Keine Auszeiten, etliche Pflichten: Wie einsam es macht, alleinerziehend zu sein

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Liebe Annette, wie alt sind deine Kinder und seit wann bist du alleinerziehend?

Meine Kinder sind 11 und 13 und ich bin seit 7,5 Jahren alleine mit ihnen.

Du gehst sehr ehrlich mit deiner Situation um. Was bedeutet es wirklich, alleinerziehend zu sein?

Eigentlich ist es ganz simpel: Alleinerziehend ist einfach eine Familie, die nur einen statt zwei Erwachsene hat. Den ganzen Alltag, die Schule, die Kita, die Hobbys, die Krankheiten, die Ferien der Kinder allein organisieren.

Jeden Großeinkauf, jedes Abendessen, jede einzelne Wäscheladung, jeden Putztag selber machen. Jeden Wutanfall, jeden Geschwisterstreit, jede Entscheidung, jeden Geburtstag, jeden Elternabend alleine lösen. Jeden Euro selber verdienen, die Altersvorsorge selber finanzieren, nichts teilen und nichts zusammenlegen können.

Jede Sorge alleine tragen, keinen Austausch haben und nie, wirklich nie zu Hause einen erwachsenen Ansprechpartner haben. Niemals sagen können: kannst Du mal übernehmen? Keine Alternative, kein Plan B.

Du hast dich nach einem Text bei uns gemeldet, in dem wir sagten: Mütter brauchen Auszeiten – und sollten sich diese auch nehmen. Da sagtest du: Halt, Stopp, so einfach ist das nicht! Bei uns jedenfalls nicht. Wie ist es bei dir?

Der Text hat mich geärgert, weil es für mich danach klang, als ob eine Auszeit zu nehmen die grandioseste Idee aller Zeiten wäre, nur wären die anderen Mütter halt noch nicht darauf gekommen. Wäre es einfach ein Erfahrungsbericht gewesen: ok. Aber er klang nach Ratschlag und Aufforderung: nimm doch einfach mal eine Auszeit. Als ob das so einfach wäre, und als ob ich nicht selber wüsste, wie gut so eine Auszeit täte.

(Das hier ist der Text zu Auszeit für Mütter, um den es geht.)

Wie ist es bei Dir?

Wenn ich Zeit für mich alleine haben will, müssen die Kinder woanders sein und ich frei von Pflichten. Wenn ich dazu noch wegfahren will, muss ich es bezahlen. Und da wären wir auch schon am Ende der Geschichte: selbst wenn die Kinder beim Vater sind, habe ich keine Auszeiten, sondern jede Menge Pflichten.

Was machst du dann?

Meistens arbeite ich schlichtweg durch, weil ich sonst mit den ganzen üblichen kindbedingten Fehlzeiten niemals auf meine 100% käme. Wenn ich nicht arbeite, räume ich die Wohnung auf, kaufe ein, mache die Wäsche. Wenn ich auch das nicht mache, schlafe ich. Das ist meine Auszeit: Schlafen. So wie mein Wellness: Duschen.

Triffst du auch mal Freunde dann?

Ich versuche, Freunde zu treffen, ohne mein wertvolles Kontingent an Zeit für mich alleine anzuknabbern. Ein Balanceakt.

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Welche Hilfen würdest du dir wünschen und von wem?

Ich würde mir mehr Unterstützung in meinem direkten Umfeld wünschen, und ich würde mir wünschen, dass ab und zu mal jemand anruft und fragt, ob wir was zusammen machen. Mit oder ohne Kinder.

Aber alle sind so sehr mit ihrem eigenen Leben beschäftigt, dass sie nicht auf die Idee kommen, sich zu vernetzen oder einfach mal Freunde zu treffen. Jede Kontaktaufnahme kommt von mir, und das ist unfassbar mühsam.

Wenn du einen Wunsch frei hättest, welchen würdest du dir erfüllen wollen?

Ich wünsche mir mehr Zeit mit meinen Kindern und ich möchte mal von etwas sehr Schönem überrascht werden.

Nun ist es ja nicht nur logistisch und finanziell schwierig, allein zu sein mit den Kindern, sondern auch emotional. Wie verbringst du deine Abende?

