Ihr Lieben, könnt ihr euch noch erinnern, wie schwer die die Corona-Zeit so oft für uns Familien war? Unsere Leserin Juliane hat in dieser Zeit zwei Kinder bekommen und fühlt bis heute eine Traurigkeit, dass sie nie eine „normale“ Babyzeit genießen konnte. Bei uns schreibt sie ihre Geschichte auf:
Corona hat mir die Babyzeit verdorben
„Ich bin Mama von zwei ganz wundervollen Kindern – einem herrlich aufgeweckten Sohn (3 ½) und einer super lieben und mutigen Tochter (2). Ihr seht es schon am Alter der Kinder – ich bin eine „Corona-Mama“.
Ich war schon 29, als ich meinen Mann 2019 kennenlernte, er ist 12 Jahre älter als ich. Uns war beiden klar, wenn wir eine Familie gründen wollen, bleibt uns nicht allzu viel Zeit. Also haben wir uns trotz der beginnenden Pandemie entschieden, unseren Kinderwunsch anzugehen. Grundsätzlich bereue ich das auch nicht, ich liebe ihn und die Kinder über alles und würde sie nie wieder hergeben! Aber die Umstände brechen mir das Herz.
Die Einsamkeit zu Coronazeiten hat mich gleich mehrfach hart getroffen, da bei uns einfach alles zusammenkam. Kind 1 kam im vollen Lockdown zur Welt, wir hatten NULL Kontakte, NULL Vorbereitung und NULL Aktivitäten mit Kind. Ich habe mich elendig allein gefühlt, weil ich niemanden treffen konnte und mein Mann kaum zuhause war. Sein Job und seine pflegebedürftigen Eltern, die damals noch in seinem Elternhaus 150 km entfernt wohnten, haben ihn vollauf beansprucht.
Und ich habe mich selbst immer hintenangestellt, denn „ich kam ja gut klar“ mit dem Baby, der Sohn war wirklich pflegeleicht. Ich habe mir eingeredet, ich müsse zufrieden sein und habe jeden schlechten Gedanken heruntergeschluckt.
Bei der Geburt war ich komplett alleine
Als ich dann schnell schwanger wurde mit Kind 2, haben wir ein altes Bauernhaus in einem nahegelegenen Dorf gekauft und saniert, da unsere winzige Wohnung in der Stadt mit zwei so kleinen Kindern echt unpraktisch war. Meine Tochter wollte anscheinend das Haus mitkaufen – sie entschied sich 4 Wochen zu früh zu kommen, direkt am Notartermin. Mein Mann saß dann also mit dem Sohn beim Notar, während ich die Kleine komplett ohne Hilfe im Krankenhaus zur Welt brachte.
Die sehr liebe Hebamme war ausgerechnet in dem Moment kurz draußen, weil sie an dem Tag so viele Frauen gleichzeitig betreuen musste. Einfach mieses Timing. Ich weiß bis heute nicht so genau, wie ich das geschafft habe. Es war purer Instinkt, dass ich rechtzeitig zugepackt habe und das Baby nicht fallengelassen hab. Als die Hebamme wieder reinkam, stand ich schon da mit meiner Tochter in den Armen – zum Glück ging es dem Baby gut. Chefarzt und Hebamme betonten, dass sie das in ihrer ganzen Karriere so noch nicht erlebt hätten. Ich war irre stolz und fühlte mich für einen winzigen Moment sehr stark.
Aufgrund der Corona-Beschränkungen durften Papa und Sohnemann uns nicht besuchen und wir durften erst über eine Woche später das Krankenhaus verlassen. Eine schwierige Zeit für uns alle.
Wir waren gerade mal 3 Tage zuhause, als die Schwiegermutter stolperte und sich die Hüfte brach. Von da an war klar, dass sie und der Schwiegervater jetzt wirklich nicht mehr allein im Haus bleiben konnten trotz Pflegedienst. Mein Mann investierte also wieder seine ganze Zeit, seinen Eltern einen Heimplatz bei uns in der Nähe zu verschaffen. Nun war ich also wieder allein, diesmal mit zwei ganz kleinen Kindern.
