Europawahl 2024: „Mich macht dieses Politik-Bashing so wütend“

Europawahl 2024

Ihr Lieben, nach der Europawahl 2024 bei uns hat sich eine Leserin und Mutter gemeldet, die sich neben ihrem Job und der Familie kommunalpolitisch in einer großen demokratischen Partei engagiert und die es so satt ist, wie politisch Aktive beschimpft werden, wie es alle – die sich zum größten Teil selbst nicht engagieren – besser wissen und die hier mal ein paar Einblicke gibt, was für ein harter Knochenjob das ist, sich ehrenamtlich für die gute Sache und nicht zuletzt für die Menschen einzusetzen. Hier kommt ihr kleiner Wutanfall.

„Nicht nur die Ergebnisse, auch die Reaktionen irritieren mich“

„Wow, liebe Leute, was war denn das?! Die Europawahl hat unsere schlimmsten Befürchtungen bestätigt und in Deutschland toben die Menschen in den sozialen Medien. Man klappt morgens sein Handy auf, schaut in die Timelines und will alles sofort wieder zuklappen. Da sitzen sie wieder alle auf ihren gemütlichen Sofas und wissen es mal wieder alle besser.

Deutschland hat nicht nur 80 Millionen Bundestrainer, Deutschland hat auch über 80 Millionen Bundeskanzler und Europaparlamentarier. Da heißt es dann lapidar, die Ampel mache „NIX, einfach nix“ und „Der Kanzler kann ja nur TikTok“. Bitte was?! Mich macht das so aggressiv, denn haben die sich schon mal den Terminkalender eines politisch aktiven Menschen angesehen?

Möchten sie wie Baerbock, Scholz oder Pistorius rund um den Globus fliegen und einfach nie ihre Kinder sehen? Dann sollen sie das bitte machen! Dann sollen sie es bitte besser machen! Dann sollen sie von ihren Sofas aufstehen und sich engagieren. Und ich sage ihnen voraus: Sie werden schon als kleinstes kommunalpolitisches Licht nach wenigen Wochen merken, welch undankbarer Knochenjob das ist, den die Menschen da leisten.

Menschen, die in die Politik gehen, wollen etwas verbessern

Kommunalwahl
Foto: pixabay

Und warum tun sie das? Auf kommunalpolitischer Eben übrigens sogar zum größten Teil ehrenamtlich? Mit wöchentlichen Fraktions- und Ratssitzungen und Diskussionen? Weil sie was verändern wollen. Weil sie es besser machen wollen – FÜR EUCH, für uns alle. Niemand, einfach KEINER geht in die Politik mit dem Ziel, es SCHLECHTER zu machen für die Leute.

Die, die es alle so viel besser wissen, wie wir die Krisen der Welt in den Griff bekommen sollen – sollen sich doch bitte mal einen Vormittag an einen Wahlkampfstand stellen und Stunden ihrer Freizeit opfern, um sich im Zweifel von Passanten beschimpfen zu lassen für ihr Engagement. Und dann möchten sie doch bitte neben diesen äußeren Anfeindungen auch noch intern mit dem Gegenwind kämpfen, den parteipolitische Machtkämpfe so mit sich bringen.

Ja, und dann sollen sie bitte mal VERSUCHEN, eine gute Idee durchzusetzen. Gegen die Kräfte der Opposition, gegen die Stimmen sogar aus eigenen Reihen. IN einer Demokratie, in der alle (zum Glück natürlich!) mitentscheiden dürfen. Aber wisst ihr, was für ein Akt das ist, mal eine gute Initiative umzusetzen, wenn da im Stadtrat die blauen Immerzu-Neinsager ihre Verhinderungskultur durchziehen? Wisst ihr, wieviel Kraft das braucht? Wie viel Überzeugung?  

