Mutlose Mädchen: Sie wollen nicht werden, wie ihre erschöpften Mütter

Mutlose Mädchen

Foto: pixabay

Ihr Lieben, wenn man von einem Phänomen noch nie gehört, schaut man natürlich mal genauer hin. Huch, schüchterne Mädchen als neues Phänomen? Worum geht es da, rollt da etwas Neues auf uns zu? Wir wollte das genauer wissen und haben den Autor des Buches Mutlose Mädchen: Ein neues Phänomen besser verstehen. Hilfe für die seelische Gesundheit unserer Töchter, Michael Schulte-Markwort, um ein Interview gebeten. Er ist Kinder- und Jugendpsychiater und Universitätsprofessor.

Lieber Herr Schulte-Markwort, in Ihrem neuen Buch geht es um „mutlose Mädchen“, mich hat der Titel überrascht, ich hatte von diesem Phänomen noch nichts gehört. Worum geht es da genau?

Michael Schulte-Markwort: Mutlose Mädchen sind eine kleine Gruppe jugendlicher Mädchen, die unvorhersehbar plötzlich in ihrer Entwicklung steckenbleiben. Mädchen, die sich mehr und mehr zurückziehen, immer weniger Antrieb haben, immer weniger Interesse am Außen äußern oder leben. Sie gehen dann irgendwann nicht mehr zur Schule und leben in einem unerreichbaren Kokon.

Sie sorgen sich um die seelische Gesundheit „unserer Töchter“ und beziehen sich auf Ihre Erfahrungen in der psychiatrischen Praxis, was erleben Sie da?

Michael Schulte-Markwort: Wir erleben seit ein paar Jahren Mädchen, die trotz guter emotionaler und kognitiver Fähigkeiten diese nicht mehr umsetzen. Eine Zeitlang haben wir das für depressiv gehalten, bis wir feststellen mussten , dass unsere therapeutischen und auch pharmakologischen Strategien keine Wirkung gezeigt haben. Seitdem treiben uns diese Mädchen um, beschäftigen uns in unseren Fallbesprechungen intensiv, weil verstehen wollen, warum sie diese Entwicklung nehmen und – noch wichtiger – wie wir ihnen helfen können.

Wie erklären Sie sich die Mutlosigkeit der jungen Frauen?

Michael Schulte-Markwort: Es gibt keine einzelne Antwort auf diese Frage. Zentral scheint zu sein, dass diese Mädchen in ihren Müttern, die alles geben, erfolgreich ihre vielen Jobs (Mutter, Hausfrau, Nachhilfelehrerin, Shuttleservice u.v.a.m.) bewältigen, keine Vorbilder sehen. Sie wollen nicht so erschöpft sein wie ihre Mütter. Sie sehen für sich keinen von den vorgezeichneten Wegen, der für sie gangbar erscheint.

Fehlt es Ihrer Meinung nach auch an guten Vorbildern?

Michael Schulte-Markwort: Gute Vorbilder gibt es sehr viele. Erfolgreiche Frauen, die ohne Frage auch gute Mütter sind. Wir müssen nur konstatieren, dass die mutlosen Mädchen ihnen nicht folgen können oder wollen.

Mutlose Mädchen
Michael Schulte-Markwort. Foto: Nina Grützmacher

Wenn ich mir meine 16jährige Tochter und ihre Freunde und Freundinnen anschaue, habe ich nicht den Eindruck von Mutlosigkeit, sondern eher von Aufbruchstimmung. Mein Eindruck ist, dass viele Jugendliche von ihren Eltern ernster genommen werden als früher, das schenkt natürlich auch Selbstvertrauen. Halten Sie das für eine Ausnahme bei uns hier im ländlichen Gebiet?

Michael Schulte-Markwort: Ich beschreibe eine kleine Minderheit von Mädchen. Die machen uns allerdings sehr ratlos. Mir war es wichtig, früh genug auf dieses Phänomen hinzuweisen, ohne Patentlösungen bereitzuhalten.

Sie bezeichnen die Situation der Mädchen als schwieriger als die der Jungen. Inwiefern?

