Gebt den Kindern Verantwortung! Wie schon die Kleinsten an Mini-Aufgaben über sich hinauswachsen können – oder: Wie mein Sohn Tomaten züchtete

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Ihr Lieben, wir sind ja kein Ratgeber-Blog und maßen uns eigentlich nicht an, hier großartig mit Tipps und Tricks für Eltern um uns zu werfen. Viel eher erzählen wir Geschichten und ihr könnt euch damit identifizieren – oder eben gerade nicht, so dass ihr wisst, wo ihr steht. Aber wenn wir mal eine tolle Erfahrung gemacht haben und sehen, was sie bewirken kann, dann machen wir eine Ausnahme. Heute möchte ich euch von der Tomaten-Zucht unseres Sohnes erzählen. 

Fantasie: Manche Kinder sind anders

Wir haben nämlich ein Kind, das einige vielleicht als Träumer oder Fantasten bezeichnen würden. Es kann ihm passieren, dass er für den Weg vom Umziehen zum Zähneputzen 35 Minuten braucht. Weil er auf den zweieinhalb Metern Luftlinie zwischen Zimmer und Bad etwas entdeckt hat. Ein Staubkorn und einen Playmobilmann zum Beispiel, der plötzlich zum Leben erweckt wird. Da muss der Playmobilmann dann plötzlich sein Bombenentschärfungsteam anfordern, weil das Staubkorn sich als Bombe herausgestellt hat, die es zu entschärfen gilt.

Wirklich, auf diese Art und Weise entstehen die wildesten Geschichten im Kopf unseres Jungen und schwappen in unsere Wirklichkeit. Es kann einen zur Weißglut bringen, wenn man es mal eilig hat, auf dem Weg zur Schule, wenn er in der größten Hektik in seiner Kakaotasse plötzlich die sinkende Titanic retten muss. Aber es kann einen – in Momenten der Ruhe auch unglaublich reich machen, erfüllen. Wie viel Fantasie aus diesem Kind herausschwappt. Welche Welten es sich schafft!

Wenn das eigene Tempo nicht zum Alltag passt

Aber so richtig alltagstrauglich ist das Verhalten eben nicht und so kommt es vor, dass er sich überfordert fühlt, dass er sich gehetzt fühlt, dass er unglücklich ist, wenn er merkt, dass die anderen es pünktlich ins Auto schaffen – und er nicht, weil wieder irgendwas viel Spannenderes seinen Weg kreuzte. „Langsam“ würden ihn  einige nennen. Ich nenne es viel lieber „kreativ“. Ich liebe, wie er ist und wir versuchen, so gut es geht, ihn das ausleben zu lassen, was ihn ausmacht. Seine grenzenlose Fantasie. Seine Gabe, sich stundenlang mit einem kleinen Zweig zu beschäftigen und sich die lustigsten Dialoge dazu auszudenken.

Wie kann man das fördern, in Zeiten, in denen alles immer schnell gehen muss, in denen Geschwister dazwischenfunken, in denen es viel zu oft ums „Funktionieren“ geht. Wie können wir ihm ein Erfolgserlebnis beschaffen, das sich mit seinem Tempo vereinbaren lässt?

Die Lösung lautet: Tomaten!    

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Wir haben ihm drei Tomatenpflanzen gekauft. Die Oma war´s, die hat nämlich oft die besten Ideen. Drei silbern-glänzende Blumentöpfe. Die stehen nun auf unserer Terrasse. Und sie gehören einzig und allein ihm. ER ist der Chef. Er ist der Bestimmer. Er ist der Verantwortliche. Und er hegt und pflegt und nimmt diese Aufgabe wie kein anderer an, mit seinen sieben Jahren. Im Urlaub sorgt er sich, dass Oma sich Bloß um seine Pflanzen kümmert, der erste Gang nach der Schule führt zu seinen Pflanzen. Er zupft Blätter, er gießt, er sorgt sich bei Regen. Oh  nein, sie dürfen nur Wasser von unten haben, nicht von oben. Und wenn dann die Blätter am Boden liegen, dann kommen seine Playmobilmänner zur Räumung. Doch dann das Drama:

Eine noch grüne Tomate reißt ab. Oh neinneinnein! Die Tomate! Doch wir können beruhigen: Leg sie auf die Fensterbank, die Sonne wird sie bestimmt noch reifen lassen. Und siehe da: Plötzlich ist sie rot. Nach Tagen. Und jedes Familienmitglied bekommt ein Stückchen ab. Wir schwärmen: So lecker. Und er strahlt. Und wir genießen. Und dann sehen wir sie: die ersten roten Tomaten am Strauch. Er zeigt sie jedem. Wen er mag, der darf eine probieren. Er wird gelobt. So lecker. Es ist sein Erfolgserlebnis. Seine Geduld wird belohnt. Seine Verantwortung. Es ist eine Erfolgsgeschichte mit ihm und seinen Tomaten. Mögen sie noch lang tragen und viele viele rote Tomaten in unser Leben bringen. Gebt den Kindern Aufgaben und sie werden über sich hinauswachsen.   

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5 comments

  1. was für eine Tolle Idee…
    was für eine Tolle Idee… vielelicht übernehme ich diese im nächsten Frühjahr für meine Tochter, die auch für alles immer länger braucht…

  2. Ihr seid wunderbar
    Du hast so recht, heute müssen schon die Kinder schnell und unkompliziert sein. Umso schöner dass euer junge so sein darf wie er ist. Danke für dösen Beitrag. Ihr seid so wunderbar anders als die anderen Mama Blogs! Weiter so!

  3. Super Idee!
    Liebe Lisa, ihr habt einen tollen kreativen Jungen. Der Text zauberte mir ein Lächeln ins Gesicht. Vielen Dank dafür.

    Und ein Tipp von meiner Oma: Grüne Tomaten stellt man in einen dunklen Schrank. Dort werden sie nach einer Weile auch rot.