Die Großeltern halten sich total raus
Meine Eltern sind zwar deutlich jünger, wohnen aber 500 km weit weg und verdienen keinen Blumentopf in punkto Großelternschaft. Jahrelang lag mir meine Mutter in den Ohren, dass sie auch Enkelkinder von mir wollen. Kaum waren die da, waren meine Eltern weg. „Zu laut“ ist der Sohn, „zu anstrengend“, dass es gleich zwei Kinder auf einmal sind. Man wolle lieber seine Ruhe. Ich habe durchaus Verständnis für meine Eltern, stand aber dadurch auch wieder komplett ohne Hilfe da.
Immer noch gab es keine Babykurse, die ich hätte besuchen können. So sehr ich mich auch bemühte, Kontakt zu anderen Mamas wollte einfach nicht entstehen. Der Sohnemann kam noch unter Corona-Bedingungen in die Kita. Da hieß es immer schnell rein und abgeben, Maske auf, bloß keine Kontakte zu anderen Leuten. Er hat sich trotzdem toll geschlagen und jetzt auf dem Dorf gehen er und seine Schwester wirklich gerne in die Kita.
Ich bin stolz auf meine wundervollen Kinder und freue mich über alles, was ich jetzt mit ihnen erleben kann. Ich habe lange Zeit verdrängt, dass mir eine „richtige Babyzeit“ mit ihnen gefehlt hat. Ich dachte, uns geht es doch gut.
Mich trifft die Trauer jetzt total
Aber jetzt trifft mich alles wie ein heranrollender Zug. Wir wohnen direkt neben dem Dorfspielplatz. Dort sehe ich jeden Tag fröhliche Großeltern mit ihren Enkeln. Das erleben meine Kinder nicht. Papa bringt sich inzwischen mehr ein, was schön ist. Trotzdem macht es mich traurig, dass meine Kinder keine ordentliche Oma-/Opa-Zeit kriegen, wie ich sie hatte.
Noch härter trifft es mich, wenn ich ständig schwangere Mamas in Grüppchen lachend durchs Dorf ziehen sehe. In der Kita, auch in der Gruppe meines Sohnes, sind mehrere Kinder, die gerade Geschwisterchen bekommen haben. Die strahlenden Mütter präsentieren ihre Babys beim Abholen der großen Geschwister den anderen Kindern aus der Gruppe, die alle mit „ah“ und „oh“ drumherum stehen und die Babys vergnügt streicheln. Auch meine Kinder sind ganz entzückt von den Babys.
Aber der Sohnemann fängt nun an zu fragen, warum das bei uns nie so war. „Es tut mir leid, mein Schatz. Das ging nicht, da war Corona.“, sag ich dann. Er fragt nach seinen „schicken“ Babyfotos vom Fotografen, weil wir nun dauernd von anderen Leuten, die gerade Eltern werden, Hochglanz-Babyfotos zugesendet kriegen. „Tut mir leid, wir haben nur ein paar verwackelte Handyfotos, weil bei uns wegen Corona keine professionellen Babyfotos gemacht werden durften.“ Er erzählt, dass seine Freundin jetzt mit ihrer Babyschwester und der Mama zu verschiedenen Kursen geht. „Haben wir das auch gemacht?“ „Nein, mein Schatz, das ging nicht wegen Corona.“
Ich fühle mich alleine
Ich bin selbst und auch mit meinen Kindern mittlerweile in jeden Verein des Dorfes eingetreten. Die Kinder haben viel Spaß und freuen sich immer auf alle Aktivitäten. Ich aber versuche nur, jeden Termin „durchzustehen“. Denn auch, wenn ich mich einbringen und mit dabei sein möchte, bleibe ich immer nur eine Randfigur. Fünf Mamas mit süßen Neugeborenen sitzen dann beim Kinderturnen auf der Seitenbank und tauschen sich über ihre Erfahrungen aus. Wenn ich doch mal Teil des Gesprächs bin, endet das immer ziemlich schnell mit „Ach, ihr habt ja keine richtigen Großeltern.“ Oder mit „Ach, stimmt, da war ja Corona.“
JA, VERDAMMT! DA WAR CORONA! – Aber muss ich denn deswegen auf immer allein dastehen und traurig sein? Das will ich nicht!