Michael Schulte-Markwort: Mädchen müssen die anspruchsvollere seelische Entwicklung durchlaufen: Sie müssen sich von ihrem primären Liebesobjekt – der Mutter – trennen, um zur väterlichen männlichen Welt zu kommen. Jungen müssen diesen Wechsel nicht vollziehen.  

Was fehlt den jungen Frauen heute?

Michael Schulte-Markwort: Die große Mehrheit der Mädchen ist sozial kompetent, reflektiert, klug und erfolgreich. Eine kleine Gruppe scheint etwas abgehängt zu sein davon. Wir brauchen eine Diskussion darüber, ob unsere Frauen- (und Männer-) Bilder zeitgemäß sind.

Wie können Eltern ihren Töchtern helfen, Mut zu schöpfen und neue Wege einzuschlagen?

Michael Schulte-Markwort: Nach dem ersten nachvollziehbaren Schreck ist es wichtig, nicht gegenzuhalten, sondern verständnisvoll die Mädchen zu begleiten, sie ernstzunehmen und nicht vorschnell mit Lösungsvorschlägen zu bedrängen. Die Anerkenntnis der Hilflosigkeit ist eine wichtige Voraussetzung dafür, gemeinsam (und langsam) nach Lösungen zu suchen. Dabei haben besonders die Mütter manchmal schlechte Karten, weil die Mädchen genau deren (oft richtige) Gedanken nicht hören möchten.

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33 comments

  1. Ich glaube, man kann diese Aussagen nur falsch / unpassend / übertrieben finden, wenn man kein solches Mädchen hat oder kennt. Und da es ja nicht so viele sind, ist die Wahrscheinlichkeit dafür eher hoch.
    Was aber nicht bedeutet,dass es diese Kinder nicht gibt,so wie es bei allen Minderheiten der Fall ist.
    Ich bin Mutter einer solchen Tochter und war gerade bestürzt darüber, wie exakt ihre Probleme in den Zeilen oben auf den Punkt gebracht sind.
    Zu behaupten, das wäre ja in der Pubertät normal, ist ähnlich unsensibel wie zu einer depressiven Person zu sagen „Reiß dich zusammen, jeder ist mal traurig.“ Er sagt explizit, es wirkt wie eine Depression, ist aber behandlungsresistent. Das ist definitiv was anderes! Und ich finde es sehr wichtig, dass es ihm aufgefallen ist. Denn das ist der erste Schritt, um Studien zu starten und Lösungen zu finden.
    Ich finde das Buch auch nicht sinnlos oder reine Geldmacherei, denn ich persönlich (und sicher viele andere betroffene Familien auch) bin sehr froh, zu lesen, dass wir nicht allein sind, dass das Problem erkannt ist und dass sich bemüht wird, besser zu helfen.

    1. Hallo aleXXblume, da kann ich mich nur anschließen. Mir gingen in Reaktion auf die vielen, eher abschätzigen Kommentare, ganz ähnliche Gedanken durch den Kopf. Auch ich habe meine Tochter in der Beschreibung der mutlosen Mädchen wiedergefunden. Sie ist zur Zeit auf einer jugendpsychiatrischen Station und hat in den letzten Monaten extrem gelitten. Bis hin zu Selbstverletzungen und starken Suizidgedanken. Es ist und war für uns alle, besonders aber für sie, kaum auszuhalten. Deshalb bin ich dankbar, dass Markwort und seine Kollegen aufmerksam hinschauen und eine Abgrenzung zur Depression zu zu ziehen versuchen. Das ist wichtig und vielleicht kann sich daraus ein hilfreicher(er) Ansatz entwickeln.

  2. Ich bin Arzt in einer psychiatrischen Institutsambulanz (allerdings ab 18). Die mutlosen Mädchen kenne ich, mutlose Jungs allerdings auch. Diese suchen aber weniger Kontakt zum Hilfesystem.
    Diagnostisch handelt es sich schon um Depressionen, allerdings mit erheblichen Persönlichkeitsanteilen, auch wenn man die Diagnose einer Persönlichkeitsstörung formal oft noch nicht stellen kann. Das ist aber der Grund, warum psychotherapeutische und medikamentöse Strategien nicht fruchten.
    Schuld sind in der Regel nicht falsche Rollenmodelle der Mütter. Eher unerbittliche Ansprüche, ein rigides Regelsystem, kein Platz für Hobbys, Spaß und sich ausprobieren. Es fehlen Resilienzfsktoren und Ressourcen.
    Dazu kommen zerbrochene Familien, Haltlosigkeit, fehlende Strukturen.

