Interview mit Katha: Warum unser Sohn wahrscheinlich ein Einzelkind bleiben soll

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Liebe Katharina, wer gehört alles zu Deiner Familie? 

Unsere Familie besteht aus meinem Mann Michael (30), unserem Sohn Raphael (2) unserem Hund Benji (8) und mir (31). Mein Mann und ich lernten uns 2013 im Internet kennen und haben uns schnell verliebt. Kurze Zeit später kündigte mir mein damaliger Arbeitgeber betriebsbedingt und ich beschloss aus Hamburg zu meinem Mann in eine Kleinstadt in Niedersachsen nahe Soltau zu ziehen… War das eine Umstellung! Aber er befand sich noch in der Ausbildung und so erschien es mir sinnvoll. Im November 2016 kam unser Sohn zur Welt. Es hat etwas über ein Jahr gedauert, bis ich endlich schwanger wurde. 

Wie hast Du die erste Zeit mit Baby erlebt?

Die erste Zeit mit Baby war für mich wahnsinnig emotional! In allen Facetten. Es war spannend und aufwühlend zugleich zu bemerken, wie sehr mein Körper und meine Emotionen sich verändert haben. Und dann lag da dieses Wunder in meinen Armen und ich wusste, dass es gar kein größeres Glück für mich geben kann. Muttergefühle sind ein Bücher füllendes Thema…

Wie sieht Eure berufliche Situation aus? 

Mein Mann arbeitet Vollzeit mit 44 Wochenstunden von Montag-Freitag als KfZ-Mechatroniker, ich arbeite 30 Std. /Woche als Pflegehelferin in einem Pflegewohnstift in Früh – und Spätschicht. In den Beruf bin ich allerdings zufällig rein geschlittert. Eigentlich bin ich gelernte Kauffrau für Bürokommunikation

Ihr habt "nur" ein Kind, wann hast Du das erste Mal gehört: "Na, wann kommt das zweite Kind?" 

Puh, das war recht früh! Ich hatte eine tolle Schwangerschaft und eine wirklich unkomplizierte Entbindung. In der ersten Schwangerschaft haben wir sogar schon über ein zweites Kind gesprochen. Doch als Raphael dann geboren war, war dieser Wunsch plötzlich weg. Und er ist bis heute nicht zurück gekommen. Ich mag die Frage nach dem zweiten Kind nicht, weil sie aussagt, dass immer ein zweites Kind folgen muss, um als Familie komplett zu sein. 

Hast Du also das Gefühl, dass mindestens zwei Kinder erwartet werden?

Ja, dabei finde ich, dass man auch ohne Kinder eine Familie sein kann. Ich finde, es ist egal, ob es null, ein oder mehrere Kinder sind – hauptsache alle sind glücklich mit der Situation. 

Nun habt Ihr ja beschlossen, dass Euer Kind ein Einzelkind bleiben soll. Wie und warum habt Ihr so entschieden?

Weil es sich richtig und gut anfühlt, wie es momentan ist. Wir sind genau so glücklich. Wir sehen bisher einfach keinen Anreiz etwas an unserer Familiensituation zu ändern. Vielleicht überkommt es uns irgendwann nochmal, aber momentan sind wir sehr happy so. 

Meinst Du, Euer Kind hätte gerne Geschwister?

Das weiß ich nicht… Ich weiß auch nicht, ob man etwas, das man nicht kennt, wirklich vermissen kann. Ich selbst habe einen jüngeren Bruder und würde man mich fragen, ob ich gern mehr Geschwister gehabt hätte, würde ich sagen "Keine Ahnung, ich weiß ja nicht, wie mein Leben dann gewesen wäre!"

Einzelkinder haben keinen besonders guten Ruf. Ärgert dich das?

Ärgern ist übertrieben… Ich finde es sehr schade. Ein Mensch sollte als Individuum gesehen werden, unabhängig davon, ob er Geschwister hat. Ob ein Kind Geschwister hat oder nicht, sagt das für mich rein gar nix über seinen Charakter oder seine soziale Kompetenz aus. Mal ehrlich: wenn ich jemanden kenne lerne, dann frage ich auch nicht als erstes: "Hast du Geschwister, oder bist du Einzelkind?". Das spielt ja keine Rolle. Ich kenne Menschen, die in großen Familien aufgewachsen sind und sehr sozial agieren, rücksichtsvoll sind und mehr geben als nehmen. Ich kenne aber auch Menschen mit Geschwistern, die sehr egoistisch sind, ohne Rücksicht alles beanspruchen, was sie wollen, weil sie vielleicht irgendwann gelernt haben, sich gegen andere durchzusetzen. Und beide Seiten kenne ich auch von Einzelkindern. Ich denke, es spielen einfach so viel mehr Faktoren für die Entwicklung eines Kindes eine Rolle. 

