Zwei Welten: Wenn Mama und Papa sich mit den kinderlosen Freunden treffen

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Mein Name ist Britta und neulich hatten mein Mann und mal wieder einen Abend "Ausgang". Unsere Kinder wurden von der heißgeliebten Babysitterin betreut und so konnten wir endlich mal wieder mit unseren Freunden A. und B. essen gehen. A. und B. sind ein kinderloses Paar und sagten: "Wir richten uns nach Euch. Sagt einfach wo und wann."

Die Verabredung

Wir sind also in einem italienischen Restaurant in unserem Stadtteil verabredet. Sicher ist sicher. So sind wir notfalls schnell zu Hause, falls doch etwas mit den Kids sein sollte. Wir treffen uns nicht wie früher um 20 Uhr, sondern schon um 18 Uhr – könnte ja sein, dass eins der Kinder nicht einschlafen kann – dann sind wir wenigstens nicht zu spät zu Hause. Und wir Eltern sind ja auch dankbar, wenn wir relativ früh ins Bett kommen…

Das Aussehen

Die Große wich mir beim Fertigmachen im Bad nicht von der Seite und die Kleine hatte kurz vor dem Losgehen nochmal Hunger – ich bin somit zwar ordentlich angezogen, aber der Feinschliff fehlt. Die Kette, die ich gern getragen hätte, habe ich im Schlafzimmer liegen gelassen. Die Haare trage ich wie immer offen, obwohl ich eigentlich mal was Neues probieren wollte. Und ich schleppe natürlich meine Riesenhandtasche mit, in der wie immer Feuchttücher und Malstifte sind, weil ich fürs Umpacken keine Zeit mehr hatte…

Meine Freundin B. dagegen hätte bei Shopping-Queen 10 Punkte für das Motto "Style Dich für ein Abendessen mit Freunden beim Italiener" bekommen. Hübsche Frisur, MakeUp, passend lackierte Fingernägel… Hach…

Auch unser Freund A. sieht top aus. Die Haare gegelt, die Schuhe frisch geputzt. Dagegen sieht mein Mann, äh… eher leger aus. Er hat sich zu Hause die letzte saubere Hose aus dem Schrank genommen, das Hemd ist leider nicht gebügelt. Und das Haargel ist schon seit einer Woche leer.

Die Familie am Nachbartisch

Wir setzen uns an den Tisch. Am Nachbartisch sitzt eine Familie, die Kinder sind etwa 1 und 4 Jahre alt. Die Eltern haben an das volle Unterhaltungsprogramm gedacht, damit der Restaurantbesuch klappt. Auf dem Tisch liegen Stifte, Autos, Stickerbücher.

Die Familie hat eben das Essen serviert bekommen. Für die Kinder gibt es Nudeln mit Butter. Kommt mir bekannt vor. Die Kinder verspeisen die Nudeln mit allen Sinnen – auch das kommt mir bekannt vor. Unsere Freunde gucken den Kindern mit einer Mischung aus Faszination und Ekel beim Essen. Unser Freund B. fragt, warum die armen Kinder nur Nudeln ohne Sauce bekommen und warum die Kinder das Besteck nicht benutzen. Mein Mann und ich sagen lieber mal nichts…

Unsere Bestellung

Der Kellner möchte unsere Bestellung aufnehmen. Mein Mann und ich haben uns vorgenommen, es heute mal richtig krachen zu lassen. Vor-, Haupt- und Nachspeise. Machen wie nie, wenn die Kids dabei sind, denn wir wissen, dass so ein Drei-Gang-Menü viel zu lang gehen kann. Wir haben immer Angst vor zu langer Wartezeit, denn die Stimmung hungriger Kinder kann verdammt schnell kippen…

Plötzlich wird es am Nebentisch unruhig. Das 4-jährige Kind hat versehentlich sein Apfelschorleglas verschüttet und das 1-Jährige braucht gleichzeitig unbedingt ein Feuchttuch wegen der verschmierten Butterhände. Ich unterdrücke den Reflex, sofort ein Feuchttuch aus meiner Handtasche zu ziehen und widme meine Aufmerksamkeit wieder A. und B., die kopfschüttelnd sagen: "Das kommt eben davon, wenn das Kind so rumzappelt. Die Eltern müssten doch dafür sorgen, dass es still sitzen bleibt!" Mein Mann und ich gucken uns an. Wir wissen, dass solche "Unfälle" mit Kindern normal sind und Kinder eben manchmal einfach Hummeln im Hintern haben.