    1. Hallo,
      wieso sollten psychotherspeutische Strategien nicht fruchten bei Persönlichkeitsstörungen? Hab ich mir das all die Jahre eingebildet? Das ist ein Vorurteil. Natürlich gibt es Menschen, denen mit einer Psychotherapie nicht geholfen werden kann. Aber dass das generell für Menschen mit einer PST-Diagnose gilt, widerspricht meinen Erfahrungen.

  3. Viele schreiben hier, dass normales Verhalten in der Pubertät (z.B. sich zurückziehen, sich abgrenzen / auflehnen gegen die Eltern, Sinnsuche etc.) pathologisiert würden. Aber das ist m.E. nicht der Fall. Wie Schulte-Markwort sagt, geht es ja nur um eine Minderheit von Mädchen. Das Interview hier ist wirklich dünn. Ich habe an anderer Stelle eine Leseprobe des Buchs gefunden und diese ist viel aussagekräftiger.
    Aus dem Familienkreis kenne ich selbst ein solches Mädchen, und es ist das erste Mal, dass jemand so exakt auf den Punkt bringt, was mit ihr los ist. Sie wird als depressiv und antriebslos diagnostiziert, aber es hat den Anschein, als will sie gar nicht, dass es ihr wieder besser geht. Therapien macht sie zwar teilweise mit, bleibt aber äußerst passiv bzw. bricht eine Therapie ab und geht dann weiter zur nächsten. Sie hat null Neugier auf die Welt, keine Lust, irgendetwas auszuprobieren, neue Dinge zu erleben, keine Interessen oder Hobbies.
    Schulte-Markwort schreibt im Vorwort zum Buch „Es ist wie ein inneres Gesetz. Eine verfestigte Persönlichkeitsstruktur. Es gibt nichts Interessantes da draußen. Die Welt ist langweilig. Abstoßend. Die Welt ist schrecklich und feindlich.“ Und genau das trifft es so gut in dem Fall, den ich persönlich kenne. Da ist kein Trauma, keine konkreten Ängste oder Konflikte. Da ist kein Aufbegehren gegen die Eltern, oder gegen die Anforderungen der Schule oder der Gesellschaft. Einfach nur Desinteresse an allem. Und leider auch Selbstverletzung und Suizidgedanken. Und das ist ganz klar pathologisch. Wenn das in dieser Form tatsächlich ein neues Phänomen sein sollte, das sich von einer „typischen Depression“ unterscheidet, dann ist es gut, dass es dieses Buch gibt.

    1. Was Du da aus dem Vorwort zitierst, klingt schon ziemlich exakt wie ein typisch depressiver Gedankengang. Und in Kombination mit Suizidalität und Selbstverletzungen kommt mir da nichts so neu vor, dass es ein Buch rechtfertigt, dass einen Trend? entdecken will.
      Psychotherapie mit Jugendlichen ist imho eine hohe Kunst und das ist deswegen oft so, weil viele Jugendliche erstmal nicht wollen und viel Scham haben. Das geht ja auch Erwachsenen so. Würd ich auch nicht machen, nur weil jemand anders will. Manche Jugendliche sind ihren Eltern immerhin so verbunden, dass sie hingehen. Wie sie eben zur Nachhilfe gehen würden. Nur im psychotherapeutischen Setting reicht das meistens nicht.
      Immerhin ein paar Jahre später wollen viele dann doch Therapie machen und finden es hilfreich.

      1. Ich kann es gut nachvollziehen, dass Jugendliche in unserer Kultur keinen Platz für sich sehen, und nichts, an dem sie Anteil wollen.

        Das Wirtschaften ist toxisch für den Planeten. Kinder kann man nicht mehr guten Gewissens in diese Welt setzen. Die Lebensart beruht auf Fügsamkeit, Anbiederung und Anpassung an diese Welt aus Konsum, Vordergründigkeit, Berechnung, Verstellung, Mikroaggressionen.