Ursprünglich wollten mein Mann und ich drei Kinder. Doch die Corona-Zeit und das ganze Drumherum waren auch für ihn sehr anstrengend. Jetzt möchte er nicht mehr wirklich und antwortet, wenn ich dieses Thema aufbringe, mit einem ausweichenden „Zum jetzigen Zeitpunkt ist mir das zu viel. Vielleicht später mal.“ Aber mein mögliches „später mal“ schwindet. Ich bin jetzt 35, so viel Zeit zum Aufschieben dieser Frage gibt es nicht mehr. Ich weiß, dass es heilsam für mich wäre, wenn ich das Ganze noch einmal in „normal“ erleben könnte. Aber das wird wahrscheinlich nicht stattfinden.
Also stecke ich gerade fest in einem tiefen Loch aus Trauer über eine „verlorene“ Zeit, die ich doch nicht ändern kann. Ich gebe mir echt Mühe, da raus zu kommen. Aber das ist schwierig. Ich bin und bleibe eine „Corona-Mama“. „Corona“ – das heißt „Krone“ auf Spanisch, sag ich mir. Also auf, Mama! Krone richten und weiter geht’s! Irgendwann wird’s besser! Oder?
20 comments
Eins ist mir noch aufgefallen:
Noch nie, wirklich noch nie, habe ich irgendetwas damit begründet, dass wir es nicht haben WEIL CORONA WAR (bewusst groß geschrieben, denn es scheint mir bei dir sehr viel Raum einzunehmen, so wie du die Sätze betonst).
Wir haben viele Babyfotos. Sehr viele. Neben einem Satz professionellen von dem Neugeborenenshooting im Krankenhaus (war bei uns mit Maske möglich) noch tausende Handyfotos. Die sind alles andere als oll oder verwackelt.
Wenn unsere Kinder uns also nach Fotos fragen, zeige ich sie ihnen; OHNE Verweis auf Corona, denn für die Kinder spielt das keine Rolle, das Corona war. Die erinnern sich an diese Zeit nicht einmal.
Ich denke, vieles spielt sich in deinem Kopf ab und du betonst allen gegenüber zu sehr, dass ihr es wegen Corona nicht machen konntet. Die anderen Mütter übernehmen das von dir und wollen dir nicht absichtlich etwas böses.
Wie gesagt, lass dir helfen, am besten von einem Psychologen.
Alles Gute.
Kann ich – ebenfalls zweifache „Coronamama“ – nur bedingt nachvollziehen.
Ich denke, es lag hier nicht an Corona, sondern daran, dass du, Juliane, und dein Mann allgemein kein intaktes soziales Umfeld und wenig Kontakte haben.
Meine Große kam kurz vor Corona, meine Kleine mittendrin. Ich war alleine und alles hatte zu, richtig. Aber schon nach kurzer Zeit wurden einige Angebote auf online oder draußen treffen umgestellt. Ja, das ist nicht das gleiche, aber immerhin eine Möglichkeit, wenn man niemanden hat. Man sollte bedenken, dass ALLE Menschen das gleiche Problem hatten. Unser Fitnessstudio hat auch direkt ab dem ersten Lockdown alle Kurse sofort online eingestellt. Wer also Möglichkeiten gesucht hat, fand sie.
Ich bin in der Kita auch nicht die Coronamama. Es gibt dort etliche Kinder in dem Alter meiner Kinder. Alle deren Mütter haben folglich das gleiche erlebt. Ich verstehe nicht, warum es bei dir anders ist. Gibt es dort keine Kinder im Alter deines Kindes?
Ja, ich fand die Elternzeit und das alleine sein ebenfalls blöd. Dass man jetzt – knapp drei Jahre nach den Lockerungen – aber immer noch daran zu knabbern hat, verstehe ich aber nicht. Spielt hier vielleicht noch etwas anderes eine Rolle? Depression o.ä.? Der Text bietet wenig Anhaltspunkte, aber ich denke, das solltest du mal abklären lassen.
Trotz meiner vielleicht harten Worte wünsche ich dir alles Gute und dass du die Coronazeit endlich hinter dir lassen kannst. Unser aller Leben stand zwei Jahre still, aber schon seit einiger Zeit drehen sich die Uhren weiter. Lass es hinter dir. Wenn du das, aus welchen Gründen auch immer, nicht kannst, solltest du dir Hilfe holen, denn dann steckt vermutlich mehr dahinter.
Sind da nicht eher der geringe Altersabstand der Kinder und der mit seinen Eltern beschäftigte Vater die Ursache der Unzufriedenheit? Selbst wenn sie strahlend mit der Babytochter in die Kita hätte kommen können – der Sohn wäre da ja erst anderthalb Jahre alt gewesen und hätte da eh keine Erinnerung dran. Ich war übrigens nie mit meinen Babys bei einem Fotografen, aber wir haben mit unserer eigenen Spiegelreflexkamera wunderschöne Bilder gemacht. Es stimmt schon, im Geburtsvorbereitungskurs von K1 habe ich einige Mütter kennengelernt – aber keiner der Kontakte hielt länger als ein Jahr. Bei K2 habe ich weder einen Geburtsvorbereitungs- noch einen Babykurs besucht – so geht es vielen Müttern, man hat die Zeit nicht, wenn noch ein größeres Kind da ist. Die wirklichen Freundschaften zu anderen Eltern stammen bei uns entweder aus der Zeit vor den Kindern (alte Studienfreunde, die auch Kinder haben) oder aus der Kita von K2, wo sie aber erst mit drei Jahren hinkam. Ich wundere mich in dieser Geschichte vor allem über den Mann, dem alles wichtiger zu sein scheint als Frau und Kinder. Wieso geht man zum Notar, statt seiner Frau unter der Geburt beizustehen?? Einen Notartermin kann man doch verschieben!
Die Corona-Regeln waren zum Teil so streng, dass Väter nicht mit in den Kreißsaal durften.
Ist der Artikel aktuell? Vor 3,5 Jahren war Sommer 2021. Da war doch nirgends voller Lockdown. Und vor 2 Jahren im Winter 22/23 kaum noch Maßnahmen. Mein zweiter Sohn ist auch gerade 2 geworden und das einzige Thema mit Corona war Masken- und Testpflicht im Krankenhaus. Wir haben sehr viel Babyzeit verpasst, weil er ein Frühchen mit ein paar Baustellen ist und im ersten Lebensjahr 4 Monate im Krankenhaus war. Trotzdem waren wir zwischenzeitlich beim Fotoshooting und beim Rückbildungskurs, Babymassage etc. . Natürlich weniger als beim Großen, aber nicht wegen Corona, sondern weil er nicht gesund war.
Die Frage, ob der Artikel aktuell ist, habe ich mir auch schon gestellt.
Meine Tochter ist ebenfalls 3,5 Jahre alt und natürlich gab es zu der Zeit noch Einschränkungen, aber dass gar nichts stattgefunden hat, stimmt einfach nicht.
Auch ich habe mich in der ersten Zeit mit Baby oft einsam gefühlt. Es fällt eben von jetzt auf gleich vieles weg, u.U. das komplette Sozialleben auf der Arbeit und das macht bei Berufstätigen ja schon viel aus. Aber diese Veränderungen nur auf Corona zu schieben, ist eventuell etwas einseitig.
Der Autorin wünsche ich, dass sie die schwierige Coronazeit endlich hinter sich lassen kann und die Kraft findet, um ehrlich zu schauen, was sie vielleicht sonst noch unzufrieden macht.
Ich kann es zum Einen nachvollziehen. das klingt auch als sei einiges noch wert, aufgearbeitet zu werden,zum Beispiel die Geburt ohne Unterstützung. gleichzeitig schließe ich mich einigen Vorschreiberinnen an, dass du dich eventuell auch etwas in das Thema reinsteigerst. von unseren Kindern gibt es zb auch keine professionellen Fotos. da hat unser Sohn auch noch nie nach gefragt. therapeutische Unterstützung, um herauszufinden,worum es dir wirklich geht und was dir helfen könnte, wäre bestimmt hilfreich. alles Gute!
Ich kenne den Corona-Schmerz, die Corona-Trauer. Es darf real sein, finde ich. Es tut weh und darf wehtun! Diese Erfahrungen, dieses ausgegrenzt sein, die Hilflosigkeit. Diese Erfahrungen mussten zum Glück nicht alle schutzlos machen. Schön für sie! Verständnis und Mitgefühl fällt dann nicht allen leicht. Du hast/ hattest zu wenig Unterstützung. Deine Situation war nicht gut und wurde/wird vielleicht vom Umfeld nicht verstanden? Das darf dir weh tun.