Immer nur auf Politik schimpfen? Wir verlieren die besten Kräfte

Die guten Kräfte gehen uns auf diesem Weg verloren, liebe Leute! Wie oft habe ich schon überlegt, ob ich mir das noch geben soll. Ob ich mir das wirklich weiter antue. Für kein Geld (ein Ortvorstand bekommt zum Beispiel keinen Cent für seine Arbeit, obwohl er verantwortlich für alle Mitglieder ist, wusstet ihr das?) von allen Seiten nur kritisiert und skeptisch beäugt und von außen und innen bewertet werden.

Ist doch klar, dass dann irgendwann nur noch Menschen wie computergesteuerte Roboter da durchhalten, weil sie es schaffen, sich eine Ritterrüstung zuzulegen, um all das nicht persönlich zu nehmen und an sich abprallen zu lassen – FÜR DIE GUTE IDEE. Für unser Land und für die Leute, die darin leben.

„Die Politik muss jetzt aber…“ habe ich am Morgen nach der Wahl so oft gelesen. Ja, verdammt, wieso muss die Politik und wieso muss einfach jeder selbst? Dann sollen sie was machen, was tun, das ist Demokratie, alle alle dürfen mitmachen und sich einsetzen. Wir können nicht alles immer zu „den Anderen“ delegieren. Wenn wir was verändern wollen.

Europawahl 2024: Die blaue Partei und ihre jungen Fans

Europawahl 2024
Foto: pixabay

Und dann diese Fragen, warum denn so viele junge Leute die blaue Partei wählen (auch Stadt Land Mama hat das in der Instastory gefragt). Dabei haben doch alle Zahlen vorab angedeutet, dass es so kommen könnte. Ganz TikTok ist voll von blauen Bots und über die Hälfte der politischen Accounts in diesem bei der Jugend so beliebten und rund um die Uhr genutzten Netzwerk sind…. BLAU.

(Und überhaupt, liebe Kritisierenden: Einerseits schreit die Öffentlichkeit, die etablierten Parteien hätten den Anschluss verpasst, weil sie NICHT bei TikTok sind und nun gehen einige – unter anderem der Kanzler als prominentestes Beispiel – hin und stellt sich dem und dann wird es nur lächerlich gemacht? Was wollt ihr denn nun?)

Die Ergebnisse dürften also eigentlich keine große Überraschung sein. Und nein, ich glaube nicht, dass auch die Eltern all dieser blau wählenden Sprösslinge so stramm rechts sind, dass sie die eigene Brut davon überzeugen. Ich glaube viel eher, dass viele Jüngere den Älteren damit einen Stinkefinger zeigen wollen. Einen fatalen Stinkefinger allerdings, weil sie sich damit ja selbst die Zukunft verbauen.

Und wer politisch einen Stinkefinger zeigen und möglichst viel Hysterie auslösen will, dem spielen strafrechtliche Verfahren und Spione bei den Blauen da ja nur noch mehr in die Karten. Je größer der Skandal, desto eher reagiert die Mehrheit mit Oh und Ah-Rufen. That´s what they want. Das glaube zumindest ich. Und ja, es gibt viele Ausländerfeinde auch unter den Blauwählenden, es ist nicht nur Protest bei allen, da bin ich nicht naiv genug, als dass ich das ausklammern könnte.

Und nein, kommt mir jetzt nicht mit: Der öffentliche Nahverkehr ist in Deutschland in ländlichen Gebieten aber so schlecht. Alles ist so teuer geworden. Auf Ängste, Sorgen und Probleme wird nicht eingegangen – darum eben blau wählen. NEIN!

Denn ja, es läuft vieles nicht rund grad, das sehen wir doch selbst, aber nichts wird besser werden durch diese – sorry –Polterer mit menschenfeindlichen Deportationsfantasien und ohne Benimm und Anstand. Im europäischen Parlament wollen nicht einmal mehr die rechten Parteien mit ihnen zusammenarbeiten, weil sie ihnen zu rechtsradikal sind.

Sprüche wie „Aber wir müssen den aktuell Regierenden doch einen Denkzettel verpassen“ lasse ich nicht gelten, denn sie bedeuten, dass man sich aus Protest über die aktuelle Lage eine noch schlechtere beschert.

