Interview mit Pia: Mein Sohn lag sieben Tage im Koma und ist seitdem schwer behindert

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Ihr Lieben, Lisa und ich sind immer wieder gerührt, wie viele unglaublich tolle Frauen bei uns mit lesen. Ihr inspiriert uns durch Eure Stärke, Euren Mut und Eure Liebe zu Euren Kindern. Heute stellen wir Euch eine dieser besonderen Frauen vor. Sie heißt Pia, ist 35 Jahre alt, aus der Nähe von Frankfurt am Main. Ihr Sohn wurde 15 Wochen zu früh geboren und ist heute schwer behindert. Wie sie ihr Leben meistert, hat sie uns im Interview erzählt: 

 

Liebe Pia, Dein Sohn Samuel kam 25+1 SSW zur Welt – das ist sehr sehr früh. Gab es Anzeichen einer Frühgeburt bzw. wie verlief die Schwangerschaft bis zu diesem Tag?

 

In der 7. Woche bekam ich Blutungen, die bis zur 12. Woche anhielten. Dann gingen sie wieder weg – und kamen in der 18. Woche wieder. Der Frauenarzt hat mich sofort in die Klinik überwiesen. In einer Not-OP wurde eine Cerglage gelegt, also der Gebärmutterhals wurde verschlossen. Dennoch wurde mein Sohn fünf Wochen später mit 620 Gramm geboren. 

 

Kannst Du beschreiben, wie seine Geburt verlaufen ist? 

 

Abends um 21 Uhr bekam ich Rückenschmerzen und fühlte mich seltsam. Ich rief in der Klinik an, die sagten, ich solle sofort kommen. Im Kreißsaal wurde ich überwacht, bekam Wehen-Hemmer und Antibiotika. Doch die Schmerzen wurden stärker. Irgendwann hörte ich den Satz, den ich wohl nie vergessen werde: „Die Geburt ist nicht mehr aufzuhalten.“ Um 4:23 Uhr kam Samuel dann zur Welt. 

 

Welche Prognose gaben die Ärzte nach seiner Geburt?

 

Die Ärzte haben verschiedene Szenarien erklärt, die eintreten können. Samuel aber war viel stabiler als gedacht, so dass alle auf der Station sehr positiv in die Zukunft sahen. 

 

Rund 3,5 Wochen nach seiner Geburt kam dann der große Schock. Was ist genau passiert?

 

Samuel war natürlich noch im Krankenhaus. Morgens um acht klingelte das Telefon und ich erkannte die Nummer der Klinik. Ich wusste sofort, dass etwas Schlimmes passiert sein muss. Die Ärzte sagten, der Kleine habe nachts Blut in der Windel gehabt, sie hätten ihn sofort untersucht und festgestellt, dass akute Lebensgefahr besteht. Er hatte eine Darmentzündung, die so schlimm war, dass der Darm zu platzen drohte. Er wurde sofort notoperiert, Darm wurde entfernt und ein künstlicher Darmausgang gelegt. 

 

Das alles hat Samuel überraschend gut überstanden, nach einigen Wochen wurdet ihr schließlich im April aus dem KH entlassenen, im Mai musste Samuel noch mal operiert werden. Warum? Und wie ist die OP verlaufen?

 

Der künstliche Darmausgang sollte zurück verlegt werden. Die Operation verlief super. Zwei Tage später allerdings hatte Samuel einen Herz-Kreislauf-Stillstand und musste 45 Minuten reanimiert werden. 

 

Samuel lag anschließend 7 Tage im Koma.  Hattest Du Dich mit dem Gedanken befasst, dass er es vielleicht nicht schaffen könnte?

 

Mein Kopf war übervoll mit allen möglichen Sorgen und Ängsten. Niemand wusste, ob er überhaupt wieder aufwacht. Aber er hat gekämpft und kam zurück. 

 

Wie war der Moment, in dem er wieder aufwachte? Und in welchem Zustand war Samuel dann?

 

Er war völlig zugedröhnt durch die ganzen Medikamente. Es war aber relativ schnell klar, dass er diese ganze Sache nicht unbeschadet überstanden hat. 

 

Wie geht es Samuel heute? 

 

Samuel ist zu 100 Prozent geistig und körperlich behindert. Trotzdem würde ich ihn als aufgeweckten und glücklichen Jungen beschreiben. 

 

Wie gehst Du und Dein Partner mit der Situation um?

 

Am Anfang war es sehr schwer, dieses Schicksal anzunehmen. Aber: Samuel ist und bleibt mein Kind. Ein Leben ohne ihn kann ich mir nicht vorstellen. Gemeinsam mit seinem neunjährigen Bruder ist er der Mittelpunkt unseres Lebens. Sein Bruder muss viel zurück stecken, aber wir als Eltern versuchen unser Bestes, um beide Kinder glücklich zu machen. 

 

Was wünscht Du Dir für Samuel?

 

Dass Samuel noch viele Jahre bei uns bleibt. Und dass es schöne Jahre werden.pia2 0

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3 comments

  1. Pia, ohne dich persönlich zu
    Pia, ohne dich persönlich zu kennen ziehe ich den Hut vor dir, ich weiß nicht, ob ich die Kraft hätte, so viele Höhen und Tiefen wie ihr sie durchlebt habt, zu meistern. Das Leben mit zwei Kindern ist so schon anstrengend, aber wenn eines davon noch einen erhöhten Bedarf an Unterstützung hat, ist es wirklich eine Herausforderung allen gerecht zu werden. Dir scheint es jedoch zu gelingen. Für mich hast du eine unglaublich positive Einstellung, beneidenswert!
    Viele liebe Grüße

  2. Kraft und Liebe….
    … wünsche ich dieser Familie. Was für ein Schicksal. .. und was für ein Sonnenschein du trotzdem bist Samuel <3 Manchmal liegen Glück und Schmerz so nah beieinander. .. ich wünsche euch viele wundervolle Momente, viel Lachen und dass ihr so wunderbar bleibt wie ihr seid!

  3. Danke dafür
    Dass ihr auch Familien vorstellt, die nicht „perfekt“ sind. Ich habe Aucxh einen behinderten Sohn und es tut immer gut zu lesen, dass es auch andere Familien mit Kindern gibt, die viel Hilfe brauchen. Pia alles liebe