        Im Grunde wird man darauf konditioniert, ein fügsamer Konsument, Arbeitsbienchen, immer schon zurechtgemacht zu sein, und immer zu lächeln und gute Miene zu jedem Spielchen zu machen.

        Alleine der vorherrschende Medienkonsum, Opportunismus, Umweltzerstörung, Mobbing und Verschlagenheit ist ein Grund sich von der Welt der Menschen wegzukrümmen voller kaltem Ekel.

        Meine Hochachtung wenn ein Mensch das in jungen Jahren unbewusst oder teilberwußt erspürt, und sich konsequent verweigert.

        Nein, unser Gemeinwesen ist multimorbide.

        Dennoch gibt es auf jeden Fall dennoch Grund für Lebensmut, Hoffnung auf Stillung der tiefsten Bedürfnisse, und Gründe den Kampf anzunehmen.

        Für mich ist es die Natur. Ich habe selber Suchtgeschichte und war labil und irritiert von Kindheit an. Heute lebe ich davon das Hochgebirge zu durchstreifen, den Himmel aufzusaugen, windgepeitschte Eiskristalle ins Gesicht zu kriegen, und auf Graten zu klettern. Wenn mich das Leben anwidert in meiner Beschränktheit und mit allem sozialen Stress und aller Tücke, gehe ich klettern oder ins Outback oder auf Gletscher auf Skitour. Dann merke ich, wenn ich am Abgrund bin, dass ich leben will. Und diese Naturerlebnisse sättigen mich und stillen mich. Nie hätte ich geahnt, dass es sowas zu leben geben könnte für mich. Und einen lieben Seelenverwandten zu finden für nur ein paar Jahre kann die Abscheulichkeiten und Falschheiten des Lebens in den menschlichen Verstrickungen aufwiegen. Daher ist es tragisch, als junger Mensch die Hoffnung fahren zu lassen. Es gibt Dinge, die man weder ahnt, noch glauben oder erfinden könnte. Erst wenn man es erlebt, weiß man, dass es möglich ist anzukommen. Und dann ist es wunderbar. Ein Jahr kann dann 10 abscheuliche, leere, mühselige Jahre aufwiegen.

    2. Es gibt leider nicht viele Therapeuten, die entsprechend spezialisiert sind.
      Problematisch ist auch, wenn die zu therapierenden kein eigenes Anliegen haben. Die Mutlosen kommen selten von selbst sondern werden von hilflosen Eltern bzw. Betreuern vorbeigebracht. Die wenigsten kümmern sich dann um ambulante Psychotherapie. Insgesamt eher ängstlich-vermeidend und ggf. passiv aggressiv… Da beißt man sich als Therapeut die Zähne aus bzw. stellt mal wieder resigniert fest, dass man nicht allen helfen kann.

  4. Was heutzutage ein bisschen fehlt sind subversive Subkulturen. Gerade die sensibleren Mädchen, die mit der auf Anerkennung, Image und Gleichklang gedrillten Mehrheitsgesellschaft nicht viel anfangen können, haben keinen Plan B. Früher gab es Grunge, Gothic, Punk etc.; heute fällt mir nichts entsprechendes mehr ein. Alles wirkt recht streng eingenordet, fast spießig, politisch korrekt und fad.

    1. Jede Generation hat ihre eigenen Erkrankungen. Damals, zur Zeit von Freud, war es verdrängte Sexualität, die einen bunten Blumenstrauß an Beschwerden herbeizauberte. Heute ist es Unverbindlichkeit und Strukturlosigkeit. Zudem habe ich den Eindruck, dass es zu einfach ist, „nichts“ zu machen. Es ist für manche zu leicht, Ängsten und Unsicherheiten durch Vermeidung und Rückzug aus dem Weg zu gehen. Dadurch wird die Problematik dann leider immer größer, bis sie unlösbar wird. Irgendwann wird die „Erkrankung“ dann identitätsstiftend, und der Gang zu Therapeuten ersetzt normale Sozialkontakte. Dann darf natürlich nichts mehr besser werden.

