Ungeplant schwanger 16 Jahre nach dem 1. Kind: Erstmal keine Malediven!

Unverhofft schwanger

Symbolfoto: pixabay

Ihr Lieben, manchmal hat das Leben mit uns andere Pläne als wir selbst… und so platzte bei unserer Leserin mitten in die Lücken, die endlich entstanden, als ihr Kind schon jugendlich war eine Überraschung, mit der sie wirklich nicht gerechnet hatte. Sie hatte doch vorgehabt, endlich mal mit Hobbys und Zeit für sich anzufangen, ein neues, freies Leben zu beginnen. Doch dann das. Hier erzählt sie selbst davon.

Mein erster Pärchen-Urlaub! Zwei Wochen Ägypten mit meinem Freund, ich bin 34 Jahre alt. Ein Traum für mich. Ich, die ich mit 18 Jahren bereits Mama war – und mit Mitte 20 alleinerziehend. Die, die immer gearbeitet hat, um sich und ihrem Sohn ein gutes Leben zu ermöglichen. Die, die selbständig ist, ein Business aus dem Nichts aufgebaut hat. Es ist 2009. Ich habe seit fünf Jahren einen Freund, mein Sohn ist mittlerweile 15, wir leben zusammen, meine Firma läuft gut.

Frisch verliebt und neue Freiheiten dank großem Kind

Nun stehe ich hier also mit Mitte 30 in meinem ersten richtigen Urlaub – mit Freund, ohne Kind, ein Traum! Wir schnorcheln im roten Meer und verbringen die Tage am Strand oder am Pool, genießen die freie Zeit, müssen nichts, können uns einfach treiben lassen.

Um Verhütung brauchen wir uns zum Glück keine Gedanken zu machen: Seit vielen Jahren bin ich unfruchtbar, habe das PCO Syndrom, eine Krankheit, bei der sich Bläschen auf den Eierstöcken bilden und die mit Unfruchtbarkeit und häufig auch mit einer Insulinresistenz einhergeht. Meine Periode bekomme ich einmal im Jahr – wenn überhaupt. Es gibt auch Jahre, in denen ich keine habe.

Nach dem Urlaub werde ich schwer krank

Zurück in Deutschland werde ich im März 2010 schwer krank. Ich bin müde, habe keinen Appetit, mir ist Tag und Nacht schlecht, ich verlasse tagelang das Bett nicht. Ich denke an Krebs, an eine Autoimmunerkrankung, an MS. Ich fühle: es muss etwas Schlimmes sein, das mich so umhaut.

Ich mache einen Termin beim Internisten, es kann so nicht weitergehen. Eine Freundin fragt besorgt „Was hast du denn?“. Sie hört sich meine Erklärungen an und fragt, ob ich nicht schwanger sein könnte. Nein, natürlich nicht, ich bin doch unfruchtbar! Sie fragt noch einmal nach, aber ich weiß, dass ich nicht schwanger bin, ich war ja schonmal schwanger und mir war weder übel, noch war ich wochenlang lahmgelegt, also nein, schwanger bin ich definitiv nicht.

Schwanger? Verarschen kann ich mich selber!

Meine Freundin schlägt trotzdem vor, einen Schwangerschaftstest zu machen, als Privatversicherte müsste ich diesen sonst beim Arzt machen lassen und das sei teuer – also besorgt mein Freund den Test. Abends im Bad lese ich die Anleitung durch. Man muss fünf Minuten warten, bis das Ergebnis da ist. Ich führe den Test durch, gebe ihn meinem Freund zum Halten und wasche mir die Hände. Es vergehen keine 10 Sekunden, da ruft er überrascht „Schwanger! 3+!?!

So ein Scherzkeks! Ich stehe vermutlich an der Schwelle des Todes und er macht Witze! Empört fauche ich ihn an „Du hast sie ja nicht mehr alle!“ Er sitzt auf dem Badewannenrand und dreht den Test wortlos und leicht beleidigt in meine Richtung. Ich starre auf das kleine Sichtfenster, in dem sich sehr, sehr deutlich 2 rote Linien abzeichnen. In einem weiteren Fenster erscheint ebenfalls ein Strich, dort steht „3+“.

