Mutmacher-Text: Wie ich für meine Tochter mein ganzes Leben änderte

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Das hier soll ein Mutmacher-Text sein für alle, die denken, dass das Schicksal sie vor eine unlösbare Aufgabe stellt. Er soll euch sagen: Ihr seid stärker als ihr denkt.

Mein Name ist Julia, ich bin 34 Jahre alt und habe eine zweijährige Tochter. Der Vater des Kindes ist wie ein Wirbelsturm durch mein Leben gefegt. Wir haben uns leidenschaftlich geliebt und gestritten. Es ging mitunter heftig zu. Dazu muss man sagen, dass mein Leben nicht ganz easy verlaufen ist. Ich habe keinen Kontakt mehr mit meinen Eltern, habe früh Erfahrungen mit Drogen gemacht und meine Freunde waren nie die klassischen Traum-Schwiegersöhn mit BWL-Abschluss…

Als ich ungeplant schwanger wurde, hat mein Ex ganz klar gesagt, dass er das Kind nicht will und sich auch nicht kümmern wird. Das war – obwohl ich wusste, dass er oft in Extremen lebt – ein Schock. Ich war sehr unsicher, ob ein Kind wirklich in mein Leben passt. Ich hatte immer nur befristete Jobs, war in allem sehr impulsiv, es herrschte meist mehr Chaos als Ordnung in meinem Leben. Ein Schwangerschaftsabbruch lag also nahe.

Doch irgendwas in mir sträubte sich gegen eine Abtreibung. Mir war klar, dass dies auch die Chance sein könnte, endlich mein Leben zu ordnen. Vielleicht würde die Verantwortung für einen anderen Menschen meine innere Unruhe heilen.

Als ich meinem Freund sagte, dass ich das Kind behalten würde, hat er mich aus der Wohnung geschmissen. Da stand ich nun also – schwanger, ohne Wohnung, alleine.

Eine Freundin hat mich vorübergehend aufgenommen. Als ich in in ihrer Wohnung die erste Nacht auf der Matratze lag, habe ich mir geschworen, dass es ab jetzt nur noch bergauf geht.

Ich habe eine kleine Wohnung gefunden und diese sparsam, aber hübsch eingerichtet. Meine Tochter kam gesund und wunderschön auf die Welt und hat alles verändert. Für sie gebe ich jeden Tag mein Bestes, ich will, dass es ihr so gut wie nur möglich geht.

Ich habe mich radikal von meinem alten Freundeskreis und dem Vater meiner Tochter getrennt, es waren viele toxische Beziehungen dabei, die mir nur geschadet haben. Ich war viel alleine in der ersten Zeit mit Kind, aber mittlerweile habe ich neue Freunde, die mir im Notfall auch mal helfen oder mit denen ich zusammen auf die Spielplätze gehe. Mein Leben ist ruhiger, geordneter und spießiger geworden – und das tut mir so gut.

Mit einem Jahr ist die Kleine zur Tagesmutter und ich habe wieder angefangen zu arbeiten. Ich verdiene genug für meine Tochter und mich, wir sind unabhängig. Klar, es sind keine großen Sprünge drin, aber zum ersten Mal in meinem Leben ist Ruhe in mir.

Ich will euch einfach Mut machen. Man kann Situationen im Leben ändern. Man muss sich nicht seiner Vergangenheit ergeben oder dem Schicksal und schon gar nicht anderen Menschen. Wenn es drauf ankommt, sind wir alle viel stärker als wir denken. Vor allem und ganz besonders, wenn wir es für unsere Kinder tun.

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13 comments

  1. Nach dieser durchaus positiven Entwicklung, die Sie erlebt haben, frage ich mich, warum Sie keinen Kontakt mehr zu Ihren Eltern haben? Als Mutter zweier erwachsener Kinder stellte sich mir diese Frage automatisch. Man muss immer beide Seiten sehen, denn auch Ihre Eltern haben eine Tochter bzw. inzwischen auch ein Enkelkind. Alles Gute weiterhin…

  2. Hallo, deine Geschichte fasziniert mich und ich musste leicht schmunzeln, da ich auch Julia heiße und eine ähnliche Vergangenheit haben. Liegt wohl am Namen, das wir erst richtig unten sein müssen um die wahre Schönheit im bzw an unserem Leben erkennen können. Das zeigt wirklich wie Stark ein Mensch sein kann um wieder auf die Beine zu kommen. Mit oder ohne Hilfe, die eigene Kraft ist es die man in sich trägt und auf die es ankommt. Du kannst sehr stolz auf dich sein.
    Alles Gute und Liebe euch🙏

  3. In einem Lied von Freundeskreis heißt es, wir sollen „den Tribut nicht falschen Götzen zollen“. Was in diesem Satz dein steckt, wissen wir tatsächlich erst, nachdem wir den wahren Sinn unseres Daseins erkannt haben.