Schlechter für Frauenrechte, für Vereinbarkeit, für Familien mit Kindern mit Behinderung und noch so vieles mehr – schlechter für die Gesellschaft. Die Ergebnisse der Europawahl taten wirklich weh. Es fühlte sich ein bisschen an wie ein verlorenes Fußballturnier, das die schlechteste aller Mannschaften (in meinen Augen) auf einem der ersten Plätze für sich klarmachen konnte.

Und nochmal zu den Protestwählenden: Wenn ich mir einen Finger breche, schlage ich mir doch auch nicht einfach aus Protest die ganze Hand ab… was ist das für eine Logik?! Ich nehme mir als kommunalpolitisch engagierte Bürgerin jetzt den gebrochenen Finger mal mit in mein Gesundheitskonzept. Versuche, die besten Mittel der Heilung an den Start zu bringen und den Finger zu verarzten, bis er wieder funktioniert.

(Und wer jetzt meint, das sei ein Widerspruch, dass ich finde, politisch Aktive sollten nicht beschimpft werden und dann selbst was gegen die Blauen sage: Ich beschimpfe nicht, ich beleidige nicht, ich äußere Kritik an dieser Spezialpartei, das widerspricht sich nicht, das ist schlicht demokratisch)

Ich nehme noch einmal einen tiefen Atemzug und Anlauf dafür. Trotz Gegenwinds und für die gute Idee. Ich weiß aber nicht, wann auch mir die Kräfte schwinden, weil in Deutschland der Respekt flöten geht vor Menschen, die sich für die Gesellschaft engagieren. Und damit meine ich nicht nur politisch Aktive, sondern auch Menschen bei Polizei und im Rettungsdienst.

Und wenn ich auch nur einen Wunsch frei hätte, dann wäre es, dass diese Menschen auf ganzer Linie unterstützt werden statt ihnen zusätzlich Steine in den Weg zu werfen.“

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16 comments

  1. ich ärgere mich

    Ja ich ärgere mich. Mein Mann ist selbst in der Kommunalpolitik aktiv und ich habe ihm die letzten Wochen den Rücken freigehalten.
    Arbeitskreise (noch mehr als üblich), Stand im Städtle und das Aufhängen UND Entfernen von unzähligen Plakaten.

    ABER
    Ich finde du machst es dir zu einfach. Die Ampel hat komplett den Kontakt zur Mitte verloren – und ihnen ist es auch sichtlich egal, sonst hätte Scholz schon längst die Vertrauensfrage gestellt.
    Ich finde das Erstarken der rechten Parteien in Deutschland und Europa furchtbar ! Und es gibt für mich keine Rechtfertigung AfD zu wählen.
    ABER
    Ich kann sie Wut der Leute verstehen. Die Rente ist extrem unsicher und steht in keinem Verhältnis mehr zu dem was viele ein Lebenlang leisten und an Steuern zahlen.

    Auf der Homepage wird das Bürgergeld als
    SOZIALE ABSICHERUNG beworben??
    https://www.focus.de/finanzen/news/bundesagentur-fuer-arbeit-verwirrt-finanziell-absichern-mit-dem-buergergeld-arbeitsagentur-gibt-bizarre-tipps_id_260026940.html

    ERNSTHAFT?

    Nein! Das Bürgergeld ist dazu da, vor Armut zu schützen!
    Ich gehe jeden Tag arbeiten, für meine Versicherung, für die Finanzierung meines Lebensstandards, meine Versicherung und meine Rente.
    Es ist für mich absolut unverständlich, dass Leute, die Arbeiten können (Kranke und Behinderte meine ich nicht) trotzdem weiter finanziert werden.