Meine Kinder waren älter, auch bei mir kam genau rund um die Pandemie viel schmerzhaftes und kraftraubendes Zusammen. Manchmal bin ich auch noch sehr wütend und traurig, über das was da geschah. Für hoffe, das ist Wundheilungsschmerz. Ich verarbeite noch. Ich erlaube mir inzwischen die Trauer, ich kann darüber nicht wegsehen, dann geb ich mir halt mein eigenes Mitgefühl. Es ist passiert, es war zu viel, ich war zu sehr allein damit, hatte wenig Verständnis vom Umfeld, welches vieles nicht nachfühlen konnte, weil sie es nicht erleben mussten. Das gehört jetzt zu mir, ob ich will oder nicht. Ich hab mir das nicht so ausgesucht. Trotzdem gibt es Dinge die mich sehr glücklich machen und an denen ich Spaß habe.
Ich wünsch dir eine gute Heilung! Pass gut auf dich und deine Kinder auf, wenn es den Menschen um dich schwer fällt!
Unsere Tochter ist im März 2020 geboren und ich kann vieles von dem was du geschrieben hast sehr gut nachvollziehen. Ich trauere auch um die Elternzeit und vor allem um die ersten Wochen nach der Geburt in denen ich gerne die Geburt verarbeitet hätte und eine Bindung zu meiner Tochter aufgebaut hätte. Für beides hatte ich wegen Corona und auch weil das große Geschwisterkind in der „Homekita“ war leider kaum einen Kopf.
Ich habe bei dem Großen und unserem 3. Kind gemerkt, wie sehr eine Gemeinschaft von anderen Eltern durch die oft schwierige erste Zeit trägt. Bei meiner Tochter musste ich fast alles mit mir selbst ausmachen… ich war oft sehr traurig und einsam und hatte nicht das Gefühl das gut mit dem 2. Kind hinzubekommen.
Insgesamt hatte ich das Gefühl, dass alle sehr mit sich beschäftigt waren und das man als junge Mutter sehr wenig Zuspruch, Verständnis und Mut machende Worte bekommen hat… mir hätte das in der Zeit sehr gut getan. Bei unserem 3. Kind habe ich die Elternzeit wieder viel positiver wahrgenommen.
Ich lese aus dem Text auch Einsamkeit als Hauptaspekt heraus. Vielleicht bedauert es die Mutter aus dem Text, dass sie sich keinen schönen „Mütter-Freundeskreis“ aufbauen konnte, und sieht Corona als Hauptgrund dafür. Und es stimmt schon, aus meiner Sicht kann man die besten Kontakte in Babykursen etc. knüpfen. Da sind viele frischgebackene Mütter auf der Suche nach Kontakten und Austausch. Als ich mit meinem Sohn in Kurse, zum Turnen etc. gegangen bin, als er zwei oder drei war, sind da exakt Null Komma Null Kontakte entstanden. Noch nicht mal flüchtige Kontakte. Die anderen Frauen wirkten nicht offen, ich hatte den Eindruck, die hatten ihr Netzwerk alle schon – oder kamen direkt schon mit befreundeten Müttern zum Kurs. (Oder aber sie waren an einem Punkt, an dem sie für sich längst gemerkt hatten, dass sie keinen großen Bock auf andere Mütter haben, ha ha.)
Mein Eindruck ist, dass die Mutter aus dem Text im Umgang mit anderen Müttern – sicher ohne es zu wollen – eine Opferrolle einnimmt. Und das ist nun mal für andere nicht attraktiv. So findet man eher keine neuen Freundinnen. Vielleicht hält die Mutter aus dem Text zu sehr an der Idee fest, unbedingt andere Mütter als Freundinnen finden zu müssen. Ich würde ihr eher – wie jemand anderes hier in den Kommentaren es bereits getan hat – dazu raten, sich ein Hobby oder eine Sportart zu suchen, wo sie mit anderen Frauen zusammenkommt.
