Freie Schule gründen: Mein Weg zu besserer Bildung für unsere Kids

Freie Schule gründen

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Ihr Lieben, wenn ich eins nicht erwartet hatte in der Elternschaft, dann, wie viel Zeit und Raum das Thema Schule in unserem Leben einnehmen würde. Und weil ich mit wirklich vielem, was im heutigen Bildungssstem so passiert, nicht besonders zufrieden bin, freue ich mich über diesen Gastbeitrag von Susanne Frömel, die das alles nicht auf sich sitzen lassen wollte. Sie ist nicht nur Fachanwältin für Familienrecht und Autorin, sondern berät und begleitet nach einer eigenen Gründung auch Freie Alternativschulen. Hier kommt ihr Impuls, denn: Eine Freie Schule gründen? Gehört zum Grundrecht.

Freie Schule gründen: Mein Weg dahin

Eigentlich hatte ich nicht vor, einen großen Teil meines Lebens mit dem Thema Schule zu verbringen. Ich selbst bin immer gerne auf das Gymnasium gegangen und musste mich nicht sonderlich anstrengen für gute Noten. Nach meinem Jurastudium hatte ich als Rechtsanwältin ganz andere Themen.

Reflektiert habe ich das Thema Schule erst, als das erste meiner drei Kinder schulpflichtig wurde. Ich war entsetzt von der Fokussierung auf Fehler und von der wenig individuellen Betreuung der Kinder. Die besten Noten bekamen die Schüler*innen, die fleißig, brav und angepasst waren.

Individualität und Kreativität sollten eher vermieden werden. Die Inhalte, die vermittelt wurden waren leblos und langweilig, sie hatten kein Bezug zum Leben und waren zudem in 45 Minuten-Einheiten zerstückelt.

Bis dahin war mir der wahre Zustand unseres Bildungssystems nicht in dieser Deutlichkeit aufgefallen, aber vielleicht war meine Beobachtung nicht allgemeingültig und nur eine Spezialität unserer kleinen Dorfschule?

Das jetzige Schulsystem stammt aus dem 19. Jahrhundert

Ich begann zu recherchieren und fand heraus, dass das jetzige Schulsystem in seinem Kern aus dem 19. Jahrhundert stammt. Es sollte für die Industriegesellschaft Menschen darauf vorbereiten, sich in Hierarchien und Weisungsstrukturen einzuordnen, um in diesem Rahmen Aufgaben zu erfüllen.

Damals war Wissen nicht überall verfügbar und musste in Schule zentral vermittelt werden. Schüler*innen sollten eine überwiegend passive Rolle der Pflichterfüllung einnehmen. Heute braucht es andere Kompetenzen in der Gesellschaft. Der Umgang mit Komplexität in allen Lebensbereichen ist die Herausforderung der Zukunft. Darauf bereitet das Schulsystem in Deutschland die Kinder nicht vor.

Die viele Zeit, die meine Kinder in der Schule verbrachten war nicht sinnvoll und vor allem: meine Kinder waren nicht glücklich. Ich schloss mich einer Gründungsinitiative an und wir gründeten eine Freie Schule. Es begannen 10 wunderbare Jahre, in denen ich zum Gelingen der Schule beitragen konnte.

Lehrkräfte als Lernbegleiter*innen

Unsere Lehrer*innen hießen Lernbegleiter*innen, die Kinder durften selbstbestimmt, fächerübergreifend, jahrgangsübergreifen und freiwillig lernen! So blieben die Kinder neugierig, sie kamen gerne in die Schule und lernten selbstbewusst aus ihren Fehlern.

Die an staatlichen Schulen oft fehlende wertschätzende Beziehungskultur wurde bei uns gelebt. Grundlage für ein lebenslanges Lernen ist aus meiner Sicht eine gute Lernerfahrung. Beziehung, Vertrauen, Ermutigung und Wertschätzung sind zentrale Elemente einer Lernkultur, in der sich Potentiale entfalten können.

Genau das haben wir versucht umzusetzen und es ist uns an vielen Stellen auch gut gelungen. Die Lernbegleiter*innen hatten im eigentlichen Sinne des Wortes eine begleitende Funktion und keine belehrende.

