Singfinger: „Auch hörende Menschen profitieren von Gebärden“

Gebärden

Ihr Lieben, wenn es um wirklich fundierte und wichtige Projekte geht, werden wir immer hellhörig. 2019, also vor drei Jahren, hat Meike Walcha-Lu „Singfinger“ gegründet. In diesem Jahr kehrte die Filmemacherin mit ihrer Familie aus England nach Deutschland zurück und wollte mit ihren bilingualen Kindern – eines davon mit Trisomie 21 geboren – weiterhin gebärden, nur eben jetzt mit deutschen Gebärden statt den englischen.

Singfinger begann mit kleinen Videos, um sich die neuen Gebärden merken zu können. Als andere Eltern danach fragten, kam die Idee auf, sie bei YouTube hochzuladen, um sie miteinander zu teilen. Basierend auf ihren Londoner Erfahrungen entwickelte sie Ideen für ein Projekt mit dem ganz großen Ziel: diese Welt der Gebärden für alle zugänglich und sichtbar machen, mit Spaß!

Wenn ihr das mal ausprobieren mögt mit euren Kindern, versucht es gern mal mit dem Lied Es war eine Mutter, das ist einfach wirklich eine tolle Erfahrung, das mal mit Unterstützung von Gebärden zu singen…

Die Geburtsstunde von Singfinger

Mit ihrem Projekt Singfinger möchte Meike Walcha-Lu Gebärden gesellschaftsfähig machen. Auch, um Inklusion für ihr Kind mit Down-Syndrom und weitere Kinder mit Behinderung zu ermöglichen.

Schnell begeisterte sie andere Menschen für ihr Vorhaben – unter ihnen Logopäd:innen, Pädagog:innen und Eltern. Das war die Geburtsstunde von Singfinger. Im November 2019 wurden die ersten Videos auf YouTube hochgeladen. Es wurde auf Weihnachtsfeiern gebärdet und es gab Pläne für Auftritte in 2020.
Dann kam Corona und alle mussten umdenken.

Aber damit kamen auch neue Möglichkeiten: Kindergärten und Schulen verlinkten Singfinger-Lieder auf ihre Padlets. Eltern nutzten die Videos, um mal in Ruhe kochen zu können. Neue Filme wurden mit Abstand vor Greenscreen produziert. Ein Gebärdencafé auf Zoom wurde ins Leben gerufen, Kooperationen mit Chören entstanden, der Singfinger Chor wurde gegründet – sprich: Die Singfingerfamilie wurde größer und wuchs zusammen.

Warum möchte Singfinger, dass auch hörende Menschen gebärden?

Gebärden

Kommunikation ist das wohl wichtigste Bindemittel zwischen uns Menschen. Wir tauschen Informationen aus oder sprechen über unsere Gefühle. Meistens tun wir das mit der Lautsprache. Aber was ist mit Menschen, denen die Lautsprache nicht als Kommunikationsmittel zur Verfügung steht? Hier können Gebärden helfen, eine wechselseitige Kommunikation stattfinden zu lassen. Diese Art des Gebärdens nennt man lautsprachunterstützendes Gebärden (LUG). Es werden parallel zum gesprochenen Wort Schlüsselworte gebärdet, um sich besser zu verstehen und sich auszutauschen.

Eine erfolgreiche Kommunikation motiviert! Erfolglose Kommunikation führt häufig zu Frustration, Introvertiertheit und schlimmstenfalls zur Isolation. Mit Gebärden kann frühzeitig eine Kommunikationsmöglichkeit geschaffen werden, um Teilhabe zu ermöglichen und den Spaß an Kommunikation zu wecken.

Förderung des Spracherwerbs

Bei Singfinger werden verschiedene Kanäle zur Förderung des Spracherwerbs genutzt, denn Kinder lernen auf unterschiedliche Weise sprechen. Kommunikation mit Gebärden aus der Kestner-Sammlung, visuelle Metacom Symbole und Lautsprache wird so für jedes Kind individuell erleb- und erlernbar gemacht.

Die neurolinguistische Forschung hat bewiesen, dass die Gedächtnisleistung optimal aktiviert ist, wenn der Körper sich dabei bewegt. Multimodale Sinneseindrücke werden gleichzeitig verarbeitet, mit Spaß und durch das Singen auch mit ganz viel Wiederholung. So fällt das Lernen leichter und nachhaltiger aus.

