Wenn´s plötzlich einfach zu heiß ist…

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Liebe Lisa, endlich ist der Sommer da. Keine Strümpfe, Kleidchen, Sonnecreme auf der Haut – ich liebe es. Nur: In Berlin wird es dann immer schnell so abartig heiß. Schwül, drückend, die Kleidung klebt auf der Haut, der Kopf ist matschig. Und die Kinder knatschig. So wars bei uns am Freitag. 37 Grad gemeldet, schon morgens um 10 Uhr eigentlich zu heiß für alles. Am Liebsten würde ich mich in einem abgedunkelten Zimmer neben einen Ventilator legen und den Tag einfach so verstreichen lassen. Was natürlich mit zwei Kindern nicht geht. Den ganzen Tag haben sich die beiden schon in den Haaren. Sie zanken sich, heulen, nehmen sich gegenseitig alles weg. Es macht überhaupt keinen Spaß mit ihnen zusammen zu sein. Ich weiß, es ist die Hitze, die uns alle ungnädiger macht. Also packe ich die Badtasche (Handtücher, Schwimmflügel, Buddelzeug, Sonnencreme, Hüte, Trinkflaschen, Obst, Windeln, Feuchttücher, Kekse) und eine große Matte zum Liegen. „Wie ein Packesel“ denke ich, als ich vollbeladen meiner Tochter aufs Fahrrad helfe.

Der Weg zum See wird hart. Meine Tochter heult, weil ihre Haare unter dem Helm schwitzen. Dann haut sie sich einmal die Pedale ans Schienbein. Angesteckt von dem Geheule stimmt mein Sohn mit ein, will aus dem Kinderwagen. Würde er aber den Weg laufen, kämen wir niemals an. Also bleibt er im Wagen, trotz Kreischanfall. Irgendwann sind wir alle völlig nass geschwitzt an der Badestelle – 37 Grad sind einfach kein Spaß. Ich breite die Liegematte aus, setze die Kinder drauf und beginne die Tasche auszuleeren. Söhnchen greift sich sofort eine Schaufel und schmeißt mir eine Ladung Sand an den Kopf. Atmen. Dann schmeißt er seiner Schwester Sand ins Gesicht, die daraufhin heult. Und zurück schmeißt. Woraufhin er heult. Ich sage deutlich, dass damit jetzt Schluss ist und dass wir ja gleich ins Wasser gehen können. Söhnchens Antwort ist ein erneuter Sandhaufen auf meinen Kopf. Ich flippe gleich aus. Atmen, atmen, atmen. Meine Tochter motzt inzwischen, nimmt sich das Obst aus der Tasche und huch – alle Blaubeeren fallen in den Sand. Ich gucke sie entgeistert an, bis mir erneut Sand ins Gesicht fliegt. Und dann brennen mir die Sicherungen durch. Ich schreie „SCHLUSS JETZT!“, packe beide Kinder und setze sie sehr bestimmt auf die Matte. Dann schimpfe ich, bis ich mich umgezogen habe, halblaut vor mich hin. Über Undankbarkeit, freches Verhalten, dass ich doch nicht jedermanns Depp bin. Ich bin echt wütend. Und wahrscheinlich ungerecht und peinlich. Schließlich gucke ich hoch. Und sehe, dass neben mir ein Elternpaar mit einem Kind sitzen. Ich spüre ihre Verachtung, weil ich geschrieen habe. Am Liebsten würde ich sagen: „Ihr seid zu zweit und habt nur ein Kind. Ich bin alleine mit zwei. Und mir ist so heiß. Und die Kinder streiten sich seit heute morgen die ganze Zeit.“ Aber ich sage nicht, sondern fühle mich schlecht. Richtig schlecht. 

Ich fühle mich mies, weil ich gebrüllt habe. Und ich fühle mich mies, weil ich weiß, dass andere mich für eine Situation beurteilen, die nicht für meinen Alltag steht. Dieses schlechte Gefühl verfliegt den ganzen Tag nicht. Erst, als ich zu mir selber sage: "Ja, ist blöd gelaufen. Das nächste Mal wirds besser", kann ich wahrnehmen, dass wir dann doch noch viel Spaß bei  Baden und Buddeln hatten…

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14 comments

  1. Geht auch anders
    …. weil man Grenzen auch anders setzen kann.
    An alle „Schreimamas“ da draussen – lest dieses Buch: „Erziehen ohne Auszurasten – das Orange Rhino Buch“ – Super Buch und es funktioniert.
    Schöne Grüße von einer Mama, die vor 7 Wochen zum letzten Mal geschrieen hat – und hier in Bayern ist es gerade richtig heiß. 😉

  2. Wieso…
    Wieso entschuldigst Du dich, dafür dass Du eine Grenze gesetzt hast? Wir Mütter sind auch Menschen mit Gefühlen und Nerven und ich muss es jetzt mal sagen, alles ist nicht mit einem „Bitte.“ zubeenden. Also, von mir eher ein „Hut ab“, dass Du es offen aussprichst!
    Macht weiter so mit Eurem Blog!
    Lg, Katharina

