Autistisches Kind: „Ehrlich, ich bin am Rande der Überforderung“

Autistisches Kind

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Ihr Lieben, unsere Leserin hat ein autistisches Kind, das mittlerweile 17 Jahre alt ist und sagt, sie habe niemanden, mit dem sie wirklich mal ehrlich darüber sprechen könnte. Ihr Mann, sagt sie, leide unter der Thematik einfach Null. Der sei da ganz anders gestrickt und verstehe nicht, warum es ihr manchmal schlecht gehe.

Sie „kompensiert“ ihren doch oft fordernden Alltag mit einem Instagram-Account, in dem es vor allem schöne Bilder zu sehen gibt, Wohnliches, Gemütliches. „Da kann ich sehr professionell so tun, als wäre mein Leben ein einziges Highlight 😉 Autismus ist da kein Thema“, sagt sie.

Es tat ihr sehr gut, sich ihre Geschichte hier für uns mal von der Seele zu schreiben. „Bei einigen Sätzen hab ich tatsächlich durchgeatmet, als ich sie geschrieben habe. Hab sie gelöscht und dann doch wieder neu geschrieben… weil’s mir ums Ehrlichsein ging.“

Du Liebe, wie habt ihr gemerkt, dass bei eurem Sohn etwas anders ist als ihr das erwartet hättet?

Wir haben schon sehr schnell nach der Geburt gemerkt, dass da ein paar Dinge nicht stimmen. Aber man macht sich ja am Anfang keine Sorgen. Auch viele völlig normale Kinder haben ja so ihre „Problemchen“. Bei uns haben sie sich aber gehäuft und wurden mit der Zeit mehr.

Stillprobleme, verzögerte Entwicklung im Drehen, Krabbeln, Laufen, Sprechen… Bei sämtlichen U-Untersuchungen waren wir immer zu spät dran. Und aus der „Entwicklungsverzögerung“ wurde dann eine „Entwicklungsstörung“ und irgendwann, mit ca. 3 Jahren, bekamen wir dann den offiziellen Stempel „Behinderung“.

Wir wuchsen also praktisch in das Thema hinein. Und auch wenn wir uns am Anfang noch mit einem hoffnungsvollen „Ach, das wächst sich raus“ Mut machten und fest daran glaubten, mit Frühförderung, Therapien und Co. vieles noch beheben oder verbessern zu können, dämmerte es uns irgendwann und wir kamen zu der Erkenntnis, dass die Behinderung unseres eigenen Kind nun mal nicht wegzutherapieren sein würde.

In unserem Fall ist neben den körperlichen Problemen auch eine geistige Behinderung diagnostiziert. Was genau es ist, konnte uns lange niemand sagen. Erst, als wir Justin dann einschulen wollten, wurde es notwendig, eine konkrete Diagnose zu haben. Wir haben damals noch gescherzt, dass „Autismus“ ja eine Behinderung wäre, die durch Filme wie RainMan und Co. positiv belegt sei. 

Aber unsere Kinderärztin hatte das immer weit von sich gewiesen. Wir sind dann aber doch zu einem Spezialisten gefahren und waren überrascht, dass es dann dort hieß: „Frühkindlicher Autismus“. Trotzdem ist es auch eine Erleichterung, wenn man letztlich eine Art Schublade hat, in die man hofft, zu passen. Danach konnten wir dann gezielter in die Therapien und Förderungen gehen.

Wie alt ist euer autistisches Kind heute, wie gestaltet sich der Alltag mit ihm? Und was wäre ein Beispiel für eine Situation, die du als besondere Herausfoderung empfunden hast?

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Heute ist Justin 17 Jahre alt und eigentlich dreht sich 90% unseres Alltags um ihn und seine Behinderung. Als Autist kommt er schnell in Überforderungssituationen. Menschenmassen (oder überhaupt fremde Menschen), viel Verkehr, Lärm, Hunde, eine ungewohnte Umgebung… all das kann ihn komplett überfordern und dann hat er einen „Meltdown“. Konkretes Beispiel?

Er unternimmt gerne Ausflüge mit den Großeltern. Letztens bekam ich einen Anruf, weil er sich vor einem Hund in ein Schuhgeschäft geflüchtet hatte und sich da flach auf den Boden geworfen hatte. So etwas kann man nie vorhersehen und so musste ich kurzerhand berufliche Termine absagen, mich ins Auto setzen, um mich dort neben ihn auf den Fußboden zu setzen.

Über eine Stunde lang habe ich seine Lieblings-Lieder gesungen und wie ein Hund gebellt (das beruhigt ihn merkwürdigerweise), bis er sich soweit beruhigt hatte, dass er wieder aufstehen konnte, um mit mir nach Hause zu gehen. Peinlich sind mir solche Situationen schon lange nicht mehr. Autismus-Müttern ist nichts mehr peinlich! 🙂

Es ist nur physisch und psychisch sehr anstrengend, wenn man versuchen muss, Ratschläge und Kommentare von völlig Fremden sowie Video-drehende, feixende Teenager abzuwehren. Wie gesagt, man kann das nicht vorhersagen. Die Alltagssituation zu vermeiden würde bedeuten, dass wir uns komplett zu Hause einmauern. Aber auch zu Hause gibt es viele Einschränkungen.

Er isst nur, wenn alle Familienmitglieder die Küche verlassen haben, besteht auf ganz bestimmten Routinen… Das ist im Alltag schon sehr einschränkend – für alle Familienmitglieder inklusive seinen drei Jahre jüngeren Bruder. Eigentlich sind wir alle ständig im Alarmzustand, um möglichst zu erahnen und vorauszusehen, was ihn überfordern oder triggern könnte.

Wenn ich durch die Innenstadt laufe und eine Familie mit Kindern entspannt in einem Café sitzen sehe, dann fange ich manchmal an zu weinen. So etwas wäre bei uns einfach nicht möglich… Wenn man realisiert, was alles NICHT geht, dann macht das schon sehr traurig. 

Du sagst, Urlaube mit ihm seien schon seit Jahren anstrengend gewesen, aber es steigere sich immer weiter, wie genau können wir uns das vorstellen?

Autismus kann mit dem Erwachsenwerden schlimmer werden und so ist es leider auch bei uns. Wir haben schon als Kind Urlaube nur mit dem Auto gemacht, weil öffentliche Verkehrsmittel einfach zum Problem wurden. Mit den Sicherheitskontrollen beim Flughafen haben wir mehrfach schlechte Erfahrungen gemacht, weil man ihm seine Behinderung nicht ansieht und man am Flughafen Düsseldorf zwar körperliche Behinderungen anmelden kann (z.B. einen Rollstuhl), es aber keine Erleichterungen für geistig Behinderte gibt.

Mitreisende sind auch nicht immer sehr verständnisvoll. Die wollen ihren Urlaub genießen und da stört ein lautes und unangepasstes Kind einfach – und das kann ich irgendwie auch ein kleines bisschen verstehen. Hotels und Co. wären einfach auch zu laut, zu voll… einfach too much für ihn. Daher sind wir dann auf Ferienhäuser umgestiegen und einige Jahre hat das dann auch gut funktioniert.

Ausflüge, Restaurantbesuche, Freizeitparks… alles, was unseren jüngeren Sohn interessiert hätte – mit Justin ging es nicht. Sogar eine normale S-Bahn-Fahrt muss bei uns generalstabsmäßig vorbereitet werden und hat hohes Krisen-Potential.

Zu Ostern waren wir das letzte Mal in einem Ferienhaus. Da ging dann aber gar nichts mehr. Wir fanden keinen Raum, der für ihn als Ort für eine Mahlzeit akzeptabel gewesen wäre, er konnte im fremden Zimmer nicht schlafen und Ausflüge wollte er auch nicht machen. Wir saßen also eine Woche lang komplett fest… und haben dann schweren Herzens beschlossen, den bereits gebuchten Sommerurlaub abzusagen. 

Die Konsequenz, die ihr nun daraus zieht, ist, dass ihr ab Sommer gar nicht mehr mit ihm in den Urlaub fahren werdet. Wie geht es dir als Mama, die das sonst gern gemacht hat, damit?

Ich hab geweint. Weil mir bewusst wurde, dass wieder ein Stück Alltag verloren gegangen ist. Mein Mann und ich haben anstrengende Jobs und manchmal muss man auch einfach mal raus. Zu Hause zu sein, weil man MUSS, ist schon hart! Da er ja auch immer stärker auf uns fokussiert ist, ist es auch nicht möglich, dass die Großeltern ihn mal eine Woche übernehmen und eine Kurzzeit-Pflege würde er nicht durchstehen.

Unser Ziel war es immer, Justin im Rahmen seiner Möglichkeiten halbwegs „fit“ für ein Leben in der Umwelt zu machen. Er sollte selbständig genug werden, um irgendwann einmal in ein betreutes Wohnen o.ä. wechseln zu können. Jetzt ist mir gerade klar, dass wir von so etwas noch Lichtjahre entfernt sind. 

Wir sind früher viel gereist. Wir wollten unseren Kindern die Welt zeigen… Erlebnisse schaffen, Erinnerungen. Dass das anders kam, ist im Prinzip ok. Aber das Wenige, was bisher noch ging, ist jetzt auch weg. Und ich komme mir so egoistisch vor, wenn ich mir etwas für mich wünsche… wie Urlaub.

Ich will mich einfach nicht komplett als Person aufgeben und nur noch für meinen Sohn leben. Das sehe ich oft bei anderen Autismus-Eltern und das macht mir Angst. Bin ich eine schlechte Mutter, wenn ich mir auch eine Zukunft ohne Justin in unserem Haushalt wünsche??? Das zerreißt mich oft!! 

Wo hast du vor, dir anderweitig Kraft zu holen, mal abzuschalten (Anmerkung: Wir wissen, dass nicht alle Menschen in den Urlaub fahren können, für sie war das aber ein fester Bestandteil ihres Lebens, darum die Nachfrage)?

Stimmt. Viele Leute können nicht in den Urlaub fahren und deshalb mag das wie Jammern auf hohem Niveau klingen. Aber es geht auch gar nicht so sehr um den Urlaub. Es geht darum, wie man damit lebt, dass nach und nach immer mehr Dinge, die einem viel bedeutet haben, aus dem Alltag verschwinden. Wie man sich selbst immer mehr einschränkt, weil es gut für das Kind ist oder einfach notwendig ist. Wie man die Balance finden soll zwischen den eigenen Bedürfnissen und dem des Kindes.

Soziale Kontakte sind sehr eingeschränkt, weil wenig Besuch akzeptiert wird und wir auch keine Besuche machen können. Behinderte Kinder können sehr schnell zu sozialer Isolation führen. Und weil gerade Autismus-Eltern nur schwer vor die Tür kommen, gibt es da noch nicht mal besonders viele Elterngruppen. Gut gemeinte Tipps wie „Mach doch mal einen Abend Sport oder einen Sprachkurs“ bekomme ich oft. Aber ehrlich? Ich bin nach Job und dem Handling des Alltags oft abends so fertig, dass ich nur noch schlafen will. 

Du hast überlegt, ob du dieses Interview führen kannst, weil du das Gefühl hast, dass Mütter, die ehrlich erzählen, wie hart der Alltag mit Kind mit Behinderung auch sein kann, oft Unverständnis oder Gegenreden a la „Solche Kinder sind doch ein Segen/eine Bereicherung“ ernten… ist dir da schon mal etwas Ähnliches passiert?

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Ich hab schlechte Erfahrungen mit der Meinung anderer gemacht, dabei ist das oft gar nicht böse gemeint… Wenn ich erzähle, dass Justin Autist ist, dann sind manche Leute total begeistert und meinen, was für ein Segen doch so ein Kind ist und welche tollen Talente doch in ihm schlummern! Die haben dann oft so ein Bild, dass er hochbegabt sei und wie RainMan ein Mathegenie.

Als Super-Mom, die 100 Therapien handelt und dem Kind – trotz gegenteiliger Prognose – das Sprechen beigebracht hat, darf man sich auch feiern lassen. Wenn man dann aber mal ehrlich ist und einwendet, dass der Alltag oft ganz schön hart ist, dann kommen da unglaubliche Kommentare. „Wie kann man als Mutter von einem behinderten Kind überhaupt arbeiten!“, „Du bist so undankbar!“ „Du warst wahrscheinlich nur zu egoistisch und hast nicht die richtigen Therapien mit ihm gemacht!!“

In der Presse wird auch so gerne geschrieben, was für eine wunderbare Bereicherung für die Familie doch ein behindertes Kind ist! Wenn man dann mal ehrlich über Belastung, Burnout etc. spricht, dann wird man tatsächlich oft offen angefeindet – und das von Eltern behinderter und nichtbehinderter Kinder!

Ganz schlimm wird es, wenn ich erzähle, dass Justin irgendwann mal in einem „betreuten Wohnen“ leben soll. Wir wollen nicht, dass er irgendwann in ein Loch fällt, wenn wir eines Tages sterben. Und die Verantwortung für ihn an unseren jüngeren Sohn zu vererben, empfinde ich nicht als fair. Das ist aber – besonders unter Eltern von behinderten Kindern – oft ein totaler Tabubruch! Da merke ich, dass die Erwartung schon ist, dass man sich komplett für das Kind aufopfert und es lebenslang betreut. 

Warum ist es dir trotzdem wichtig, hier – zumindest anonym – drüber zu sprechen? Was möchtes Du anderen Müttern mitgeben?

Vielleicht, weil ich ein bisschen hoffe, dass mir irgendwann auf der Straße eine Mutter entgegenkommt, die diesen Artikel gelesen hat. Vielleicht wirft sie mir einen aufmunternden Blick zu, wenn ich neben meinem Sohn am Boden sitze, singe oder alberne Geräusche mache, um ihn abzulenken, ohne mir Ratschläge zu erteilen.

Vielleicht, weil ich anderen Müttern (das betrifft auch Mütter von ganz normalen Kindern) Mut machen will, dass man darüber sprechen darf, dass Mutter-Sein nicht immer nur aus Insta-fähigen Highlights besteht. Vielleicht erlebt ihr mal einen Autisten und denkt daran, dass hinter dem lauten, unangepassten und unerzogen wirkenden Kind eine Mutter (und eine Familie) steht, die ihr Bestes gibt… und dabei versucht, sich nicht völlig selbst zu verlieren.

Auch Problemkinder werden irgendwann groß und ziehen in die Welt – zumindest einige Behinderte schaffen das nie! Anderen Müttern von behinderten Kindern möchte ich sagen: Es ist ok, wenn ihr keine lebenslange Märtyrerin für euer Kind sein wollt (oder könnt)!

Und welches war der letzte richtig schöne Moment für euch?

Justin ist sprachlich relativ eingeschränkt und es fällt ihm schwer, seine Bedürfnisse und Gefühle zu artikulieren. Wir haben ihm vor ein paar Monaten ein Handy gekauft, ohne zu wissen, ob er damit überhaupt würde umgehen können. Er hat WhatsApp für sich entdeckt. Letztens lag ich abends im Bett nach einem besonders anstrengenden Tag und da hat er mir eine Nachricht geschickt: „Mama ganz doll lieb hat. Tschulligung! Morgen besser werden…“ Da hab ich vor Glück geheult… 

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22 comments

  1. Hallo! 🙂

    Ich finde den Artikel wunderbar und reflektiert geschrieben und sowohl die guten als auch die schwierigen Seiten des Lebens erleuchtet, weil es oft so im Leben ist, dass nicht alles perfekt läuft.

