Routine, Rhythmus, feste Zeiten: Was braucht das Kind und was die Mama?

Routine

Ihr Lieben, nun ist unser viertes Kind schon 15 Wochen alt, die Babybubble ist vorbei und der Alltag hat uns wieder. Und damit auch die Frage: Braucht ein Kind Rhythmus?

Lasst mich hier mal etwas ausholen. Bei meiner großen Tochter tickten die Uhren noch etwas anders. Vor über 12 Jahren hieß es, die Kinder bräuchten einen Mindestabstand von drei Stunden zwischen den Stillmahlzeiten und streng geregelte Routinen. Immer zur gleichen Zeit spazieren gehen, immer zur gleichen Zeit „spielen“, immer zur gleichen Zeit schlafen – natürlich erst, wenn die immer gleiche Schlafroutine beendet wurde.

Rückblickend kann ich sagen, dass meine Erstgeborene echt durchgetaktet war. Das war für mich auf der einen Seite stressig, denn was, wenn ich gerade noch unterwegs war, obwohl schon Mittagsschlafzeit war? Auf der anderen Seite gab es mir und uns auch eine feste Struktur und Sicherheit. Ich konnte mich ziemlich gut darauf verlassen, dass sie schlief, wenn sie schlafen sollte –und ich dann Zeit hatte, andere Dinge zu erledigen.

Routine wird bei mehreren Kindern schwer

Dann kam das zweite Kind – und da wars schon nicht mehr so einfach mit den festen Zeiten. Wenn der Kleine noch schlief, musste ich die Große eigentlich von der Kita holen. Wenn ich mit der Großen unterwegs zum Kinderturnen war, schlief der Kleine im Wagen – obwohl es eigentlich viel zu früh dafür war und so weiter und so weiter.

Trotzdem habe ich versucht – wann immer es ging – so viele Routinen wie möglich einzuhalten. „Kinder sind Spießer. Sie mögen keine Veränderungen“, hatte ich mal irgendwo gelesen und merkte, dass das oft zutraf. Am besten liefen unsere Tage, wenn es keine großen Abweichungen oder Unvorhergesehenes gab.

Nun ist unser viertes Kind da und das mit den Routinen ist echt schwer geworden. Gerade abends ins Bett bringen gestaltet sich schwer. Bringe ich zuerst den Kleinen und lasse die Großen noch wach oder lieber umgekehrt? Wobei es für die größeren Kinder auch nicht schön ist, wenn ich sie bettfertig mache, während der Kleine auf meinem Arm dauerquengelt. Auf der anderen Seite braucht es manchmal ganz schön lange, bis der Kleine pennt – dann sind die Größeren zu lange wach.

Timeslots im Babyalltag

Generell freue ich mich über jeden Tag, an dem der Kleine einen langen, ruhigen Mittagsschlaf in seinem Bett machen kann, ohne dass ich ihn frühzeitig ins Auto setzen muss, um ein Geschwisterkind irgendwo hinzufahren. Ich merke, dass er ein völlig anderes, glücklicheres Kind ist, wenn er in Ruhe schlafen kann – und nicht irgendwo zwischendrin in der Trage oder im Maxi Cosi.

Und auch für mich sind diese freien Timeslots enorm wichtig. Ich kann dann arbeiten, hier Texte schreiben, mich mit Lisa abstimmen oder einfach mal ein paar Rückenübungen machen (denn der ….aaaauaaaaaa…) Ich brauche diese Pausen einfach, um Kraft zu tanken. Ich würde also sagen, dass feste Routinen für mich mindestens genauso wichtig sind wie für den Kleinen.

Routine

Die Großen kriegen mehr Verantwortung

Das alles führt dazu, dass die Großen in den letzten Wochen mehr Verantwortung bekommen haben. Für viele Strecken, für die ich früher mit ihnen ins Auto gestiegen bin, nehmen sie jetzt den Bus oder das Rad. Die ersten Male hatte ich leichte Bauchschmerzen, fühlte mich nicht so gut, weil ich dachte, ich verlange zu viel. Doch dann merkte ich, dass vor allem für den mittleren Sohn diese Freiheiten und die Verantwortung enorm wichtig sind. Er ist total stolz und findet es großartig, dass ich die Leine nun lockerer lasse (ich habe nämlich leichte Tendenzen zur Glucke…).

Und ich habe gelernt, wieder mehr nach Hilfe zu fragen. Ich bitte andere Mütter, das Kitakind mitzunehmen und bei uns abzusetzen. Nach Hilfe fragen, fiel mir noch nie leicht und tut es auch heute nicht – ich merke aber immer wieder, wie gerne andere mir helfen – so wie ich ja auch gerne anderen helfe.

Von jedem Gefühl ganz viel

Der Kleine ist einfach noch echt klein und ich weiß: Es wird auch wieder Zeiten geben, in denen wir und ich mobiler sind. Jetzt ist es einfach so, dass ich etwas Unterstützung brauche, die Großen mehr mithelfen müssen. In Sachen Sozialkompetenz haben meine drei Größeren definitiv nochmal einen großen Sprung gemacht. Insgesamt ist ein ständiges Lernen, Abwägen, Anpassen, Umwerfen und Ausprobieren. Mal laufen die Tage gut, mal nicht so toll. Mal habe ich abends das Gefühl, dass ich vieles echt super mache – mal quält mich das schlechte Gewissen so ungefähr allen und jedem gegenüber.