Ich spüre gar nichts, außer Panik

Ich brauche einen Moment. Mein Freund blättert hektisch in der Testanleitung. “Was heißt 3+?“ will er wissen. Gemeinsam lesen wir nach – es bedeutet, dass die Schwangerschaft bereits über den 3. Monat fortgeschritten ist.

Ich freue mich nicht. Ich fühle erst einmal gar nichts, außer Panik. Schwanger. Tausend Gedanken jagen mir durch den Kopf. Risiko, mit Mitte 30, zudem bin ich übergewichtig, wiege 115kg. Ich habe doch schon ein Kind, eines, das beinahe erwachsen ist, in zwei Jahren volljährig. Ich wollte doch auf die Malediven fliegen, Sonnenuntergänge am Meer erleben, reisen, mir ein Hobby zulegen. Meine Lebensplanung ist doch: früh Mutter geworden, mit 40 Jahren durch! Durch! Ende! Finito!

Aber was wird denn jetzt aus mir?

Mein Freund freut sich, sein erstes Kind. Ich versuche, mir mein Entsetzen nicht anmerken zu lassen. Ich weiß sofort, dass ich das Baby bekommen werde, das steht außer Frage, niemals könnte ich sein Kind abtreiben, dafür liebe ich ihn zu sehr. Aber was wird aus mir? Stehe ich eine Schwangerschaft durch? Eine Geburt? Was wird aus meiner Firma, die uns mehr einbringt, als sein Lehrergehalt? Was ist mit dem PCO? Kann der Test fehlerhaft sein? Kann es sein, dass ich doch nicht schwanger bin?

An diesem Abend bin ich zu geschockt, um etwas anderes zu empfinden. Ich schlafe kaum, rufe am nächsten Tag gleich meine Freundin an und frage sie nach ihrer Frauenärztin. Mein letzter Besuch bei einem Gynäkologen ist Jahre her. Meine Freundin verschafft mir einen Termin bei ihrer Ärztin, sie spricht von einem „Notfall“ und ich darf sofort kommen, genau so fühle ich mich: wie ein Notfall.

Mein Freund denkt an süße Babyfüße, ich an wenig Schlaf

Mein Freund ist aufgeregt und hüpft um mich herum wie ein junger Labrador. Ich weiß, woran er denkt: kleine Händchen, die nach ihm greifen, Milchfläschchen, ein Babyzimmer, süße, kleine Füßchen, kuscheln mit Papa.

Ich denke an Nächte ohne Schlaf, an Verantwortung für die nächsten 20 Jahre, an Windelwechseln, an Ohrenschmerzen an dem Tag, an dem Mama und Papa einmal ins Kino wollen, an Elterngespräche im Kindergarten, Ferien im Odenwald auf dem Bauernhof, Elternabende in der Schule, an Hausaufgaben und Pubertät – mein älterer Sohn ist 16 – und ja, nach all den Mühen mit den lieben Kleinen kommt noch die Pubertät, als finaler Endgegner, nicht, dass den Mamas und Papas zum Schluss etwa langweilig wird!

Ich bin bereits im 5. Monat!

Die Ärztin sitzt uns gegenüber. „Wann hatten Sie ihre letzte Periode?“

Es ist April. Ich rechne nach. „Im August letzten Jahres“, antworte ich mit belegter Stimme. Ihr geschockter Blick spricht Bände, wahrscheinlich denkt sie, dass ich gleich hier und jetzt entbinde.

Bei der anschließenden Untersuchung winkt uns ein Embryo im Alter von fünf Monaten per Ultraschall zu. Ja, ich bin im 5. Monat. Die Ärztin findet das wohl lustig, denn sie lacht und sagt Sätze wie: „Na, das ist doch eine lustige Anfangsgeschichte, dass können sie mal Ihren Enkeln erzählen, ha ha.“

Mein Freund strahlt, als hätten wir nicht gerade 20 Jahre Verantwortung aufgebrummt bekommen, der Arme, er hat ja keine Ahnung!

Ich brauche Zeit.