Unsere Gesprächsthemen

B. fragt uns freudestrahlend, ob wir den neuen Kinofilm mit ihrem Lieblingsschauspieler schon gesehen hätten. Mein Mann und ich schauen uns fragend an. Welcher Kinofilm? Das letzte Mal , dass wir ein Kino von innen gesehen haben, ist Jahre her. B. beginnt begeistert vom Film zu schwärmen und endet mit dem Satz: "Den MÜSST ihr UNBEDINGT anschauen!" Wir nicken und ich denke: "Sobald er als DVD draußen ist oder auf einem Streaming Kanal, denn wegen des Babys ist ein Kinobesuch noch nicht möglich."

Diesmal wird unsere angeregte Unterhaltung durch lautes Geschrei am Nachbartisch unterbrochen. Das 4-jährige Kind hat dem 1-Jährigen den Malstift weggenommen, was zu lautem Protest führt. Die Eltern versuchen die Situation leise und friedlich zu klären. B. ist der Meinung "die Eltern müssten bei diesem Kind härter durchgreifen". Nach kurzer Zeit ist nebenan wieder Ruhe und die Eltern der Kinder begleichen schnell die Rechnung. Sie und wir wissen: Jetzt wird es Zeit, nach Hause zu kommen.

Als die Familie kurze Zeit später das Restaurant tatsächlich verlässt, atmet A. erleichtert auf und stellt fest, dass es jetzt "endlich ruhiger wird" und sich die Eltern überlegen sollten, ob sie wirklich abends mit den Kindern noch essen gehen sollten. Schließlich ist das zum Teil auch "ganz schön störend für die anderen Restaurantgäste".

Der Moment der Wahrheit

Als A. diesen Satz sagt, wird mir schlagartig bewusst, dass zwei Welten aufeinander treffen. Ich habe die ganze Zeit mit den Eltern vom Nebentisch mitgelitten, unsere Freunde waren eher genervt. Eltern sind für Kinderlose eine seltsame Spezies. Und wisst Ihr was? Ich kann meine Freunde sogar verstehen – vor fünf Jahren habe ich genauso gedacht. Ich habe auch die Augenbrauen gehoben, wenn ein Kind im Restaurant zu laut war. Ich kann A. und B. verstehen – genau wie ich mich in die Familie von Nebentisch hineinversetzen kann.

Und jetzt interessiert mich: Wie geht es Euch in solchen Situationen? Habt Ihr sowas schon mal erlebt? Ich freue mich über Eure Antworten!

— Wer mehr von Britta lesen möchte, kann dies unter Frau Freigeist tun!

 

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11 comments

  1. Selbst aus der Papa-Perspektive…
    …kommt mir das so bekannt vor: für einen Anlass so viel (besonderes) vornehmen & dann, wenn es so weit ist – wir sind eh wie immer zu spät dran – auf eigentlich alles verzichten & froh sein, dass man überhaupt mit Klamotten am Leib das Haus verlässt…:-)

    Schöner Artikel mit vielen Punkten, die mir bekannt vorkommen.

    LG, Richard & Hugo vom https://www.vatersohn.blog/

  2. naja
    “ Unser Freund B. fragt, warum die armen Kinder nur Nudeln ohne Sauce bekommen und warum die Kinder das Besteck nicht benutzen“
    Hoffentlich eine fiktive Geschichte, ansonsten einfach ein ignoranter Dummkopf.

  3. Oh ja
    Voll gut! Sehr anschaulich geschrieben. Persönlich hätte ich mir den Freunden gegenüber nur nicht verkneifen können das, das mit den meisten Kindern nun Mal normal ist was da so los ist am Nachbartisch. Dieses Jahr im Urlaub waren das erste Mal für ein paar Tage Freunde da, Kinderlose Freunde und am ersten Abend im Restaurant fragt mich meine Freundin aus Kindertagen direkt ob alles gut ist da ich so gestresst wirke. Meine Antwort, ist alles normal Essen gehen ist aktuell immer Stress (Kinder 4+1, die eine will alles selber machen inkl. Ausschütten und die andere Sitz ca. 5 Sekunden still). Aber nächstes Jahr ist es vielleicht schon besser;)

  4. Was für ein polarisierender
    Was für ein polarisierender Artikel… schade.
    Reden wir mal wieder von zwei Welten?
    Reden wir von der Spezies mit und ohne Kinder? Wäre ja interessant mal zu wissen, vielleicht handelt es sich um Eltern, die gar nicht freiwillig kinderlos sind. Wer weiß schon, wie es bei ihnen aussieht, weil man nicht der Norm entspricht…
    Es sind nicht alle Menschen ohne Kinder so oder so. Und es sind nicht alle Eltern so oder so. Und ich wünsche mir so sehr, dass wir endlich anfangen uns alle als Menschen sehen. Wirklich. Das wir endlich diesen tiefen Graben mal überwinden können. Das wir mit Respekt und Toleranz miteinander umgehen und bitte davon auch schreiben!
    Ich wünsche mir Artikel in denen positiv davon berichtet wird, wie ein toleranter Umgang aussehen kann. Ich wünsche mir Artikel darüber, wie ich mich z.B. gern mit meinen Freundinnen und ihren Kindern treffe, zum Spielplatz gehe, bei der Party mit den Kindern spiele, damit sie einfach mal alles genießen können!
    Ich wünsche mir neue Vorbilder! Ich wünsche mir mehr Menschen wie meine Freundinnen, wo man einfach Witze machen kann und so sein kann wie man ist. Ohne, dass gleich geurteilt wird, wer denn hier irgendwas zu beweisen hat. Es ist heuter leichter lesbisch oder schwul zu sein als (ungewollt) kinderlos…