„War es nicht zu erwarten, dass es viel wird?“, fragte mich neulich jemand, nachdem ich auf die Frage: „Und wie ist es mit vier Kindern?“ mit „Viel“ antwortete. Ja, natürlich war das zu erwarten. Und doch können wir nie voraussehen, wie der Alltag wirklich läuft, weil wir nie wissen, wie das neue Familienmitglied tickt und wie sich die Familie durch ihn verändert. Deshalb stimmt „Viel“ einfach.

Viel Verantwortung, viel Trubel, viel Lärm, viel Nerven, viel Geschwisterliebe, viel Kuscheln, viel Erfahrung, viel Lachen, viel Loslassen, viel Dranbleiben, viele neue erste Male, viel Vertrautes, viel Freude, viel Müdigkeit, viel Erfüllung, viel Freiheiten-Vermissen, viel Herzenswärme – und ganz, ganz, ganz viel Großfamilien-Liebe.

da4329c7beb74c2d87d47696cf93347f

Du magst vielleicht auch


6 comments

  1. Spannend, wie sich Annahmen und Trends in der Kinderbetreuung und -erziehung ändern. Das mit den regelmäßigen Stillabständen war bereits passé, als ich 2019 meine Sohn bekommen habe. Egal ob Hebammenblog, Ratgeber oder sonstwas, „Stillen nach Bedarf“ war in aller Munde.
    Ich habe lange keine wirkliche Routine mit meinem Sohn hinbekommen. Das kam erst so etwa ab dem Alter von einem dreiviertel Jahr bis Jahr.

    Respekt, wie du das schaffst mit einem Säugling und drei weiteren Kindern! Und dass du es schaffst, die Zeiten, die durch den Tagesschlaf des Kleinen entstehen, sogar zum Arbeiten zu nutzen.
    Mir haben die Tagesschlaf-Zeiten meines Kindes gefühlt nie auch nur zur Regeneration gereicht, an Arbeiten wäre im Traum nicht zu denken gewesen.

  2. Danke, dass du uns durch deinen Alltag mitnimmst. Ich denke, die meisten Menschen haben keine realistische Vorstellung von dem „viel“. Ich muss sagen, anfangs fühlten sich schon zwei Kinder wie vier Kinder an! Keine Ahnung, wie das erst mit drei oder vier Kinder sein muss 😉 Ich wünsche euch auf jeden Fall das Beste!

  3. LOSLASSEN wird als Erziehungs- und Entwicklungsbestandteil viel zu wenig gesehen. Nur so können Kinder selbstständig werden. Und ich denke die gesunde Mischung machts. Starrer Zeitplan ist unnötig und nicht kindgerecht, gewisse Grundregeln und -Zeiten aber von Anfang an wichtig ( z.Bsp. Abends pünktlich Schlafenszeit ist mein Feierabend/ meine Zeit).

  4. wie unterschiedlich das ist bzw auch das umfeld das sieht.
    ich habe immer versucht gewisse routinen einzuhalten weil es auch für mich (!) enorm wichtig war auch zu wissen wann ich mal pause habe und nicht jeden tag neu überlegen möchte wie ich alles unter einen hut bekomme.
    und mein enges umfeld ( schwiegerfamilie) haben mich bzw kritisieren mich bis heute dafür…. vor allem gestern meine schwägerin. meine kinder sind jetzt 7 (1. klasse) und 5 aber ich finde gerade der abend gehört routiniert wenn am nächsten tag der normale alltag wieder anfängt.
    ihr kind ist 3 und muss überall mit und funktionieren . aber den kind tut es auch nicht sooo gut da es gar nicht gesehen wird mit seinen bedürfnissen.
    also wie mal so oft : ein mittelweg ist am besten bzw. so wie es der kernfamilie am besten damit geht!
    und ich habe auch erlebt wie gut ein bisschen los lassen aus der not heraus dann doch meinem großen und mir tut. ich brauche auch immer etwas bis ich ihm mehr freiheit und alleine-losziehen erlauben kann 🙈

  5. Hallo ihr Lieben,
    tolle Neuigkeiten, dass du noch ein viertes Würmchen bekommen hast. Wir haben auch vier Kinder und jeder Tag ist anders und erfrischend neu🤩. Du sagst es, es ist viel aber erfüllend. Alles Gute und Liebe für euch.

  6. Ich finde es großartig wie du/ihr das alles wuppt.
    Gefühlt war ich vor knapp 24 Jahren die einzige, die so starr und fest darauf bestanden hat, dass der Schlaf im eigenen Bett und nicht irgendwie zwischendurch im Auto oder Maxi Cosy, so wichtig ist. Schlaf war bei uns nie ein Problem. Unser Sohn ging gerne ins Bett, hat ab der 10. Woche durchgeschlafen. Ja, kann sein, dass es einfach Glück war, aber für mich fühlte sich das richtig an, und ich brauchte die Auszeiten auch für mich. Weiterhin alles Gute für euch und liebe Grüße.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert