Empty nest: Warum besonders Väter leiden, wenn die Kinder ausziehen

Adelheid Müller-Lissner

Adelheid Müller-Lissner

Ihr Lieben, manchmal verlieren wir uns vor lauter Alltag als Eltern ein bisschen, umso schöner ist es dann, sich mal zurückzulehnen und Menschen zuzuhören, die schon einen Schritt weiter sind als wir.

Wie wird das später sein, wenn unsere Kinder nicht mehr unsere Kühlschränke leer ist, wenn es morgens plötzlich still ist und das Bad frei? Wenn da niemand mehr nachts an unser Bett getappt kommt?

Wenn die Kinder groß sind und ausziehen, ist das für Mütter wie Väter eine große Umstellung. Die Rede ist gar vom Empty-Nest-Syndrom, wenn also das Nestchen noch da ist, der Nachwuchs aber flügge.

Adelheid Müller-Lissner hat diesem Phänomen ein ganzes Buch gewidmet: „Empty nest – Wenn die Kinder ausziehen“ (Affiliate Link). Sie hat dafür mit Müttern, Vätern, Paaren, Alleinerziehenden, Psychologen, Paartherapeuten, Soziologen und Philosophen gesprochen. Wir durften ihr dazu ein paar Fragen stellen.  

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Wenn die Kinder groß werden und ausziehen. Foto: pixabay

Liebe Frau Müller-Lissner, die Kinder von Katharina sind zwischen 3 und 9, meine eigenen werden dieses Jahr 12, 12 und 14. Wenn ich mir vorstelle, dass die Große in vier Jahren Abi macht, denke ich, das gibt es doch gar nicht! Sie war doch grad noch klein. Kennen Sie das von ihren ProtagonistInnen?

Adelheid Müller-Lissner: Ja, das haben viele meiner Gesprächspartner festgestellt: Spätestens wenn die Kinder in die Pubertät kommen, kommen auch solche Gedanken. Dabei hat man sich ganz zu Beginn, als die Kinder noch klein waren, ja bisweilen umgekehrt bei dem Gedanken ertappt, wieder etwas freier sein zu wollen…

Kommt für einige der Auszug der Kinder dann auch überraschend?

Die Schweizer Entwicklungspsychologin Pasqualina Perrig-Chiello hat in ihren Untersuchungen festgestellt, dass vor allem die Väter davon überrascht werden. Mütter scheinen sich mental stärker darauf vorzubereiten. Männer werden von der Trauer häufiger ‚kalt erwischt‘.

Die Ablösung der Kinder beginnt ja im Grunde mit dem Durchtrennen der Nabelschnur bei der Geburt. Alle Mütter kennen das Gefühl. Für einige ist es befreiend, wenn die Kinder selbständiger werden, andere denken wehmütig an die vergangenen Zeiten…

Sie haben völlig recht: Eigentlich bereitet uns das Leben mit Kindern in vielen Etappen auf diese Trennung vor. Und sie beinhaltet ja auch neue Freiräume, die man nutzen und auf die man sich freuen kann.

Nur muss man dafür auch realisieren, dass Elternliebe besonders ist: Im Unterschied zur erotischen Liebe beinhaltet sie die Aufgabe, einer Entwicklung zuzustimmen, die auf mehr Distanz, Selbständigkeit und Ablösung hinausläuft: Das ist nicht einfach, wo zu Beginn doch alles so innig war!

Sie haben jetzt so viele Geschichten von Eltern gehört, deren Kinder ausgezogen sind, können Sie uns einen Tipp geben, wie wir uns darauf vorbereiten können?

Für Paare ist es ganz besonders wichtig, sich immer wieder Zeit als Paar zu nehmen. Paartherapeuten haben mir gesagt: Das sollten Großeltern auf dem Schirm haben. Babysitten ist eine Investition in die Ehe ihrer Kinder. 

Neben einem Beruf, den man mag, und schönen Hobbys ist es sicher gut, sich die Zeit mit erwachsenen Kindern schon früh einfach mal vorzustellen. Man kann sich auch da ja auf vieles freuen!

Wie kann denn die Lücke nach dem Auszug der Kinder sinnvoll gefüllt werden?

Das ist individuell recht verschieden. Statt Ratschläge zu verteilen gebe ich lieber Denkanstöße. Das Kinderzimmer für sich nutzen? Ein Sabbatical oder eine große Reise zu zweit oder allein planen? Vielleicht aber auch einen Mitbewohner zuhause aufnehmen?

Verklären viele die Zeiten mit den Kindern zu Hause auch? Oder sollten wir wirklich alle im Hier und Jetzt einfach unsere Kinder weniger als Stressfaktor, sondern als Geschenk ansehen, weil die intensive Zeit mit ihnen nun einmal begrenzt ist?

Zweimal ja: Wir neigen sicher dazu, im Rückblick die Zeit mit den kleinen Kindern zu verklären – schon weil wir damals jung waren. Ein wenig von dem, was mit kleinen Kindern so besonders ist, kommt aber vielleicht später mit den Enkeln wieder? Und noch ein dickes Ja: Kinder sind auch ein Geschenk. Man sollte sie genauso nehmen!

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Emptynest VS Cover
Adelheid Müller-Lissner: Empty nest – Wenn die Kinder ausziehen. Ch. Links Verlag (Affiliate Link)

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