Ihr Lieben, wir „kennen“ Kai Schlattmann aus unserem Instagramleben, sein Account Ichbindannmalvadder rutschte irgendwann in unsere Timeline und wir nahmen gegenseitig Kontakt auf. Heute öffnet er in seinem Gastbeitrag die Tore seines Herzens für uns, es geht um Abschied und WIllkommen… denn kurz nachdem er und seine Liebste erfahren hatten, dass sie ein Baby erwarten, erkrankte sein Papa an Krebs. Von den vielen Gefühlen in dieser Zeit erzählt er uns hier.
Abschied und Willkommen: Erst Babynews, dann Krebsdiagnose
„Es ist der 07.12.2018. Meine Frau und ich stehen in unserem Wohnzimmer und laufen nervös auf und ab. Wir sind aus einem besonderen Grund ziemlich aufgeregt. Wir haben gerade gemeinsam einen Schwangerschaftstest gemacht und warten nun auf das Ergebnis. Nach 10 Minuten haben wir Klarheit. Wir bekommen ein Baby. Wir werden Eltern. Das größte Abenteuer unseres Lebens startet und wir sind überglücklich, weil wir uns das so sehr gewünscht haben.
Jedoch hat uns niemand gesagt, dass Freud und Leid so nah beieinander liegen können. Eine Woche nach dem bis dato glücklichsten Moment in unserem Leben, bekamen wir die traurige Nachricht, dass mein Papa an einem sehr aggressiven Lungenkrebs erkrankt ist. Diese Diagnose hat uns alle sehr aus der Bahn geworfen.
Man sagt: Wenn ein neues Leben entsteht, muss ein altes Leben gehen. Wenn ich darüber nachdenke, dann bekomme ich noch immer Gänsehaut, denn in der Tat war dies bei der meiner Frau genauso. Ihr Großvater ist kurz nach ihrer Geburt verstorben. Ich hätte aber niemals gedacht, dass auch wir mit diesem Aberglauben einmal direkt konfrontiert sein würden.
Unser Baby kommt zur Welt
Doch leider sollte es genauso kommen. Unsere Tochter ist im August 2019 zur Welt gekommen. Zu dem Zeitpunkt ging es meinem Papa bereits ziemlich mies. Er hatte schon eine harte Reise mit Chemotherapien und Bestrahlungen hinter sich. Deshalb hat er es auch körperlich nicht mehr geschafft, nach der Geburt zu Besuch zu kommen. Da wir ca. 450 km auseinander gewohnt haben, war die Strecke für ihn einfach zu lang.
Aus diesem Grund sind wir bereits im November mit der Kleinen in die Heimat gefahren, um meinem Papa die Möglichkeit zu geben, seine Enkeltochter kennenzulernen. Das war damals ein sehr emotionaler Moment für uns. Ich erinnere mich noch an einen Moment, als mein Papa Mini auf dem Arm hatte und nur zu ihr sprach, so als wäre niemand sonst im Raum.
Er sagte ihr, dass er sie unendlich liebhätte und sie das niemals vergessen dürfe. In diesem Augenblick war ich sehr glücklich, dass wir unserer Tochter später von dieser Erinnerung an ihren Opa würden erzählen können. Mein Papa war zu diesem Zeitpunkt schon längst nicht mehr der alte. Er war sehr dünn und schwach. Aber er hat sich unendlich über unseren Besuch gefreut.
Ca. 2 Wochen später bekamen wir den Anruf, vor dem wir ein Jahr lang Angst hatten. Die Ärzte konnten nichts mehr für meinen Papa tun. Er war austherapiert und konnte nicht mehr geheilt werden. Er sollte nun nach Hause kommen, um dort im Kreise der Familie in Ruhe sterben zu können. Für uns stand es außer Frage, dass wir sofort in die Heimat fahren.
Die folgenden 10 Tage waren eine Achterbahn der Gefühle. Zum einen war ich sehr dankbar dafür, dass ich mich noch von meinem Papa verabschieden konnte, ihm noch Fragen stellen konnte und wir ihn begleiten durften, damit er diesen schweren Weg nicht allein gehen musste. Zum anderen war da eine unendliche Traurigkeit und Angst in mir. Eine Traurigkeit, dass mein geliebter Papa bald nicht mehr da sein wird. Angst vor dem Moment des Todes.
Dass in dieser schweren Zeit meine kleine Familie immer an meiner Seite war, hat mir sehr geholfen, mit all dem besser klarzukommen. Das kleine, junge Leben zu sehen, hat mir Hoffnung gegeben, dass am Ende alles gut wird.
Abschied von Papa
Am 2. Dezember hat mein Papa unsere Welt verlassen. Er hat gekämpft, aber der Krebs war stärker. Das Leben ist ungerecht, denn Mini hatte keine Chance, ihren Opa bewusst kennenzulernen. Sie wird niemals mit ihm ein Buch lesen können oder Fußball im Garten spielen. Was bleibt, sind die Erinnerungen, die wir mit ihr teilen können.
Die Worte, die er ihr gesagt hat und die Bilder, die wir ihr von ihrem Opa zeigen können. Wir bringen ihr bei, dass ihr Opa nun bei den Engeln im Himmel lebt und wir uns dort irgendwann alle wiedersehen. Und manchmal, wenn die Sonne durch die Wolken scheint, dann sagt sie heute zu uns: „Schaut mal, der Opa schickt uns einen Gruß aus dem Himmel“.
Wenn ich Mini heute betrachte, dann erkenne ich viel Ähnlichkeit mit meinem Papa. Sie hat seine Haare und sein verschmitztes Lächeln. Irgendwie wird ihr Leben immer mit seinem Tod verbunden sein. Die Erinnerung an ihn, lebt für mich in ihr weiter.
Ein Jahr nach unserem positiven Schwangerschaftstest, wird mein Papa beerdigt.
Es ist der 07.12.2019.
Krebs ist ein Arschloch.“