    Ich bin selbst Autist. Ich wurde mit Asperger diagnostiziert, aber ich verwende den Begriff aufgrund der problematischen Vergangenheit Deutschlands nicht gerne. Ich finde es problematisch, wenn neurotypische Menschen von uns als „Segen“ oder „Engel“ sprechen, denn wir sind ja auch nur ganz normale Menschen, wie alle anderen, und brauchen keinen göttlichen Status erlangen, damit man uns respektiert und menschlich behandelt wie die anderen. Ich finde es ist völlig ok und menschlich, überfordert im Leben zu sein und darüber zu sprechen. Eltern sein ist sehr anstrengend (bin selbst kein Elternteil, kann es mir aber denken), und da jedes Kind individuell ist, gibt es nicht DEN richtigen Weg. Lass dir nichts von Leuten einreden die meinen du würdest etwas falsch machen.

    Das mit dem Urlaub tut mir sehr leid für dich. Ich kann verstehen dass es hart ist, wenn man nicht verreisen kann und dass man sich gewisse Sachen anders vorgestellt hätte. Ich wünsche dir und Justin noch alles gute und hoffe dass es mit dem betreuten Wohnen gut klappt und ihr beide euch eure Zukunftswünsche erfüllen könnt. 🙂

    LG Hacki

    1. Vielen lieben Dank, liebe Autorin! Ich sitze hier weinend auf dem Sofa, hab Stundes des Begleitens meiner Tochter hinter mir…um mich herum wurschtelnd mein jüngerer Sohn…. Ich bin so am Ende mit all meinen Kräften und sehne mich danach es jemandem zu erzählen, der einfach nur versteht, mitfühlt, zuhört… Ich kann u will es aber keiner meiner Freundinnen antun…..
      Dein Text gab mir einfach graf das Gefühl nicht so allein zu sein… Danke!
      Ich fühle mich zur Zeit so als ob ich aus dem Leben herauskatapultiert wurd…. nicht selber wirklich lebe, sondern gelebt werde……

      Ganz viel Liebe und Kraft an alle Mamas da draußen, die ähnliches durchleben….

      (schreib gern, wenn du magst: mjherda@aol.de)

  2. Hallo! 😊
    Ich weiß genau, wie Ihr/Du Dich fühlst! Mein autistischer Sohn wird Ende Juli 18 – er ist auch frühkindluch diagnostiziert (mit 5 Jahren). Als er 3 Jahre alt war habe ich schon geahnt, dass er Autist ist ( kein Sprechen, Spielverhalten auf dem Spielplatz mit viel Geschrei, kein Blickkontakt u. a.) Er ist „normal“ intelligent.
    Ich bin seit seinem 5. Lebensjahr alleinerziehend; da bin ich mit meinem Sohn ins Frauenhaus in eine entfernte Stadt – keine Familie, keine Freunde hier, ganz alleine.
    Momentan hatte mein Sohn jetzt seinen letzten Schultag in einer Förderschule. Seine Zukunft ist ungewiss, denn z. B. eine Arbeit in einer Werkstatt für Unterstützungsbedürftige akzeptiert er nicht. Er will keinen sozialen Kontakt mehr, die Schule war für ihn größtenteils die Hölle – und für mich auch! Jeden Tag ihn sozusagen zur Schule zu treiben…. Urlaub? Was ist das? Hatte ich 18 Jahre nicht. Ich habe für mich die Entscheidung getroffen, dass ich meinen Sohn gezeugt habe und alles dafür tue, dass er einigermaßen gut durchs Leben kommt.
    Er hatte zwei Autismus-Therapien; er hat viel mit der Diakonie unternommen; bis heute nehme ich den FUD (Familienunterstützender Dienst) in Anspruch, so dass ich stundenweise etwas unternehmen kann. Seit 2012 gehe ich regelmäßig zur monatlichen Autismus-Selbsthilfegruppe (außer während der Pandemie und der Flutkatastrophe, von der wir im Juli 2021 auch betroffen waren). Mein Sohn hat einen Behind. Ausweis 70% mit G, H und B und hat Pflegegrad 4, weil ich wegen seiner vielen Schwierigkeiten nicht arbeiten gehen kann.
    Es gibt soo viel zu erzählen – das passt hier alles nicht hin.
    Sooo oft war und bin ich verzweifelt, die letzten Monate waren leider auch wieder eine regelrechte Hölle und ich frage mich fast täglich, wie ich es immer wieder geschafft habe, wie Phoenix aus der Asche aufzustehen!
    Ich lebe einfach von einem Tag auf den anderen, die ganzen Jahr allein ohne Partner (wie auch jemanden kennenlernen?).
    Trotz allem spüre ich, dass ich es irgendwie hinkriegen werde.
    Ich habe und versuche immer noch, meine Interessen in diverse Zwischenräume reinzuquetschen, was teilweise gut geklappt hat, die letzten Jahre eher gar nicht.
    Betreutes Wohnen wäre das Paradies für mich, aber ob mein Sohn das mitmachen würde???
    I don’t think so…. Ich bete dafür!!!
    Ich werde jetzt 50, und fühle mich noch jung und neugierig für ein Leben, wo ich meine Wünsche, Sehnsüchte und Visionen noch erfüllen kann und auch will… Alles halt zu seiner Zeit….
    Ich habe so viel Geduld, Akzeptanz und Genügsamkeit gelernt, das wird noch für irgendwas gut sein 😊
    „Ein jegliches hat seine Zeit“
    Vielen Dank fürs Zuhören und Alles Gute für euch!!! 🤗🤗

    Liebe Grüße
    Bettina

    1. Hallo Bettina,

      ich kann dich so gut verstehen. Ich habe das Gleiche durchgemacht.