    Es wäre sicher übertrieben zu behaupten, dass Kinder der einzig wahre Sinn wären. Aber sie helfen tatsächlich dabei, viel klarer zu erkennen, was wirklich wichtig ist und was uns nur von irgendwelchen Medien, falschen Freunden oder manchmal auch von der Familie als falsche wichtige Werte dargestellt wird.

    Richtig ist, was sich allein für dich und dein Kind für richtig anfühlt. Und wenn es sich nicht richtig anfühlt, oder dich unglücklich/unruhig macht, dann ist es nicht richtig.

    Weiterhin alles Gute euch beiden und Freude an einem Leben, in dem du aus dir selbst heraus glücklich bist ❤️

  4. Bravo! Verantwortung für jemand anderen übernehmen, das erdet Menschen, die ein geringes Selbstwertgefühl haben. Bleib dran und schau nicht nur gut zu deinem Kind sondern auch zu dir selbst.

  5. Ich finde es nach wie vor traurig, dass Kinder nicht als gesamtgesellschaftliches Projekt angesehen werden..Ich habe mich früher als ich noch kinderlos war immer um die Kinder meiner Freundinnen gekümmert. Aber das allertraurigste ist ja, dass Kinder manchmal noch nicht mal als familiäres Projekt angesehen werden und das sogar Väter, Schwiegermütter oder Tanten nie Zeit haben! Dabei sollte das das Mindeste sein!

  6. Sein Leben zu ändern ist ein grosser Schritt, doch mit einem guten Motiv, was ein Kind definitiv ist, lohnt sich die Anstrengung sein Leben selbst in die Hand zu nehmen. Veränderungen so wie Fehler bewusst als Chance zu nehmen sind die Essenz des Lebens, denn nur so können wir bewusst Neues zu lassen und daraus für unsere Zukunft lernen. Mit diesem Wissen wird das Leben einfacher.
    Ich freue mich sehr, dass es ihr gelungen ist, ihrem Leben einen neuen Sinn und eine neue Qualität zu geben. Weiter so!

  7. Der Text zeigt viel Wahres: Eltern sind in der Lage, für ihre Kinder da zu sein, auch wenn das Leben vor der Geburt eher chaotisch war. Gute Eltern sind nicht perfekt, sondern ermöglichen dem Kind Kind sein. Dem Kind zuliebe kann sich vieles ändern, wovon auch die Eltern profitieren. Liebe ist wichtig. Als Mutter sollte man sich nicht zu sehr an den Kindsvater klammern, wenn es nichts bringt.

  8. Wow ein wunderschöner Text! Ich wünsche dir, dass es dir und deiner Tochter weiterhin gut geht und freue mich für dich, dass du es geschafft hast dein Leben zu ordnen und deine innere Ruhe zu finden. Deine Tochter (und dein zukünftiges Ich) wird es dir danken!

  9. Sehr schön geschrieben! Bei mir war es ähnlich und doch ganz anders…ich hab oft ein schlechtes Gewissen, weil mein Sohn Stabilität in mein Leben gebracht hat. Ich weiß andere Eltern hätten ihm ein besseres Leben ermöglichen können. Aber dafür das er nur mich hat, habe ich es trotzdem gut gemacht, so wie ich es konnte.

    1. Hallo Julia mir geht es genauso wie dir bin auch alleinerziehend hab aber keine Familie mehr mein sohn hat ADHS und wir leben zu zweit ist nicht leicht aber er gibt mir sehr viel zurück leider sind viele die nur das negative sehen aber ich ziehe das weiter durch mein sohn sagt mir ich bin die beste Mutter der Welt und das bestärkt mich Gruß Ramona

  10. Toller Text! Der hätte mir sehr geholfen, als ich von meiner Schwangerschaft erfahren hab. Meine Situation war recht ähnlich, ich war damals heroinabhängig. Hier gibt’s sogar einen Artikel über mich 🙂
    Ich wünsche euch noch weiterhin alles Gute! Ein spießigeres Leben ist gar nicht mal so schlecht 🙂

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