Es war großartig zu beobachten, wie frei und unbelastet die Kinder unserer Schule waren. Unvoreingenommen ließen sie sich auf die ihnen angebotenen Themen ein, sie hatten keine Angst etwas falsch zu machen, sondern waren bereit zu lernen und sich weiterzuentwickeln. Und sie kamen alle fast immer gerne zur Schule.

Die Kinder kommen gerne wieder

Auch heute kommen die Kinder auch nach ihrem Abschluss gerne zurück an diese Schule, um in der Mensa Mittag zu essen, die Atmosphäre zu genießen und ihre ehemaligen Mentor*innen zu treffen. Ich finde das nach wie vor großartig.

Es waren auch herausfordernde 10 Jahre, denn das Geld fehlte an allen Ecken und Enden. Freie Schulen werden nur zum Teil staatlich finanziert. Die Refinanzierung der Kosten einer Schule in privater Trägerschaft durch das Bundesland ist viel zu gering und deckt einigen Studien zur Folge nur ca. 65% der tatsächlichen Kosten. Eltern müssen also einen Teil bezahlen.

Zudem ist viel ehrenamtliche Arbeit erforderlich, um Räume und Unterrichtsmaterialien instand zu halten, das Außengelände zu verschönern, bei der Nachmittagsbetreuung zu unterstützen, Gelder zu akquirieren, im Vorstand des Trägervereins zu arbeiten und vieles mehr.

Das bringt nicht selten Überforderung, enttäuschte Erwartungen und Frust mit sich. Die Teamarbeit, die demokratische Strukturen in der Schule und die vielen rechtlichen Anforderungen waren zudem Herausforderungen, an denen wir alle wachsen konnten.

„Ich brenne für das Thema Schule“

Heute brenne ich immer noch für das Thema Freie Schule und berate zusammen mit meiner Freundin Laura Vollmann Schulen in privater Trägerschaft und Schulgründungsinitiativen. Die allermeisten Menschen wissen es nicht:

Das Gründen einer eigenen Schule ist ein Grundrecht, das steht so in Art.7 des Grundgesetztes. Es gibt vier Anforderungen, die erfüllt sein müssen: Es muss ein Gebäude genutzt werden, das die Vorschriften staatlicher Schulgebäude erfüllt; die Unterrichtenden müssen die gleiche Ausbildung haben wir an staatlichen Schulen; die Kinder müssen am Ende eines Bildungsgangs das gleiche Wissen haben, wie an staatlichen Schulen und kein Kind darf aufgrund seiner wirtschaftlichen Situation von der Schule ausgeschlossen werden.

Deine Schule muss also gleichwertig sein, aber nicht gleichartig. Derzeit erlebe ich in diesem Kontext neue Herausforderungen. Rechtsradikale und Verschwörungstheoretiker*innen haben die Möglichkeit einer eigenen Schule für sich entdeckt und versuchen „neue Lernorte“ zu gründen, um sich einen rechtsfreien Raum zu schaffen und Inhalte z.B. des Geschichts- oder Sexualkundeunterrichts in eigener Weise zu interpretieren.

Vorsicht vor der Ausrichtung der Freien Schule

Hier ist auch für Eltern besondere Aufmerksamkeit erforderlich, da die wahre Intention einer Schule nicht immer auf den ersten Blick zu durchschauen ist und die Schulaufsichtsbehörden nicht die Kapazitäten haben, engmaschig zu kontrollieren.

Ich versuche gerade gemeinsam mit anderen kompetenten Menschen auf diesem Gebiet einen Kriterienkatalog zu entwickeln, um Schulen in privater Trägerschaft zu diesem Thema kompetent zu beraten. Es bleibt also spannend und ich bin froh, einen großen Teil meines Lebens dem Thema Schule zu widmen – einfach, weil ich sehe, wie viel das bringt!

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19 comments

  1. Wow, wie da auf die freien Schulen gehauen wird. Klar sind die erstmal elitär und abseits der breiten Masse, aber Veränderung entsteht nicht durch Nichtstun oder Herumhauen auf neuen Wegen. Es gibt schon staatliche Schulen, die neue Wege gehe und damit viel Erfolg haben (Alemannenschule Wutöschingen z.B.) und prinzipiell könnte jede Regelschule einen anderen Weg gehen. Sie müssten es nur machen. Die Forschung zeigt schon lange, dass das staatliche Schulsystem ausgedient hat und die Bildungsungleichheit eher befördert, als abmildert.
    Es liegt nicht an den einzelnen Menschen, an LehrerInnen oder an SchülerInnen, sondern am System. Und das verändert sich nun mal nicht so gern. 🙂
    Aber wenn neue Wege gezeigt werden, dann kann Veränderung stetig wachsen.