Hallo „Corona-Mama“,
Ich kann Dich hinsichtlich Deiner Trauer um die Babyzeit während Corona sehr gut verstehen. Unser Kind kam auch im Sommer 2020 zur Welt. Ab März 2020 war ich wegen der Schwangerschaft vom Arbeitgeber ins Homeoffic geschickt worden. Was traumhaft klingt, fühlt sich nicht so an, wenn man selbst null Mitsprache dabei hat, die täglichen sozialen Kontakte im Büro plötzlich wegfallen und man nur noch mit dem PC „spricht“. Freunde treffen war sowieso verboten und wegen der Schwangerschaft waren wir auch wirklich vorsichtig, das war ja die Zeit, wo man noch wenig zum Virus wusste, Impfungen gab es noch nicht. Geburtsvorbereitungskurs haben wir online als Blockseminar an einem Wochenende absolviert und waren froh, überhaupt so einen Kurs bekommen zu haben.
Bei der Geburt hatten wir Glück dass es kurz vorher Lockerungen gab und mein Mann mit Maske dabei sein konnte und auch mit ins Zimmer durfte. Mein Rückbildungskurs lief dann wieder nur online, ebenso das anschließende Kangatraining zum fit werden. Trotzdem war ich so dankbar, diesen Kurs 2x wöchentlich als Anker zu haben. Es war mein einziger Austausch mit Müttern die Babys im selben Alter und die selben Themen hatten, wie ich. (Die Kinder in meinem Freundeskreis sind alle älter und die Familien hatten mit Homeschooling ganz andere eigene Belastungen.)
Sehr traurig und auch wütend war ich, als unser PEKIP Kurs nach 2 Terminen doch abgesagt wurde. Zunächst hieß es nämlich, Familienbildung dürfe trotz Corona mit Auflagen (Masken, Lüften, Abstände) stattfinden. Ich habe mich während dieses ersten Winters mit meinem Säugling so einsam gefühlt, wie nie zuvor in meinem Leben. Obwohl mein Mann sehr viel im Homeoffice war und ich mit Freundinnen am Telefon sprechen konnte. Mir fehlte einfach der persönliche Kontakt mit Mamas in derselben Situation zum selben Zeitpunkt.
Erst als unser Kind 1.5 Jahre alt war, in die Krippe kam, ich dort in den Elternbeirat eingetreten bin und wir zeitgleich auch ein Mutter-Kind-Turnen in Präsenz beginnen konnte, konnte ich Kontakte zu anderen Müttern mit Kindern im selben Alter knüpfen. Ab da wurde es endlich richtig gut. Allerdings fühlte ich mich von Corona damals wirklich auch um meine Elternzeit betrogen. Ich habe darum echt getrauert. Das heisst, ich musste diese Vorstellung davon, wie es hätte sein sollen, bewusst verabschieden. Dann konnte ich damit Frieden schließen und auch dankbar dafür sein, dass wir in unserer Familie alle gesund durch die anstrengende Corona Zeit gehen konnten.
Auch bei uns ist es so, dass alle Großeltern weit weg wohnen, sie kommen auch aufgrund des Alters nur selten zu Besuch. Und während Corona natürlich fast gar nicht.
Ich habe jetzt in der Großstadt lebend durch die Kita eine Hand voll tolle Mamas und Papas kennengelernt und die meisten haben wie wir keine Großeltern vor Ort. Hier ist das der Normalfall. Wir haben dieselben Themen. Wir helfen uns gegenseitig, wir tauschen uns aus. Erst durch die Kitakontakte gibt es jetzt diesen persönlichen Austausch, der mir vorher so schmerzlich gefehlt hatte.
Bei Dir klingt es ehrlich gesagt ein wenig so, dass Du auf dem Dorf noch nicht so gut Anschluss gefunden hast. Eure Lebensumstände (Großeltern weit weg oder wenig Interesse) sind vielleicht dort nicht ganz so häufig anzutreffen oder vermutlich eher nicht die Norm. Ich persönlich stelle mir das dann schon auch so vor, dass man sich dann häufiger mal nicht zugehörig fühlt, wenn man keine Verwandten in der Nähe hat. Wahrscheinlich besonders, wenn man zugezogen ist und auch nicht auf während der Schulzeit gewachsene Freundschaften im näheren Unkreis zurückgreifen kann. Das mag auch (m)ein Klischee über das Leben auf dem Land sein, ich habe keine persönlichen Erfahrungen mit dem Leben und Einfügen in eine gewachsene Dorfgemeinschaft. Ich stelle es mir aber tatsächlich herausfordernd vor.