Ich weine, schlafe, denke viel. Und freue mich dann doch

Nach einer Woche freue ich mich auf das Baby, zaghaft, ängstlich. Ich weine viel, schlafe viel, denke viel nach. Ich trauere um einen Lebensentwurf, an den ich mich gewöhnt hatte: mit 18 Mutter, mit 40 durch. Verabschiede mich von den Malediven, dem Zweisitzer-Cabrio, der vielen freien Zeit, die ich mit Hobbys füllen wollte.

Nach weiteren Wochen kann ich wieder lachen, habe mich damit abgefunden, dass ich jetzt eben die bin, die einen Nachzügler bekommt, die, mit den Kindern mit großem Altersunterschied, die, die mit 40 nicht durch ist.

Nachtrag: Das Baby ist mittlerweile 11 Jahre alt, ein Sohn. Er ist ganz toll und wir lieben ihn alle sehr, niemals würden wir die Zeit mit ihm missen wollen. An einen Pärchen-Urlaub ist immer noch nicht zu denken und bald kommt die Pubertät. Am Ende wird alles gut. Wenn auch anders als gedacht.

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11 comments

  1. Um den Artikel mal von einer anderen Seite zu beleuchten:
    Die Kinder sind grad aus dem gröbsten raus, man freut sich eine eine etwas entspanntere Zeit für sich und seinen Partner, lange Sommerabende am Meer, ein Skiurlaub, Wochenenden im Bett. Und plötzlich fängt alles wieder von vorne an. Den Schock kann ich nur bestätigen. Unsere vier Kinder waren gerade 16 – 12 Jahre alt und wir wollten definitiv die nächsten Jahre unsere Zweisamkeit wieder mehr pflegen. Vasektomie stand im Raum, da ich die Pille schon sehr lang nicht mehr vertrug und alles andere nach all den Jahren schon sehr mühsam wurde. Als dann mein Mann irgendwann meinte, meine Brüste wären so „nett“ und ob es mir gut gehe, hab ich das nur lachend abgetan. Es ging mir phantastisch! Irgendwann musste ich doch mal darüber nachdenken, wie lange die letzte Periode schon her war… Viel zu lang. Naja. Ich brauchte auch ungefähr 2 Wochen, bis ich mich freuen konnte. Meine Frauenärztin wollte mir das Bild garnicht geben, weil ich gewagt habe zu sagen, dass ich das noch nicht so toll finde. Damit ich keine unnötige Beziehung aufbauen, wenn ich noch nicht sicher bin… Als ob man da drüber nachdenken könnte, wenn sonst alles passt. Also hab ich mich von meinen Träumen für die nächsten Jahre verabschiedet. Inzwischen ist die kleine zwei und gefeierter Star ihrer großen Geschwister. Und wenn ich in der Menopause und sie in der Pubertät ist (zeitgleich), haben die Großen gesagt, sie nehmen sich dem Pubertier dann an 😉

  2. Ich habe auch das PCOS und bin letztes Jahr im Mai ohne jegliche Hilfsmittel schwanger geworden. Zuvor haben mein Mann und ich über 3,5 Jahre alles Mögliche versucht und genau einen Monat später, im Juni, sollte die Hormonbehandlung über ein Kinderwunschzentrum beginnen. Seltsame Fügung, aber ein Beweis, dass man nicht automatisch gänzlich unfruchtbar ist.

  3. Ich bin Frauenärztin und immer wieder erstaunt, wie viele Kolleginnen sich trauen, zu sagen, dass eine Frau keine Kinder bekommen kann (wegen PCO oder anderen Gründen). Habe immer mal wieder Frauen, die dann unverhofft schwanger sind und es nicht merken. Beim PCO kann es Monate dauern, bis es zum Eisprung kommt. Immer gleich ist, das 13-15 Tage nach dem Eisprung die Periode kommt. Aber umgekehrt kann man eben (gerade bei PCO) nicht von der Periode ausgehendend nächsten Eisprung berechnen.

  4. Mich hat Deine Geschichte sehr berührt und ich freue mich mit euch über das unerwartete, überraschende Wunder, das nun schon elf Jahre euer Leben bereichert!

