Wie gestalte ich meine Wohnung kindersicher? Interview mit Inke Ruhe vom Verein „Mehr Sicherheit für Kinder“ e.V. – in Kooperation mit Ariel

kindersicherheit krabbelkind

Ihr Lieben, unsere Kinder sind ja schon eine ganze Weile aus dem Krabbelalter raus, aber ich erinnere mich noch  sehr gut daran, wie sie neugierig die kleine Welt unserer Wohnung erkundeten – und zwar mit allen Sinnen. Unvergesslich, wie wir damals ein Stück Zeitung in der Windel wiederfanden – und es noch lesbar war 😉

Ja, im Nachhinein lachen wir darüber, aber dieser große Entdeckungsdrang kann eben manchmal auch gefährlich werden. So hatten wir unsere Steckdosen gesichert, lagerten Batterien ganz oben im Schrank und schauten, dass das Waschmittel nicht auf dem Fußboden stand.

Und genau um diese Sicherungen des Haushalts  machen sich wohl alle Eltern Gedanken, weshalb wir Inke Ruhe, die Geschäftsführerin der Bundesarbeitsgemeinschaft „Mehr Sicherheit für Kinder“ e.V. zum Interview gebeten haben. Zusammen mit dem Waschmittelhersteller Ariel hat ihr Verein gerade eine Kampagne für mehr Kindersicherheit im Haushalt ins Leben gerufen.

Interview mit Inke Ruhe, Geschäftsführerin der Bundesarbeitsgemeinschaft „Mehr Sicherheit für Kinder“ e.V.

Frau Ruhe, Eltern, die ihre Kinder zu sehr beschützen, werden von Außenstehenden oft etwas abwertend als „Helikopter-Eltern“ bezeichnet. Was setzen Sie ihnen entgegen?

Welche Eltern haben nicht Angst davor, dass sich ihr Kind schwer verletzt. Kinder müssen vor Unfällen geschützt werden – das ist richtig. Genauer wäre es jedoch, zu sagen, Erwachsene sollten Kindern auch die Entwicklungschance geben, zu lernen, sich selbst besser vor Unfällen zu schützen und für sich die Verantwortung zu übernehmen. Kinder sind wissbegierig und lernwillig, sie lieben die Bewegung und das Erforschen. Kinder sind bereit, sich mit neuen, ungewissen und unsicheren Situationen zu beschäftigen. Sie wollen ein Kribbeln im Bauch und brauchen Grenzerfahrungen.

Täglich verändert sich ihre Wahrnehmungsfähigkeit, ihre Größe, ihr Erfahrungsschatz, so dass sie sich zwangsläufig auf neue Situationen einstellen müssen. Risiken, also Situationen, die gut oder schlecht ausgehen, je nachdem wie man sie löst, gehören in die Welt des Kindes. Die Unfallprävention kann sich diese natürliche Ressource von Kindern zu Nutze machen, indem sie deren Fähigkeiten im Umgang mit Unfallgefahren fördert und langfristig festigt. Grundvoraussetzung dabei ist allerdings, dass für Kinder unkalkulierbare Gefahren ausgeschaltet werden. Das heißt, dass Kinder sich in einer möglichst sicheren Umgebung ausprobieren sollten.

Wie können Eltern eine kindersichere Umgebung schaffen?

Es hört sich banal an, aber Eltern sollten einmal versuchen, die Welt aus der Sicht ihres Kindes zu betrachten. Es gibt für Kinder so viel zu entdecken, so viel zu verstehen. Kinder versuchen mit ihren Fähig- und Fertigkeiten, die Welt für sich zu erschließen: das Putzmittel öffnen und probieren, am herunterhängenden Kabel des Wasserkochers ziehen, auf das Regal klettern um an die Süßigkeiten zu gelangen oder kleinteilige Spielzeuge oder Gegenstände, die sie in den Mund stecken. Alles, was nicht in Kinderhände gelangen darf, muss so verstaut werden, dass es für die Kleinen unzugänglich ist.

Je nachdem wo man sich mit dem Kind aufhält, benötigen Kinder auch die besondere Aufmerksamkeit der Erwachsenen: Im und am Wasser dürfen Kinder nie aus den Augen gelassen werden, ebensowenig im Straßenverkehr oder am offenen Feuer bzw. Grill.

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Welche Gefahrenquellen unterschätzen Eltern zu oft?

Ich denke besondere Gefahrenquellen sind die, die von Eltern unterschätzt werden, weil „noch nie etwas passiert ist“ oder weil sie so sehr in den Alltag integriert sind, dass sie nicht mehr als Gefahrenquellen erkannt werden.

