, dass ich diese Operation gut "vertragen" habe. Oder sie wurde an meiner Uniklinik besonders gut durchgeführt. ZB. war die Narbe nach einigen Wochen kaum noch sichtbar.

Dieser erste Kaiserschnitt war ein so gutes Erlebnis, dass ich mich bei meiner zweiten Schwangerschaft, diesmal mit einem Kind, bewusst für einen Kaiserschnitt entschieden habe. Zwar war es kein "Wunschkaiserschnitt". Denn es gab zwei medizinische Indikationen für einen Kaiserschnitt (der vorausgegangene Kaiserschnitt und die Größe des Kindes).

Ich habe mir während der Schwangerschaft viele Gedanken über die Geburt gemacht und innerlich immer zum Kaiserschnitt geneigt. Trotzdem habe ich intensive Gespräche mit der Hebamme und drei Ärzten dazu geführt. Ich habe auch noch mal einen Geburtsvorbereitungskurs besucht, um nicht automatisch auf den Kaiserschnitt zuzusteuern. Aber das innere Gefühl blieb bestehen: Ich möchte wieder per Kaiserschnitt entbinden.

So funktioniert eine Kaisergeburt

Diesmal bot die Uniklinik mir sogar den Weg einer "Kaisergeburt" an. Das ist ein Kaiserschnitt, bei dem man versucht, einer spontanen Entbindung möglichst nahe zu kommen. Dabei wird das Tuch vor dem Kopf der Mutter im Moment der Entbindung etwas abgesenkt, so dass die Mutter sehen kann, wie das Kind entwickelt wird. Man sieht nicht den Schnitt, da ist der dicke Bauch davor.

Ich fand es spannend und schön, zu sehen, wie meine Tochter aus mir heraus gehoben wird. Sie kam danach direkt zu meinem Mann und mir zum Kuscheln. Wieder war die Atmosphäre im OP gelöst, wir haben sogar gescherzt und ich fühlte mich wieder rund um gut betreut. Als wir erfuhren, dass unsere Tochter mit über 4600 g noch schwerer als erwartet war, waren wir sehr froh, diesen Weg gewählt zu haben. Wieder hatte das Kind durch einen Blasensprung vor dem geplanten Kaiserschnitttermin seinen Weg in die Welt selbst in die Hand genommen. Wieder hatte das Kind (und ich!) mehrere Stunden Wehen erlebt vor der Operation.

Ich habe riesigen Respekt vor Frauen, die spontan entbinden. Die wenigen Stunden Wehen, die ich erlebt habe, haben mir einen winzigen Vorgeschmack dessen gegeben, was sie durchgestanden haben. Ich finde auch nach wie vor, dass die spontane Entbindung das Natürlichste der Welt ist. Allerdings habe ich durch meine positiven Kaiserschnitterlebnisse meine Ansicht zum Kaiserschnitt geändert.

Für mich war es die richtige und sogar eine sehr gute Geburtsmethode. Wir sind rundum zufrieden und Blicken voller Freude auf die Geburten zurück. Die Kaiserschnitte waren für mich auch nicht nur ein notwendiges Übel, sondern ein wirklich freudiges Erlebnis. Eben die Geburten meiner Kinder. Ich finde deshalb auch den Begriff "Kaisergeburt"  angemessen. Denn es ist viel mehr als ein Schnitt, es ist eine Geburt.

Ich wünsche allen, die einen Kaiserschnitt haben müssen oder haben möchten, dass sie ein ebenso gutes Erlebnis haben.

Zum Weiterlesen: Gastbeitrag von Ute – Wie ich nach zwei Kaiserschnitten eine Hausgeburt erlebte.

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6 comments

  1. Endlich!
    Danke für den Artikel! Noch immer scheint der Kaiserschnitt als nicht ganz richtige Geburt verschrieen zu sein – schade. Für mich war es wunderbar, der geplante Kaiserschnitt in Vollnarkose war ein absolut schönes Erlebnis, so, wie ich es mir vorgestellt und gewünscht hatte. Die Ärzte und PflegerInnen waren auch ganz herrlich und vorurteilsfrei, was ebenfalls sehr zur gelungenen Geburt beigetragen hat. Mein zweiter Gedanke nach der ersten Freude über die – ungeplante – Schwangerschaft war sofort die Angst vor einer vaginalen Geburt; mir war von Anfang an klar, dass das für mich nicht in Frage kam. Leider musste ich mir einiges Anhören, als ich für meine Wunschgeburt von Arzt zu Arzt wanderte – als ob eine OP ein Spaziergang oder der „leichte“ Weg zum Kind wäre. Es ist einfach ein anderer, es ist mein Weg gewesen und schon am nächsten Tag konnte ich auf die Frage der Schwester „Na, nochmal?“ mit einem echten „Ja!“ aus vollem Herzen antworten. Die Bindung zu meinem – von Anfang an kerngesunden – Mini ist wunderbar und ich kann den Kaiserschnitt nur jeder, die sich aus Überzeugung dafür entscheidet, ans Herz legen. Meine Narbe ist durch die Misgav-Method kaum zu erahnen und sehr schön verheilt, Stillen klappte sofort und ohne Probleme und ich konnte mein Kind schon 12 Stunden nach der Geburt völlig selbständig versorgen. Wenn jede Frau möglichst umfassend informiert die Geburt ihrer Wahl bekommt, sei es nun vaginal oder sectional, geplant oder spontan, überraschend oder nach Termin, im Geburtshaus, zuhause oder im OP – dann ist es gut.