      Meine E-Mail Adresse ist unten.

      Liebe Grüße
      Rosi

  3. Liebe Autorin!
    Erst einmal vielen lieben Dank für Ihren Bericht!
    Dass der Alltag mit einem autistischen Kind alles, aber nicht einfach ist, haben wir mit unserem Sohn vor allem während der Schulzeit erlebt.
    Unser Glück war, dass wir eine sehr liebe und kompetente Heilpädagoging zur Seite hatten, die uns half, dass unser Sohn inzwischen ein ganz normales Leben führen kann.
    Er konnte ganz normal eine Ausbildung zum Elektroniker und seinen Führerschein machen. Angepasst an seine feinmotorische Beeinträchtigung arbeitet er jetzt in der Planung für elektronische Geräte.
    Bevor er soweit war, stand ich auch oft am Rande der Erschöpfung.
    Richtig toll fand ich die „guten“ Ratschläge mancher Leute, die schlichtweg keine Ahnung hatten. Mit der Zeit wuchs mir diesbezüglich ein dickes Fell.
    Sie sind keineswegs egoistisch, wenn Sie sich ein Stück Normalität oder sogar eine Auszeit wünschen, denn die brauchen Sie, damit Sie nicht zusammenklappen.
    Fühlen Sie sich aufs Herzlichste umarmt.
    Liebe Grüße
    Manuela Dienhart

  4. Hallo,

    ich finde es wunderbar einen Artikel zu lesen in dem es Mal nicht darum geht wie unsere behinderten Kinder unser Leben bereichern und uns zu „besseren“ Menschen machen. Wir lieben unsere beiden Kinder und dennoch habe ich sowohl an meinen behinderten Sohn, als auch meine regelentwickelte Tochter den Anspruch das sie irgendwann ausziehen. Für mein behindertes Kind wird es schwieriger und vielleicht braucht es länger aber das ist okay. Nur geht es mir genauso, ich freue mich darauf wieder mit weniger Einschränkungen leben zu können und ich freue mich über jeden Nachmittag wo er länger Schule hat um mit seiner Schwester einfach Mal ganz gewöhnliche Dinge zu machen, die für andere selbstverständlich sind. Ich finde das auch nicht schlimm, denn am Ende des Tages bin ich entspannter wenn ich auch meinen Bedürfnissen und denen meines anderen Kindes gerecht werde. Außerdem sehe ich das mit dem Loch nach dem Tot der Eltern genauso. Er kann sich nicht nur auf uns verlassen, denn er wird uns sehr wahrscheinlich überleben. Das bedeutet ja nicht das wir nicht mehr füreinander da sein können und gemeinsam Zeit verbringen. Vielleicht nur nicht mehr 24/7. Bei uns ist die Ursache seiner Behinderung nie festgestellt wurden, wir haben auch irgendwann aufgehört zu suchen. Manchmal hab ich mir diese Schublade gewünscht um irgendwo dazu zu gehören.

  5. Liebe Autorin,
    auch ich habe einen 18 jährigen Sohn mit frühkindlichen Autismus. Nicht so ausgeprägt wie bei euch, aber dafür noch Epilepsie, das die Sache auch nicht besser macht. Natürlich darfst du Dich überfordert, Kraft und mutlos fühlen. Und natürlich hast Du das Recht darauf noch Dein eigenes Leben leben zu wollen. Mich treibt auch der Gedanke um, was aus Ihm werden soll wenn ich nicht mehr bin. Seiner Schwester will ich nicht die Verantwortung übertragen, sie musste in all den Jahren schon genug zurück stecken…Ich denke ein betreutes Wohnen wird für euch alle nur von Vorteil sein. Auch wenn es die erste Zeit schwer werden wird, das eigene schlechte Gewissen und denGedanken das man das eigene Kind abschiebt abzulegen. Aber ich denke am Ende wird alles gut. Ich werde in den nächsten Jahren auch diesen Weg gehen müssen. Für mich und für meinen Sohn. Lass dir von den anderen nichts einreden, wer nicht in dieser Situation steckt hat nicht ansatzweise eine Ahnung wie es ist mit einem behinderten Kind zu leben. Ich wünsche dir viel Kraft und Mut um den richtigen Weg zu finden und zu gehen.