  3. Oh, das hat so geholfen!
    Liebe Katharina,
    Wir haben derzeit zwar nicht 36 Grad, aber der lang ersehnte Sommer ist den Kindern und mir auch gerade viel zu heiß. Die Wohnung ist komplett abgedunkelt – dadurch wirds zwar angenehm kühl, aber total ungemütlich. Heute Mittag nach dem Mittagsschlaf hatte ich meinen beiden Mädels (2,5 und 1 Jahr alt) das Mini-Plantschbecken aufgebaut, für das sie sich gerade mal 20 Minuten interessiert haben. Beim Spielen drinnen gab es so viel Gezanke und Spielzeugwegnehmen wie selten, ich war nach einer Stunde schon wieder durch mit den Nerven. Dann endlich hörte ich vertraute Stimmen im Garten, die Nachbarskinder mit ihren Müttern warennunten am Sandkasten und so konnten wir uns anschließen. Und das aucn jur, weil Spätsommer ist und die tiefer stehende Sonne schon wieder große, schützende Schatten wirft.
    Ich versuche dennoch, die Zeit mit den Kindern einfach zu genießen, ein bisschen mit Himbeer-Bananen-Eis aus gefrorenem Obst Abhilfe zu schaffen und so viel wie möglich mit Wasser spielen zu lassen. Aber es ist sehr schön zu wissen, dass andere Mütter die gleichen Probleme haben und wir deswegen einander helfen sollten und nicht komisch gucken, wenn mal eine Mama bei mega Hitze mit Kindern nicht mehr weiter weiß…
    Einen schönen Abend,
    Janine

  4. same same
    Ich habe Ende Juni meine 2. Tochter zur Welt gebracht und seitdem hatte es bei uns in Sueddeutschland konstante 36 Grad und mehr. Wir haben alle gelitten. Meine 2-jaehrige Tochter, das Baby, mein Mann, der staendig nur am Arbeiten war – und vor allem ich. Baden waren wir oft, aber es war durch und durch frustrierend. Ich konnte als Woechnerin mit der Grossen nicht ins Wasser, Baby hat vor Hitze nur gebruellt und Kleinkind war permanent am Grenzen testen. Tragetuch, Manduca, Stillen…. alles irgendwie unschoen bei dem Wetter. Ich hab noch nie so oft meine Zaehne zusammengebissen wie in den letzten 8 Wochen… und mir den Winter noch nie so sehr herbei gewuenscht 😉

  5. 🙂
    Also, ganz ehrlich: Das hätte mir ganz genau SO passieren können. Außer, dass ich nur ein Kind habe. Der Geduldsfaden reißt mir manchmal trotzdem. Wir schreien ja vermutlich alle nicht wahllos in der Gegend herum, aber es gibt einfach Situationen, die den freundlichsten Charakter über seine Grenzen treiben.

  6. Atmen, atmen und atmen
    Das sage ich mir auch in letzter Zeit öfters….. ich hatte die gleiche Situation letzte Woche im Schwimmbad….. aber ich finde dein Verhalten normal und den Blog spitze…..

  7. Jaaaaa… wer kennt das nicht!
    Läuft bei uns momentan genauso. Der Kleine (11 Wochen) will momentan nur getragen werden, was bei dieser Hitze natürlich überhaupt keinen Spaß macht. Nur kurzes Ablegen wird gleich mit einem Schreianfall belohnt.
    Dann steigt seine große Schwester auch gleich mit ein, da sie es ungern einsieht, dass nur er den ganzen Tag getragen wird. Und irgendwann platzt mir fast die Sicherung.
    Mir hilft es zu lesen, dass es nicht nur mir so geht… 🙂

  8. Jaaaaaa! Kenn ich! Tausend
    Jaaaaaa! Kenn ich! Tausend Mal schon erlebt. Und bei uns ist dann auch einfach mal SCHLUSS!! Das schlimmste manchmal ist, dass sie dann trotzdem weitermachen.aaaaaahhh
    Bitte nicht schlecht fühlen, dein Verhalten ist so normal, so menschlich, so authentisch. Ich finde die blöden Blicke eher behämmert!

  9. Wer das nicht kennt…
    Liebe Katharina,
    frisch, ehrlich und aus dem Leben! Deswegen mag ich den Blog so gern! So ist es nunmal mit Kiddies. Ich fand deine Reaktion menschlich und irgendwann ist halt auch mal Schluss! Du bist bestimmt die liebevollste und tollste Mama für deine Kids. Trotzdem oder gerade weil du so bist wie du bist! Hätte ich daneben gesessen, ich hätte dir ein solidarisches Lächeln geschenkt und Dir eine Weissweinschorle angeboten! Kuss nach Berlin!

    1. @Gast
      Ist das lieb! Und was hätte ich mich über die Weisweinschorle gefreut!!!!! DANKE DANKE DANKE!

  10. vollkommen normaler Wahnsinn
    Hallo Katharina, ich finde jetzt nicht, dass Du unerhöhrt ausgeflippt bist, sondern es in der Situation absolut menschlich ist, dass man da mal laut wird und schimpft.

    Wenn’s einen zuviel wird und Kind(er) weiter am Rad drehen, kann man das so dann auch mal rauslassen. Kenne so Situation gut, genauso bei meinen Freundinnen und Bekannten. Nicht die schönen Momente, aber menschlich..
    Grüße!