Gebärden als Selbstverständlichkeit

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Singfinger möchte erreichen, dass es eine Selbstverständlichkeit wird, wichtige Gebärden zu kennen, und so die Teilhabe betroffener Kinder zu ermöglichen. Was nützt es, wenn sie die Gebärden kennen, vielleicht noch mit einigen Familienmitgliedern und Freunden gebärden können, aber sonst mit niemandem ein Austauschen möglich ist?

Je weiter sich das Nutzen von Gebärden im deutschsprachigen Raum verbreitet und zur neuen Normalität wird, umso eher wird eine Entstigmatisierung von Menschen, die Gebärden nutzen, erreicht.
Gebärden schaffen für viele eine barrierefreie Kommunikation. Barrierefreie Kommunikation schafft Inklusion und Teilhabe. Inklusion und Teilhabe ist die Voraussetzung, dass sich Kinder zu selbstbewussten und glücklichen Menschen entwickeln.

Inklusion durch Gebärden

Genau deswegen kommt die Idee von Singfinger auch so gut an. „Ich bin Mutter eines mehrfach behinderten Kindes. Meine Tochter ist 6 Jahre alt und kann etwa 20 Worte sprechen. Singfinger ist für mich ideal, um in lockerer, angenehmer Atmosphäre Gebärden zu lernen. Das Erlernte kann ich dann gleich mit meiner Tochter einsetzen.“

Und nach 109 YouTube Videos gibt es jetzt das erste Singfinger Liederbuch mit Liedern aus dem YouTube Kanal – mit Noten, Texten, Akkorden und Gebärdenzeichnungen direkt beim Text. So wird Singen mit Gebärden überall zum Spaß!

Crowdfunding für das gebärden-Liederbuch

Gebärden

Am 1. Oktober wird das Crowdfunding dazu auf Start Next Online gehen. Die Liederbücher sind zwar zum großen Teil durch Spenden der RheinEnergie und Kämpgen Stiftungen finanziert. Da aber noch ein Teil fehlt, könnt ihr alle dazu beitragen, dass dieses großartige Projekt Wirklichkeit wird. Der Vorverkauf startet ab dem 1. Oktober 2022 auf Start Next. Wer besonders schnell ist, profitiert vom „Early Bird Rabatt“.

Helft außerdem mit, den Spaß mit Gebärden noch gezielter in die Kindergärten, Schulen und Praxen zu bringen: Kauft ein Exemplar und eines wird gespendet an eine Einrichtung eurer Wahl. Wäre das nicht das perfekte Eltern-Geschenk für Weihnachten?

Das Besondere an den Büchern – die 240 Gebärdenzeichnungen

Die Liederbücher enthalten neben Noten, Texten und Akkorden auch 240 kleine gezeichnete Gedächtnisstützen zu den Gebärden und zwar direkt neben dem Text. So werden die Gebärden beim Singen direkt gesehen und können in Erinnerung gerufen werden. Außerdem werden durch
QR-Codes die Videos aus dem YouTube Kanal mit eingebunden. Aus den Videos können die Bewegungen gelernt werden.

Es war eine Mutter Spread

Die Bücher sind zur Hand, wo Menschen sie mit Kindern einsetzen können, ob im großen Singkreis oder zuhause auf dem Sofa. Durch die direkte Anwendung der Gebärden wird das Erlernte sofort vertieft und die Gebärden dauerhaft mit Liedern kognitiv verbunden. Von da aus können die Gebärden in den Alltag übernommen werden.

Die Zeichnungen sind leicht reproduzierbar und so unabhängig von den Büchern vielseitig einsetzbar: z.B. in selbst gestalteten Kommunikation-Heftchen, auf Postern oder Notizen, die man im Haus dort verteilen kann, wo man die Gebärden einsetzt. Am Ende des Buches werden Kopiervorlagen der Gebärden bereitgestellt. Wenn ihr mögt, unterstützt das also gern. Wir haben das hier sehr gern geteilt.

Die Lieder des 1. Singfinger Liederbuchs:

Es war eine Mutter
Backe, backe Kuchen
Happy Birthday
Kommt ein Vogel geflogen
Der Kuckuck und der Esel
Summ, summ, summ
Ich bin ein kleines Nilpferd
Auf dem Donnerbalken
Was müssen das für Bäume sein
Zeigt her Eure Füße
In einem kleinen Apfel
Schlaf Kindlein Schlaf
Lasst uns froh und munter sein
O Tannenbaum
Kling Glöckchen

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