Ein Brief an meine alte Kumpeline Cascada, die für mich immernoch Nathalie heißt

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Liebe Nathalie,

Wenn ich es mir gleich auf der Couch mit meiner Familie zum Grand Prix-Schauen gemütlich mache, werde ich gar nicht drumherum kommen spätestens bei Deinem Auftritt in alten Erinnerungen aus der Schulzeit zu schwelgen. Ich meine, da wird Cascada auf der Bühne stehen, die für mich immer Nathalie heißt, in meine Parallelklasse ging und zu den Mädels meiner alten Bonner Clique zählte! Und das ist schon ein bisschen verrückt.

Am liebsten erinnere ich mich an die Wochenenden kurz nach dem Abi. Samstagnachmittags rief immer Deine Schwester an, aber eigentlich musste sie das gar nicht, weil klar war, was am Abend ansteht: Nat singt heute Abend im Shakers und sie braucht Publikum. Also saßen wir da alle immer mit den Mädels und Deinen Kumpels, manchmal zu zwanzig Leuten. In der einzig angesagten Cocktailbar in Bonn, tranken die Swimming-Pools und Caipirinhas und hörten Dir zu, wenn Du auf der Bühne neben der langen Bar schon damals in Minirock und Stiefeln Hero von Mariah Carey sangst.

Ach ja: Zu Deinem Mini-Rock und Deinen Stiefeln. Sicher war Dein Bühnenoutfit heute Abend wohl um einiges teurer als das von damals, das Du wahrscheinlich irgendwo in der Bonner Innenstadt zusammengekauft hattest, aber es ist immer noch das Gleiche. Alles an Dir ist wie früher. Und das meine ich als großes Kompliment. Deine langen blonden Haare, Deine silber-schwarz geschminkten Augen, Deine Gesten, wenn Du tanzt, Deine Art immer am lautesten zu lachen und alle damit anzustecken. Du wusstest bereits mit Anfang 20 wer Du sein wolltest – und wer weiß das in diesem Alter bitteschön schon?

Einmal, es war vor vier Jahren, da hatte ich kurz Angst um Dich.

Du warst als Vorgruppe für das Britney-Spears-Konzert in der O2-World angekündigt und ich musste Dich einfach sehen. Ich erzählte meinem Kulturchef bei der Zeitung, dass ich Dich von früher kenne und ob ich Dich interviewen und einen Artikel schreiben dürfte und er sagte: „Ja, klar.“

Mann, war ich aufgeregt, Nathalie, als ich dann von mehreren Security-Leuten über einen silbernen Aufzug in den Backstagebereich der O2-World escortiert wurde. Wir gingen durch einen langen Gang auf eine Dachterrasse zu und ich sah Dich schon von weitem. Ich hielt kurz die Luft an, wir hatten uns Jahre nicht gesehen und ich wusste der erste Moment würde alles entscheiden. Wärst Du noch die Alte nachdem Du damals schon Millionen von Platten verkauft hattest und zu erfolgreichsten Acts Europas zähltest? Wärst Du nur betont freundlich – ich glaube, es hätte mir das Herz gebrochen.

Doch bevor ich mir noch mehr von diesem komischen Fragen stellen und etwas zu Dir sagen konnte, hörte ich schon ein schrilles, sehr lautes „CARO! Nee, ich glaub’s nicht.“ Wir fielen uns in die Arme und drückten uns. Weder Dein Manager, noch die Securitys oder Damen von der O2-World verstanden, doch wir konnten sie mit zwei Sätzen aufklären. Und sofort war da alles wieder so locker. Du machtest Stimmung für alle und ich fragte Dich fürs Interview wie lange Du noch Techno-Songs aufnehmen willst. „Bis ich ne’ Oma mit blauen Haaren bin“, sagtest Du. Wir liefen mit Deinem Tross zur Bühne, Du klautest Dir noch einen Muffin vom Buffet zum Sofort-Snacken, was ich 30 Minuten vor Deinem Auftritt vor 10 000 Leuten bemerkenswert gelassen fand. Dann noch ein kurzes Foto und ich musste auch schon gehen und Du in die Maske. Mensch, Nathalie und heute Abend singst Du einfach mal so den Grand-Prix. Fast wie immer. Fast wie früher. Es ist Samstagabend und ich höre Nathalie singen. Und ich denke: Deine alte Schulfreundin, Deine Bar-Kumpeline oder Dein Fan zu sein – nicht davon ist wirklich schwer und für mich glücklicherweise dasselbe.

 

Deine Caro

 

P.S. Der Text erscheint übrigens heute Abend und morgen in der Berliner Tageszeitung B.Z.

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1 comment

  1. 🙂
    Das is ja auch mal ne coole Geschichte. Da sahst Du ja bestimmt richtig gespannt vor dem Fernseher. 🙂