An ein, zwei Abenden pro Woche bin ich gar nicht zu Hause, sondern ich arbeite. An den anderen Abenden gehe ich mit meinen Kindern oder kurz nach ihnen ins Bett. Sie sind groß und liegen gegen 21 / 21.30 Uhr im Bett, da räume ich noch die Küche auf, versuche dieses Interview zu beantworten und gehe schlafen.

Und mit welcher erwachsenen Person tauschst du dich aus?

Ich habe ein, zwei gute Freundinnen, die ich aber sehr selten treffe, unser Alltag ist zu kompliziert für Überschneidungen. Im Alltag gibt es niemanden für den Austausch, da brüte ich alles alleine aus.

Und das Bloggen als mutterseelesonnig?

Eine Zeitlang habe ich gebloggt, was einen tollen Austausch mit anderen Frauen in ähnlichen Situationen ergeben hat. Aber es hat mich auch sehr in eine virtuelle Welt geführt und mich immer mehr von meinem realen Leben entfernt.

Hinzu kam, dass immer mehr Menschen zu viel von mir wussten. Die Followerzahl wurde größer und irgendwie gruselt mich diese anonyme Masse, die mein Leben verfolgt. Ich habe alles offline genommen und konzentriere mich wieder auf mein analoges Leben.

Gibt es etwas, auf das du dich in der Zukunft sehr freust?

Mit meinen erwachsenen Kindern auf ihre hoffentlich schöne Kinderzeit zurück blicken.

Was möchtest du anderen Alleinerziehenden gern mit auf den Weg geben?

Lasst Euch nicht bekloppt machen: es liegt nicht an Euch, wenn Ihr erschöpft seid: das ist wirklich so anstrengend. Lasst Euch nicht erzählen, Ihr müsstet Euch nur besser organisieren, Euch Netzwerke schaffen, Euch mal 'ne Auszeit nehmen oder mal in Kur fahren. Nein, Ihr wisst ganz genau, was Ihr braucht, was Ihr könnt, was Euch gut tut, und was Euch fehlt.

Oft geht es einfach nicht anders, es ist jetzt halt so und vielen bleibt nur, durchzuhalten und darauf zu hoffen, dass die Lage sich einigermaßen entspannt, wenn die Kinder größer werden. Alleinerziehend zu sein ist nichts, was ein normaler Mensch schaffen muss, und deshalb braucht sich keine Alleinerziehende Vorwürfe zu machen, wenn sie nicht mehr kann. Sie soll und sie darf laut jammern und diese Missstände anprangern, das ist gerechtfertigt!

 

Zum Weiterlesen: Gastbeitrag – Ich bin alleinerziehend und am Ende meiner Kräfte

 

 

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22 comments

  1. DANKE
    Diese Worte…
    Danke dafür!
    Diese Ehrlichkeit gibt mir ein wenig mehr Kraft, wo im Augenblick grad alles schlecht zu seien scheint.
    Worte die mir aus der Seele sprechen.

  2. Danke
    Oh Yippie. Diese Worte deines Interviews werde ich an all die Mütter schicken, die mir dauernd erzählen… Ich bin ja auch wie allein erziehend. Mein Mann kommt auch erst abends wieder. Allein erziehend- das ist nur allzu oft keine Frage der Stunden, die Papa zur Verfügung steht. Sondern leider allzu oft innere und äußere Einsamkeit… und niemand will das hören. Von verstehen ganz zu schweigen…

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  5. Beitrag
    ich bin gerade auch so unfassbar traurig und müde über meine vielen Jahre Allein zuhause mit meinen Kindern…sie werden langsam groß und haben jetzt andere Probleme, die mich auch weder an das zuhause bleiben binden…Kinder haben es in unserer Gesellschaft auch nicht leicht. Das kompensieren, dazu Studium damit es mir wenigstesn Im Alter besser geht…Jahrelang keinen Untehalt bekommen, jetzt nur minimum. Ich könnte endlos weiteraufzählen, aber es zieht runter. DAs ienzige, was mich hochhält ist das Studium. Ein persönlicher Erfolg, der für andere völlig normal ist, der mir aber lange blockiert wurde…danke,Gesellschaft, für diese Ungleichheitsverhältnisse zwischen Männern und Frauen( worunter die Männer letztlich auch leiden, da es viele Beziehungen zermürbt), zwischen Unterschicht und Oberschicht…uvm.
    Mein Traum ist, genug Geld zu verdienen so dass es gut reicht. Dann werde ich wohl wieder von einem Mann anerkannt werden und nicht auf ihn angewiesen sein. Aber habe ich dann noch Lust darauf??