  5. Lustig!
    Was für eine schöne und unterhaltsame Geschichte. Ich finde es ein bisschen traurig, dass A. Kinder im Restaurant als störend empfindet, wobei sie sich nicht auf wirklich nervtötende Plagen mit gleichgültigen und rücksichtslosen Eltern bezieht, sondern auf eine Situation, bei der dem Vernehmen nach alles im völlig normalen Rahmen ablief. Was denkt sie, die sicherlich auch manchmal Stress, zumindest aber keinen Kinder-Stress hat, eigentlich, wie das für die Eltern ist? Sollen die sich zu Hause einigeln, um die armen Kinderlosen, die so ziemlich jeden Abend lustig spontan Essen gehen können, bloß nicht zu stören?
    Ich war heute mit meinen knapp vierjährigen Zwillingen zum ersten Mal im Subway (gilt als Fastfood, könnt mich jetzt totschlagen), weil ich das sehr gern esse und ich dachte, dass es den Kindern schmecken könnte. Beim Subway dauert’s tendenziell eher lange und mit zwei ungeduldigen Kindern kam es mir wie eine Ewigkeit vor. Die Zwerge haben sich nichts zuschulden kommen lassen, nur viele Fragen gestellt, die Sessel ausprobiert, bzgl. jeder einzelnen Chipssorte gefragt, ob sie die haben dürfen (nein, die sind alle zu scharf). Trotzdem war’s mir, der mit Anfang 30 ältesten Person im Laden, hochnotpeinlich. Ich hätte wegen des Verhaltens meiner völlig normalen Kinder im Boden versinken können vor Scham. Weil die ganzen jungen Kerle und Hühner, davon bin ich fest überzeugt, mehrstimmig aber übereinstimmend gedacht haben: Oh Gott, ich kriege garantiert niemals Kinder. Ich finde meine Gedanken, meine Scham, völlig blöd und unbegründet. Aber Fazit ist: das mit jungen und mehrheitlich kinderlosen Studenten gefüllte Subway fällt aus, lieber gehe ich mit meinem Mann zum Griechen, der ist kinderlieb, hat eine Spielecke und bei dem dürfen die Kinder, wenn ganz wenige Gäste da sind, sogar um die Tische laufen (unter Aufsicht natürlich), und der freut sich darüber auch noch! Nehmt das, ihr A.s und Studenten dieser Welt 😉

  6. Sehr bekannt
    Hallo, ja das kommt mir sehr bekannt vor. Wir gehen mit unseren Kindern (6 und 8) auch fast nur im Urlaub Essen. Da meist auch nur in Restaurants mit Freisitz, denn mir ist es einfach auch zuviel Geld für den Stress. Und dann mögen sie auch meist das Essen nicht. Aber wenn sie mal bei den Großeltern sind, dann sind mein Mann und ich in sämtlichen Restaurants der Stadt unterwegs! Ja und ich leide eher mit den Familien am Nachbartisch ;-).

  7. Italien
    Es gibt einen Grund, warum wir jedes Jahr in Italien Urlaub machen. Dort sind Kinder selbst abends im Restaurant oder der Bar normal. Unser kleiner Sohn hat einen richtigen Fanclub älterer italienischer Damen.
    Neulich haben er und eine Freundin im Restaurant Fangen gespielt. Dabei wurden sie sowohl vom Besitzer, als auch von der Köchin angefeuert. Und die hungrigen Kinder bekommen natürlich prinzipiell zuerst das Essen.
    In Deutschland sieht das leider sehr anders aus…

    1. Spanien
      Kenne ich aus Spanien auch so. Dort gehören Kinder einfach zum (öffentlichen) Leben dazu. Dazu passt auch, dass es dort nirgends ein Pumuckl-Kinderessen gibt, sondern die Kinder einfach bei den Großen mitessen oder ganz selbstverständlich eine kleine Portion der normalen Gerichte bekommen.

  8. Link klappt nicht
    Danke für den schönen Text 🙂
    Ich wollte daraufhin auf die Website von Britta schauen aber der Link klappt leider nicht.

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