Gastbeitrag: „Na, wann ist es bei dir so weit?“

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Guten Morgen, Ihr Lieben! Heute schreibt Maria, 32, aus Köln darüber, wie es ist, ständig nach einer möglichen Schwangerschaft gefragt zu werden. Ein wunderbarer, humorvoller Beitrag. Danke dafür, liebe Maria!

 

"Na, wann ist es bei dir so weit?" Wie andere bestimmen wollen, wann ich ein Baby zu bekommen habe und sich nicht scheuen, ständig danach zu fragen.

Das schlimmste daran, dass mein Mann mich 2012 nach drei Jahren Ehe für eine Frau verließ, die Anfang 20 war, Perlenohrringe und Seidenhalstücher trägt und die CSU wählt, war die eine Frage: "Was ist jetzt mit einem Baby?" Allerdings war nicht ich es, die sie mit meinen damals 29 Jahren stellte. Die erste war meine Frauenärztin: "Das ist ja blöd, bestimmt hätten sie sich auch ein Kind gewünscht. Na dann müssen Sie gucken, ob sie jetzt noch den Richtigen finden!" Die richtige Frauenärztin hatte ich damals jedenfalls nicht.

Der nächste Tiefschlag kam von meiner Tante: "Das tut mir so leid für dich. Du wolltest doch bestimmt mal Kinder haben. Das wird jetzt schwierig." Ich stammelte ein verdutztes "Äääh, ja, schon irgendwann", rechnete im Kopf die Jahrhunderte bis zu einem möglichen Einsetzen des Klimakteriums durch und beruhigte mich mit dem Gedanken, dass ich trotz meines hohen Alters noch viele potentielle Geschlechtspartner haben könnte, sogar zu Fortpflanzungszwecken. Doch irgendwie stand ich mit dieser Ruhe ziemlich alleine da.

Auch am kurz darauf folgenden Klassentreffen. Die meisten meiner ehemaligen Klassenkameradinnen waren nicht da, weil sie sich schon fortgepflanzt hatten und/oder gerade dabei waren und die, die trotz Mutterschaft anwesend waren, gaben mir das Gefühl, ich müsse demnächst einen Exorzisten aufsuchen.

Getrennt, 29, kinderlos, hoffnungslos. Kurz darauf die Apokalypse: mein 30. Geburtstag. Mit meinen Freunden verbrachte ich ihn nach deren Erzählung recht schwungvoll (wenn dieser übermäßige Alkoholkonsum mal nicht die Eierstöcke schädigt!!) in einer Bar, mit meiner Familie beim Abendessen in einem Gasthaus, abwechselnd meine Neffen auf dem Schoß beschmusend. "Ach, wie gut dir so ein Baby stehen würde. Wann machst du denn jetzt mal eins? Bist nun auch schon 30." Happy Birthday! Jetzt bin ich 32 und was soll ich sagen: ich habe es immer noch nicht getan, obwohl ich seit zwei Jahren einen tollen Partner habe. Crazy, was? Und da ich so ein krasser Adventure-Typ bin, hab ich nicht mal Eizellen einfrieren lassen.

Die Frage nach meinem Kinderwunsch begegnet mir dennoch ohne Unterlass. Und zwar von völlig Fremden, von Freunden, von Kollegen, von der Familie. Ich verstehe euch Frager nicht! Ich finde die Frage nach einem Kind ungefähr so privat wie die nach der Intimfrisur. Damit wir uns nicht falsch verstehen: Ich liebe Kinder. Mehr noch: Ich vergöttere sie. Wann immer ich eines in die Finger bekomme, wird es mit Liebe überschüttet, ob es will oder nicht. Was Beobachter wiederum unweigerlich zur Frage drängt: "Na, wann ist es bei dir so weit?" In letzter Zeit höre ich sie beinahe so oft und so lapidar ausgesprochen wie ein "Wie geht's?"

