Chemotherapie, Familienzusammenhalt: Kerstins dreijährige Tochter hat Krebs

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Ihr Lieben, Anfang der Woche haben wir über eine Mama berichtet, die eine Gewebeveränderung in der Brust bemerkt hat und nun auf die Diagnose wartet. Daraufhin meldete sich eine weitere Leserin, die gerade gegen Brustkrebs kämpft, um ihre Kinder weiter aufwachsen zu sehen. Auch Kerstin kommentierte unter dem Beitrag und wünschte viel Glück. Sie kann vieles nachvollziehen, denn ihre eigene kleine Tochter hat Krebs. 

Liebe Kerstin, deine dreijährige Tochter hat Krebs. Wie geht es ihr gerade aktuell?

Neele ist im Oktober drei Jahre alt geworden, momentan befindet sie sich im Krankenhaus zu ihrer sechsten und vorerst letzten stationären Chemotherapie.

Um welche Krebsform handelt es sich?

Sie hat ein Neuroblastom mit Streuung im Knochenmark, ärztlich ausgedrückt ist sie im Stadium 4.

Wie und wann habt ihr das festgestellt?

Ziemlich genau vor einem halben Jahr, am 06. Juni 2017, bekamen wir diese Diagnose. Ihr ging es schon seit Anfang Mai "anders". Neele war immer ein sehr aufgewecktes, süßes, lebensfrohes Mädchen. Lieber alles zehn Mal alleine probieren, als dass ihr auch nur irgendjemand helfen sollte. Das änderte sich aber.

Sie wollte viel getragen werden, viel kuscheln, hatte wenig Appetit und war sehr still und in sich gekehrt. Also nichts Weltbewegendes, aber doch ein ganz anderes Kind. Diese Veränderung kam schrittweise. Und wir, mein Mann Christian und ich, schoben es auf Wachstum, Entwicklungsschübe, Zähne und was weiß ich für alltägliche Dinge, die bei Kindern in diesem Alter einfach normal sind.

Als sie Ende Mai dann aber knapp zwei Kilo abgenommen hatte, machte ich mir doch Sorgen und bat unseren Hausarzt um ein Blutbild. Dieser rief uns nach Pfingsten direkt am und schickte uns ins Krankenhaus. Dort wurde uns relativ schnell erklärt, was mit Neele los sei und dass wir einen langen anstrengenden Weg vor uns haben werden.

Was waren eure ersten Gedanken nach der Diagnose?

Mein Mann war völlig neben der Spur. Ich muss dazu sagen, dass er der "Hausmann" ist, der Teilzeit arbeitet und ich diejenige, die Vollzeit arbeitet und viel unterwegs ist. Er weinte viel, wurde still, in sich gekehrt.

Ich versuchte das Gegenteil, einfach auch, weil ich es gar nicht begreifen bzw. mir eingestehen wollte. Ich war ganz taff, blieb im Krankenhaus bei ihr, als alle diagnostischen Untersuchungen liefen und klärte unsere Umgebung – Kindergarten, Krippe, Familie, Freunde – fachmännisch auf. Dann bekam ich einen Hörsturz, durch zu starke seelische Belastung. Das war der Moment, ab dem ich mich dann auch zurückgenommen habe. Ich versuche trotzdem bis heute, nicht vor ihr zu weinen.

Wie hat euer Umfeld reagiert?

Unser Umfeld reagierte gemischt, teilweise mit Angst, Unwissenheit, Zurückziehen, aber zum Teil auch mit Besuchen, Unterstützung… Es war und ist alles dabei. Jetzt gerade bekommen wir viel Unterstützung von lieben Menschen. Ganz vorn dabei ist meine wundervolle Familie. Meine Eltern sind IMMER da. Sie kümmern sich um Josefine, unsere fünfjährige Tochter und unterstützen auch sonst, wo sie nur können. Und meine Brüder genauso.

Wie schaffst du das als Mutter?

Ich bin seit der Diagnose krankgeschrieben, um bei Neele sein zu können. Meinen Mann habe ich nach drei Monaten wieder in Teilzeit geschickt… Sonst hätten wir uns wohl zerfleischt.

Was macht die Krankheit eurer Tochter mit euch als Paar?

Das Problem ist, dass jeder seine eigene Ansicht von dem hat, was das Beste für Neele und alle ist. Und Kommunikation wird ja leider – auch von uns – vollkommen überbewertet. Jetzt, mir etwas Abstand, versuchen wir viel zu reden. Uns viel Zuneigung zu geben, uns zu unterstützen – auch damit Josefine sich nicht mehr um ihre Eltern sorgt. Wir versuchen, nicht alles persönlich zu nehmen und geben uns gegenseitig Raum… Wie gesagt, wir versuchen es. Es ist schwer, sehr schwer, als Paar durchzuhalten. Es ist eine wahnsinnige Belastung. Ich hoffe, dass, wenn das alles geschafft ist, wir wieder zu dem Paar werden, das wir waren…

Wie verträgt eure Kleine die Chemotherapie?

Neele macht es ganz toll. Sie bekommt eine sehr starke Chemotherapie. Diese läuft dann immer etwa sieben Tage stationär über Infusion im Krankenhaus. Wir wechseln uns ab, damit nicht einer allein die ganze Zeit im Krankenhaus bleiben braucht.

Und wie stehen die Chancen eurer Tochter auf Heilung?

Die Heilungschance stand bei ungefähr 25 Prozent… der Tumor spricht aber gut auf die Chemo an. Von 10×12 cm ist er auf 4×2 cm geschrumpft. Die Streuung ist so weit zurückgegangen, dass aus ihrem Blut Stammzellen gesammelt werden konnten und wir haben sechs Chemos überstanden. Am 28.12 steht die große Bauch-OP an…. Und danach entweder Bestrahlung oder direkt noch die Hochdosis-Chemo mit anschließender Stammzellenrückgabe. Es ist schwer, das alles "kurz" aufzuschreiben und ich vergesse bestimmt vieles….

Wird das Krankenhaus in solchen Zeiten zu eurem zweiten Zuhause oder gewöhnt man sich da nicht dran?

Zum zweiten Zuhause wird das Krankenhaus nicht…. Aber es sind wunderbare Schwestern dort, tolle Ärzte, andere liebe Eltern und auch die Zeit geht irgendwie rum.

Woher nimmst du deine Kraft und deine Hoffnung?

Wir funktionieren… Alle…. Irgendwie… Ich hoffe, das bleibt auch so noch für eine Zeit so – bis es vorbei ist. Ich mache mir große Sorgen um meine große Tochter… Sie weint viel, versteht nicht alles…. Trifft mit ihren Äußerungen viel zu oft mitten ins Herz. Ich nehme meine Kraft aus uns…. Neele macht weiter, immer wieder, immer weiter… Ich sehe ein Vorankommen…. Das hilft.

Liebe Kerstin, danke für Deine Worte und wir drücken alle zusammen ganz fest die Daumen für Euch!

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6 comments

  1. Es ist nie zu spät
    Mutig und sicher kräftezehrend darüber so zu schreiben. Kann man doch die schlimmsten Gedanken nicht verbannen. Ich erinnere mich gut an die Zeit, in der die Diagnose Krebs meine Frau im wahrsten Sinne aus dem Leben riss. Scheinbar bester Gesundheit, lediglich leichte Rückenschmerzen. Dann die Diagnose Nierenkrebs.
    Ohne große Beschwerden bis ins 4. Stadium zu kommen schien eine Leistung auf die wir nicht recht stolz sein konnten. Ab da lief ein Film..
    Freunde wussten nicht damit umzugehen und hielten lieber nur via Whatsapp Kontakt, ich lebte wie durch Watte. Hinundhergerissen zwischen panischer Angst und Anker sein, zwischen Alltag bewältigen und fallen lassen und nicht können.
    Chemo, Bestrahlung und am Ende ein „wir können nichts mehr tun“.
    – 3 Jahre her und jetzt heul ich wieder. Es ist plötzlich wie gestern.
    Aber: Ihre beste Freundin hat einfach eine Art Biochemotherapie auf Basis ätherischer Öle besorgt. Ich gebe zu, ich habe es nur zugelassen um ihr bis zum Ende Mut zu lassen. Aber es hat geholfen. Inzwischen ist nur noch etwa 5% des Haupttumors vorhanden, und der AFP Wert hatte zuletzt 21ng/ml, was wohl sehr gut sein soll.
    Wir werden wohl doch alt zusammen.
    Was ich damit – viel zu lang – sagen wollte: Es ist erst zuende, wenn es zuende ist! Es lohnt auch noch zu kämpfen, wenn es ausweglos scheint. Bleibt stark.
    Ich schicke euch gerne gratis was von dem Öl, dessen Namen man in Foren ja nicht nennen darf.

  2. Alle Kraft…
    …der Welt für Dich, Deinen Mann und Deine beiden Kinder. Ich schicke Euch viele gute Gedanken. Haltet durch!
    Ganz herzliche Grüße

    Barbara

  3. Danke für diesen ehrlichen
    Danke für diesen ehrlichen und sehr persönlichen Bericht. Ich bin sehr berührt und fühle mich irgendwie aufgerüttelt, daß ich es nicht selbstverständlich hinnehmen darf, daß wir alle gesund sind.
    Einen Wunsch habe ich…….Werd gesund kleine Nele….