Trotz schlechter PISA-Ergebnisse: Wir haben tolle Kinder!

Pisa

Foto Pixabay

Ihr Lieben, gestern hatten wir hier mehrere Stimmen von Lehrerinnen, die uns sagten, woran es ihrer Meinung nach liegt, dass wir beim PISA-Test so schlecht abgeschnitten haben. Daraufhin hat sich Lena bei uns gemeldet, wir fanden ihre Nachricht so toll, dass wir sie hier einfach noch zusätzlich veröffentlichen:

„Liebe Katharina, Liebe Lisa, liebe Stadtlandmama-Community, ich habe heute den Artikel gelesen, in dem Lehrkräfte dazu befragt wurden, warum ihrer Meinung nach die PISA Studie so schlecht für Deutschland ausgefallen ist.

Ich bin selbst Grundschullehrerin und ja, ich sehe auch, dass die Kinder sich verändern! Gleichzeitig bin ich der Meinung, dass das genau richtig so ist! Wenn man mal drüber nachdenkt, wie sehr sich die Erziehung im häuslichen Umfeld zum Glück verändert hat: Bedürfnisse von Kindern werden geachtet.
Kinder dürfen mitsprechen, Kinder dürfen hinterfragen, Kinder dürfen selbst denken! Sie werden nicht mit Prügel (wie oft früher der Fall) bestraft für „Widerworte“.

Und eigentlich ist es das, was wir brauchen! Ich sehe es nicht so, dass Kinder durch TikTok und Co. nicht mehr selbst denken. Sie bilden sich doch auch unweigerliche eine Meinung zu den Dingen, die sie sehen. Sie tauschen sich darüber aus und vor allem: Sie leben sich da auch sehr kreativ aus – drehen Videos, schneiden Videos und hinterlegen sie mit Musik. Sie erwerben Medienkompetenz und das ist Teil unserer Zukunft!

Dass Eltern heute weniger an Schule teilhaben als früher, ist ja irgendwo logisch, da heute in der Regel beide Elternteile auch beruflich eingespannt sind. Ich selbst empfinde das Begleiten meiner Kinder beim Lernen und den Hausaufgaben als einen zweiten Job. Jedes Mal denke ich mir: die armen Kinder, die keine Eltern haben, die ihnen helfen können oder wollen. Und was für eine schreiende Bildungsungerechtigkeit!

Was in eurer Befragung nur am Ende etwas deutlicher wurde, ist, dass unser Schulsystem nicht mehr zu unseren Leben passt! Es passt weder zur Lebenswelt der Eltern noch zu der der Kinder. Es ist Anfang des 20 Jahrhunderts entwickelt worden und es hat sich quasi nichts verändert. Es müssen Dinge oftmals aus Zeitmangel stur auswendig gelernt werden, es wird an den Interessen der Kinder vorbei unterrichtet, es wird Wissen in die Köpfe gehämmert, um es kurz darauf abzufragen, egal ob vollständig durchdrungen oder nicht und dann mit einer Note bewertet – alles von unserem Schulsystem so vorgegeben. Ja, auch sowas kann demotivieren.

Wir haben viel zu wenig Lehrkräfte, um Kinder gut aufzufangen und sie zu fördern und zu fordern (auf ihrem eigenen Level und nicht im Gleichschritt). Wir haben viel zu wenig Geld in Schule, um passendes Material anzuschaffen und uns fehlt auch wirklich an Personal, das unterstützt und entlastet.
In jeder Klasse bräuchte es eine Teilhabeassistenz für die gesamte Klasse – es sollte da nie eine Lehrkraft alleine sein, um mehr Kinder gerecht werden zu können. Die Klassen sollten nicht größer als 20 Kinder sein.

Die Kinder sind nicht schuld an schlechten Pisa-Ergebnissen

Meine Meinung dazu ist: Weder Kinder noch Eltern sind schuld an dem schlechten PISA Ergebnis. Es ist das System und es ist die Politik, die keine positive Aufmerksamkeit und nicht genug finanzielle Mittel in Schule und auch Kitas geben.

Ich bin trotz dieses Bildungssystems gerne Lehrerin, weil ich es liebe, mit Kindern zu arbeiten. Ja, der Job ist wirklich immer wieder sehr herausfordernd, aber vor allem, weil die äußeren Bedingungen wie beispielsweise der Lehrkräftemangel oder die wenige Zeit und gleichzeitig die vollen Lehrpläne es uns allen so schwer machen.

Aber: Kinder sind unser wertvollstes Gut, sie sind unsere Zukunft. Ich selbst lerne jeden Tag so viel durch die Arbeit und den Austausch mit den Kindern – auch über mich selbst! Und besonders durch das Hinterfragen der Kinder reflektiere ich so oft mein Handeln. Das empfinde ich als wertvoll.