Ich bin es leid, dass ihr ständig meine Biologische Uhr aufzieht! Ich möchte mich nicht permanent dafür rechtfertigen, warum ich "es" immer noch nicht getan habe und beantworten, ob und wann ich es tun werde. Es geht euch nämlich nichts an! Ich entscheide mit meinem Partner zusammen den Zeitpunkt. Und ich will mir der Liebe ganz sicher sein, ehe ich ein Kind in die Welt setze. Denn ich möchte zumindest mit der Absicht in die Zukunft gehen, dass mein Kind zwei Elternteile hat. Ich weiß, ihr meint es alle nicht böse und ihr würdet euch auch sicher alle mit mir freuen, wenn es klappen sollte.

Aber was ist, wenn nicht? Wenn ich kein Baby bekommen kann? Dann wäre eure Fragerei noch unangenehmer als sie eh schon ist. Und dann weiß ich nicht, ob ich nur mit einem Augenrollen und einem Gastbeitrag bei "Stadt, Land, Mama" reagieren würde.

 

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13 comments

  1. Genau das!
    Ich schließe mich an: Was habe ich mich immer über diese Frage geärgert?! Und selbst jetzt mit einer vier Wochen alten Tochter nervt es mich stellvertretend für all die Frauen, die nicht wollen oder können – aus welchen Gründen auch immer! Es ist nicht immer leicht, weg zu hören oder mit Humor zu antworten. Für mich gehört diese Art der Fragen zu den absoluten Killern. Genauso wie bei einem rundlicheren Bauch direkt eine Schwangerschaft zu „unterstellen“. Oder etwa an den Bauch zu greifen. Es gibt so viele Arten, wie Mitmenschen ohne Absicht übergriffig werden. Ich versuche für meinen Teil, mich selbst dabei zu ertappen und es zu lassen. Ich mag deinen Beitrag und hoffe auf mehr! Als Mensch, als Frau. Egal ob Mutter oder nicht.

  2. Ich gehöre zu den unglaublich
    Ich gehöre zu den unglaublich neugierigen Freunden, die am liebsten ständig fragen würden. Ich selbst bin schon lange verheiratet und habe zwei Kinder, entspreche also dem gängigen Standart. Da ich aber selber weiß, wie nervig diese Fragerei ist, frage ich bei befreundeten Paaren einmal nach OB denn überhaupt irgendwann mal Nachwuchs gewünscht ist. Denn ich habe auch Freunde, die kinderlos glücklich sind und bleiben wollen. Für alle anderen freue ich mich dann, wenn es so weit ist!

  3. Bin voll bei Dir
    Die vielen Fragen hatte ich nicht, aber es gab schon so ein zwei Kommentare die mich massiv ins Grübeln brachten. So nette Sätze wie: “ willst du das dich alle für die Oma halten wenn du dein Kind in die Schule bringst?“ oder “ Frauen die keine Kinder zur Welt gebracht haben werden im Alter unausstehlich und unglücklich“
    Meine Beweggründe noch mit 35 kein Kind zu haben waren exakt dieselben. Mein Kind sollte Vater und Mutter unter einem Dach haben. Zugeben „sicher“ kann man sich nie sein, und manche Pläne werden ja auch einfach vom Leben überrollt. Ich traf mit 37 einen alten Bekannten wieder, und plötzlich ging alles ganz fix. Wir wollten beide zur selben Zeit das Gleiche, dieses Jahr gibt es den 10. Hochzeitstag und unser Sohn wird neun Jahre alt. Also nicht aus der Ruhe bringen lassen, es kommt wie es kommen soll!. Und für die doof Fragenden lässt Du Dir vielleicht einfach eine „nette“ Gegenfrage einfallen, wie vielleicht nach der Intimfrisur *hahaha*