Zum Beispiel in der Badewanne: Die beiden Kinder, 2 und 5 Jahre alt, werden zusammen in die Badewanne gesetzt und bekommen Zeit zum Spielen im Wasser. Die Eltern bereiten in der Zwischenzeit das Abendessen zu. Die Gefahr: Wenn Kinder mit dem Kopf unter Wasser geraten, wehren sie sich nicht. Sie bleiben unter Wasser liegen und ergeben sich ihrem Schicksal. Ein Kind ist außer Stande diese Gefahr zu erkennen! Tipp: Kinder im und am Wasser nie aus den Augen lassen!

Oder im Haushalt: Giftige Haushaltschemikalien werden aus einem Kanister in eine Getränkeflasche umgefüllt, beschriftet und in das Kellerregal gestellt. Die Gefahr: Kinder erkennen nicht, dass sich in der Getränkeflasche nicht das erwartete Getränk befindet. Tipp: Haushaltschemikalien niemals in Getränkeflaschen umfüllen. Auf kindergesicherte Verpackungen bzw. Verschlüsse achten!

Haben Sie eine konkrete Handlungsanleitung für uns?

Kinder sollten die Möglichkeit bekommen eigene Erfahrungen zu sammeln und Kompetenzen im Umgang mit Gefahren zu erwerben, indem

  • Kinder vor unüberschaubaren Gefahren geschützt werden.
  • Kinder Regeln, Grenzen, Einschränkungen und Verbote als Rahmen für ihr Handeln erhalten.

Auf der Erfahrungs- und Bewegungsebene:

  • der Bewegungsdrang und die kindliche Neugier ausgelebt werden können.
  • Kinder im alltäglichen Spiel dosierte Risiken, also in einem geschützten Raum kleine Wagnisse erfahren, wobei sie selbst entscheiden, bis wohin sie gehen.
  • ausreichend Zeit ist, um eigene Grenzen und Lösungsmöglichkeiten auszuhandeln und auszuprobieren.
  • Erwachsene sich darüber bewusst sind, dass man dazu neigt, eigene Erfahrungen auf die Kinder zu übertragen. Kinder sind keine Miniaturen von Erwachsenen, sondern Individuen. Erwachsene brauchen den Mut, überschaubare Risiken im Spiel des Kindes auszuhalten, dem richtungsweisenden Eingreifen zu widerstehen und das Kind gleichzeitig so zu begleiten, dass schwerwiegende Unfälle vermieden werden.
  • Kinder mulmige Gefühle, Spannung, Angst, Freude, Stolz, Trauer, etc. und Schmerz erfahren und ihr Recht auf eine Beule (…) einfordern dürfen. Dazu gehört auch das Überschreiten eigener Grenzen und damit verbundene schmerzliche Erfahrungen wie blaue Flecken und Beulen. Diese Erlebnisse bieten eine elementare Voraussetzung für den Aufbau eines sicheren Verhaltens und eines realistischen Selbstkonzeptes.

Was, wenn das Kind trotzdem einmal Waschmittel in die Hände – oder in den Mund bekommen haben sollte?

Das Wichtigste ist, Ruhe zu bewahren und das Kind zu beruhigen.

Öffnen Sie den Mund des Kindes, und versuchen Sie, Reste des Mittels zu entfernen, damit das Kind nicht noch mehr herunterschluckt.

Geben Sie dem Kind vorsichtig etwas Wasser, Tee oder Saft zu trinken. Das verdünnt das Waschmittel. Geben Sie kein Sprudelwasser mit Kohlensäure, weil das Waschmittel sonst anfangen könnte zu schäumen.

Das Kind darf beim Trinken keinen Brechreiz bekommen, da sonst die ätzende Substanz die Speiseröhre erneut durchlaufen und eine zusätzliche Schädigung verursachen könnte.

Rufen Sie das Giftnotrufzentrum an. Verfahren Sie nach den Anweisungen des Giftnotrufzentrums.

Wichtig: Wenn Sie zum Kinderarzt oder ins Krankenhaus fahren, nehmen Sie das Putzmittel unbedingt mit, damit die Ärzte gezielt helfen können.

Die regionale Notrufnummern vom zuständigen Giftnotrufzentrum, dem Kinderarzt und der Kinderklinik sollten gut sichtbar notiert sein!

Frau Ruhe, vielen Dank für Ihre hilfreichen Antworten!

 

Um Eltern Sicherheitsrisiken zuhause bewusst zu machen, gibt es von Ariel dieses Video "Für ein sicheres Zuhause", das Gefahrenquellen für Kinder zeigt und Eltern aufrütteln und zum Handeln bewegen soll. Ariel und „Mehr Sicherheit für Kinder“ e.V. liegt die Sicherheit von Kindern besonders am Herzen. Daher möchten die Partner das Bewusstsein der Eltern unter anderem für den verantwortungsvollen Umgang mit Waschmitteln stärken.
 

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