    Ich arbeite im sozialen Bereich. Jeder, der bei uns arbeitet, hat danach ein andere Meinung zu Migration und Bürgergeld. Viele meine Klienten leben seit Jahren in Deutschland und können sich kaum verständigen.
    Ja, sie haben an Deutschkursen teilgenommen, die die Gesellschaft echt viel kosten. Und es gibt so viele Handyapps die das Sprachenlernen erleichtern , wo ein Wille da ein Weg. Wir kümmern uns im die Kinder, die ganzheitlich Ebtwicklungsverzöger sind. Viele werden nie in Ausbildung und Arbeit kommen.
    Aber der ukrainische Vater spielt Handyspiele bei uns auf dem Flur, spricht kein Deutsch trotz Sprachkurs und bringt die Tochter mit Handy in der Hand zu uns. Auf die Frage, ob er auf Arbeitssuchende ist, lacht er und sagt BÜRGERGELD.
    DAS hören wir ständig.

    Viele haben NULL Interesse Deutsch zu lernen. Aus persönlichen und kulturellen Gründen. Und auch aus strategischen. Denn so bleiben sie weiter unvermittelbar unbenommen weiterhin Bürgergeld .
    Davon mal angesehen – das ist eine „goldene Kuh “ und ein offenes Geheimnis, das viele auf Grund ihres kognitiven Entwicklungsstands nicht in der Lage sind, Deutsch zu lernen, da hilft kein Sprachkurs! Viele kommen aus sehr armen Ländern, sprechen die Muttersprache schlecht und haben eine schlechte Schulbildung. Und oft zeigt sich darin wie sie ihre Kinder erziehen, wie sie selbst aufgewachsen sind.

  2. Entschuldigung, mein Kommentar klingt sehr hart, das wollte ich gar nicht in der Form. Ich finde Engagement für eine Gesellschaft existenziell. Ich meine nur dass schon in der Lokalpolitik viele Egos und viel Machtbewusstsein aufeinandertreffen. Da muss ich mich schon als Ehrenamtlicher sehr sehr strategisch geschickt aufstellen, um meine Interessen durchzubekommen.
    Das wäre mir persönlich zu anstrengend für mein Privatleben. Da- finde ich -kann ich durch Engagement im kleinen Kreis größere Wirkung erzielen durch weniger Energieverlust.

    Ich fände eine Politik wie den Bürgerrat sehr angemessen. da sitzen viele verschiedene Positionen an einem Tisch die gemeinsame eine Konsenslösung herausbringen sollen. da erkennt der Bürger wieviel Arbeit und Kompromissbereitschaft eine solche Lösung erfordert. Bitte viel mehr davon. da muss der Veganer mit dem hardcore Fleischesser ins Gespräch kommen, Da muss der Rechtsradikale mit dem Linksradikalen eine gemeinsame Wertehaltung finden etc.

  3. Sinas und Janines Kommentaren kann ich nur voll und ganz zustimmen…

    Danke für die Einblicke in Deinen Alltag…ich finde, dass Anstand und Respekt wichtige Dinge sind, mit denen man ja jedem Menschen begegnen sollte…und Kritik sollte fair formuliert werden.

    Aber ich habe auch einmal eine Gegendarstellung:
    Ich gehe am vergangenen Samstag durch unsere Stadt und bekomme ein Flugblatt von einer bekannten Partei, die ich sehr lange gewählt habe und die nicht mehr mit meinen Werten übereinstimmt, unter die Nase gehalten… Ich sage lächelnd: ‚Nein danke, mit Ihnen bin ich durch.’😉
    Der junge Herr entgegnet mir mit erhabener Stimme: ‚Sie wählen aber schon die Demokratie.‘ Abgesehen davon, dass mir nichts ferner liegt als die Blauen zu wählen, empfinde ich solche Äußerungen als extrem unprofessionell und übergriffig…

  4. Ich denke, hier werden zwei Dinge vermischt, die (traurigerweise) gar nichts miteinander zu tun haben: Ehrenamtliches Engagement auf kommunalpolitischer Ebene und die Arbeit eines Landes-oder Bundespolitikers.

    Anderes ehrenamtliches Engagement ist sowieso nochmal was anderes.

    Während ich absolut dafür bin, jedem ehrenamtlichen Gemeinderat o.ä. Respekt für seine Bemühungen zu zollen (was nicht heißen muss, dass ich ihn nicht kritisieren darf, nur weil ich selber mich nicht habe aufstellen lassen), ist die Sache bei Spitzenpolitikern eine andere.
    Einem Typen wie Christian Lindner zu unterstellen, er mache den Job aus Menschenfreundlichkeit und um Deutschland zu einer besseren Zukunft zu verhelfen, ist geradezu lachhaft. Auch das bedeutet nicht, dass ich ihn nicht sogar schon gewählt habe, weil ich manches, was er tut, gut finde. Aber ich muss ihn nicht feiern für sein Engagement.
    Und ich muss zugeben, ich „bashe“ oft „die Politik“, weil meiner Meinung nach eben kein einziger Typ da oben steht, der Format hat, der nicht in irgendwelche Mauscheleien verstrickt ist und auf den ich mich verlassen kann.
    Ich lasse mich nicht aufstellen, weil ich weiß, ich könnte da nicht mitmachen-ich würde verzweifeln an der Bürokratie, daran meine große Klappe nicht aufmachen zu dürfen, wie ich will und ich hätte Bedenken, ob ich der Sache inhaltlich gewachsen wäre.
    Und jetzt darf ich nicht mehr meckern über Politik? Weil Söder sich aufopfernd in ein Bierzelt nach dem anderen setzt? Weil Scholz und Amthor und Spahn nur ganz wenig Gelder irgendwie um die Ecke bringen? Weil der Privatjet von Friedrich Merz ja seine Privatsache ist?

  5. Danke für den Einblick in deinen kommunalpolitischen Alltag. Ich bin dankbar, dass es Menschen gibt, die sich engagieren.
    Ich denke natürlich, dass du Recht hast, wenn du sagst, dass kaum einer weiß, was es bedeutet. Wie viel Kraft es kostet, gegen Windmühlen zu treten etc.
    Ich denke man darf nicht vergessen, dass das in erster Linie für die Bürger*innen egal ist. Die Frage ist: was kommt an? Mir persönlich ist es wichtig, was ein Politiker (oder Arzt oder oder oder) erreicht, weniger wie es hinter den Kulissen aussieht.
    Das kann man vielleicht damit vergleichen: ich liebe meine Kinder über alles und mache sehr viel für sie. Wenn das aber nicht bei ihnen ankommt, spielt mein Tun keine Rolle.

  6. Ich hoffe dass die Autorin nicht wirklich mit dieser Naivität in die Politik gegangen ist. Denn dann, so befürchte ich, könnte sie in den Mühlen zerrieben werden.

    Erstens finde ich es ein wenig plakativ mit den Kindern. Scholz hat keine Kinder, ich wünschte er hätte welche, vllt.würde er die Hürden die es diebzgl gibt, ernster nehmen.
    Baerbock hätte den Job auch 10 Jahre später machen können, dann hätte sie den Aufwachsensprozess ihrer Kinder durchaus miterlebt. Das ist aber gar nicht ihr Interesse.

    Zweitens gehen die Menschen nicht in die Politik aus reiner Menschenfreude, sondern aus Machtkalkül und Egogründen. Macht ist ein riesiges Spektrum.
    Sollte die Autorin nur aus reiner Menschenfreude in die Politik gegangen sein, empfehle ich ihr ihren Wirkungskreis in Kita, Schule, Kirche ehrenamtlich zu verlagern. Dort finden sich Menschen, die dies rein aus Humanismus tun und ihr Wirkungskreis ist dann größer als in der Politik.
    Aber vielleicht schmeichelt es doch ihrem Ego, erkannt zu werden, angesprochen zu werden, du kannst ja vielleicht was machen etc…