  5. Hallo, ich finde den Artikel gar nicht so schlecht, wie er hier in den Kommentaren beschrieben wird. Es geht ausdrücklich um eine kleine Gruppe von Mädchen, die den Autor ausdrücklich ratlos machen. Er möchte ausdrücklich keine Patentlösungen vorschlagen sondern ein Bewusstsein für diese Gruppe von Mädchen schaffen. Mich erinnert die Beschreibung spontan an die Hikikomory in Japan, junge Männer, die sich komplett aus dem gesellschaftlichen Leben zurück ziehen. Vielleicht gibt es Zusammenhänge mit den hohen Erwartungen an japanische Männer und den doch recht hohen Erwartungen an Frauen in all ihren Rollen in Deutschland?

    1. Spannender Gedankengang von @K finde ich.

      Neben den japanischen Hikkimori fallen mir direkt auch noch die „Flachlieger“ aus China ein. Diese entziehen sich ebenso dem hohen gesellschaftlichen Anforderungen (als Einzelkind der 1kind-Politik erst Schule mit viel Druck und bis abends, später die Eltern versorgen und nen tollen Job annehmen. Als Mann am besten eine Immobilie in die Ehe bringen. Als Frau erst top Job haben und dann „eine gute Partie finden“, im Job eine 9-21 Uhr Kultur ). und nehmen trotz toller Uniabschluesse nur einfache Jobs an und verzichten auf Luxus.

      Eventuell ist tatsächlich ein globaler Entwicklung zu sehen sich der „höher- weiter – schneller- Kultur“ unserer heutigen Zeit zu erkennen

      PS: das Interview und die Fragen fand ich dennoch auch sehr dünn

  6. Hallo,
    ich muss mich leider anschließen, finde dieses Interview sehr dünn und habe daher kein Interesse an dem Buch. Leider nimmt mMn die Qualität bei SLM ab. Immer öfter werden Bücher beworben, die keiner lesen will. Wie neulich das Buch, dass Kinder spielen und tanzen sollen. Aha.
    An der Anzahl der Kommentare sieht man ja auch, dass die Resonanz gering ist.

    Ich würde mir mehr echte Interviews mit Familien/Frauen wünschen, die aus ihrem Leben erzählen. Auch interessant wäre es, Leute die vor Jahren interviewt wurden, mal wieder zu Wort kommen zu lassen, wie es ihnen jetzt geht.

    Viele Grüße
    Tina

  7. Mir ist das Interview auch negativ aufgefallen.
    In erster Linie , weil die Mütter wieder an allem schuld sein sollen .
    Da könnte ich im Strahl k*tz*n, echt.
    Und dass Mädchen sich in der Pubertät von ihren Müttern abgrenzen , ist das normalste der Welt .
    Wer hat das nicht getan ?!
    Richtig ist allerdings , dass viele Mütter erschöpft sind und das kein nachahmenswertes Lebensmodel ist .
    Aber dann doch bitte genau das thematisieren und nicht Töchter , die das richtigerweise ablehnen, pathologisieren.

      1. Hikkikomori ist kein Phänomen dass nur Jungen bzw. Männer trifft. Woher kommt diese Idee? Es gibt viele Hikkikomori Frauen. Da Japan aber noch rigideren Geschlechterrollen anhängt ist das Interesse geringer.

        Ich finde das beschriebene Phänomen passt aber sehr gut dazu und auch Hikkikomori zeigen sich in der Behandlung anders als andere Depressive. Es ist eine Kapitulation vor einer Gesellschaft in der man sich selbst nicht wiederfinden kann.

        Für Mädchen gibt es seit jeher weniger Auswahl in den Vorbildern. Das gilt auch für Influencer und andere Medien. Diesen Umstand zu ignorieren weil man persönlich YouTube und Co. unsinnig und blöd findet löst die Relevanz für Jugendliche nicht auf.

        Was macht man denn als Mädchen wenn man nicht zu dem passt was einem als erfolgreiche Frau vorgeführt wird? Es gibt doch kaum Alternativen zur schönen Mutter die auch noch eine beliebige Karriere hat.

        Kaum verrückte Wissenschaftlerinnen, krude IT-Spezialistinnen, Künstlerinnen oder rustikale Einsiedlerinnen, usw. Jungen haben eine größere Auswahl an akzeptierten Formen denen man zumindest konzeptuell begegnet.