  6. alleinstehen
    Ich würde mich freue mit einer alleinerziehenden, mit oder ohne Kinder, was zu unternehmen. Da ich selber keine Familie habe.
    Nur läuft man nie jemanden über den Weg und wildfremde auf der Straße anspräche sähe auch komisch aus 🙂

  7. Danke!
    Hallo, ich bin auch alleinerz.von 3 Kindern, die leider nicht einfach sind 🙁
    Leider habe ich von meinem Umfeld immer das Gefühl, auch in Worten, das alleinerziehend zu sein ja keine grosse Arbeit ist, und das man sich gar nicht vorstellen könne, wieso ich immer müde, kaputt, und ausgelaugt bin. Niemand versteht, wieso man gedanklich nicht abschalten kann, man immer bei den Kindern ist. Es kommt nur Kritik, weil man als Frau nicht mehr so funktioniert. Vorwürfe. Aber Hilfe, jmd, der wirklich versucht zu verstehen, den gibt es nicht. Alles müssen wir doppelt leisten: Liebe, Ausdauer, Kraft, Ängste, Sorgen, Organisationen, Wut, Enttäuschung, Konsequenzen, ja, auch schöne Zeiten hat man alleine. Ich habe das Gefühl, das ich mich zu 100% teilen muss, auf all das gleichzeitig, da jedes Kind individuell ist. Zeit für mich? NIE!! Man geht immer und jeden Tag über seine Grenzen.

  8. Großartig!
    Mir kamen die Tränen als ich das hier eben las. So treffend, Wort für Wort, hat es noch niemand geschrieben. Es ist so. Und: Man kann es sich nicht vorstellen, wenn man es nicht selbst erlebt. Herzliche Grüße.

  9. Allein und erziehend
    Dieser Artikel hat mich für diese Woche getröstet. Es ist anstrengend sich immer wieder abzugrenzen gegenüber Schule, Ärzten, Lehrern und Nachbarn die einem glauben machen wollen, dass man eine schlechte Mutter sei, weil man nicht Ihren Erwartungen entspricht. Man muss sich von anderen belehren lassen, wie man besser erzieht, von Menschen die noch nicht mal ansatzweise in der selben Situation stecken. Diese Woche hat mich mitgenommen. Mittags ruft die Schule auf Arbeit an, dass Sie mit der Qualität der Hausaufgaben nicht zufrieden sind. Ich komme von Arbeit und hetzte zum Arztermin mit allen Kindern, um mich vom Arzt und Assistentin belehren zu lassen dass ich nicht Freund sondern Mutter meiner Kinder bin. Und ich bitte konsequenter sein solle bei der täglichen Zahnpflege.
    Dabei war ich froh pünktlich zu sein
    Ich bin im Moment darauf stolz meine Prüfungen bestanden zu haben, eine Vollzeitarbeit zu haben von der wir im Moment alle leben kennen.
    Mein Kopf weiß, dass mir andere Meinungen in meiner Situation mehr als egal sein sollten, sind sie aber nicht. Dieser Wechsel zwischen den Rollen strenge und verständnisvolle Mutter, die sensibel und reflektiert im Umgang mit Ihren Kindern, produktive Arbeitnehmerin, und immer alles einstecken.
    Fuer die anderen Mütter soll man nicht wehleidig sein, denn Sie schaffen es ja auch, sind ja praktisch auch alleinerziehend…da der Mann den Hintern nicht hoch bekommt.
    Alleinerziehende können es niemanden recht machen, irgendwas kommt immer zu kurz.
    Vielen Dank für das Interview.