    Drittens ist die aktuelle Politik eine absolute Vollkatastrophe. Mir ist völlig bewusst, dass Politik ein schwieriges und minenreiches Feld ist. Aber ein guter Anführer in einer Demokratie erkennt dass er seine Macht nur halten kann, wenn es ein Benefit für das Volk gibt und nicht nur für die akademische Elite. Scholz nimmt die Sorgen, Nöte gar nicht wahr. man kann jetzt drüber streiten, ob er autistische Züge hat und dies einfach nicht kann oder ob es bloße Ignoranz ist. Aber durch diese Unfähigkeit bzw. durch das Machtvakkuum was entsteht, besteht die große Gefahr , dass es wieder zu Autokratie kommen kann ( vermeintlich einfache Antworten auf komplexe Sachverhalte). Mir ist schon klar, dass er nicht die alleinige Verantwortung dafür trägt und es ein komplexer Prozess ist.

    Es ist auch naiv zu glauben, dass es ausschließlich Protestwähler sind, die die AfD gewählt haben.
    Der Rechtsextremismus ist schon immer weit verbreitet, war nur lange Zeit gesellschaftlich verächtet. Diese Einstellung hat auch nichts mit Bildung zu tun( siehe führende Afd Politiker), sondern ist meist familiär tief verwurzelt.
    Ich habe vor ca.15 Jahren in New York studiert und dort stand im Lonley Planet Deutschland schon geschrieben: Vorsicht, wenn sie nach Ost Deutschland reisen, da ist Rechtsextremismus noch weit verbreitet. Also so ganz verschwunden war diese Einstellung leider nie.

    Daher wir alle können es besser machen, indem wir versuchen vor Ort, freundlich , hilfsbereit und verantwortsbewusst mit unseren Mitmenschen umzugehen.
    Denn dann ist unsere Gesellschaft schon ein ganz großen Schritt weiter.

    1. Irgendwie hast Du ja nichts verstanden, was die Autorin da geschrieben hat. Es ist genau dieses Gebashe, was sie meint, was Du aber halt auch machst. Ich kenne Olaf Scholz zufällig sogar persönlich. Ist schon länger her, aber natürlich will er das Leben der Menschen besser machen. Warum sollte er es schlechter machen wollen? Aus Machtkalkül? Ernsthaft?

  7. Oh mein Gott, vielen Dank für Deinen Beitrag! Du sprichst mir aus der Seele. Auch ich engagiere mich politisch. Und ja, natürlich mache ich das auch, weil es mir Spaß macht, weil ich etwas bewegen will. Aber gerade in den letzten Monaten/Jahren ist als ganz wichtiger Grund hinzu gekommen, dass ich für meine Kinder eine lebenswerte Welt hinterlassen möchte. Und dafür leiste ich meinen Beitrag. Und entweder wird man dafür belächelt oder angefeindet von Menschen, die sich selbst gar nicht einbringen. Spaß macht das oft nicht mehr.
    Danke, dass Du das alles so schön auf den Punkt gebracht hast.

    1. Liebe Schreiberin, Danke für Deinen Artikel, den ich absolut so nachvollziehen kann. Danke für Dein Engagement!
      Habe selbst 3 Ehrenämter, die z.T. mit erheblichem zeitlichen Aufwand und großer Verantwortung einhergehen.
      Kommunalpolitisch aktiv bin ich aber nicht. Als generelles Problem für ehrenamtlich getragene Gemeinschaften sehe ich, dass sich immer weniger Menschen einbringen möchten und die wenigen, die sich aus Überzeugung engagieren, in immer mehr Aufgaben und Posten ertrinken. Das sorgt für Frust, Überforderung und auch die Aussenwirkung ist dann alles andere als locker flockig, so dreht sich die Spirale abwärts.
      Aber ich kann auch den Frust über die „große“ Politik nachvollziehen. Gerade in meinen Ehrenämtern erlebe ich täglich, wie es schwerer wird die zunehmende Administration, Reglementierungsflut, neue gesetzliche Vorgaben (oft aus dem Bereich „gut gemeint, schlecht gemacht“)umzusetzen. Da fehlt von seiten der Bundespolitik oft jedwede Einsicht in z.B. genossenschaftlich, ehrenamtlich getragene, Organisation. Am Ende zermürbt man die sozial engagierten und große Unternehmen stellen halt einfach den nächsten Juristen oder BWLer ein. Wir könnten Teil der Lösung sein, werden aber komplett übersehen.