Ich wünsche Dir, dass Du die Coronazeit loslassen und nach vorne schauen kannst! Alles Gute 🙂
Liebe Juliane, es klingt soviel Schmerz aus diesem Artikel! Ich’s nur über Corona, auch über abwesende Großeltern, einen Mann, der nicht so präsent ist, wie Di es Dir wünscht und ein noch Nicht- in- der Dorfgmeinschaft- Angekommensein! Ich wünsche Dir alles Gute, dass sich hoffentlich noch viel auflöst!
Bitte such dir psychologische Unterstützung.
Hallo Juliane,
Eins Vorweg: Laut den im Text implizierten Kriterien bin ich wohl eher keine „Corona Mama“, meine Kinder waren schon 5 und 2,5, als Corona losging und wir hatten da definitiv andere Probleme als deine geschilderten.
Ich kann verstehen, dass man den Mütter/Baby Kursen nachtrauert, definitiv ist die Situation im Kreißsaal bzw Krankenhaus unter Corona Bedingungen furchtbar gewesen.
Aber trotzdem drehen sich im Text einige Probleme eher um Dinge, die nicht mit Corona zu tun haben (fehlende bzw. pflegebedürftige Großeltern) bzw. die jetzt, einige Jahre nach Corona, auch zu beheben sind.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass du keinen Kontakt zu anderen findest, „nur wegen Corona“ und den fehlenden gemeinsamen Erlebnissen daraus. Das ist mir zu weit hergeholt.
Und noch eins: dein Sohn muss ja ungefähr 1,5 Jahre alt gewesen sein, als deine Tochter auf die Welt kam. Und er erinnert sich aktiv und selbst daran, dass dein Schwangerschaftsbauch bzw. das frische Baby nicht bewundert wurde und formuliert diesen Gedanken auch mit 3,5 Jahren?
Meine Kinder waren deutlich älter und könnten noch so ein paar Erinnerungen daran haben, dass Mama und Papa zu Hause in Schicht im Home-Office waren oder sie nur unregelmäßig in die Kita gehen konnten. Das einzige, was wirklich kleben geblieben ist, war die Tatsache das die Kita und Schule stark reglementiert war und alle Spielplätze gesperrt werden.
Am Ende deines Textes versuchst du eine „wir packen es an Stimmung“ zu verbreiten. Das würde ich auch dann im Alltag mehr versuchen, vor allem gegenüber den Kindern.
Liebe Grüße
Stiefelkind
Ich denke, das Problem ist nicht Corona und alles, was dazu gehört. Wenn man auf dem Dorf nicht akzeptiert wird, hat man keine Chance. Ich habe das auch erlebt. Zum Glück hatten wir damals nur eine Mietwohnung und konnten wegziehen. Generell ist es immer schwierig, wenn man irgendwo zuzieht. Es braucht einen langen Atem, bis man sich ein neues Umfeld aufgebaut hat. Ich möchte der Autorin raten, sich auf andere Dinge zu konzentrieren. Sie soll sich eine Arbeit suchen, die sie erfüllt, oder ein Hobby. Meist entstehen auf diesem Weg auch Kontakte. Auf keinen Fall sollte sie noch ein Baby bekommen, damit sie in den Kreis der Mütter aufgenommen wird. Das kann schief gehen.
Liebe Juliane,
das hört sich wirklich traurig an. Du scheinst völlig in diesem Gefühl gefangen zu sein und momentan gar nichts anderes sehen zu können. Dass die Gespräche mit den anderen Müttern immer wieder auf den Themen Corona und nicht verfügbare Großeltern landen, scheint mir nicht verwunderlich, weil diese Themen so stark in dir sind und dort kein Raum für anderes ist.
Du hast Zugang zu deinem Gefühlen, zu das ist super. Trauer um das, was dir gefehlt hat. Erst, wenn du die Situation annehmen kannst, wird es besser werden. Lass dich doch von eine*r Therapeut*in begleiten, das macht das Ganze leichter.
