Samstag morgen 9 Uhr: Ich hab schon einen ganzen Tag erlebt

9 Uhr

Ihr Lieben, wenn Lisa mir schreibt, dass ihre Teenies am Wochenende bis mittags nicht aus dem Bett kommen, kann ich nur sehnsüchtig seufzen. Ich stelle mir das himmlisch vor: Von alleine aufwachen, weil man ausgeschlafen hat. Nicht aufspringen, sondern einfach liegen bleiben. Die Stille genießen und die Sonnenstrahlen, die durch die Rollos dringen, bewundern. Dann würde ich aufstehen und in eine leere Küche kommen, Kaffee machen, nicht reden müssen, ein bisschen im Handy scrollen und mich dann nochmal mit einer Decke ins Wohnzimmer kuscheln. Vielleicht liegt da mein Buch, vielleicht mach ich auch nochmal die Augen zu. Die Stille würde mich nicht einsam machen, sondern wäre eine Wohltat.

Denn – oh Wunder, oh Wunder – die Realität bei mir zu Hause sieht anders aus. Zwischen 6 und 6.30 Uhr wird der Kleinste wach, ruft, ich hole in und wir kuscheln nochmal kurz. Kurz, wirklich kurz, denn der Kleine will aufstehen. Wir gehen runter in die Küche, ich warte ungeduldig, bis der Kaffee durchgelaufen ist, dann ab ins Wohnzimmer. Dort stehen die Bagger, die Bohrmaschinen, die Bälle, die Autos, ein Großteil davon macht Geräusche und zwar keine schönen.

Um sieben kommt die 8-Jährige. Ja, genau die, die ich unter der Woche kaum aus dem Bett bekomme, aber am Wochenende ist sie hellwach. Ich mache Müsli für alle, mindestens eine Schale fällt um, es gibt Geheule, weil der Kleine mehr Orangensaft möchte. Der 11-Jährige kommt runter, fragt, ob er seinen Freund anrufen kann, um auf den Fussballplatz zu gehen. „Nein, es ist noch nicht mal halb 8“, sage ich. Er schnaubt genervt und beginnt einen Streit mit seiner Schwester.

Windelwechsel, nochmal Müsli aufwischen, Mist, da war doch noch eine Wäsche in der Maschine. Also in den Keller, Wäsche nochmal anmachen, in der Zwischenzeit hat der Kleinste sich komplett ausgezogen und hüpft auf dem Sofa. Die Geschwister feuern ihn mit Lachen an, es ist sehr laut. So laut, dass der Teenie von oben schreit, wir sollen ruhig sein.

Ich springe unter die Dusche, der Kleinste räumt währenddessen alle Tampons aus und verteilt die im Badezimmer. Die Mittleren streiten im Flur, der Sohn hört laut Eminem. Der Teenie-Tochter fällt die Milch in der Küche runter, was sie mit einem schrillen „Scheisse“ kommentiert. Ich beschließe, möglichst zügig das Haus zu verlassen.

Um neun Uhr habe ich den Groß-Einkauf beim Diskounter hinter mir, hole noch ein paar Sachen aus der Apotheke. Wieder zu Hause haben sich die drei Großen alle versöhnt, die 8-Jährige malt in der Küche, die anderen beiden chillen im Zimmer. Ich rufe alle zusammen, damit sie helfen, die Einkäufe zu verräumen. Mecker, mecker, aber sie helfen, immerhin!

Um 9 Uhr hab ich schon alles erledigt

Auf die Frage „Will jemand mit spazieren gehen“, bekomme ich nur hochgezogene Augenbrauen. „Aber kann ich endlich Fussballspielen gehen?“, fragt der Sohn. Ich ziehe den Kleinsten an, hole den Buggy und wir laufen Richtung Wald oder auf den Spielplatz. Es ist halb zehn und ich denke: Es fühlt sich an wir 18 Uhr….

Manchmal muss ich lachen, wir viele Jahre ich morgens schon meine Runden drehe. Denn ich hatte nie Kleinkinder, die bis 11 Uhr im Schlafanzug mit Bausteinen spielen oder Bilderbücher anschauen. Alle wollen sich immer bewegen, wollten immer raus. Wenn die Stimmung drin kippte, mussten wir die Schuhe anziehen und in den Wald. Bei Wind und Wetter, unter der Woche, am Wochenende. Oft finde ich das nervig, manchmal aber auch ganz gut. Mir macht das frühe Aufwachen gar nicht mehr so viel aus, ich bin viel draußen, sammle schon vormittags Schritte, schaffe ganz schön was weg in den ersten Stunden.

Und doch, wenn ich gerade wieder dem Laufrad hinterher jage, Stöcke schleppe, die mein Sohn gesammelt hat, wenn ich mit einem tiefen Seufzen feststelle, dass der Kleine in Hundekacke getreten ist, dann freue ich mich doch schon sehr auf die Zeit, in denen die Kinder erst mittags aus den Zimmern kommen. All denen, denen es genauso geht wie mir, den sei gesagt: Diese Zeit kommt. Wir müssen nur noch ein bisschen Geduld haben. Und dann sitzen wir in der Küche, lauschen der Stille und grinsen glücklich in unseren Kaffee.

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6 comments

  1. Danke für diesen ehrlichen Beitrag! Es ist Samstag morgen 8 Uhr und auch ich fühle mich bereits wie 18 Uhr- so viel hat man schon mit drei kleinen Kindern bereits jetzt hinter sich. Aber ja, diesen Zeiten werden auch wir irgendwann hinterher trauern.
    Wie ist der unterschied von drei auf vier Kindern ? Euch allen ein sonniges Wochenende !

    1. Liebe Anne, berechtigte Frage – der Papa der Kids ist natürlich da und wir wechseln uns ab. Die Papas wollen hier nur nicht vorkommen und wir halten sie schon immer raus aus dem Blog 🙂

  2. Hallo, vielen Dank für dieses Artikel. Ich fühle ihn so. Diese zwei Seiten… die Kinder der Freunde sind groß und sie haben ihr Leben „zurück“. Ich bin mit den Nachzügler um 7 Uhr am Lego bauen. Beide Seiten sind toll, wir lieben das noch-einmal-erleben, aber das Bedürfnis nach Ruhe und Schlaf sind auch da.

  3. da spricht mir viel aus der Seele
    selbst Frühaufsteher, sind natürlich auch meine Kinder früh wach und der Tag der ist manchmal lang
    ich mag aber auch diesen frischen Morgen, den man dann schon früh erleben darf.

    zusammen
    aber alleine einkaufen ist dann auch nett 😉

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