Ihr Lieben, mich faszinieren ja Menschen, die wirklich für etwas brennen und Laura Enderes ist so ein Mensch. Sie ist mit ihrem Islandpferd Fannar unter anderem Europameisterin im Rennpass geworden und hat mitten in ihrer größten sportlichen Erfolgsphase ein Kind bekommen. Sie ist im Deutschland-Kader und hat soeben einen Wahnsinnsritt in der WM-Quali hingelegt, danach ging´s zurück in verregnete Campingzelt zu ihrem Kind, das natürlich dabei war… Wie lassen sich Profisport, Lohnarbeit und Mutterschaft unter einen Hut bekommen? Das erzählt sie uns heute.
Liebe Laura, du kommst mit deinem Islandpferd Fannar grad erst zurück von der WM-Quali am Kronshof, wie lief es dort?
Ich bin ganz ehrlich: Es hätte nicht besser laufen können. Habe in der für mich anspruchsvollsten und mir wichtigsten Prüfung, der Passprüfung, eine Gesamtnote von 9,0 reiten können. Das ist echt unglaublich. Ansonsten war es sehr anstrengend, wechselhaftes Wetter und dann sind so 6 Tage Camping mit Kleinkind ja auch einfach kräftezehrend… Aber es hat alles super geklappt.
Was war da besonders kräftezehrend?
Wir haben einen ausgebauten Lieferwagen, also einen kleinen Camper. Da schläft und wohnt es sich zeitweise schon ganz gut, aber bei 6 Tagen schwül/warm und immer wieder Starkregen gehen einem irgendwann ja die Ideen aus, wie man so ein Kind beschäftigt. Zumal der Platz begrenzt und irgendwann alles matschig ist. Noch dazu ist so ein Turnier für meinen Partner eher langweilig, der hat mit Pferden nix am Hut… immerhin gab es am Kronshof einen großen Spielplatz und Eis, Erdbeeren, Crêpes… und wir hatten mit unserem Hof-Team ein nettes Camp!

Wie können wir uns so ein Training für eine Islandpferde-Weltmeisterschaft vorstellen?
Hmm, je nach Pferd und Prüfung ganz unterschiedlich. In meinem Fall ist es so, dass mein Pferd und ich seit 10 Jahren ein Team sind und ich schon immer überwiegend fröhlich ausreiten gehe. Das ist der größte Baustein um Kraft und Ausdauer aufzubauen, dazu kommen dann noch viel Training, das auf die Rittigkeit des Pferdes abzielt. Letztlich hat sich aber durch das höhere Level im Sport nicht viel am Training geändert. Es ist eher mentales Training, das dazu gekommen ist.
Wie kann man sich das vorstellen? Machst du da Mathe mit Fannar? Oder lässt du dich selbst in Achtsamkeit coachen?
Ich hab tatsächlich ein paar Coachings gemacht in 2023, also ich neu Mutter war und an der Islandpferde-WM erstmalig teilgenommen hab. Ziel war, mich mental vor einer Prüfung besser abschotten und vorbereiten zu können und auch generell im Fokus zu bleiben – trotz eventuell schreiendem Baby am Bahnrand (welches aber immer ja gut betreut wurde). Das hat auch geholfen! Aber am meisten hat die Zeit an sich mich gelehrt, in allen Rollen mehr anzukommen und dadurch ist es auch viel besser geworden, die jeweilige Rolle zum benötigten Zeitpunkt entspannter ausführen zu können…
Neben deinem Pferd hattest du bei der Quali auch dein Kind dabei, wie schwierig ist es, deinen Profisport mit der Mutterschaft zu vereinbaren?
Ja, das bringt schon echt Herausforderungen mit sich. Es wird gerade einfacher, mein Sohn wird im Oktober 3. Als das anfing, dass ich auf so großen Turnieren starten durfte, war mein Sohn erst einige Monate alt. Das war wirklich krass, die eigene Umstellung aufs Muttersein, stillend auf Turniere fahren, Herausforderungen in der Beziehung, da der Sport so viel Zeit einnimmt… das war ein heftiges erstes Jahr. Letztlich ist auch bemerkenswert, dass das eigene Pferd, das einen so gut kennt, dann eben auch jede Gefühlslage fühlt. Und dann klappen Prüfungen eben auch einfach nicht, wenn man nicht voll dabei ist.