Wie reagieren die Menschen, wenn du offen sagst, dass Ihr kein zweites Kind haben wollt?

Die meisten Menschen sind verwundert. Es passt irgendwie nicht ins gängige Bild. Die Menschen haben permanent das Bedürfnis, einem dazu ungefragt ihre Meinung oder Weisheiten aufzudrücken. Was das für einen Sinn ergibt, ist mir schleierhaft, aber für mich gibt es da gar keinen Diskussionsbedarf. Diese Entscheidung ist sehr persönlich, jede Familie muss diese für sich treffen. Ich habe auch mal gehört: "Na ja, eins ist besser, als keins!" und ich habe gedacht "Ne… Wenn jemand keins möchte und glücklich damit ist, dann ist DAS besser!"

Was möchtest du deinem Kind an Werten mitgeben?

Oh, eine Menge! Ein großes Vorbild ist da für mich meine Mama, denn sie hat meinen Bruder und mich zu rücksichtsvollen und hilfsbereiten Menschen erzogen. Ihr war immer wichtig, dass wir niemanden, insbesondere alte Menschen oder Menschen mit Behinderungen, vorverurteilen. Und das möchte ich auch unserem Sohn mitgeben. Ich denke, es ist wichtig, zu hinterfragen. Egal, worum es geht. Ehrlichkeit finde ich auch wichtig.

Außerdem möchte ich gern, dass er nie verlernt, auf seine Gefühle und Bedürfnisse zu hören und diese zu formulieren. Und wenn es nur für sich selbst ist. Er soll sich nie seiner selbst wegen schlecht fühlen. Ob man das nun als klassischen "Wert" definiert, weiß ich nicht. Letztendlich ist es am wichtigsten, dass er glücklich ist.

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4 comments

  1. Ohhh wie ich diese Frage hasse… heute noch.
    Unsere Tochter kam Anfang 2016 zur Welt,
    Nach knapp 11 Jahren die wir unser Glück versucht haben – nur auf natürliche Art, keinerlei Hilfe ect – hat das Wunder einen Namen bekommen.
    Jeder wusste wie lange wir darum hofften und freute sich umso mehr als wir aufgegeben hatten und es geschah.
    Aber sofort als sie da war kam von den meisten die Frage nach Nummer 2!
    Echt nicht schön.
    Warum kann man so nicht glücklich und komplett sein?!
    Doch, wir sind es. Jederzeit 🥰

  2. Sehr guter Standpunkt.
    Ich mag die Frage nach dem zweiten Kind nicht, weil sie aussagt, dass immer ein zweites Kind folgen muss, um als Familie komplett zu sein – ein toller Satz, wie ich meine.
    Ich bin auch der Meinung, dass solche Entscheidungen jedem Paar & jeder Familie selbst überlassen sein sollten.
    LG, Richard & Hugo vom https://www.vatersohn.blog/

  3. Schöne Aussage
    Ich kann der Autorin nur recht geben. Keins, eins. Zwei oder Viele – erfüllend ist das, was man für sich entscheidet und womit man glücklich ist.
    Ich bin derzeit noch schwanger und schon jetzt reden mir Bekannte und Verwandte ein zweites in den Bauch.
    Dabei wissen wir noch nicht mal, wie glücklich wir mit einem Kind sein werden…

  4. Frage nach Nr. 2
    Ich stimme der Autorin zu – es bleibt jedem selbst überlassen.
    Ich habe letzte Woche unser 2. Kind bekommen, kann mich aber nicht erinnern, vor der Schwangerschaft die Frage danach gehört zu haben. Aber vielleicht hatte ich auch nur Glück. Ich selbst stelle sie auch nicht – man weiß ja die Hintergründe nicht.
    Alles Gute den dreien – aber zu viert ist es auch wunderschön, wenn ich das nach 4 Tagen sagen darf.

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