  4. Es hört nicht auf…
    Ich wundere mich auch immer wieder, wie viele Menschen sich trauen, einen penetrant mit so intimen Fragen zu belästigen! Spätestens nach meiner (Ü-30-)Hochzeit musste ich im Wochentakt Kollegen und entfernte Bekannte vertrösten, wann ES denn ENDLICH so weit sei.
    Kaum war mein Sohn ein paar Monate alt, ging’s wieder von vorn los: „Und, wann kommt denn ein Geschwisterchen?!“
    Das einzig Gute an der ganzen Fragerei: Ich werde sie meinen kinderlosen Freundinnen garantiert ersparen…

  5. verrückt, oder?
    meine beste Freundin hat damals zu ihrer Hochzeit per email geladen – und als Postskriptum „nein, es ist nichts unterwegs“ geschrieben, weil sie die fragen im Vorhinein unterbinden wollte. aber wahrscheinlich muss man wirklich milde sein: die fragenden wollen sich, wie du schon schreibst, einfach mit einem freuen.

  6. Mach Dir keinen Stress…
    …wer sagt denn, dass man mit 32 schon spät dran ist? Ich verstehe die Umwelt da nicht. Ich habe mein erstes Kind mit 35 bekommen und bin jetzt, mit 37 zum zweiten Mal schwanger mit Zwillingen. Je älter man wird ist es zwar statistisch gesehen schwieriger, aber man geht auch gelassener an vieles ran. Ich zumindest habe jetzt nicht mehr das Gefühl etwas zu verpassen, wenn ich am Wochenende abends auf dem Sofa liege, statt auf irgendeiner Party abzuhängen.
    Diese Fragen der Mitmenschen nerven – das kann ich gut verstehen. Die beste Lösung ist wohl: zum einen Ohr rein, zum anderen wieder raus. Es ist doch allein EURE Entscheidung. Vielleicht solltest Du Dir mal eine sehr persönliche Gegenfrage überlegen, wenn das nächste Mal wieder jemand mit dem obligatorischen „wann ist es denn soweit“ um die Ecke biegt…:-) Das bringt die meisten ja dann zum Verstummen 🙂 Alles Liebe für Dich, Anna

  7. Alles richtig
    Du machst das alles schon richtig. Ich wollte immer warten, bis in mir eine Stimme ganz laut sagt, dass ich ein Kind bekommen will. Und die Stimme sollte aus mir heraus kommen, nicht mir entgegen schreien.
    Und das war dann irgendwann so. Mit 32. und jetzt habe ich eine süße kleine Tochter.

    Also immer mit der Ruhe und auf das Bauchgefühl hören.

    1. Die Ruhe hat man selbst ja…
      … es sind die anderen, die, die Fragen, die einem die Ruhe und das Bauchgefühl nicht lassen wollen, sondern ihre eigenen Vorstellungen vom richtigen Zeitpunkt auf einen projezieren und nachfragen, auf den Bauch schauen, beobachten, ob man Alkohol trinkt (wehe, man lehnt mal ab!), usw.

  8. Einfach sagen: wir können
    Einfach sagen: wir können keine Kinder bekommen – glaub mir, dann fragt NIEMAND mehr 😉 das ist so mega unangenehm …

    wenn du dann eins hast fragen alle nach der Geburt und ob du stillst – und wehe das klappt nicht, dann warst du nur zu weich ein bisschen Schmerz zu ertragen. Aber zurück zum Artikel: sehr gut geschrieben!