Ist dein Kind denn auch Pferdefan, es ist ja vermutlich viel mit im Stall…
Er liebt Tiere, vor allem Hunde und Katzen. Da gibt´s ja zum Glück auch genügend am Hof 🙂 Pferde mag er auch sehr. Ob er mal reitet, wird sich zeigen. Ich wünsche ihm, dass er etwas findet, für das er brennt.
Inwiefern lassen sich Kinder- und Pferdeerziehung miteinander vergleichen und inwiefern gar nicht? Rutscht dein Pferd auch von Phase zu Phase?
Interessante Frage, Parallelen gibt es bestimmt. Aber Phasen wie bei Babys hab ich bei Pferden nicht wirklich erlebt. Ich glaube ich bin nicht der konsequenteste Mensch in der Erziehung, ich lasse gut mit mir handeln. Mein Pferd hat das nie ausgenutzt. Er hat einen sehr guten Charakter und ist mein Seelenfreund. Er bekommt aber auch gern mal ne Extrawurst. Mein Kind auch. Hoffe, das fliegt mir nie um die Ohren, haha!
Auch zwischen Tier und Reiter braucht es viel Bindung und Vertrauen, oder?
Absolut! Soll gar nicht schmalzig klingen, aber die Verbindung zu meinem Pferd ist eine der stärksten, die ich jemals zu einem Lebewesen hatte. Ich glaube auch nicht, dass ich das nochmal zu einem Pferd haben werde. Aber ich glaube, dieses hundertprozentige Vertrauen, diese Bindung, macht einiges möglich.
Welcher war dein bisher größter oder schönster Erfolg im Reitsport?

Ich glaube, diese 9,0 zu reiten. Denn das ist nur als absolute Einheit möglich, es war auch mein Partner mit Sohn mit dabei, sie haben mir den Rücken freigehalten und es miterlebt. Mein Freund und Trainer, mit dem ich den Beritt- und Verkaufsstall am Hof nebenberuflich manage (Anmerkung Lisa: Sie war´s, die mir mein Pony vermittelte und an Tag Eins sagte: „Der passt zu dir“…) , war auch noch dabei – und so im Team hat einfach alles geklappt.
Und musst du eigentlich noch weitere Trainings ohne Pferd machen? Laufen gehen? Kraftübungen? Reiter-Pilates? Und wie bereitest du Fannar zusätzlich vor?
Fannar wird zweimal im Jahr von der Osteopathin durchgecheckt, Zähne, Blutbilder werden gemacht etc. Er geht täglich raus, steht mit seinem Kumpel zusammen, mit dem er auch nach der Saison als Auszeit einen kleinen Urlaub auf der Weide hat. Ich gehe auch zur Osteopathin. Zusätzlichen Sport schaffe ich nur bedingt, da sind die Tage doch zu kurz.
Wie so viele Profisportler, die keine Fußballer sind, kannst du von deinem Sport nicht leben, du arbeitest auch noch als Eventmanagerin. Wie bekommst du das alles unter einen Hut, hast du da Tipps und Tricks?
Ich glaub, Eventmanagerin zu sein hilft schon mal, denn da organisiert man ja auch viel 😉 Spaß beiseite, meine Oma sagte schon immer, ich sei eine Kerze, die an zwei Seiten brennt. Somit jongliere ich meist gut mit vielen Dingen. Aber ich gebe zu, die Komponente Kind bzw. Mutterschaft hat mich an meine Grenzen gebracht. Ich kämpfe aber immer für das, was mir wichtig ist.

Von welchen Herausforderungen in deinem Leben zwischen Sport, Job und Mutterschaft bist du überrascht? Welche laufen besser, welche schlechter als gedacht?
Ich komme nicht gut damit klar, fremdbestimmt zu sein, da muss ich mich noch immer dran gewöhnen. Und damit, dass Frauen oft alles im Kopf haben (müssen?)…
Ich finde, es wird alles besser, wenn man sich mit der neuen Situation beginnt abzufinden. Mein Kind ist sehr gefühlsstark. In besonders anstrengenden Phasen fühlt sich der Job z.B. wie Urlaub an! 🙂 Nein, auch hier Spaß beiseite. Alles hat seine schönen und schwierigen Seiten.
Mein Partner ist immer davon ausgegangen, dass ich mit Kind weniger Turniere reite. Aber es sind mehr geworden. Liegt aber auch einfach daran, dass es wirklich schade wäre, diese Chancen internationale Turniere reiten zu können, nicht zu nutzen, solange ich und mein Pferd so fit sind. Und wir beide Spaß daran haben! Und es klappt auch dank der vielen Helfer in der Familie.
Wenn du für die nächsten Monate drei Wünsche freihättest, welche wären das?
Weniger Kita-Keime, generell Gesundheit für meine Liebsten (auch die Tiere) und mich. Dass ich mit meinem Pferd weiterhin zeigen kann, was wir können. Und wenn ich dann noch einen Wunsch frei hab, wünsch ich mir, dass die AfD verboten wird.