  8. Inhaltsarmes Interview mit flachen Fragen zu einem offenbar mit heißer Nadel gestrickten, pseudowissenschaftlichen Therapeuten-Pamphlet. Überflüssig und peinlich. Dann bitte lieber längere Pausen zwischen den Posts…

    1. Das Interview ist wirklich sehr verkürzt und daher kann ich eure Kommentare fast verstehen. Aber wenn ihr ein solches Mädchen zuhause hätte, würdet ihr verstehen, worüber der Mann (in seinem Buch) redet. Da ist nichts von Schuldzuweisungen geschrieben. Also lasst bitte Kommentare von wegen Pubertät und kleines Phänomen….

  9. Ich hab manchmal das Gefühl, aus noch so jedem kleinen und kleinsten Phänomen will jemand Profit schlagen und ein Buch dazu verkaufen. Dazu muss es dann als etwas Neues beworben werden (soll es früher echt keine Mädchen gegeben haben, die sich in der Pubertät zurückziehen, das halte ich für eine steile These) und noch ein kausaler Zusammenhang (erfolgreiche Mütter sind schuld) konstruiert werden. Sehr zweifelhaft.
    Und ich muss noch anmerken, dass ich das Interview wenig erhellend finde, es werden nicht wirklich kritische Fragen gestellt, sondern eher noch in die (unreflektierte) Klischeekiste gegriffen, nach dem Motto: bei den jungen Leuten hier auf dem Land ist das aber zum Glück nicht so (als ob Landleben besser für die psychische Gesundheit wäre…) Naja.

  10. Schon alleine der Titel macht mir Augenrollen. Was als nächstes? Jappsende Jungs? Muffelige Mütter? Verräterische Väter? Als jemand vom Fach wüsste ich jetzt gerne: Wo ist die Inzidenz, wie definiert sich das Konstrukt und wo sind die Studien, um es zu validieren? Es gibt keine, dwnn hier hat jemand einfach mal so einen Eindruck hingeschrieben… Das ist genau so fundiert wie Herr Winterhoff nur kommt es natürlich viel empathischer rüber. Als Mutter denk ich: also es geht um Mädchen, die sixh zurückziehen und nix mit ihrer Mutter am Hut haben? Das ist natürlich ein ganz neues Problem unter der Sonne und auf jeden Fall hätten wir ohne Herrn Schulte-Markwort nicht gemerkt, dass sowas in der Pubertät passieren kann.
    Kauft dieses Buch nicht, spendet das Geld an die Tafeln. Da hilft es vielleicht wirklich mutlosen Mädchen…

    1. Ich finde das Interview auch relativ kontext- und informationsarm. Aha, es handelt sich also um eine wohlgemerkt sehr kleine Gruppe jugendlicher Mädchen. Was für Gemeinsamkeiten sieht denn Herr Dr. Schulte-Markwort noch bei diesen Mädchen, außer dass sie ihm „mutlos“ und passiv erscheinen? Sieht er bei diesen Mädchen ähnliche biographische Verläufe oder ähnliche familiäre Konstellationen, Ähnlichkeiten bzgl. des sozioökonomischen Status, sind bei diesen Mädchen vermehrt Risikofaktoren für die Genese einer ungünstigen psychischen Entwicklung zu verorten?
      Wirkt auf mich, als ob auf Biegen und Brechen nach einem (evtl. so gar nicht vorhandenen) Konstrukt gesucht worden wäre, das als Aufhänger für einen potentiellen Bestseller dient.

  11. Liebe Stadt-Land-Mamas, ehrlich gesagt bin ich etwas bestroffen, dass ihr dieses Interview einfach so ohne Einordnung postet – das Interview mit Herrn Schulte-Markwort ist ja sehr kurz, was davon hängen bleibt ist, dass die Mütter so wie sind keine guten Vorbilder sind – psychische Erkrankungen entstehen doch immer multifaktoriell und so sind wir wieder bei ‚als Mutter kann man nur alles falsch machen‘. Auch in den fünfziger sechziger und siebziger Jahren gab es psychische Erkrankungen bei jungen Mädchen bei ganz anderen Rollenvorbildern. Die Rolle des Vaters wird hier mit keinem Wort erwähnt. Vielleicht ist es für viele Mädchen auch toll zu sehen, dass ihre Mütter arbeiten. Das Problem ist ein gesamtgesellschaftliches und kein Problem der Mütter und ich würde mir wünschen, dass so ein Statement dann auch eingeordnet wird.

