Alleinerziehende Sarah: Bis die Kinder groß sind, bleibe ich lieber alleine

Alleinerziehende

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Ihr Lieben, wir haben hier ja immer wieder Interviews zum Thema Alleinerziehende – zum einen, weil hier ganz viele alleinerziehende Mamas mitlesen und zum anderen, weil wir gar nicht genug Bewunderung für diese Frauen haben können, die es schaffen, ohne Partner die Kinder großzuziehen. Auch unsere Leserin Sarah ist alleinerziehende Mutter, sie hat vier Kinder. Weil die Beziehung, aus der das jüngste Kind stammt, ziemlich schwer war, hat sie beschlossen, nun vorerst alleine zu bleiben…

Liebe Sarah, du bist alleinerziehende Mama von 4 Kindern. Erzähl mal ein bisschen was über dich!

Ich bin 41 Jahre und meine Kinder sind 14, 12, 7 und 14 Monate. Wir leben seit fast 10 Jahren wieder im Rheinland, zuvor lebte ich mit damals zwei Kindern in Freiburg. Wir wohnen hier ländlich, sind aber in 10 Minuten in einer größeren Stadt, wo auch meine Kinder die Schule besuchen. 

Ich bin aktuell aufgrund meines vierten Kindes in Elternzeit. Eigentlich bin ich Pflegewissenschaftlerin und Dozentin im Hospiz- und Palliativbereich. Meinen Beruf liebe ich sehr, aber musste leider aufgrund der Kinder und meiner Lebenssituation zurückfahren.

In unserer Freizeit versuche ich stets die Interessen der Kinder und meine unter einen Hut zu bringen. Eine Herausforderung! Die Kleinen und ich sind gerne oft draußen oder unternehmen Ausflüge. Die großen Kinder, die Teenies, sind eher drinnen oder mit FreundInnen unterwegs. 

Seit wann bist du alleinerziehend und wie ist der Kontakt zum Vater?

Eigentlich bin ich schon seit der Geburt des ersten Kindes alleinerziehend. Der Vater meiner beiden Großen war stets berufstätig in der Schweiz und hat aufgrund der Arbeitszeiten auch dort gewohnt. An freien Tagen kam er dann zu uns. Mit dem Rückzug in meine Heimat, dem Rheinland, wollten wir erstens näher bei meinen Eltern sein (auch für mehr Unterstützung) und das erste Mal zusammen wohnen. Unser drittes Kind wurde dann auch hier geboren.

Wir waren aber auf Dauer nicht glücklich zusammen. Zu unterschiedlich waren unsere Vorstellungen vom Leben und geprägt hatte mich das lange Alleine-Leben auch. 2018 trennte ich mich. Die Kinder wollten oft nicht zu ihrem Vater, der 90km weit weg ein Haus kaufte. Nach vielen Beratungen von extern, vielen Tränen bei Eltern und Kindern, beschlossen wir, dass er die Kinder immer hier sehen kann. Er ist nun wöchentlich hier und wir verstehen uns gut. 

2019 trat ein neuer Mann in mein Leben. Alles sehr komplex, da er auch Familie und zwei Kinder hatte. Es gab viele Aufs und Abs, bis wir beschlossen ein Paar bzw. eine Patchworkfamilie zu werden. Mein viertes Kind kam in unser Leben. Ganz unverhofft, aber geliebt von Tag 1 an.

Aber diese Beziehung hat nicht gehalten… Warum?

Ich war in der Zeit des Zusammenlebens sehr überfordert. Seine Kinder, meine Kinder, die unterschiedlichen Dynamiken, Paarleben, wenig bis keine Zweisamkeit, wieder ein Erwachsener an meiner Seite. Er kam wenig mit meinen Kindern in Kontakt, ich konnte schlecht Platz machen für ihn. Wir wussten das natürlich von Anfang an, ließen uns auch kontinuierlich begleiteten. Aber es half nichts. Ich brach aus und beendete auch diese Beziehung.

Für mich wird es nie wieder Patchwork geben.  Nun hat er mehrmals pro Woche Kontakt zu seinem Kind. Das ist nur sehr viel herausfordernder für mich, weil es noch ein Baby ist, ich noch stille und die Kontakte oft mit Tränen verbunden sind. Ebenso ist die Trennung noch so frisch, dass die Kommunikation unter uns Erwachsenen nur mäßig funktioniert.

Was ist für dich das Schwerste am Alleinerziehend sein?