    Alles Liebe
    Claudia

  6. Liebe Autorin,
    auch von mir herzlichen Dank für die ehrlichen Worte und den tiefen Einblick in euer Leben. Ich kenne das ebenfalls, wenn auch deutlich schwächer, mein Sohn ist Asperger-Autist in ähnlichem Alter.
    Wir haben von Beginn an Urlaub mit unserem Wohnmobil gemacht – da ist das zweite Zuhause und somit ein bekannter Ort für Rückzug, Essen etc. immer dabei. Aber wie gesagt, wir sind da deutlich weniger stark betroffen und unser Sohn kennt das von klein auf. Aber vielleicht für den einen oder die andere hier eine Idee …
    Alles Gute euch, fühl dich fest gedrückt
    Tina

  7. Liebe Autorin,
    ich danke dir für deinen ehrlichen und ungeschönten Einblick in euer Leben mit Justin.
    Auch wir haben eine autistische Tochter, die nicht ganz so stark betroffen ist. Wir haben auch von Anfang an gespürt, dass sie anders ist, als andere Kinder. Sie hat sich langsamer entwickelt und hatte „komische“ Verhaltensweisen. Auf Autismus kam sehr lange niemand, weil sie redet, wie ein Buch, sehr gerne auf Menschen zugeht und eher distanzlos ist. Auch hat sie eine Intelligenzminderung, hauptsächlich was den mathematischen Bereich angeht. Ihre ganze Kindheit und Jugend war geprägt vom Unverständnis der Menschen in unserem Umfeld. Sie war das „unerzogene“ Kind, und wir die unfähigen Eltern. Erst mit 18 Jahren bekamen wir die Diagnose Autismus-Spektrum-Störung. Inzwischen ist unsere Tochter 24 Jahre alt und lebt in einer Autismus-Wohngruppe einer Behinderteneinrichtung. Dort arbeitet sie in einer Werkstatt, zumindest an den Tagen, an denen sie es schafft, arbeiten zu gehen. Oft wird sie so überrollt von für sie nicht zu bewältigenden Emotionen, die sich dann in Bauchschmerzen, Übelkeit und ähnlichem äußern und sie arbeitsunfähig machen.
    Auch wir machen uns natürlich Gedanken, was wird, wenn wir Eltern einmal nicht mehr da sind. Und auch wir wollen die Verantwortung nicht an ihre beiden jüngeren Schwestern vererben.
    Unsere Tochter kommt jedes zweite Wochenende nach Hause. Wir verbringen gerne Zeit mit ihr, aber an eigene Erholung oder die eigenen Bedürfnisse ist an diesen Wochenenden kaum zu denken. Und ihre plötzlichen emotionalen Abstürze können uns auch sonst jederzeit einholen. Dann ruft sie zu jeder Tages- und Nachtzeit an und es braucht etwa eine Stunde, bis ich sie soweit wieder beruhigen kann, dass sie wieder in ihrem Alltag weitermachen kann.
    Jemand, der das nicht kennt, macht sich keine Vorstellung davon, wie anstrengend das sein kann.
    Und dann sind da wieder diese kleinen, unbezahlbaren Momente, in denen sie mir zeigt und sagt, wie lieb sie mich hat. Momente, in denen wir trotz aller Einschränkungen zusammen glücklich sein können. Und diese Momente versuchen wir zu feiern und zu genießen, weil wir genau wissen, dass sie von einer Sekunde zur anderen vorbei sein können.

    1. Hallo Mirjam

      vielen vielen Dank von Herzen für Ihre Bereitschaft die eigenen Erlebnisse, Erfahrungen, Gefühle, Fragen und inneren Konflikte offen zu teilen!
      Ich bin Mutter von drei Jungs und arbeite als Inklusionsfachkraft mit Kindern in verschiedenen Kitas. Ich erlebe oft Tabus im Zusammenhang mit Entwicklungsbeeinträchtigungen und -behinderungen. Seitens der Familie des Kindes, des Kitaumfeldes aber aug des Fachpersonals. Und das ist sehr schade meiner Ansicht nach. Weil es verhindert das Kind richtig zu erkennen und die Familie bedürfnisorientiert und stärkend zu begleiten.

      Mein Erleben ist, dass jedwedes Tabu letztendlich das Leben der jeweiligen Kinder erschwert. Aber es sind nun einmal auch sehr sensible Themen und Gefühlswelten der Eltern, welche angesprochen werden und längst nicht jeder ist in der Lage dies spüren zu wollen oder darüber zu sprechen.

      Ich kann deine Gedanken abends nur noch schlafen zu können, den Wunsch nach einer Urlaubsauszeit, Gedanken an eine zukünftige Tagesbetreuung, größtmögliche Anpassung um Krisen zu vermeiden allesamt sehr gut nachvollziehen und alle davon , auch die tabuisierten haben ihre Berechtigung. Vielen Dank für deine Zeilen, denn sie ermöglichen Menschen die Ähnliches erleben ihren eigenen Empfindungen vielleicht weniger vermeiden oder gar verurteilend zu begegnen. Dir wünsche ich, dass du vielen , vielen Unterstützern begegnest und die Kritiker an dir abprallen.
      Von Herzen, Alles Gute dir!
      Jule aus Stuttgart