Mir geht es ähnlich wie dir. Auch wenn das, wenn überhaupt, nur ein kleiner Trost ist, erzähle ich dir kurz von uns:
Wir sind nach Kind 1 in eine neue Stadt gezogen, Kind 2 wurde geboren, dann kam Corona. Wir hatten nur kurze Zeit in Kursen und Kita und dann war alles dicht. Mir fehlt die komplette Kleinkind-Zeit von Kind 2 und Kind 1 musste in der Kita und beim Schulstart auf so viel verzichten.
Heute sind wir „nicht richtig angekommen“ (wie auch!?) und meine Kinder haben kein normales Sozialverhalten. Sie konnten es nicht lernen. Dazu kommen motorische Schwierigkeiten auf Grund der fehlenden Angebote in Corona-Zeiten. Schwimmen lernen ist auf Grund der fast komplett fehlenden Wassergewöhnung eine Qual. Verständnis gibt es kaum und Hilfen gar nicht.
Deshalb fühle ich sehr mit dir, auch wenn sich unsere Geschichten unterscheiden.
Ich hoffe sehr, dass du über die Kita und Sportvereine doch noch (verständnisvollen!!!) Anschluss findest. Vielleicht ja zu anderen Corona-Müttern oder Neuzugängen wir uns früher. Evtl. wird dein Mann ja auch doch noch ein Kind wollen. Alles Gute für dich!
Hallo Juliane,
35 ist ja noch nicht so alt! Ich habe meine Kinder mit 36 und 38 bekommen. Bei Kind 1 war ich auch total alleine, da es ein Schreikind war. Jegliches soziales Leben kam zum Erliegen, Großeltern hatten wir keine. Ich kann dich also gut verstehen. Als ich mit Kind 2 schwanger war, ging es endlich besser; Kind 1 war gerade im Spielkreis eingewöhnt und ich hatte mich auf Kontakte zu anderen Müttern gefreut. Dann ist dort eine Krankheit ausgebrochen, die für mein ungeborenes Kind gefährlich hätte werden können, und ich hatte leider keine Antikörper. Eine Krankheit, von der ich vorher noch nie gehört hatte, eine Impfung gibt es nicht. Leider gab es wochen- und monatelang immer wieder neue Fälle, die ersehnten Kontakte musste ich leider meiden, es war schrecklich für mich. Ich habe mich total alleine gefühlt. Es wurde erst besser, als Kind 2 in den Spielkreis kam… eine lange Durststrecke… du wirst es schaffen, und die Kinder werden groß! Nicht ganz verstehe ich die verletzenden Worte der anderen Mütter in deinem Ort?! Klar, wir jammern auf hohem Niveau, aber ein bisschen mehr Empathie schadet nie:-)
Weiß nicht, ich kann mich in diese Denke leider gar nicht reinversetzen.
90% der geschilderten Probleme sind doch gar nicht pandemiebedingt gewesen. Und ein dreijähriger der traurig ist, weil es keine Profifotos gibt? Ausgrenzung beim Kinderturnen als Coronamutter? Kommt mir recht unglaubwürdig vor, zumindest aber sehr mimimi.
Hallo,
Mein Gefühl. Du klingst wirklich traurig. Aber nicht nur wegen Corona. Sondern weil du dich einsam fühlst. Das kommt bei mir zumindest so an.
Der Partner kümmerte sich nicht genug, die Eltern nicht, die anderen im Dorf.
Zunächst mal: wenn man 500km weg von den Eltern zieht, dann ist ganz normal, dass die Großeltern nicht helfen.
Und wenn man in ein Dorf zieht, ist man mindestens 10 Jahre ein Neuling. Habe ich selbst genau so erlebt.
Baby Kurse gibt es auf dem Land sehr wenige, ich war mit meiner Tochter bei keinem einzigen.
Schicke Baby Fotos hatten wir auch nicht, weil ich meine Kinder nicht als Püppchen verkleiden wollte. Die ersten schönen Bilder haben wir viel später gemacht.
Ich empfehle die Hörbücher von Nicole Staudinger – ihre Einstellung zum Leben ist unglaublich positiv und ansteckend.
Von Herzen Alles Gute dir!