Frühe Wechseljahre: Mit 35 kam Steffi in die Menopause

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Liebe Steffi, im Jahr 2017 wurde bei Dir ein Borderlinetumor am Eierstock festgestellt. Was genau ist ein Borderlinetumor und wie wurde das festgestellt?

Im Dezember 2016 hatte ich während meiner Periode leichte Beschwerden, was für mich völlig ungewohnt ist, denn normalerweise habe ich das unglaubliche Glück, dass ich nie Schmerzen während der Periode habe.

Deshalb vereinbarte ich vorsorglich einen Termin bei meinem Gynäkologen. Bei der Ultraschalluntersuchung stellte mein Gyn dann eine „Zyste“ am Eierstock fest, sowie freie Flüssigkeit im Bauchraum. Er war aber ganz entspannt und meinte, wir nehmen erstmal Blut ab und beobachten es. Das war kurz vor Weihnachten und ich war froh, dass doch alles ok ist.

Nach den Feiertagen erhielt ich aber einen Anruf von meinem Arzt, der plötzlich gar nicht mehr entspannt war. Die Blutuntersuchung hatte ergeben, dass mein Tumormarker erhöht war und ich sollte umgehend in die Praxis kommen. Dort erklärte er mir, dass dies dringend näher untersucht werden muss und ich vereinbarte einen Termin im Krankenhaus zur Bauchspiegelung.

Die Zyste wurde entfernt und schon im Krankenhaus teilte man mir mit, dass es wohl ein Borderlinetumor ist, das ist eine Form von Eierstockkrebs. Der Unterschied hierbei ist, dass diese Form von Krebs sich nicht invasisv verteilt, sondern auf dem Gewebe sitzt. Das bedeutet auch, dass die Heilungs- und Behandlungsoptionen viel erfolgsversprechender sind.

Kannst du sagen, was bei der Diagnose in Dir vorging? 

Ja, das war hart. Mein Kleiner war gerade 1 geworden, ich wollte diese Babyzeit so richtig genießen, mein mittleres Kind ist mit einer angeborenen Fehlbildung zur Welt gekommen und damals fühlte ich mich immer betrogen, um die erste innige Zeit mit ihm, die durch Krankenhausaufenthalte geprägt war.

Ich stillte meinen Kleinen noch voll, er wollte einfach nicht essen und nun musste ich von heute auf morgen ins Krankenhaus und es fühlte sich an, als ob er mir aus dem Arm gerissen wurde. Und dazu die Angst, ob ich je wieder gesund werden würde und meine die Kinder aufwachsen sehen kann.  Nach meiner Eierstockentnahme wurde mir noch der Harnleiter verletzt, Urin lief in meinen Bauch und ich hatte sehr starke Schmerzen. Da man aber noch warten wollte, bis die endgültigen Laborergebnisse da sind, musste ich das 3 Wochen aushalten – rückblickend die schlimmsten 3 Wochen in meinem Leben. 

Wie ging es weiter? Welche Therapien/Operationen hast du erhalten? 

Die 3 Wochen zwischen der Eierstockentnahme und der großen OP verliefen wie in Trance. Als feststand, dass es sich um einen Borderlinetumor handelte, war ich auf der einen Seite natürlich erleichtert, da dies operativ sehr gut zu behandeln ist. Aber ich hatte auch Angst vor der großen OP. Ich hatte Angst davor, dass mir alle Fortpflanzungsorgane entnommen werden – ob das der Fall sein würde, stand vor der OP nämlich noch nicht fest. Man wollte versuchen ,organerhaltend zu operieren, wobei auch immer gesagt wurde: „Sie haben ja schon 3 Kinder, da können sie ja froh sein.“

Mir wurden schließlich doch beide Eierstöcke, die Gebärmutter, der Blinddarm und Teile des Bauchnetztes entfernt. Während der OP stellte man noch fest, dass mein Harnleiter verletzt war und in meinem Bauchraum Urin gelandet war. Dies wurde direkt mit behoben.

Es gab Nebenwirkungen dieser heftigen OP….

Nach der OP wurde mir direkt eine Östrogensalbe auf den Nachtisch gestellt und gar nicht viel dazu gesagt. Nur: „Das müssen sie jetzt einmal täglich anwenden, um Osteoporose vorzubeugen.“ Das klang logisch für mich, also benutzte ich sie und hatte weiter noch keine Idee welche Konsequenzen so eine große Operation bedeuten sollte. 

Wie hat sich dein Körper durch diese Hormonumstellung verändert?