    1. Liebe Kritikerin,

      hier wird nicht „auf freie Schulen eingehauen“, sondern auf einen unsachlichen und verallgemeinernden Beitrag reagiert, in dem eine freie Schule unreflektiert in den Himmel gelobt und staatliche Schulen unsachlich und mit veralteten Argumenten niedergemacht werden. Wie man in den Wald ruft so schallt es heraus. Wo Empathie fehlt kann man keine Toleranz erwarten.

      Komm ein Jahr in meine Schule und sag danach noch, wir würden „nichts tun“. Wir zerreiben uns da. Ich weiß, was Du meinst, aber so einfach ist es eben nicht. Was aber definitiv keine Lösung ist, ist diese Abspalterei der Bessergestellten. Und „neue Wege aufzeigen“ – ja. so kann man das auch nennen. Aber diese Wege sieht ja außerhalb der Blase niemand. Und sie wären halt auf ganz viele andere Schüler eben nicht übertragbar aus genannten Gründen. Also nutzen die Privatschulen der Gesellschaft insgesamt wenig, in meinen Augen schaden sie eher, weil sie die Fragmentierung der Gesellschaft mit vorantreiben.

      1. Hallo Franziska!

        Danke für deine Rückmeldung. Ich habe großen Respekt für jede Person, die in der Schule arbeitet. Ich habe selbst an einer „Brennpunktschule“ gearbeitet und den Kids dort bringt das Schulsystem, so wie es jetzt ist, auch nichts. Klar gibt es motivierte Mitarbeiter, die dem ein oder anderen Kind ein bisschen was Positives mitgeben können. Aber das System Schule, das auf Selektion basiert und unpersönlich, leistungsorientiert ist, kann eben auch nur das leisten.
        Und da ist die Frage, ob wir als Gesellschaft sowas wollen und ob es unserer Gesellschaft noch gerecht wird, eine wichtige.
        Dass auch freie Schulen nicht die Antwort für alle wäre, finde ich auch. Aber so wie es jetzt ist, ist es doch für niemanden optimal, weder für die SchülerInnen, noch für die LehrerInnen, die immer mehr auffangen und ausgleichen sollen…
        Und dass ein Meinungsartikel nicht unbedingt differenziert auf eine Sache schaut, ist ja irgendwie auch klar.

  2. Ein sehr sehr schwieriges Thema. Ich teile die Meinung dass unser Kita und Schulsystem dringend reformiert werden muss.
    Ich finde es allerdings auch wichtig dass es eine soziale Durchmischung der Gesellschaft gibt.
    In diesem Artikel klingt es tatsächlich eher nach einem besonderen Angebot für sozio ökönomisch besser Gestellte( das Angebot des Lernbegleiters wurde bereits wissenschaftlich evaluiert und hat genau dies festgestellt,dass es dem sowieso gut aufgestellten Schüler hilft, den anderen schadet).
    Herkunft sollte in meinen Augen nicht dermaßen über Bildungserfolg entscheiden(wie es aktuell der Fall ist), sondern Kompetenzen.
    Ich für meinen Teil habe z.B.einen mathematisch hochbegabten Schüler in meiner Klasse,dessen Zukunft ( so befürchte ich), eher im Drogenverkauf liegen wird. Das Aufwachsen in seinem Milieu ( Mama Prostituierte, krimineller älterer Bruder etc.)hat ihn bereits früh von den gesellschaftlichen Normen entrückt. Das finde ich eine dramatische Entwicklung, denn wir lassen sehr viel Potenzial liegen. Frühe Hilfesysteme sind der Schlüssel, viele andere Länder haben dies bereits erkannt und investieren kräftig.
    Ich hoffe, dies geschieht hier flächendeckend ebenso noch.