Tatsächlich habe ich nach der zweiten Beziehung das Alleinsein und Alleinerziehen als Wohltat empfunden. Wir haben als Familie so viele Rituale, so viele feste Strukturen. Wir sind ein eingespieltes Team. Als ich noch berufstätig war, fühlte ich mich total zerrissen zwischen Kind und „Karriere“. Je mehr Kinder in meinem Leben waren, desto mehr war klar: es handelt sich um eine Lüge, wenn man von Vereinbarkeit von Beruf und Familie spricht.

Ich habe zwei Masterstudiengänge absolviert, ich liebe was ich tue, aber ich möchte auch eine gute, fürsorgende Mutter sein. Beides zusammen ist gerade nicht möglich. Daher habe ich aktuell nur einen Nebenjob an der Uni, den ich online ausüben kann. Allerdings mache ich auch da immer alles „schnell schnell“. Immer aus Angst, das Baby wacht wieder auf oder morgen ist wieder jemand krank. Normalerweise arbeite ich so nicht. Ich vermisse es, mich ganz in ein Thema zu stürzen oder ein neues Projekt anzufangen.

Schwierig wird es auch, wenn man nicht allein Kindern gerecht werden kann oder wenn eins bis alle (oder mal ich) krank sind. Dann komme ich ins Rudern. Gerade erst waren alle hier krank und ich auch. Meine Horrorversion wäre es, wenn ich mal nachts dringend medizinisch versorgt werden müsste oder eins meiner Kinder. Wer ist dann für den Rest der Kinder da? Meine Eltern wohnen 100km entfernt.

Eine weitere Herausforderung ist der Kontakt mit den Vätern. Ich versuche stets mein Bestes, reflektiere mich und mein Verhalten, denn ich weiß wie wichtig Väter für die Kinder sind. Aber eigentlich habe ich diese Männer ja auf „Paarebene“ aus meinem Leben geschmissen. Oft ist dies ein Spagat. 

Das heißt, du siehst viele Vorteile?

Ja, ich sehe Vorteile. Wenn Freundinnen sich mit ihren Partnern sich nicht über den Urlaubsort oder eine Neuanschaffung einig werden können. Dann denke ich: „Puh, das Theater habe ich nicht.“ Ich kann abends, wenn mal alle irgendwann im Bett liegen, machen was ich will. Ich muss nicht noch Zeit mit einem Partner verbringen. Aber klar, die Vorteile werden auch manchmal zu Nachteilen. 

Wo schöpfst du Kraft und hast du auch mal Auszeiten?

Diese Frage stellten mir meine Psychologin (die ich aktuell aufgrund von fehlender Betreuung fürs Baby nicht mehr sehen kann) und die Familienberatungsstelle auch immer. Ich bin Gott sei Dank sehr genügsam und kann Kraft aus kurzen Momenten schöpfen: kurz mal ganz alleine Autofahren und meine Lieblingsmusik hören, eine ruhige Minute mit einem Kaffee in der Sonne, meine Nebentätigkeit und der Kontakt mit KollegInnen. Oder eben Menschen.

Menschen, denen ich täglich begegne und die mit mir in Kontakt kommen. Sei es Freunde oder eben auch Fremde beim Einkaufen oder beim Spaziergang. Auch meine große Familie, meine Eltern und meine vier Geschwister, sind meine große Ressource. Ich weiß, ich werde immer aufgefangen und unterstützt. Ebenso meine Kinder. Das Gefühl ist um nichts in der Welt zu ersetzen.

Wie reagiert die Gesellschaft auf Alleinerziehende wie dich?

Es gibt meistens den Satz „Oh. Das könnte ich nicht.“ Den Satz kenne ich schon aus meiner beruflichen Tätigkeit mit Sterbenden.  Oder auch „Wie machst du das denn? Ich bin ja schon mit zwei Kindern überfordert“. Ich stelle mir die Frage nicht. Ich mache einfach. Weil es ja keine Alternative dazu gibt.

Hintenrum denke ich aber auch, dass Menschen lästern. „Vier Kinder von zwei Männern.“ „Konnte die nicht verhüten? Jetzt muss sie sehen, wie sie damit klarkommt.“ Toll ist das nicht. Zumindest war es nie mein Plan. Aber alles haben wir Menschen eben nicht in der Hand. Und eigentlich finde ich das auch gut so. Ich habe vier wunderbare Kinder und liebe sie. Trotz aller Herausforderungen.

Sehnst du dich manchmal auch nach einer Beziehung?