      1. Unerzogenes Kind und unfähige Eltern trifft es auf dem Punkt. Ich kann mir oft bizarre Kommentare oder Ratschläge von fremden Leuten anhören. Viele können mit dem Begriff „Autismus“ gar nichts anfangen. Für uns ist dieses Thema noch recht frisch. Unser Sohn ist 4 Jahre alt. Wir sind noch auf dem steinigen und manchmal chaotischen Weg bzw. Suche auf eine gesicherte Diagnose. Aber sehr vieles spricht dafür. Unser Sohn ist sehr strukturiert, er liebt Ausflüge. Jedoch ist er am Ende des Ausfluges oft überfordert mit allem, wird zuerst gereizt und dann macht er völlig dicht. Redet und bewegt sich nicht mehr. Das mit dem gut zureden und ablenken (da sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt) kenne ich nur zu gut. Ein Urlaub ist bei uns noch möglich, unser Sohn fährt mit Vorliebe in den Urlaub. Da sind wir uneingeschränkt nur für ihn da. In Ferienwohnungen klappt das sehr gut, Hotels überfordern ihn….zu viele Menschen. Wir nehmen auch einen Teil seines Bettzeugs mit und seine Lieblingsdecke, das gibt ihm Sicherheit und ein Stück zu Hause.
        Ich kann die Autorin sehr gut verstehen, dass sie mal eine Auszeit braucht und finde das keineswegs egoistisch. Ich persönlich bin zu Hause, habe aber noch größere Kinder, die ihre Mama oft auch noch brauchen. Jedoch stoße selbst ich des öfteren an meine Grenzen. Ein „behindertes“ Kind macht natürlich mehr „Arbeit“, bitte nicht falsch verstehen, ich denke dass machen wir alle mit viel Liebe und Hingabe. Ich bekomme von meinem Sohn viel ehrliche Liebe zurück, es ist für ihn ganz schrecklich wenn ich unglücklich bin. Aber man braucht auch eine Auszeit um Luft zu holen und Kraft zu tanken.

        In diesem Sinne vielen Dank für den Beitrag. Wir sind alle starke Muttis und schaffen das. Kopf hoch!

  8. Liebe Autorin, du leistet wirklich unglaublich viel. Zu viel, wenn du mich fragst. Ihr habt das Recht auf viel mehr Unterstützung, als ihr sie jetzt habt. Zum Beispiel Familienhilfe. Dein Großer braucht weitere Bezugspersonen neben Eltern und Bruder, damit ihr mehr Freiraum habt und auch mal etwas allein machen könnt. Und Urlaub machen könnt. Habt ihr euch beim Verband Autismus Deutschland beraten lassen? Die sind sehr kompetent. Mein Sohn ist ebenfalls Autist, allerdings hat er „nur“ das Asperger-Syndrom. Wir wurden dort toll beraten und haben von vielen Hilfen erfahren, von denen wir vorher nichts wussten.

  9. Zuerst viel Kraft und Nein sich Normalität zu wünschen ist nicht falsch. Im Gegenteil das andere Kind hat hier das Nachsehen. Ohne herzlos zu klingen aber hier würde ich schnellstens (!) eine betreute Einrichtung suchen und finden wo er leben kann. Es muss auch Familienleben möglich sein und das jüngere Kind hätte auch ein Leben verdient. Die Umstellung wird immer hart, Autismus ändert sich nicht, egal wann der Schritt erfolgt. Also achtet bitte auf euch und nehmt auch die Bedürfnisse der Nichtbehinderten ernst.

  10. Hallo, ich habe ebenfalls eine Tochter mit autistischer Spektrumsstörung, nicht so ausgeprägt wie der Fall im Artikel, aber genug um mir sehr große Sorgen um die spätere eigenständige Lebensfähigkeit zu machen, wenn wir Eltern nicht mehr sind. Den Begriff Meltdown finde ich extrem zutreffend, kombiniert mit System-Shutdown würde ich sagen. Und die schnellen Pauschallösungstipps kenne ich auch zur Genüge. Meine Frage wäre, wo bekommt man da Unterstützung für spätere, möglichst eigenständige Lebenskonzepte unserer Kinder, wer kann einem da helfen? Habt ihr vielleicht einen Tipp für mich?! Herzlichen Dank!

    1. Hallo Frank,

      Ich weiß nicht ob dus schon gelesen hast, aber falls nicht, schreib ichs dir nochmal hierhin, da kriegst du garantiert eine Benachrichtigung 🙂
      Oben wurden die Familienhilfe als auch der Autismus Verband genannt. Aus dem persönlichen nahen Umfeld kann ich noch die Diakonie empfehlen.

      Alles Liebe für euch!

      1. ab dem Zeitpunkt, wo man sich nicht mehr freut, wenn das Kind von der Schule kommt und man nur noch denkt, wie bringe ich den Tag rum. Ab dem Zeitpunkt, wo diese Gefühle und Gedanken ständig präsent sind, ab dann muss man sich über einen Teilzeit-Internatsplatz oder Heimplatz Gedanken machen.

