Gestatten: Blitzableiter

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Manchmal mache ich alles falsch. Gestern zum Beispiel. Wir wollten los zum Tanzunterricht. Ich schiebe den Kleinen im Kinderwagen, die Große ruft, ich solle schon mal vorgehen. Was ich tue. Nach ein paar Schritten drehe ich mich um, um zu gucken, wo sie bleibt. Die Tochter sieht das und bricht heulend auf dem Gehweg zusammen. Hat sie sich wehgetan? Ich sprinte zu ihr. „Du solltest Dich nicht umdrehen. Ich wollte mich anschleichen“, kreischt sie. „Ach so, das wusste ich nicht. Dann machen wir das jetzt eben so“, sage ich beruhigend und marschiere los, ohne mich umzudrehen. Nach 50 Metern ohrenbetäubendes Gebrüll. Ich drehe mich um. Meine Tochter liegt auf dem Gehweh, strampelt wütend. Ich seufze und gehe zurück. „Was denn nun?“ „Ich wollte an Deine Hand!“ „Aber ich dachte, Du willst Dich anschleichen?!“ „Neeeeeeein, jetzt nicht mehr.“ Also gut, an die Hand. „Ich hab Hunger.“ „Ich hab eine Breze dabei.“  Tränen. Erneut. „Ich mag keine Breze.“ „Du liebst Breze!“ „Nein, mein Hals kann heute keine Breze essen.“ Aha, der Hals. „Ich will das, was er hat“, kreischt die Vierjährige und zeigt auf ihren Bruder. „Einen Fruchtriegel? Du hast doch gesagt, der ist nur was für Babys.“ „Ich bin aber auch noch klein. Ich will Fruchtriegel.“ Gut, dann also Fruchtriegel aus der Handtasche zusammen klauben. „Ich glaube, Du bist etwas müde. Willst Du Dich vorne auf den Kinderwagen drauf setzen?“ „Aber Kinderwagen ist doch was für Kleine.“ „Naja, Du bist ja noch ein bisschen klein.“ „Ich bin grooooooooossssss!“ Ach so. Alles nicht so einfach. Anstatt noch in mehrere Fettnäpfchen zu treten, mache ich meine Ohren zu und akzeptiere meine Rolle als Blitzableiter. Macht mir heute nichts aus, weil ich spüre, dass dieser kleine Mensch gerade nicht anders kann, vielleicht etwas ausbrütet, irgendwas in seinem Köpfchen vorgeht, was er selbst icht fassen kann. Das ist ok. Ich kann mich erinnern, dass es mir selbst manchmal so ging. Und heute noch geht.

Ich frage mich nur: Wie soll das bitte in der Pubertät werden???????

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3 comments

  1. Danke!!!
    Exakt gleiches Setting hier!:) Der Weg zum Tanzen der Großen endete diese Woche mit einem 45 min Trotzanfall und heul-kreischendem Zusammenbruch auf dem Gehweg. Der kleine Bruder wollte eigentlich nur schlafen und stimmte dann ähnlich ungehalten mit ein, als ich ihn im Hausflur wieder aus dem Wagen pellte. Habe dann also erst abwechselnd, dann am Ende beide Kinder gleichzeitig manisch vor mich hin summend durch die Wohnung getragen bis der Spuk ganz plötzlich vorbei war und die zwei allerliebst zusammen Duplo spielten. Ach ja, der Auslöser war mein Satz:“Deinen Rucksack kannst Du doch schon selbst tragen, oder?“

  2. Schlimm wird das….
    Ich habe drei Teenies….eine noch in der Pupsität. Meine älteren Töchter fragen regelmäßg: „Mama, waren wir auch so schlimm?“ JA! Wart ihr!
    Da geht es nur noch ums Überleben.