  12. Silvia, so sehe ich das auch. Etwas nicht zu wollen ist ja auch eine Einstellung bzw. setzt ja den Wunsch voraus, etwas anders machen zu wollen als die eigenen Mütter.
    Finde das auch sehr vage und klingt für mich eher nach etwas weit hergeholt, um ein Buch herausbringen zu können.

  13. Na wenn sich die guten Vorbilder auf beruflich erfolgreich und „gute Mütter“ (was auch immer das ist) beschränken, dann kann ich jede verstehen, die die daraus oft resultierende Erschöpfung nicht nachahmenswert findet. Eine Situation, in der oft entweder Mutter oder Kind/Kinder zu kurz kommen (oder jemand anderes übernimmt weite Teile der Aufgaben, die unter Mutterrolle zusammengefasst werden können).
    Was ist denn mit den Frauen, die keine Kinder bekommen wollen, oder den Müttern, die beruflich nicht die Karriereleiter erklimmen wollen oder können, z.B. um mehr Zeit für anderes zu haben, die Kinder, die Selbstfürsorge, sich um die innere Stabilität in Krisenzeiten zu kümmern, die Partnerschaft am Leben zu erhalten, unbezahlte Fürsorgearbeit im sozialen Umfeld, eine vorhandene eigene komplizierte Geschichte aufzuarbeiten, statt Muster einfach nur weiterzugeben, oder sich mal ernsthaft mit Ursachen und Folgen des Klimawandels beschäftigen. Und bestimmt noch einiges mehr, was ich vergessen habe.
    Wenn das keine guten Vorbilder sind, von denen sich jede Nachahmenswertes aussuchen darf, dann ist die Vorstellung „gutes Vorbild“ viel zu eng gefasst.

    1. Offenbar haben diese Mädchen aber doch Vorstellungen von ihrer Zukunft ( Selbstfürsorge, angepasste Arbeitszeiten) und davon was sie nicht wollen ( Überforderung). Das diese Vorstellungen andere sind als die anderer Generationen? Finde ich etwas vage und unreflektiert, besonders vom Fachmann.

      1. Das klingt für mich nach besonders tollen reflektierten jungen Mädchen, die einfach früh dran sind mit der Suche nach dem Sinn im Leben.
        Für unsere Familie ist die Antwort auf diese Frage mit Glauben besetzt.
        Gute Noten, Karriere, Familienplanung etc. kommen erst danach.
        Unsere Kinder kennen so ihren Wert, der von diesen Gesellschaftsthemen abgekoppelt ist. Ich wünsche ihnen, dass es so bleibt.

        1. Ja, warum auch immer gleich alles pathologisieren.
          Das hilft den Mädchen sicher nicht.
          Wie schön, daß sich Ihre Familie am Glauben orientiert.
          So etwas zu lesen ist selten.

    2. Wenn Sie den Artikel aufmerksam gelesen hätten, wäre Ihnen aufgefallen, dass von einer Minderheit von Mädchen gesprochen wird. Da braucht es nicht den üblichen weiblichen reflexartigen Opfer-Gesang ihrerseits.

      1. @Herr Klee: Sie müssen nicht der gleichen Meinung sein. Aber die Ihre auf so eine überhebliche Weise aus dieser Plattform kund zu tun, ist die feine Art.
        Seltsamer Zug.

      2. Lieber Herr Kleen,
        eine große Bandbreite an möglichen Vorbildern halte ich für jeden sehr wichtig, zumindest vereinfacht es die Auswahl der persönlichen Entwicklungsrichtung ganz erheblich.
        Dem Argument mit der „unwichtigen Minderheit“ stimme ich nicht zu, da wir alle im Vergleich zum Rest der Menschheit die absolute Minderheit darstellen, somit völlig unwichtig wären. Gleichsam braucht es aber ein gewisses ernst und wichtig nehmen/ genommen werden, um sich wohlfühlen und entwickeln zu können. Irgendwo zwischen Größenwahn, der sich wichtiger nimmt als andere, und Kleiner-Reden-als-man-ist angesiedelt.
        Liebe Grüße
        Anne

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