  10. Auszeit? Was ist das
    Auszeit klingt verlockend, aber fremd… es sind bei mir nicht nur zwei oder drei Kinder, es sind fünf Kinder, allesamt noch recht klein. Hätte es mir anders vorgestellt meine Familie zu gestalten, mit Mann hat es nicht geklappt. 5-fach Verantwortung, 5-fach festgebunden an Pflichten, Nächte, in denen man mehr wach ist als schläft… immer parat sein.. und kein Umfeld, das sagen kann „nimm dir mal ein Wochenende frei“. Es wird noch Jahre dauern… dann sind die Kinder älter, selbstständiger… und ich werde gleichzeitig mit alt und man bekommt das Gefühl, die Jahre laufen dir davon, in denen du so vieles hättest machen können, du aber zu kurz kommst.

    1. Allein und erziehend
      Kann das gerade sehr gut nachvollziehen. Wuensche Dir und Deiner Familie das Beste.

  11. „Lasst Euch nicht bekloppt
    „Lasst Euch nicht bekloppt machen: es liegt nicht an Euch, wenn Ihr erschöpft seid: das ist wirklich so anstrengend. “
    Dieser Satz ist so unheimlich tröstend!
    Manchmal denke ich, ich bin einfach zu schwach dafür und andere schaffen es auch, was mir zusätzlich ein schlechtes Gewissen macht. Es ist so befreiend und beruhigend zu lesen, dass es nicht nur mir so geht!
    Vielen Dank für dieses offene Interview!

  12. Kommentar von A. (anonymisiert, darum von uns gespostet)
    Liebe Mama , ich habe Ihr Interview vom 18.04.2018 gelesen. Ich fühle und erlebe genau so wie Sie. Seit fast 9 Jahren, lebe ich mit meinem bald 14 Jährigen Sohn alleine ( so richtig ganz alleine). Nebenbei arbeiten mein Sohn und sein Papa, der kaum und sehr unregelmäßig verfügbar ist, sehr gegen mich. Ich werde regelrecht bei Erziehungsangelegenheiten u Anliegen auf’s Abstellgleis von Sohn u Papa gestellt. Noch nicht einmal ist mein Sohn für Vergnügen mit mir im Ort zugänglich. Meldet sich aber sein Papa (egal wann u. um wie viel Uhr ) dann rennt mein Sohn zu ihm, oder ans Telefon u freut sich. Irgendwie fühle ich mich seit einigen Monaten von beiden verar… . Das macht mich zusätzlich noch trauriger. Leider ist der Papa sehr schwer krank geworden und unser Sohn weiss davon noch nichts. Sonst hätte ich meinen Sohn zu seinem Papa umziehen lassen können.

  13. alleinerziehend ist keine Herausforderung…
    …. an der man wachsen will, sondern MUSS.
    Fünf Jahre alleinerziehend, Vater betreut alle 14 Tage am We und zahlt
    regelmäßig den Unterhalt.
    Diese vielen, vielen, vielen, vielen…. Momente aber, die es alleine gilt zu meistern, sind in keinem Unterhalt berücksichtigt, wäre auch unbezahlbar. Alleinerziehende (Mütter UND Väter) leisten Großartiges!!

  14. Mütter… immer nur Mütter…
    Immer wird auf die Väter geschimpft. Jeder vergisst die handvoll Väter, die alles für die Kinder tun, denen es aber in der Realität keiner zutraut, das Bewältigen zu können, obwohl noch im zusammensein die Mutter nur überbrücker der arbeitsbedingten Abwesenheit des eigentlichen primären Elternteils war. . Auch wenn die Mutter noch so lustlos in der Kinderbetreuung ist… Da darf der Vater kämpfen…. Das ist mindestens genauso traurig.. .

  15. Was lernen wir daraus? Frauen
    Was lernen wir daraus? Frauen bekommt mal lieber keine Kinder (und lest Simone de Beauvoir). Alles was ich um mich rum sehe, sind junge Mütter, die glauben mit ihrem ach so tollen Mann wird alles klappen, aber die meisten werden sich trennen und dann da stehen – alleinerziehend…

  16. Keine Auszeiten…
    Danke für diese wunderbar ehrlichen Worte. Genauer kann man es nicht auf den Punkt bringen. Ich bin sehr ergriffen.

  17. Richtig auf den Punkt
    Richtig auf den Punkt gebracht! Und dann gibt es noch die Alleinerziehenden, bei denen die Kinder nie beim Vater sind, weil der sich verabschiedet hat. Finanztechnisch, Beziehungstechnisch … wir existieren nicht mehr.