  5. Off Topic, aber wichtig:
    An alle, die das lesen, nehmt bitte die jährliche Krebsfrüherkennungsuntersuchung war.
    Bei mir wurde eine Vorstufe festgestellt, entwickelt sich wieder zurück, aber was wäre gewesen wenn nicht? Ich habe in letzter Zeit von mehreren Frauen gelesen, die kleine Kinder hatten und dann verstorben sind.

    1. Ja, habe ich auch gedacht.
      Eigentlich geht man ja zur Vorsorge zur gyn. U. und nicht nur wegen eines Kinderwunsches. Mich hat es auch stutzig gemacht, dass die Autorin da seit Jahren nicht mehr gewesen war.

  6. Ich finde es schade, dass PCOS gleich mit Unfruchtbarkeit gleichgesetzt wird. Ich leide selbst darunter und habe oft Angst, nicht schwanger werden zu können. Solche Beiträge verunsichern mich dann schon etwas. Dabei kann man PCOS gut behandeln und meine Frauenärztin ist auch der Meinung, dass die Diagnose auf keinen Fall bedeutet, unfruchtbar zu sein.

    1. PCOS bedeutet definitiv nicht Unfruchtbarkeit. Ich kann dir Mut machen.:-)
      Ich habe auch PCO (polyzystische Ovarien und Insulinresistenz, allerdings kein Übergewicht, keine erhöhten männl. Hormone) und bin 5fache Mutter. Meine Kinder wurden alle auf natürlichem Weg gezeugt.
      Kind 1 völlig ohne Hilfsmittel (naja fast, ich hatte davor 1 Monat lang die Pille genommen um meine Amenorrhoe zu unterbrechen), Kind 2 mit Clomifen, Kind 3 mit Hilfe von Ovaria Comp (damit konnte ich meine Eisprungrate von 0 immerhin auf etwa 3-4x im Jahr erhöhen; es heißt, man soll es bei Neigung zu Zysten zwar nicht verwenden, aber ich kann sagen, in meinem Fall hat es definitiv nicht geschadet), Kind 4 und Kind 5 mit Hilfe von Clavella (Inositol). Letzteres hat mir persönlich am Besten geholfen, dadurch hatte ich zum ersten Mal in meinem Leben regelmäßige Zyklen.
      Im Netz findest du auch ganz viele hilfreiche Seiten und Erfahrungsberichte zum Thema PCO. Nur nicht verzweifeln.👍🏻

    2. Liebe Johanna,
      PCOS kann bedeuten, dass eine Frau keine Kinder bekommen kann, muss es aber nicht.
      Es gibt ja unterschiedliche Ausprägungen der Erkrankung, aber ohne Eisprung ist eine Schwangerschaft nun mal nicht möglich. Doch man kann mit Hilfe von Medikamenten oder mit einer Kinderwunschbehandlung viel erreichen und unmöglich ist eine Schwangerschaft mit PCOS nie, das zeigt ja auch das Beispiel der Autorin.
      Ich leide auch an PCOS und mein Frauenarzt hat immer gesagt, dass ich verhüten muss, wenn ich keine Kinder will, insofern hat mich in dem Artikel verwundert zu lesen, dass PCOS mit sicherer Unfruchtbarkeit gleichgesetzt wurde.

      1. Dass man mit PCO nicht gleich unfruchtbar ist, zeigt doch dieses tolle Beispiel. Also eine aufmunternde Geschichte 🙂
        Vielen Dank für diesen schönen Beitrag.

        Ich habe übrigens auch PCO (stark ausgeprägt) und habe zwei Töchter. 😉
        Meine Schwester ebenso und sie ist auch Mutter. Das gleiche gilt für eine gute Freundin von mir. Also PCO ist echt nicht dramatisch was den Kinderwunsch betrifft.

    3. Liebe Johanna,
      habe selbst PCO und bin nach Absetzen der Pille nach 3 Monaten schwanger geworden und dann spontan nochmal schwanger, als der Große 9 Monate war. Du siehst, alles ist möglich 🙂 Alles Gute!!!

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