Waaaah, Ihr Lieben, manchmal wird uns doch allen alles zu viel, oder? Da freut es uns immer umso doller, wenn jemand auch mal herrlich ehrlich sagt: NÖ! Nicht mehr mit mir. Ich mach da nicht mit.
Anna Funck, etwa unser Alter, Moderatorin und Mutter, hat dazu jetzt ein ganzes Buch geschrieben: Heute nicht! Wer gute Ausreden hat, braucht kein schlechtes Gewissen (Affiliate Link). Ein super Geschenk zu jeder noch so tollen Party, bei der es um vor allem um Lachen und Spaß geht – und nicht um das sauberste Bad <3
Unsere brennendste Frage im Interview: Wie hast du trotz Katzenvideo-Prokastination dieses Buch zu Ende gekriegt?! Denn die guckt sie viel lieber, als mal wieder die Wohnung zu putzen, sich endlich bei der WhatsApp-Gruppe zu melden oder die Steuererklärung in Angriff zu nehmen…
Liebe Anna, du sitzt in deiner Küche, hast die Füße hochgelegt, unter dir Krümel und Wollmäuse, das Makeup in deinem Gesicht ist noch von gestern und der Käse auf dem Tisch vor dir ist noch in seiner Original-Plastik-Verpackung, weil: Nö! heute nicht! Ich mach mal Päuschen. Wäre diese Situation vorstellbar?
Jein. Ich muss gestehen: Ich komme ja direkt aus dem Hamsterrad des Perfektionismus. Deshalb war es eine harte sinnvolle Übung, mal „heute nicht!“ zu sagen. Aber wenn es um Lebensmittel und Sauberkeit geht, muss ich gestehen: Da waren meine Fortschritte eher geringer. Dafür bin ich sehr gut im KEINEN Sport machen“, NICHT schminken, NICHT auf Schokolade verzichten. Alles, was in Richtung Aufraffen geht, spare ich mir sehr gut! 😉
Und was, wenn in dieser Situation plötzlich die Nachbarin von drei Häuser weiter vor dir steht, die neu zugezogen ist, noch nie bei euch war und nun nochmal eben etwas fragen wollte… Welche Ausrede hast du parat?
Ausrede? Nun ja. Einmal habe ich mein vier Wochen altes Baby auf dem Arm und nur einen zur Verfügung für Handgriffe und dann lautet mein Rat: Gar nicht erst entschuldigen! Das ist Fehler Nummer 1. immer dieses Rechtfertigen! Das muss aufhören. Ist ungesund und wir machen uns klein im Sinne eines tatsächlich angestaubten Rollenbildes. Aber ich übe mich auch nach wie vor darin…
Du machst in deinem Buch vor allem Schluss. Schluss mit politisch korrektem Verhalten, mit Sport, mit Stress-Hamsterrad, mit altersgerechtem Verhalten, mit Internet-leer-bestellen, mit WhatsApp-Wahnsinn und mit es immer allen recht machen wollen… Du hast sogar aufgehört, den eigenen Körper doof zu finden! Du hast also GAR kein schlechtes Gewissen mehr?
Das schlechte Gewissen treibt mich immer noch um, aber weniger. Der Gag ist: Wir sind ja nur so streng mit uns selbst. Oder stören Dich die Wollmäuse oder die fehlende Disziplin bei anderen? Mich nicht! Ich glaube, wir müssen uns ganz einfach mehr für das Unperfekte entscheiden.
In welcher Situation hast du zuletzt an dir selbst gezweifelt? Und wie kamst du da wieder raus?
Ich hatte da neulich eine Situation, die ich sehr bezeichnend fand: Ich stand beim Bäcker an, mal ohne Kinder, vor mir eine Mutter mit zwei Trotzköpfen. Sie sah geschafft aus, Wimperntusche verabschiedet, Haare zerzaust und warf mir einen Blick zu, der alles sagte. Da ich Windeln dabeihatte und auch nicht eine Stunde in der Maske gesessen hatte, war ja schnell klar: Wir sitzen im gleichen Boot. Wir waren schockverliebt!