  3. Hallo zusammen,

    wir lassen unsere Tochter auf einer staatlichen Montessori-Schule in NRW beschulen… (gibt es aber leider nicht in jedem Bundesland).
    Unsere Tochter kommt so mit sehr unterschiedlichen Kindern in Kontakt, kann aber dennoch in ihrer Geschwindigkeit lernen…
    Uns war der Montessoriansatz sehr wichtig und wurde uns in Bezug auf ihre Hochbegabung empfohlen, damit sie trotz schnellerem Lerntempo in ihrem Klassenverband bleiben kann und nicht ’springen muss‘.
    Was ich damit sagen will: Jedes Kind hat individuelle Bedürfnisse und sich für ein bestimmtes Konzept zu entscheiden heißt nicht immer, elitär zu denken!
    Bitte schaut genau, bevor Ihr anderen Eltern das unterstellt!

    1. Hallo Andrea,

      ich mache auch weniger den Eltern einen Vorwurf, als vielmehr der Politik, die sowas zulässt und finanziert. Ehrlich gesagt, würde ich als Mutter das für meine Kinder auch überlegen, wenn sie es nicht aufs Gymnasium schaffen. Jeder sucht für seine eigenen Kinder den besten Weg. So wird aber die Spaltung der Gesellschaft verschärft.
      Und ich habe viel Kritik an Privatschulen. Beispiel: ein Sohn von Bekannten ging jahrelang auf eine Montessori-Schule, irgendwann in der 5. Klasse haben sie ihn rausgeschmissen, weil er angeblich keine Lernfortschritte machte. Die Eltern haben nichts geahnt, für das Gymnasium war es nun natürlich zu spät, ihm fehlten alle basics. Und wer darf sich kümmern? Natürlich die böse öffentliche Schule, die alles aufzufangen hat.

      1. Hallo Franzi,
        ich kann Deine Sicht super gut verstehen… wahrscheinlich würde ich auch so denken, wäre ich Lehrerin und müsste das Ganze auffangen…
        Ich halte bestimmte Konzepte auch längst nicht für jedes Kind geeignet… (Bei Montessori braucht man Eigeninitiative 😉)
        Ich kann nur sagen, dass Kinder, die besondere Bedürfnisse haben und nicht sonderlich ‚robust‘ sind aufgrund der Klassenstärke an einigen Schulen untergehen. Uns wurde auf Anfrage ganz ehrlich an einer Grundschule gesagt: Differenzierter Unterricht ’nach oben ‚ ist im Moment schwierig, da wir so viele andere Probleme haben… Das kann ich gut verstehen, möchte aber nicht, dass mein Kind deshalb Schulfrust entwickelt. An ihrer jetzigen Schule sind übrigens auch Kinder mit Förderbedarf, nur das nicht jedes Kind die gleichen Dinge zur gleichen Zeit bearbeitet…
        … viele Grüße und ‚Danke‘ für Deine Antwort!

  4. Uff, schwierig so eine Meinung zu lesen…

    Unsere Kinder sind an einer normalen kleinen Dorfschule und haben da eine tolle Zeit. Sie sind weder sehr brav noch angepasst, aber ja, sie können 15 Minuten konzentriert arbeiten. Sowas sollte man auch können.
    Sie lernen tolle Sachen und arbeiten viel in Gruppen und haben super motivierte Lehrkräfte.

    Sie erleben auch Vielfalt, weil alle Kinder aus zwei Dörfern gemeinsam in der gleichen Schule sind.

    Elitäres absondern käme uns nie in den Sinn.

    Mich würde es interessieren, wie so erzogene Kinder später im Leben klar kommen…

  5. Dieses elitäre Privatschulwesen ist so furchtbar. Bin Lehrerin an einer stinknormalen Schule für alle und schlage mich mit den Schülern rum, deren Eltern nicht das Geld in die Hand nehmen, um ihre Kinder in einer weltfremden Blase aufwachsen zu lassen. Fern von den Nichtakademiker-Kindern mit all ihren Problemen und Beeinträchtigungen (fehlende Deutschkenntnisse, Lernbehinderungen, familiäre Probleme…)
    Schlimm genug, dann aber noch das undifferenzierte Runtermachen von den öffentlichen Schulen, die angeblich nur angepasste, unkreative Menschen ohne Denkvermögen hervorbringen und überhaupt noch im 19. Jahrhundert verhaftet sind. Als ob nicht auch die öffentlichen Schulen in Veränderung begriffen sind und versuchen, unter schwierigen Bedingungen das Beste zu leisten. Nicht alle Schüler können so selbständig lernen, nicht alle haben die Motivation dazu. Gerade schwache Schüler brauchen direkte Instruktion und profitieren davon.