Ich liebe es, Kinder ein Stück ihres Lebensweges begleiten zu dürfen. Als Lehrkraft spielen wir eine große Rolle in ihrem jungen Leben und haben so viele Möglichkeiten, ihr Leben und vor allem ihr Lernen eine Zeit lang im besten Fall positiv mitzugestalten.

Ich wünsche mir sehr, dass die Politik endlich sieht, wie wichtig es ist, dass unsere Kinder Schule als einen positiven Lernort empfinden, um auch gut lernen zu können. Ich wünsche mir, dass Schule in Zukunft noch viel mehr Individualität zulässt/ zulassen kann. Ich wünsche mir, dass wir keine Kinder mehr auf diesem Lernweg zurücklassen, dass wir keinen einzigen jungen Menschen mehr verlieren.
Dafür benötigen wir dringend genügend Ressourcen! Die kosten leider Geld, aber das zu investieren wird sich ganz sicher auszahlen!

Ich hoffe sehr, dass ich noch eine grundlegende Veränderung in unserem Bildungssystem erleben darf – als Mutter, wie auch als Lehrerin!

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11 comments

  1. Vielen Dank für den tollen Text.
    Es tut mir jeden Tag leid, wenn ich nach meinem Vollzeitjob nicht mehr allzu viele Nerven für Hausaufgaben habe.
    Das Alltagsleben hat sich sehr verändert und das Schulsystem muss sich dem anpassen.
    Unsere Kinder sind toll und haben andere Kompetenzen, als wir Eltern sie noch in dem Alter hatten.

    1. DANKE!!
      An manchen Tagen weiß ich gar nicht, wie wir „spielen“ noch unterbringen sollen vor lauter Schularbeit…
      Meine Kinder sind durchaus intelligent und neugierig, aber Hausaufgaben, plus Tests und Klausuren plus Lesen üben und Schreibschrift…

      und die Kinder möchten vielleicht auch ein Hobby haben und sollen lernen im Haushalt zu helfen und ihre Zimmer ordentlich zu halten und noch Zeit haben draußen zu spielen…

      Die Ansprüche von Gesellschaft und Schule an Kinder (und Eltern) sind ganz schön hoch finde ich.

  2. Danke für den schönen Text! Was ich immer noch so ungeheuerlich finde ist, jetzt 2 Jahre nach den Coronamaßnahmen, in denen die Kinder die ersten und die letzten waren, die in den Alltag und die Schulen zurück kehren durften unter teils fraglichen Bedingungen (Händewaschen war wichtiger als Unterricht), geht man davon aus, dass alle nun ganz normal Lt. Klassenstufe im Stoff stehen. Wie soll das gehen, es wurden doch so gut wie keine Anstrengungen unternommen, die Defizite aus zu bügeln. Und dass das die PISA Studie nun zeigt überrascht mich nicht. Schön, dass die Autorin all das auch relativiert, genau so wie die teils sprunghaften Lehrmethoden… Ich sage nur Schreiben durch Lesen!

  3. Das möchte ich alles zu 100 Prozent unterschreiben. Toll, dass es auch solche Lehrkräfte gibt. Die versuchen, im Rahmen ihrer Möglichkeiten und des Systems eine moderne Form von Schule umzusetzen. Und einen wohlwollenden Blick auf die Lernenden haben. Bitte mach weiter so. Irgendwann wird sich das hoffentlich endlich durchsetzen!

  4. Liebe Lena,

    du sprichst mir aus dem Herzen. Genauso sehe ich es auch.

    Auch mir ist es persönlich wichtig, die Kinder und Jugendlichen im Alltag so anzunehmen wie sie sind, ihnen Respekt, Wertschätzung entgegenzubringen, ihnen auf Augenhöhe zu begegnen und ihnen einfach mal Zuzuhören.

    Manchmal reicht es auch schon, die Dinge mit den Augen der Kinder oder Jugendlichen zu sehen, denn das ändert oft die Sichtweise.

  5. Bravo ! Nur tolle Eltern trotzten dem Bildungssystem.
    Ich glaube nämlich, die Pisa-Sudie betrifft unsere Schulkinder garnicht. Sie ist gültig für die Jahrgänge, in denen unsere Politiker missbildet wurden.

  6. Bravo !
    Ich vermute, das Ergebnis der PISA-Studie trifft ausschließlich auf die Jahrgänge zu, in denen unsere Politiker missgebildet wurden.

    1. Das lieb ich und merk ich mir! Danke für diese versöhnlichen Worte für Kindern und Lehrerpersonal und die wertschätzenden Kommentare! Klingt heilsam für mich.

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