  8. Liebe Schreiberin,
    ich verstehe deine Wut,deinen Frust und deine Resignation.
    Das jegliche Angriffe,ganz gleich welcher Art,indiskutabel sind,versteht sich von selbst.

    Das Menschen der Meinung sind,sie könnten es besser,betrifft wohl viele Berufe und da sollte man,meiner Meinung nach,drüber stehen,wenn man sich seiner Kompetenz bewusst ist.

    Dein Unmut über die Protestwähler kann ich verstehen.
    Denn eine wirkliche Alternative haben sie nicht gewählt.
    Ich lebe in einer Stadt in der erstmals die Blauen die stärkste Kraft in der Bürgerschaft stellen.
    Was das für die Zukunft der Stadt bedeutet,wird sich in den nächsten Jahren dann zeigen.

    Aber die eigentliche Frage,warum die Leute gewählt haben,wie sie gewählt haben,ist doch der entscheidende Punkt.
    Woher kommt denn der Frust,den du beim Wahlkampf spürst?
    Warum sind die Leute so unzufrieden,dass sie in die großen Parteien kein Vertrauen haben?
    Wird denn wirklich auf die Ängste und Sorgen der Bevölkerung eingefangen?
    Warum stellen die Altparteien sich nach dieser Wahl hin und sind überrascht?
    Für mich nur ein Zeichen,wie weit die jetzige Politik von den Menschen entfernt ist.

    Und natürlich,jeder hätte die Möglichkeit sich politisch zu engagieren und sich zu beteiligen.
    Nach Teilnahme an einer Bürgerschaftssitzung habe ich für mich beschlossen,dass ich das nicht könnte.
    Und warum?
    Weil einfachste Anfragen,Satzungen und Beschlüsse durch einen Wust von Gremien,Arbeitsgruppen usw gehen,bevor eventuell etwas beschlossen wird.
    Und daran krankt doch das gesamte System.
    Das hält viele Leute davon ab,sich zu beteiligen.

    Ich wünsche dir weiterhin die Kraft und die Motivation dich zu engagieren.

    1. @ Möwe Das ist das älteste Unding der Welt, warum das so ist: Menschen mögen es nicht, wenn es kompliziert ist.
      Politik, einen Staat zu lenken im Sinne des Gemeinwohls, ist aber kompliziert.

      Unpopuläre Entscheidungen müssen manchmal getroffen werden, die Erklärungen sind kompliziert (s. o.). Diejenigen, die unpopuläre Entscheidungen treffen müssen, werden dafür abgestraft. Es gibt wiederum andere Menschen, für die ergibt sich daraus ein Riesenspielplatz, um eigene Interessen zu verfolgen (die Trumps, Weidels, Wagenbachs, Herr Merz ist auch dabei – usw. usf. dieser Welt). Die habe die einfachen Lösungen, denn die müssen nichts differenzieren oder abwägen, weil deren einziges Ziel ist, wie geht es mir am besten.
      Je jünger ein Mensch ist, desto eher neigt er zum schwarz-weiß-Denken. Das regelt bei vielen die Zeit, die psychische Entwicklung. Man lernt differenzierter zu denken, wenn man an Lebenserfahrung zugewinnt. Ich bin deswegen auch dafür, dass junge Menschen ab 16 wählen dürfen. Wir brauchen einerseits gesellschaftlich auch das Gegengewicht, weil die jüngeren Menschen auch weniger sind als wir Älteren. Andererseits ist es wichtig, zu lernen, wenn ich Extreme wähle, passieren extreme Dinge.
      Aber unsere Gesellschaft muss sich auf den Weg machen, politische Verantwortung mehr zu lehren. Nicht von oben herab, nicht als Schulfach mit Noten. Wenn Ihr Euch über die Jugendlichen aufregt, die extrem gewählt haben, dann überlegt Euch, wo IHR verpasst habt, den jungen Menschen in Augenhöhe schwierige Zusammenhänge zu erklären und vorzuleben, das nicht alles schwarz-weiß ist. Wenn Ihr Euch darüber aufregt, dass Jugendliche Klimakatastrophenverleugner wählen, wo seid Ihr, die denen vorlebt, sich zu engagieren, etwas dagegen zu tun und auch Hoffnung zu haben.