Mein Körper war von jetzt auf gleich in den Wechseljahren, mit gerade mal 35 Jahren. Die typischen Beschwerden wie Hitzewallungen blieben aufgrund der Hormonsalbe aus. Aber ich hatte fortan Schwierigkeiten meinen Urin zu halten, was mich fertig gemacht hat. Außerdem bin ich vergesslich geworden, habe immer wieder Schmerzen in den Gelenken, die Haut im Scheidenbereich ist komplett trocken. Dazu kommen die Vernarbungsschmerzen der OP.

Und dann hast du in der Reha festgestellt, das sich auch deine Klitoris verändert hat. Was hat es damit auf sich? 

Aufgrund der fehlenden Hormonversorgung kommt es zur Scheidenatrophie. Das heißt, die Haut wird dünner, die Milchsäurebakterien verschwinden und das saure Milieu ist nicht mehr vorhanden.  Außerdem geht die Speicherfähigkeit der Fettdepots an der Harnröhre verloren, das ist dann auch der Grund, weshalb ich Schwierigkeiten mit dem Urin halten habe bzw. immer kleine Mengen verliere und weshalb die Klitoris so geschrumpft ist.

Hattest du damals das Gefühl, du bist gut informiert und aufgeklärt?

Auf keinen Fall. Natürlich wurde ich darauf hingewiesen, dass ich keine Kinder mehr austragen kann, dass ich ein erhöhtes Risiko besitze für Osteoporose – aber das war es auch schon. Ich musste mir die Informationen selber zusammentragen und bin noch nicht am Ende damit. Es ist auch wahnsinnig schwierig, einen ganzheitlichen Ansprechpartner zu finden, im Sommer habe ich endlich einen Termin in einer Hormonsprechstunde in der Uniklinik. Ich bin gespannt und hoffe sehr, einen Ort zu finden, wo ich mich aufgehoben fühlen kann.

Zur Atrophiebehandlung gibt es eine neue Lasermethode, die sehr erfolgversprechend, aber nicht von den Krankenkassen getragen werden.

Das Körperliche ist das eine – wie hat deine Seele das alles verdaut?

Es gibt Zeiten, da geht es mir gut und ich habe fast vergessen, was da 2017 über uns alle hereinbrach. Aber dann kommt immer wieder die große Traurigkeit, nie wieder ein Baby in mir spüren zu können, nie wieder einem Kind das Leben zu schenken. Ich durfte diese Entscheidung nicht selbst treffen und das belastet mich immer wieder. 

Meine Tochter befindet sich zurzeit in der Pubertät und ihre Menstruation ist eingesetzt. Das hat mich so aus der Bahn geworfen. Dieses Gefühl nicht, mehr im Club zu sein.  Manchmal habe ich das Gefühl, mein Körper ist schon älter als ich es bin.

Ich bin gar nicht der Typ, der sich unterkriegen lässt, sondern stehe immer wieder auf und schaue nach vorne. Dennoch finde ich so wichtig, die Traurigkeit aber auch zuzulassen. Leider ist das aber gesellschaftlich ein schwieriges Thema. Entweder sind Menschen unsicher, weil sie nicht wissen, wie sie mit einer Krebserkrankung umgehen sollen – oder sie sagen: „Stell dich nicht so an, du hast ja drei Kinder.“

Wodurch hast du in dieser schweren Zeit Kraft geschöpft?

Ich habe einen unglaublich tollen Mann, der mich in allem unterstützt, der die schlimme Zeit großartig gemeistert und den Laden hier alleine geschmissen hat und sich auch noch nebenbei um mich gekümmert hat. Er weiß immer, wie es mir geht und versteht mich ohne Worte. Im Sommer 2018 haben wir dann noch mal geheiratet, es war unser Festival der Liebe, ein Familienfestival mit viel Musik für alle. Und natürlich haben mir meine Kinder viel Kraft gegeben.

Wie geht es dir heute? 

Mir geht es wirklich überwiegend sehr gut. Ich habe meinen Weg mit der Menopause gefunden, habe mich eingerichtet und weiß mittlerweile in welche Richtung es geht.

Ich habe aber immer noch Sorge, dass es zu einem Rezidiv kommt und bin jedes Mal unglaublich froh, wenn mein Gynäkologe nichts gefunden hat…

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1 comment

  1. Liebe Steffi,
    von Herzen Danke für Deinen Bericht- Deinen Einblick in Deine /Eure so harte Zeit. Es berührt mich sehr. Das Leben kann so hart sein und Ihr habt das gemeinsam gemeistert. Ich weiß was „dunkle“ Stunden im Krankenhaus bedeuten…deshalb wünsche ich Dir und Euch das Allerbeste und dass Du jedes Mal bei Deinem Arzt hörst: „es ist alles in Ordnung!“
    Aus der Ferne alles Gute für Euch!
    Ka

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