Ihr Lieben, sicherlich kommt ihr auch hin und wieder bei Erziehungsfragen eure Grenzen. Wie reagiert man am besten, wenn das Kind schreiend im Supermarkt protestiert? Wie, wenn die Kinder nie vereinbarte Dinge erledigen? Unsere Leserin Magda ist Kindheitspädagogin mit den Schwerpunkten Stressbewältigung durch Resilienz und Elternkompetenzen. Sie hat uns hier einmal ein paar Tipps für Erziehungs-Entscheidungen aufgeschrieben.
Erziehungs-Entscheidungen: Warum du dir erlauben darfst, Führungskraft in der Familie zu sein
Ob du unterschrieben hast oder nicht: Mit dem Eltern werden, wirst du direkt zur Leitungskraft katapultiert – du bist verantwortlich für die großen und kleinen Entscheidungen in eurem Alltag als Familie. Gerade die kleinen Erziehungs-Entscheidungen haben es so oft in sich – besonders wenn sie im Minutentakt auf dich einprasseln. Dein Kind …
- schmeißt seine Jacke selbstverständlich auf den Boden, weil es keine Lust hat sie aufzuhängen.
- traut sich nicht alleine das Zimmer zu wechseln und fordert bei Schritt und Tritt dein Beisein ein.
- signalisiert beim Einkaufen mit einem wiederkehrenden „DAS“ plus Fingerzeig, welche Dinge gefragt sind.
- schafft es auch nach der hundertsten Erinnerung nicht deiner Anforderung nachzukommen, sich anzuziehen und seine Sachen zu packen.
- pampt dich an, wie unfair du bist – es darf nicht noch eine 2. Folge gucken.
Und nun? Wie reagierst du? Zurück bleiben Fragezeichen im Kopf: Ist das Entwicklung? Ist das Temperament? Ist das eine schlechte Angewohnheit? Eine Grenzüberschreitung? Lustlosigkeit? Ist das ein überfordertes Nervensystem? Ein Bedürfnis, das wirklich erfüllt werden muss? Was hilft dir zu entscheiden, ob und wann dein Kind bestimmt und sich frei ausleben darf oder du den Rahmen festlegst und klare Anforderungen stellst oder ein Kompromiss her darf?
Der Spagat zwischen Autonomie und Kontrolle kann Kopfschmerzen bereiten – denn er bedeutet immer wieder Reflexions- und Emotionsarbeit für dich. Viele Erziehungs-Mythen erschweren Eltern zusätzlich, selbstbewusst Entscheidungen zu fällen und zu diesen zu stehen.
3 Irrglauben, die dich innerlich blockieren können, selbstbewusst Führung zu übernehmen und dich klar zu positionieren – sei es mit einem Ja, einem Nein oder einen bewussten Kompromiss
- Die Angst, die emotionale Bindung zu gefährden: Nur Harmonie hält uns verbunden
Keine Frage – Harmonie ist wichtig und schenkt Geborgenheit– aber wohl kaum ein Dauerzustand unter einem Dach mit Individuen in unterschiedlichsten Entwicklungs-Sphären, oder?😊 Konflikte dürfen in Familie zu Hause sein. Unstimmigkeiten in Bedürfnissen und Meinungen brauchen nicht künstlich überspielt werden. Konflikte sind Momentaufnahmen – sie auszuhalten und trotzdem verlässlich für einander da zu bleiben, sind tragende Lebenserfahrungen.
Kinder fühlen sich sicher, wenn ihre Eltern klar und authentisch sind – nicht, wenn immer alles so ist, wie sie es wollen. Kinder suchen in ihren Eltern Coaches, die ihnen helfen, die richtigen Schlussfolgerungen zu ziehen, um Zusammenhänge und unterschiedliche Perspektiven zu verstehen und Fähigkeiten zu entwickeln, die das Leben leichter machen.
- Angst, sein Kind emotional zu verletzen: Ich will mein Kind doch glücklich sehen
Natürlich sehen wir unsere Kinder am liebsten strahlend – Dass es uns möglichst gut geht – darauf sind wir gepolt. Gerade moderne Eltern achten sehr darauf, ihrem Kind auf Augenhöhe zu begegnen und es ernst zu nehmen. Sie haben einen hohen Anspruch, es richtig zu machen. Die Angst, den Bedürfnissen nicht gerecht und vom eigenen Kind negativ bewerten zu werden, wird groß. Viele vergessen dabei, dass alle Gefühle – auch Frust und Wut – Teil des Lebens und zentrale Entwicklungserfahrungen sind.
Innerlich einen Schritt zurück zu treten und die Vogelperspektive einzunehmen, schafft emotionale Distanz: Es ist normal, dass Kinder nicht begeistert auf Grenzen reagieren – sie sind von dem angetrieben, was ihnen Lust macht – und finden sie mit Sicherheit auch im nächsten Moment in etwas Anderem wieder.
Kinder brauchen Eltern, die Bedürfnisse kritisch hinterfragen und helfen mit unangenehmen Gefühlen klar zu kommen. Gleichzeitig brauchen sie Eltern, die Verständnis zeigen und ihrem Kind im Alltag Platz einräumen, mit festzulegen, was dran ist und gemacht wird.
- Angst, falsch zu entscheiden: Ich will doch keinen Schaden anrichten
In Zeiten lauter Medien baut der Dschungel an pädagogischen Ratgebern, die Eltern Schuldgefühle machen eine starke Eigendynamik auf. Trendbegriffe wie Helikopter-Eltern, Fehl-Interpretationen von Bedürfnisorientierung oder gar ideologische Bewegungen wie unerzogen machen Druck und verwirren Eltern, den richtigen Erziehungsweg zu finden. Auch die eigene Prägung – die Angst, zu autoritär zu wirken, spannt Eltern an. Ist das zu streng? Oder – bin ich vielleicht doch zu nachgiebig? Mach ich’s mir zu einfach?
Statt Führung entsteht Unsicherheit, sich in Alltagssituationen gelassen zu positionieren.
Kinder brauchen Freiheit in Grenzen – und Eltern, die nach bestem Wissen und Gewissen reagieren und vorleben das Fehler zum Lernen dazugehören und wieder gut gemacht werden können. Sie brauchen Eltern, die das Gute in sich sehen. Worauf bist du stolz? Welche Erfahrung konntest du deinem Kind und dir heute mit einer Entscheidung schenken? Fazit: Trau dich, dein Kind zu führen!
Aus Sicht der Erziehungswissenschaft brauchen Kinder für eine gesunde Entwicklung: reflektierte, authentische und präsente Eltern, die den Kurs halten. Kinder finden Halt in Orientierung, Zuwendung, Reibung und Freiheiten. Schaffe dir Klarheit in Erziehungsfragen: Kriterien, an denen du dich im Alltag entlang hangelst und orientieren kannst: Was ist wann dran? Wann passen flexible Mittelwege?
Dafür brauchst du Raum, Fehler machen zu bedürfen, die Bereitschaft immer wieder zu reflektieren, und den Fokus darauf, welcher Wert eigentlich hinter deiner Reaktion steht. Du darfst Entscheidungen treffen – auch wenn sie nicht immer perfekt sind.
