Plötzlich Mitte 40: Wo sind all die Jahre hin?

Jahre

Foto: Juliane Dunkel

Neulich war ich auf dem Geburtstag eines guten Freundes. Allerdings wusste ich gar nicht genau, wie alt er wird. Ich fragte ihn also: Wirst du heute eigentlich 46 oder 47 Jahre alt? Und er sagte: Ich werd schon 48.

Um ehrlich zu sein, hat mich das ganz schön umgehauen. Nicht, weil mein Freund noch älter wurde als ich dachte, sondern weil mir mal wieder bewusst geworden ist, wie die Jahre ins Land ziehen. Denn diesen Freund habe ich kennengelernt, als ich Anfang 20 war.

Wir wohnten in Hamburg nur ein paar Straßen voneinander entfernt, beide einen Steinwurf von der Reeperbahn entfernt. Ich weiß nicht, wie oft wie im Morgengrauen aus irgendeiner Bar rausgefallen, gemeinsam nach Hause gelaufen sind, nur schnell geduscht haben und dann zur Arbeit gefahren sind. Noch heute muss ich grinsen, wenn ich an die vielen lustigen Abende und Nächte denke, die wir völlig unbeschwert durchgetanzt haben, in denen wir nur Verantwortung für uns selbst hatten. Wir hatten gute, sichere Jobs, haben genug für uns verdient, hatten einen riesigen Freundeskreis – und vor allem keine Kinder…

Die Jahre verfliegen

Dann wurden wir älter, wir haben beide geheiratet, zogen beide nach Berlin und wirklich zufällig wurden seine Frau und ich gleichzeitig schwanger. Wir waren damals die ersten im Freundeskreis und waren umso froher, einander zu haben und uns gegenseitig mit Babythemen vollzuquatschen. Seine Tochter ist drei Wochen älter als meine Große.

Nun sind wir Mitte bzw. Ende 40. „Wo sind all die Jahre hin?“, fragte ich am Abend des Geburtstages meinen Mann. Wann sind wir so alt geworden? Mein Mann sagte dann: „Na, du musst ja nur mal überlegen, was in dieser Zeit alles passiert ist.“

Das stimmt. Mein Freund hat zwei Kinder, ich vier, wir beide haben mehr Falten, viele vom Lachen, einige auch sorgenbedingt. Wir haben Wohnungen gekauft, Kredite am Laufen, jede Menge Verpflichtungen und schon längst nicht mehr nur Verantwortung für uns selbst. Wir sind in einigem schlauer als zuvor, manches verstehen wir immer noch nicht. Ich habe mich selbstständig gemacht, vier Bücher geschrieben, wir haben eine Pandemie erlebt, Kinder eingeschult, uns um die Liebsten gesorgt.

Manchmal habe ich ein bisschen Angst vorm Altwerden, vor dem Altsein. Wenn mein Jüngster 18 ist, bin ich fast 60. Für ihn werde ich eh immer eine eher ältere Mutter sein, auch ein Gedanke, den ich seltsam finde.

Und dann schüttel ich mich und sage mir, dass es ein Geschenk ist, älter zu werden. Dass wir für jedes Jahr dankbar sein sollten, das wir erleben dürfen. Und dass – auch dank unserer Kinder – jedes Jahr voller Erlebnisse und Erfahrungen sein wird. Eins ist klar: Jedes Kind bereichert unser Leben jetzt schon auf seine ganz eigene Weise – und ich hoffe, dass jedes von ihnen uns noch ganz lang an ihrem Leben, ihren Wünschen und Sorgen teilhaben lassen.

Wenn wir uns also fragen, wo die Jahre hin sind, wann wir plötzlich alt geworden sind – dann lasst uns klar machen, dass wir vor allem reicher geworden sind. An Erfahrung und vor allem an Liebe.

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2 comments

  1. seit letztem Jahr ist es bei mir irgendwie anderst. Mein Gefühl mit der Zeit. ich wurde im Herbst 34. auf einmal war so viel zeit vergangen und so viel passiert.
    Irgendwie kam einfach ein anderer Lebensabschnitt. die kinder aus dem allerschlimmsten raus (4 und 7 jahre), endlich mit gehabt die arbeit zu kündigen, in der ehe läuft es viel besser, ich habe gelernt meine Kidnheit und ihre auswirkungen hinter mir zu lassen….
    irgendwie fühlt sich alles anderst an. ich merke wie die zeit anderst vergeht. schätze auch viel mehr die kleinen einfachen dinge.
    und es ist auch mittlerweile egal ob ich nun 34 oder 38 wäre….
    es sind nun aber auch viele meilensteine erreicht. ich denke ich fiebere nun nicht mehr so vielen entgegen, wie noch in jüngeren jahren ( schulende, ausbildungsende, erster job eingewöhnung, haus, kinder, ehe, usw).
    ich empfinde es aber als sehr schön, ruhig, angekommen. ich mag gar nicht mehr jünger sein aktuell 🙂

    1. Ein schöner Artikel , genauso ist es wohl! An den Kindern sieht man wie die Zeit vergeht und man selber alt wird. Eher beim Leben der Kinder zuschaut statt selbst in vollen Zügen zu leben… Aber Moment, so will ich das auch nicht stehen lassen, ich habe eigtl. noch jede Menge vor, meine Neugier und mein Lebenshunger ist ungebrochen gross, vielleicht größer noch als je zuvor weil man Schicksalsschläge hinter sich hat, die zeigen wie schnell auch alles ganz anders sein kann.. deswegen 40 bzw. der Zeitpunkt wo die Kinder endlich größer werden ist eigtl. genial. Man kann fast!! nochmal neu anfangen:)

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