  2. Schön!
    Das klingt wirklich toll. Ich hatte auch einen Kaiserschnitt und bin mehr als zufrieden mit dieser Lösung gewesen. Ich weiß, das es für UNS 3 der richtige Weg war. Zum Glück habe ich auf meinen Instinkt gehört. Ich habe aber auch viele Mamas getroffen, die beides hatten – also einmal Kaiserschnitt und einmal spontane Geburt – und die alle wieder den Kaiserschnitt genommen hätten. Das hat mich einfach nochmal darin bestärkt. Mehr solcher Beiträge wären gut 🙂

  3. Vielen Dank für diesen tollen
    Vielen Dank für diesen tollen Beitrag. Auch ich hatte zwei Kaiserschnitte (zu hoher Grad Stand), und auch bei mir haben meine Kinder entschieden,wann es los gehen soll (bei beiden Kaiserschnitten hatte ich vor der OP mehrere Stunden Wehen). Meine erste Geburt sollte im Geburtshaus stattfinden. Ich hatte mir die Geburt so schön ausgemalt. Dazu kam eine regelrechte Panik vor Krankenhäuser. Als die Geburt los ging und die Hebamme mir nach etlichen Stunden Wehen vorsichtig erklärte, dass wir nun leider ins Krankenhaus gehen müssen,war ich zum erstaunen aller die erste, die mit gepackten Koffer an der Tür stand und ungeduldig “auf was wartet ihr denn noch“ rief. Meine Wehen waren von Beginn an sehr schmerzhaft,quasi ohne Wehenpausen und der Muttermund wollte sich einfach nicht weiter öffnen. Da war ich regelrecht erleichtert,dass man mir einen neuen Weg eröffnete,mir half. Die Geburt war einfach nur schön,trotzt Kaiserschnitt. Nach der Geburt hatte ich allerdings immer das Gefühl,mich bei anderen Müttern,welche auf “natürliche“ Weise entbunden haben, zu rechtfertigen und auch meine positiven Erfahrung was die OP angeht,traf oft auf Unverständnis.
    Ich mache mir auch nie Gedanken darüber,ob die Kaiserschnitte wirklich notwendig waren oder wie eine “natürliche“Geburt gewesen wäre. Ich habe zwei gesunde Kinder,wurde während der Geburt und auch danach von einem klasse Team unterstützt und ich die denke so gerne an meine Geburten zurück.

  4. Danke für den Artikel. Man
    Danke für den Artikel. Man liest nicht viel positives über Kaiserschnitt. Er ist eher verpönt. So war zumindest mein Eindruck, im wahrsten Sinne des Wortes, vor der Geburt meiner Tochter. Weshalb ich mich auch für eine natürliche Geburt entschieden habe, obwohl ich innerlich gerne eine Kaiserschnitt wollte. Ich bin körperlich nicht sehr belastbar und hatte furchtbare Angst vor der Geburt. Das Ende vom Lied war, dass ich schon 2 Wochen vor dem ET nicht mehr gut schlafen konnte, vor Nervosität, und als es denn 6 Tage nach dem ET endlich los ging, hatte ich kaum noch Kraft. Dadurch zogen sich die Wehen an die 30 Stunden, 2 schlaflose Nächte und das Baby wurde letztlich mit Gewalt rausgedrückt. Was ich nicht als schlimm, sondern als erlösend empfand. 2 Stunden Nähen anschließend bei dem ständig die Narkose nach ließ. Hoher Scheidenriss, Lapienriss..keine Ahnung was alles gerissen. Ich konnte mehr als 4 Wochen nicht richtig funktionieren.. hoher Blutverlust, völlige Erschöpfung. Ich kann zwar jetzt sagen, ich hab mein Kind natürlich bekommen.. aber für was für ein Preis?! Ne ganz ehrlich.. nächstes wird ein Kaiserschnitt. Allein ein Datum zu haben, würde mich schon mega entspannen. Jede sollte darauf hören, was ihr Innerstes ruft.. medizinisch indiziert oder nich..
    das ist meine Meinung im Vertrauen an unsere moderne Medizin und an den Glauben an unsere moderne Selbstbestimmung;)