    Wie armselig, sich die Rosinen rauszupicken, Schüler die quasi von selbst lernen, sich da einzurichten. und dann noch zu jammern, dass der Staat das nicht zu 100% finanziert.

    1. Da klingt eine Menge Frust durch. Es ist nicht für jedes Kind möglich eine Privatschule zu besuchen und ganz sicher stellen Privatschulen eine Blase dar. Genau wie Gymnasien gegenüber Haupt-/Realschulen eine Blase darstellen.
      Und die privaten Schulen haben auch das Potenzial und mehr Freiheit, Dinge auszuprobieren, die an staatlichen Schulen nicht so einfach möglich sind und von diesen Lerneffekten können später auch staatliche Schulen profitieren. Und wie du schreibst, geschieht ja auch an staatlichen Schulen ein langsamer Wandel. Eben weil es sich lohnt zu hinterfragen, was den Kindern wirklich guttut und was nicht. Pauschal die Menschen schlecht zu machen, die mit sehr viel Herzblut und Engagement sich Mühe geben, Kindern gerecht zu werden, finde ich traurig. Und das lese ich in deinem Kommentar mehr als in dem Artikel.

      Ich denke, die Gesellschaft profitiert von Offenheit für unterschiedliche Wege, auch im Schulwesen. Ist ja irgendwie klar, dass nicht eine Schulform für alle Kinder passend ist?

      1. Ja natürlich, es IST total frustrierend. Unter anderem deshalb, weil sich so viele rausziehen und es kein einheitliches System für alle gibt. ALLE zusammen, das ist mein Traum. Nicht: die guten ins Töpfchen, die schlechten ins Kröpfchen. Und die dazwischen auf die Privatschulen. Und alle, die eben nicht ins Töpfchen oder die Privatschulen kommen, sind dann auch noch die, die an den „Restpostenschulen“ allein die Inklusion stemmen müssen, in riesigen Klassen bei Lehrermangel, weil eben mal nebenbei noch die Förderschulen aufgelöst werden und diese Schüler ja auch irgendwo hinmüssen, während die für sie ausgebildeten Sonderpädagogen im Regel- und Vertretungsunterricht verheizt werden. Wie soll man da nicht frustriert sein. Ich könnte mich da auch rausziehen, weil es mir auch zu anstrengend ist und ich die Quadratur des Kreises nicht schaffe. Noch eine ausgebildete Lehrerin weniger.

    2. @Franzi: du hast meine volle Zustimmung in allen Punkten!

      Ich verstehe wirklich nicht, was immer dieser Verweis aufs 19. Jahrhundert soll. Das stimmt doch einfach nicht!

    3. Da muss ich Franzi zustimmen. Ich war selbst Lehrerin an einer Montessorischule. Es war ein tolles Miteinander, vieles war möglich, die Kinder motiviert und interessiert und die Rolle als Lernbegleiterin gefiel mir auch sehr gut. Aber mir war bewusst, was das war: ein Ausflug in eine andere Welt, in eine Blase, wie hier schon so schön geschrieben wurde. Die Kinder, die diese Schule besuchten, kamen aus behüteten und gebildeten Elternhäusern, die Elternschaft war engagiert und interessiert. Die Kids kamen bereits mit einer hohen Selbständigkeit in die Schule und hätten es in JEDER Schule geschafft. Zurück im staatlichen Schuldienst sieht es ganz anders aus. Die Gruppen sind wesentlich heterogener, meist größer und man hat mit ganz anderen Baustellen zu kämpfen. Dass der Unterricht in 45 Minuten aufgegliedert ist , macht da nun wirklich keinen Unterschied. Viele profitieren von den klaren Instruktionen und wären von dem Unterricht an einer freien Schule völlig überfordert. Die Interessen der Kinder in den Vordergrund zu stellen und den Unterricht mehr zu öffnen finde ich aber auch im Unterricht der staatlichen Schulen sehr wichtig.