Ich habe mir geschworen, dass ich keine Beziehung eingehe, bis das Baby volljährig ist. Das sind also noch 17 Jahre. Ich kann meinen Kindern nicht andauernd neue Partner vorsetzen. Gerade weil ich nun weiß, wie sehr meine Kinder mit meiner zweiten Beziehung überfordert waren. 

Ich lege den Fokus nun auf die Kinder und wenn sie größer sind auf meinen Beruf. Was habe ich mal von einer anderen Alleinerziehenden gehört? „Männer nur noch ambulant, nicht mehr stationär.“ Ich denke, dass ich nach meinem bisherigen Leben auf jeden Fall auch so geprägt bin, dass ich nur noch in zwei separaten Wohnungen leben würde. 

Wenn du dir drei Sachen wünschen könntest, welche wären das?

Über diese Frage habe ich sehr lange nachdenken müssen. Da gibt es so viele Dinge. Ich versuche es mal mit drei Sachen:
1.) … dass meine Eltern noch lange leben und wir viel gemeinsame Zeit verbringen.
2.) … dass meine Kinder zu gesunden und zufriedenen Menschen heranwachsen und wissen was sie vom Leben wollen.
3.) … dass ich nochmal unbeschwert beruflich durchstarten kann und in der Palliativversorgung viel Gutes tun kann.

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16 comments

  1. Klar kann man sich auch mit unterstützung alleine fühlen und zu viel alleine sein und überfordert sein. Klar kann man sich auch in einer Beziehung oder Ehe, fast schon Single fühlen, so unbeteiligt wie manche Partner sind. Das sind dann halt nicht die Partner die man sich gewünscht hat…

    Aber da gibt es Unterschiede, es ist ein Unterschied ob man Menschen hat auf die man sich stützen und verlassen kann im Notfall.

    Es gibt allein erziehende, auch sogar ohne jegliche Familie, ohne kindsvater, sogar ohne Freunde. Die einzigste stütze ist dann das Jugendamt was gleichzeitig auch immer eine Bedrohung und Belastung für eine Familie darstellt. In dem Fall bedeutet allein erziehend, etwas völlig anderes als:

    Der Vater beteiligt sich, die Großeltern helfen. Ist absolut nicht das selbe. Und es ist klar dass manche Menschen größere Einsamkeit und größere Schwierigkeiten erfahren.

    Es ist aber auch was anderes 1 Kind, groß zu ziehen oder 4 Kinder. Das ist auch ein großer Unterschied.

    Jedes Leben birgt seine Schwierigkeiten, Herausforderungen und man sollte niemanden klein machen. Sondern respektvoll miteinander umgehen.

  2. sicherlich eine gute entscheidung von sarah…ich wünschte, ich könnte das auch so betrachten…ich bin seit 6 jahren alleinerziehend…und bin gerade am verzweifeln, weil ich merke, dass eine neue beziehung trotz aller bemühungen eher unwahrscheinlich ist…ich habe viel gedatet, mit dem fazit, dass die meisten männer sich nicht auf eine ae einlassen wollen, auch wenn das herz ihnen etwas anderes sagt…was bleibt sind affärenangebote, die für mich keine option sind…was fehlt ist am ende des tages eine hand auf der schulter…eine umarmung…diskussionen bei rotwein und das gefühl der geborgenheit…so bleibt nur eine tiefe einsamkeit…das abarbeiten der vielfältigen aufgaben und ein bisschen hoffnung…vielleicht sollte ich sarahs einstellung übernehmen…ach, wenn das so einfach wäre….

  3. Sie ist nicht alleinerziehend. Der Vater der drei ersten Kinder kümmert sich wöchentlich. Der Vater des vierten Kindes kümmert sich auch um das Baby, bzw möchte es tun. Bitte einfach mal die richtige Definition von alleinerziehend nachschauen. Ich finde diesen inflationären Begriff von alleinerziehend nicht in Ordnung, wenn es de facto nicht vorliegt.
    Ich bin alleinerziehend. Seit der Geburt meines Kindes kümmere ich mich komplett alleine. Der Kindsvater hat sein Kind noch nicht einmal sehen wollen. Und meine Tochter ist jetzt vier.

    1. Doch Yvonne sie stemmt den ALLTAG alleine sie ist alleinerziehend!!! Selbst Verheiratete fühlen sich/ sind alleinerziehend mit berufstätigem Partner. Was soll diese Neiddebatte? Was fehlt da im Leben ( oder im Kopf)? Und natürlich wieder von Frauen! Manchmal schämt man sich für sein eigenes ( peinliches) Geschlecht!