      Ich bin auch nicht in der Politik, aber ich schieb meine gesellschaftliche Verantwortung nicht auf ein paar Menschen, die ich nicht näher kennen. Und überlasse denen auch nicht die Vermittlung ethischer Werte und Urteilsfindung an meine Kinder.

    1. Hallo Stefan, ich musste jetzt überlegen, ob ich dir antworte, aber ich versuche es mal: du hast mich wohl missverstanden.
      Ich unterstelle in keiner Weise dass Olaf Scholz was Schlechtes für die Gesellschaft oder den Einzelnen möchte. Im Gegenteil, ich glaube, dass er durchaus sehr positive Werte vertritt, die es wert wären, zu leben.

      Das Problem liegt darin, dass kein positives Ergebnis für die Bevölkerung sichtbar wird bzw.nur für einen kleinen elitären Teil(was er gar nicht beabsichtigt).
      d.h.in meinen Augen verhält er sich strategisch äußerst schwach, denn seine Politik kann er trotz stärkster Kraft nicht mal ansatzweise gewinnbringend durchsetzen.

      Darüber hinaus sollte ein Politiker kommunizieren können, die Bevölkerung bzw.ein Großteil der Bevölkerung muss das Gefühl haben, die Nöte und Sorgen kommen an.Das scheint nicht seine Stärke zu sein.

      Ergo glaube ich dass er der falsche Mann in der falschen Position ist,insbesondere in diesen heiklen Zeiten.
      Aber das bedeutet nicht, dass er nicht privat ein netter Nachbar, Freund, Lebensgefährte sein kann.
      Ich spreche ihm die Fähigkeit des Amtes ab, aber nicht seine persönliche Nettigkeit.
      Da würde ich differenzieren .

  9. Ein toller Beitrag! Ich schaffe es nicht mich politisch zu engagieren, außer hin und wieder bei Demos fürs Klima einzustehen, habe aber großen Respekt vor allen, die es tun. Ich wünsche der Schreiberin viel Kraft und Alles Gute beim Durchhalten und Kämpfen für die gute Sache!

    1. Liebe Schreiberin, ich finde deinen Beitrag toll und treffend und danke dir und allen politisch engagierten Menschen, insbesondere den Ehrenamtlichen.

      Aus meiner Sicht müssten die Medien bei der gesellschaftlichen Entwicklung mehr Verantwortung übernehmen. Hier nehme ich einen deutlichen Qualitätsverlust wahr. Es sollte mehr differenziert über Inhalte und Zukunftsperspektiven gesprochen werden anstatt über Personen- und Koalitions-Hick-Hack das allenfalls für eine Berliner Blase interessant ist. Ich glaube es sollten mehr Themen auf die Agenda kommen, die die Menschen wirklich betreffen. Außerdem beobachte ich, dass die Sprache in den Medien viel emotionaler, skandalisierender und bewertender geworden ist. Ich glaube, es würde uns gut tun hier wieder sachlicher und deskriptiver zu werden. Auch in Hinblick auf die blaue Partei, deren „Dämonisierung“ ihnen vermutlich mehr nützt als schadet. Traurigerweise.

      Damit meine ich vor allem die öffentlich-rechtlichen Medien, die per se eine Verantwortung haben. Aber vielleicht gibt es auch Steuerungsmöglichkeiten für soziale Medien?

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