  9. Du sprichst mir aus der Seele!
    Ich kann dich soooo gut verstehen. Mir ging es ähnlich, als ich mit Anfang 30, seit über zehn Jahren in einer festen Partnerschaft, aber unverheiratet und kinderlos war. Erst nervte die ständige Frage nach der Hochzeit und kaum waren wir verheiratet kam die unweigerliche Frage nach Nachwuchs. Leider konnte ich irgendwann auch nicht mehr so humorvoll darauf reagieren wie du. Selbst meinem Mann ist irgendwann die Hutschnur geplatzt, als eine entfernte Bekannte ihn auf einer Feier vor vielen Freunden aber auch Fremden auf das Thema angesprochen hat. Er meinte dann: „Was, wenn wir keine Kinder bekommen können? Dann nervt deine Fragerei nicht nur, dann verletzt sie einen unter Umständen sehr“. Gott sei Dank war das bei uns nicht der Fall, wir haben heute zwei tolle Kinder und den richtigen Zeitpunkt haben wir ganz allein bestimmt. 🙂

  10. Großartiger Beitrag
    Vielen Dank für diesen Beitrag!! Ich habe laut gelacht und freue mich, dass Du es trotz der völlig unangemessenen Fragen auch kannst! Ich habe mich vielen Jahren mit 29 von meinem damaligen Mann getrennt, u.a. (aber nicht nur!!!) deshalb, weil er recht plötzlich zu der Einsicht gelangt ist, nie Kinder haben zu wollen. Das wollte ich für mich so kategorisch aber nicht ausschließen. Ich wollte es mir offen halten. (Und wie gesagt kam noch ein Haufen anderer Trennungsgründe hinzu.) Ich habe damals aber die gleichen Kommentare geerntet! „Warum hast Du Dich getrennt? Warum wirfst Du Deine sichere Zukunft einfach weg? Willst Du etwa keine Kinder haben?“
    Damit jetzt keiner denkt, ich hätte mich direkt zu Forpflanzungszwecken in ein anderes Bett geschmissen: ich habe zwar nicht lange später meinen jetzigen Mann kennen gelernt, wir haben die biologische Uhr aber noch ein bisschen ticken lassen (zum Glück ohne nervige Fragerei…) und sind mit biblischen 34 und 38 Jahren wir Eltern zweier entzückender Jungen geworden.
    Lasst Euch bloß nicht reinquatschen! Ein Wort der Warnung: das ist erst der Vorgeschmack der Aufdringlichkeit. Mir haben in schwangerem Zustand alle Bekannten, aber auch fremde Leute an den Bauch gegrabscht. Schrecklich! Als wäre man plötzlich öffentliches Gut, nur weil man „erfolgreich“ Sex hatte.

  11. Jawoll!
    Ich kann dich sooo gut verstehen! Mich nervten damals auch alle mit diesen Fragen (und konnten meine Kinderlosigkeit Anfang 30 erst recht nicht verstehen, da ich seit Jahren schon den perfekten Partner hatte!) und ich war kurz davor aus Trotz gar keine bekommen zu wollen. Zum Glück hab ich den Trotz irgendwann überwunden und nun zwei tolle Kinder, die wirklich das beste sind, das mir je passiert ist. Aber: ES GEHT WIRKLICH NIEMANDEN ETWAS AN, WANN UND WARUM MAN KINDER BEKOMMEN MÖCHTE ODER EBEN NICHT. Diese Fragerei ist gehört sich einfach nicht. Vielleicht legst du dir irgendeine Antwort parat, damit die Leute merken, dass sie es besser sein lassen. Alles Gute für dich!

  12. Sehr schön…
    Wirklich ein sehr schöner Beitrag. Und ich kann Dich so gut verstehen. Ich werde zwar nicht so oft gefragt, aber irgendwie schwebt das Thema doch immer im Raum. Vor allem, wenn man gerade baut und sich verlobt hat. Da kommt dann auch die Frage: Bist Du schwanger? Nein, bin ich nicht. Kann man nicht auch heiraten, wenn man nicht schwanger ist? Und Kinder bekommen, wenn man nicht verheiratet ist? Und was geht es die anderen eigentlich an??? Ich sehe das genau wie Du, wenn wir uns dazu entscheiden, dann ist es so und wenn es dann klappt, ist alles super. Und wenn nicht, würde ich wahrscheinlich irgendwann auch ungehalten 😉
    LG Stephi