          1. Da können SIE, liebe Silvia, ja froh sein, in dem wirklich unverschämten und unfreundlichen DUZEN wieder einen Grund gefunden zu haben, auszukeilen und nachzutreten. Wer sucht, der findet. Ich wünsche IHNEN sehr, ein wenig zufriedener in IHREM Leben zu werden, dass SIE nicht jeden zweiten Artikel hier zum Anlass nehmen müssen, Frust abzubauen und andere runterzumachen.Gemein zu anderen zu sein, weil die angeblich gemein zu anderen sind, ist schon einigermaßen absurd, finden SIE nicht, liebe Silvia?

      1. Mir fehlt nichts im Kopf. Warum beleidigst du mich. Was stimmt mit dir nicht, dass du so aggressiv bist. In fast jedem Kommentar.
        Sie ist NICHT alleinerziehend. Schau dir einfach die rechtliche Definition von alleinerziehend an. Es sagt ja auch das Wort „allein“erziehend. Die Kindsväter werden von dir also in ihren Erziehungsbeteiligungen und Leistungen nicht beachtet??

        1. Seit wann sind wir per du??? Selbst austeilen und diese Frau als Lügnerin hinstellen und wenn mal eine Reaktion kommt gleich heulen? Wir Frauen können echt peinlich sein! Welcher Zacken bricht einem aus der Krone diese Leisrung einer anderen Frau/ Mutter anzuerkennen? Warum geht das nicht neidlos?

          1. Ja, Du hast ja so recht, Frauen können echt peinlich sein. Vor allem die, die gleich heulen und zetern, wenn mal Widerspruch kommt. Also, Silvi, warum so aggressiv, warum so weinerlich?! Fühlst Du Dich besser, wenn Du in diesem kleinen Forum hier solche Kommentare abgibst? Oder bist Du nur unterzuckert und hast einen Trotzanfall?
            Du darfst mich übrigens gerne siezen wenn Du willst, ich bin da nicht so 😉

    2. Ihr Lieben,
      lasst uns doch einfach solidarisch miteinander sein und nicht noch gegeneinander. Zusammen wären wir so viel stärker.
      Euch allen ganz viel Kraft und ❤️

  4. Ich kann die Autorin so gut verstehen! Ich wüsste überhaupt nicht wie ein Mann oder Partner mein Leben aktuell bereichern könnte. Ich bin so unfassbar froh mich nur um die Kinder- und die eigenen Bedürfnisse kümmern zu müssen. Ich backe -wie man so schön sagt- nur kleine Brötchen, aber ich kann alles selbst entscheiden und muss mich nicht mehr um Kompromisse und Harmonie mit einer weiteren erwachsenen Person bemühen.

    1. Ich finde es so schade, dass (gut ausgebildete)
      Frauen ihren Job aufgeben (müssen ) , weil die Vereinbarkeit nicht funktioniert .
      Ich verstehe es, bei vier Kindern und alleinerziehend (gehe darauf im Detail nicht ein) und gleichzeitig macht es mich auch wütend , dass Frauen diese Entscheidung immer noch treffen müssen, weil es einfach keine ausreichenden , verlässlichen Betreuungsangebote gibt.
      Gerade heute wieder im Radio gehört , wieviel Pflegekräfte fehlen und in Zukunft fehlen werden. Und Palliativ Medizin ist doch auch so wichtig !
      Alles Gute der Autorin !
      Hoffentlich kann sie bald beruflich wieder einsteigen. Wir brauchen gute, motivierte Leute in der Medizin !

  5. Hut ab vor dieser Lebensleistung. Und ich kann ihren Entschluss auch sehr gut verstehen. Für mich käme Patchwork auch nicht in die Tüte. Wenn meine Partnerschaft scheitern sollte, würde ich auch allein bleiben und meinem Kind kein Patchwork zumuten, Ich habe es als Kind erlebt, es war furchtbar. Ein Mann mit Kind(ern) von einer Ex wäre für mich auch ein NoGo, es sei denn sie wären schon aus dem Haus.

  6. Viel Kraft und Humor weiterhin! Auch ich finde es tatsächlich bequemer und unkomplizierter für mich allein entscheiden zu dürfen. Und da die Familienplanung eh abgeschlossen ist, überlege ich mir sehr genau in Zukunft ob ich zuviel Kompromisse überhaupt noch brauche und will.

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