  11. Liebe Autorin,
    auch ich möchte Dir für deinen Artikel danken, aus dem man ganz viel Liebe und Rücksicht gegenüber deinem Sohn und deiner Familie herauslesen kann. Ihr habt ein grosses Päckchen zu tragen. Innerhalb meiner Familie wurde mein Onkel mit Down Syndrom ebenfalls mit viel Liebe aber auch Aufopferung gepflegt bis zu seinen Tod im Alter. Völlig andere Art der Behinderung und auch „andere Zeiten“ aber das Angebundensein und der Behördenwahnsinn waren auch vorhanden.
    Ich kann deine Gedanken allesamt sehr gut nachvollziehen. Als Eltern möchte man die Kinder mit deren Erwachsenwerden ein Stück weit in ihr eigenes Leben und damit auch in ihre eigene Verantwortung entlassen können. Dass das mit dieser Behinderung nicht ohne weitere Begleitung geht, ist das eine. Ich finde es jedoch in keinster Weise verwerflich, das Ziel zu haben, dass euer Sohn irgendwann einmal in ein betreutes Wohnen ziehen kann. Ich stimme meiner Vorposterin zu, dass jeder, auch die Mutter/ Familie eines behinderten Kindes, das Recht hat, sich ohne schlechtes Gewissen Auszeiten nehmen zu dürfen und ihr Leben im Rahmen des Möglichen selbst zu gestalten (z. B. auswärts zu arbeiten). Man braucht das, um sich nicht völlig in der Pflege des Kindes zu verlieren. Jegliche negativen Kommentare in der Richtung ignorieren, die Leute haben keine Ahnung. Aber wie ich deinen Artikel lese, weißt du das selbst und das ist gut;). Wie süss ist das denn bitte mit der Whats App?! Noch viele schöne solche Momente, alles Gute für Eure Familie und dass euer Sohn die Fortschritte macht, die ihr euch für ihn wünscht!
    Liebe Grüße

  12. Starker und herzlicher Text, danke für den Einblick, mich hast Du total mitgenommen und ich wünsche Eurer Familie nur das allerbeste auf der Welt und für die Zukunft!

  13. Liebe Autorin, ich finde es auch sehr gut, dass Du den Artikel geschrieben hast. Es hört sich einfach nach ganz viel Arbeit und Zurückstellen der eigenen Bedürfnisse für eine sehr lange Zeit an! Dass ihr daran denkt, Euerm Sohn ein selbstständiges Leben im Rahmen seiner Möglichkeiten zu schaffen, erscheint mir sehr richtig und wichtig. Ich habe beruflich immer mal wieder mit recht alten Eltern behinderter Kinder zu tun, deren größte Sorge ist: Was wird aus meinem Kind, wenn ich nicht mehr bin? Das ist schon hart mit zu erleben, wie sehr sich alles Handeln darauf fokussiert. Wenn ich dann überlege, dass es so ja schon ihr ganzes Leben ging, dann habe ich höchsten Respekt! Liebe Autorin, ich wünsche Eurer Familie alles, alles Gute!

  14. Liebe Autorin,
    ich finde es toll, dass du trotz deiner Bedenken den Mut hast, diesen Artikel zu schreiben. Meine Nichte ist ebenfalls behindert, zwar auf eine völlig andere Art, aber trotzdem weiß ich, wie sehr die vielen Beeinträchtigungen, Therapien, Klärung mit Behörden etc belasten und auch wieviel Zeit das in Anspruch nimmt.
    Niemand, der nicht selbst ein krankes Kind oder engen Kontakt zu einer entsprechenden Familie hat, kann meiner Meinung nach beurteilen, was das bedeutet.
    Ich finde es überhaupt nicht egoistisch, dass man sich selbst wünscht, Dinge machen zu können, die einem gut tun und Freude machen. Jeder braucht mal Auszeiten und etwas, worauf er sich freuen kann. Und das man sich wünscht, dass das Kind auch eigene Weg geht und man selbst nochmal eine Phase bekommt, in der das Leben nicht mehr zum Großteil fremdbestimmt ist, finde ich absolut legitim. Das hat nichts damit zu tun, dass man sein Kind nicht liebt! Da geht es Eltern mit gesunden Kindern doch nicht anders-warum sollte das dann bei Eltern mit kranken Kindern so sein?
    Genauso zeigt deine Überlegung, dass dein Sohn nicht in ein Loch fallen soll, wenn seine Eltern versterben, dass es euch eben wichtig ist, dass es ihm gut geht.
    Ich wünsche dir und deinem Mann, ebenso wie deinem zweiten Sohn, der ja auch eure Aufmerksamkeit und Fürsorge benötigt, ganz viel Kraft und Mut, den Weg zu finden und zu gehen, der für euch als Familie der richtige ist-ohne blöde Kommentare oder Verurteilungen von anderen!

    1. Liebe Autorin,
      als ich den Text gelesen habe, kamen mir die Tränen. Vieles was geschrieben ist, kann ich selbst erzählen. Auch mein Sohn ist Autist und vieles haben wir selbst erlebt.
      Wenn ich könnte, würde ich dich umarmen und sagen, es ist richtig so wie du es machst. Es ist ein so großes Unverständnis in unserer Gesellschaft für Eltern von behinderten Kindern. Niemand hat sich gewünscht ein behindertes Kind zu begleiten und aufwachsen zu lassen. Keiner sieht die Kraft die es kostet, jeden Tag zu überstehen.
      Der letzte Absatz hat mich zu weiteren Tränen gebracht. Solche Augenblicke kenne ich, wenn mein Sohn nach einem nervenzerrenden Tag – für uns beide – zu mir kommt und mich in den Arm nimmt und sagt, alles wird gut und das er mich liebt.
      Liebe Autorin lass dich nicht von den Meinungen der anderen beeinflussen. Nichts ist falsch daran, an sich zu denken, einen Beruf zu haben und sich frühzeitig über die Zukunft des Kindes nach zu denken. Bleib so wie du bist! Ich wünsche dir und uns allen eine Gesellschaft, die unvoreingenommen jeden so akzeptiert wie er ist.
      Andrea

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