Und diesen liebevollen Blick, den sollten wir uns bewahren, wenn wir unserem Erwartungsdruck-Ich hinterhersprinten. Dann kommt noch hinzu: Aus dieser Nummer hier kommt ja keiner lebend raus. Also besser die Zeit mit Momenten verbringen, die unser Herz erwärmen. Das tun Burpees und Sit-ups bei mir nicht. Und meine Kinder sagen abends beim Kuscheln auch nicht: „Du bist die schönste Mama, weil Du so harte Bauchmuskeln hast!“
Hast du konkrete Tipps für uns, wie auch wir etwas lockerer mit uns selbst werden können?
Ich schreibe zwar offiziell Ratgeber, aber eigentlich finde ich Ratgeber doof. Ich mag keine Besserwisser. Ich erzähle in meinen Büchern eher in Geschichten mit meinen Lieblingsprotagonisten, was mir bei meinen Lebensversuchen so passiert und welche Erkenntnis am Ende steht.
Was konkret das Zweifeln angeht: Ich marschiere gerne mal weiter- und ändere die Perspektive. Entweder ich rufe meine Freundinnen an, die so ganz anders ticken, und lasse sie die die Nummer relativieren. Oder ich mache das einfach selbst. Manchmal kann es auch sehr flott sein, sich einfach mal nicht, wie man selber zu verhalten. Heute eben nicht! Und dann mal abwarten, was passiert.
Das war auch eine Erkenntnis, als ich meine anerzogene Höflichkeit mal zeitweise abgelegt habe. Mir fahren nämlich gerne freche Rentner mit ihrem Rollator über die Füße und ich sage dann noch: „Entschuldigung!“ Dank meiner 80er-Jahre-Ältere-Menschen-muss-man-mit-Respekt-behandeln-Erziehung. Und die klauen einem dann den Mutter-Kind-Parkplatz mit ihrem Dackel!
Zum ersten Mal habe ich in solchen Situationen Kontra gegeben. Es war großartig. Einfach mal die emotionale Epidermis abstreifen- wirkt Wunder! Noch ein Tipp: Einfach mein ganzes Buch lesen! (Ich grinse gerade)
Wenn dein innerer Schweinehund ein echtes Haustier wäre – wie würde er heißen? Und: Würde er täglich Futter bekommen?
Mein Schweinehund heißt „Schweini“. Und er bekommt täglich Leckerli. Dafür muss er aber auch an die Hundeschnappleine- mal kriegt er mehr Auslauf, mal weniger. Wir sind Freunde, denn wer will schon den Feind auf seiner Couch? Ich bin für Kooperation. Macht mehr Spaß! Und er meint es ja nur gut mit uns!
Zu guter Letzt: Wie zum Teufel hast du dieses Buch fertigbekommen, wo du doch eigentlich auch hättest Katzenvideos schauen können…?
Ja, die Katzenvideos… lach! Nein, das frage ich mich auch. Ich glaube, dieses Buch musste einfach aus mir raus. Es geht ja auch um viele emotionale Themen, die einen als Frau/ Mama/ Berufstätige/ Partnerin/ Tochter/ Mensch immer wieder beschäftigen: Der Schuldruck, der Freizeitstress, die Höflichkeitsfalle, die Ängste, die einen manchmal in den Seelenkeller reiten. Wann ist man jetzt erwachsen? Bin ich eine gute Mutter? Und muss ich alles selber basteln und backen?
Plötzlich saß ich beim Ministerpräsidenten, der mir erzählte, er säße auch manchmal in seinem Büro in Kiel mit den Gedanken: „Krass, ich bin der Ministerpräsident!“ Es geht vor allem darum, sich wieder zu erkennen, zu lachen und genau dadurch lockerer zu werden. Oder wie eine Freundin neulich sagte: „Es ist dein bisher persönlichstes Buch. Es hat Witz. Es hat Geist. Es hat Seele.“
Da musste ich kurz weinen. Bin ja auch noch im Hormonrauch kurz nach Geburt – aber ich hätte auch sonst ein paar Tränen vergossen.