    4. Liebe Franziska, ich glaube du weißt nur wenig über die Realität von Schulen in privater Trägerschaft. Meine Kinder haben alle eine solche Schule besucht. Nachdem sie sich im staatlichen System nicht gut aufgehoben gefühlt haben. In unserer Schule gibt es viele Kinder die im staatlichen System zu kurz kommen. Kinder mit Autismus, mit ADHS, Kinder aus einkommensschwachen Familien, Kinder aus kinderreichen, alleinbegleitenden Familien, Kinder mit Migrationshintergrund (weniger als im staatl. System allerdings) Kinder mit Hochbegabung, Kinder mit Lernbehinderungen uvm.
      Es ist herausfordernd all diese Kinder individuell und insbesondere auf Augenhöhe zu begleiten, denn einige von ihnen haben schlimme Schul- und Lebenserfahrungen gemacht. Manche Eltern zahlen Schulgeld, andere nicht. Weil sie es nicht können. Die Gemeinschaft versucht das aufzufangen. Genau darum braucht es auch eine 100% tige staatliche Finanzierung, um diese Art des Lernens noch mehr Kindern zugänglich zu machen. Unsere Schüler*innen lernen nicht von selbst. Also manche schon, wie überall. Und wieder andere brauchen Monate Zeit sich von den Erfahrungen die sie bisher zum Lernen gemacht haben frei zu machen und nochmal „neu“ zu starten. Ich würde Schulen in freier Trägerschaft eher als Rettungsinseln bezeichnen, als als elitäre Blase. Sie können in der Schullandschaft eine Vorreiter Rolle übernehmen.
      Was kann falsch daran sein? Was triggert sich persönlich eigentlich daran? Und hast du schon einmal das Leben und Lernen in einer solchen Schule erlebt? Vielleicht könnte das deinen Blickwinkel verändern.

      1. Oh, da kam ja noch eine Reaktion so viel später. Gut, dass ich nochmal geguckt habe. Sehr viele private Schulen kenne ich tatsächlich nicht. Ich denke, das ist ein riesiges Feld sehr unterschiedlicher Schulen. Du kennst die von Deinen Kindern, darfst aber auch nicht den Fehler machen, das zu verallgemeinern, auch das ist nur eine von vielen. Es gibt auch die Gutverdiener-Abkapselungs-blasen. Eine Freundin von mir ist Lehrerin an einer solchen freien Schule und die sagt, das Leben dort ist als Lehrerin so easy. Es gibt keine Konflikte, alle sprechen super deutsch, haben Lust auf lernen. Sie findet es fast langweilig dort, als Lernbegleiterin muss sie nicht klassisch unterrichten. Es hat aber nichts mit der Realität an öffentlichen Schulen dieser Region zu tun. Da ist eher die freie Schule die Rettungsinsel vor den Problemen der anderen Schulen.
        Ich bleibe bei meiner Meinung, so lange freie Schulen nicht verpflichtet sind, alle Kinder aus dem Einzugsgebiet aufzunehmen, so lange sie wählen und auch unliebsame Schüler wieder rausschmeißen können, sollen sie nicht voll finanziert werden.

  6. Das klingt ja so rosarot in dieser Schule, das es fast nicht zum Aushalten ist?!
    Ich hab das schonmal irgendwo kommentiert – ich hatte drei Kinder auf zwei verschiedenen stinknormalen Dorfschulen in Baden-Württemberg und alle drei waren da happy, sind gern hin und haben Dinge gelernt, die sie im Leben brauchen werden (Lesen, eine Präsentation vorbereiten…). Manche Lehrer waren richtig super, andere ein bisschen komisch… so wie alle Menschen halt.
    Sind wir da die totale Ausnahme?

  7. „Ich war entsetzt von der Fokussierung auf Fehler und von der wenig individuellen Betreuung der Kinder. Die besten Noten bekamen die Schüler*innen, die fleißig und… angepasst waren.
    Individualität und Kreativität sollten eher vermieden werden. Die Inhalte, die vermittelt wurden waren leblos und langweilig, sie hatten kein Bezug zum Leben und waren zudem in 45 Minuten-Einheiten zerstückelt.“

    Danke für diese differenzierten und auf die individuellen Stärken und Schwächen der unterschiedlichen Lehrer*innen und Schulen zugeschnittenen Sätze. Es ist ja schon wichtig, dass gerade Menschen, die viel Wert darauf legen, dass ihr Kind als Individuum betrachtet wird, dies auch in der Beschreibung von Lehrer*innen
    und ihrem Unterricht tun.

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