Gastbeitrag von Elsa: Mein Sohn wurde wegen seiner dunklen Haut gemobbt

ras

Mein Name ist Elsa. Vor ein paar Tagen hat ein 11-jähriges Mädchen in Berlin aufgrund von Mobbings Suizid begangen. Das hat mich sehr berührt – denn auch mein Sohn wurde Opfer von Mobbing und Rassismus. Heute möchte ich unsere Geschichte erzählen. 

Mein Sohn hat sich sehr auf die Schule gefreut. Wenn ich die zwei Jahre alten Bilder ansehe, sehe ich sein Lächeln auf den Fotos und wie stolz er war. Die ersten Schulwochen verflogen – er arbeitete eifrig mit und war fleißig. Er lernte schnell und hatte jede Menge Spaß. Mein Sohn hat eine dunkle Hautfarbe -wir haben bereits früh mit ihm darüber gesprochen, dass es sein könnte, dass er deshalb negative Erfahrungen machen wird. Es ist traurig, dass wir das überhaupt thematisieren müssen – aber es ist leider die Realität. Im Kindergarten gab es noch keine Probleme – aber ehrlich gesagt – rechneten wir nun in der Schule damit. 

Es fing damit an, dass mein Sohn alleine auf einer Bank saß, als ich ihn abholte. "Ich durfte nicht mitspielen", sagt er. Und dann sah ich die Zeichen in seinem Heft. "Die hat Kind xy darauf gemalt", sagte er. Es waren Hakenkreuze. 

Beim Elternabend machte ich die natürlich zum Thema – wie kann es sein, dass Erstklässler Hakenkreuze malen? Mir war klar, dass Kinder sich nicht genau bewusst sein, was sie da malen – aber von da an war eine Angst da und ich konnte sie nicht mehr abstellen. 

Dann fand das Sportfest an und die Schuhe meines Sohnes waren verschwunden, wurden versteckt. Er hatte Angst, sich der Lehrerin anzuvertrauen und ging – ohne Bescheid zu sagen – nach Ende des Festes nochmal alleine in die Sporthalle, um die Schuhe zu suchen. Als er dann zurück in die Klasse ging, erwartete ihn gehöriger Ärger und er wurde tatsächlich vom Klassenausflug eine Woche später ausgeschlossen. 

Die Sommerferien kamen und mit der 2. Klasse stand ein Lehrerwechsel an. Unser Sohn begann, den Klassenclown zu spielen. Er wollte den anderen Kindern gefallen und sagte, dass er seine Klassenkameraden zum Lachen bringen will. Vier Wochen später gab es beim ersten Elterngespräch die erste Bewertung – sie fiel unglaublich negativ aus. Unser Sohn habe ganz sicher eine  Konzentrationsstörung. Ich vereinbarte einen Termin bei einer Kinderpsychologin.

Leider spitzten sich auch die Übergriffe in dieser Zeit zu. Mein Sohn hörte häufig das N-Wort und es gab Äußerungen von anderen Kindern, dass sie ihn nicht anfassen wollen, weil er eklig sei. Ich vereinbarte einen Termin bei der Klassenlehrerin, wo wir ihr auch von köperlichen Übergriffen auf dem Schulweg und Hundescheiße in unserem Briefkasten erzählten. 

„Diese Vorfälle waren nach Unterrichtsschluss, in der Freizeit. Da sind wir hier als Schule ja raus. Und was die Schimpfwörter angeht – da ist ihr Sohn ja auch kein Unschuldslamm,“ sagte die Lehrerin. Dann sagte sie zu unserem Sohn: "Diese Worte wirst du dir in Zukunft noch ganz oft anhören müssen. Da wirst du dir einfach ein starkes Fell anlegen müssen.“

In mir machte sich ein Ohnmachtsgefühl breit. Mit dieser ignoranten Einstellung hatten wir nicht gerechnet. Wir erzählten weiter von dem Vorfall,  dass unser Sohn in der Hofpause von einem Jungen so immens an den Zaun gepresst wurde, dass er bei dem Versuch, den Klammergriff zu entkommen, den Täter an der Nase verletzte. Die Strafe war eine ganze Woche Hofpausenverbot. Natürlich nur für unseren Sohn.

Zudem versuchte mein Partner den Lehrern klar zu machen, wie sich Rassismus-Erfahrung auf die Psyche schwarzer Kinder auswirkt. Die Lehrer hörten zu, um dann alles unter den Teppich zu kehren – die Direktorin ignorierte meinen Partner richtig und tat so, als ob er gar nicht anwesend sei. Stattdessen wurde gesagt, wir sollten die innere Unruhe unseres Sohnes psychologisch abklären lassen sollten, schließlich stehe der Verdacht einer Konzentrationsstörung im Raum.

Uns wurde angekündigt, dass bis dahin sicher der ein oder andere Anruf kommt, dass wir unseren Sohn abholen müssen, wenn er die Klasse stören würde. Und so kam es auch. Wir wurden ständig angerufen, die Begründungen wurden immer lächerlicher.

Die Situation war so schrecklich – bis wir tatsächlich ein psychologisches Gutachten machen ließen, das auch eine Hochbegabung herausstellte. Unser Sohn ist nun an einer anderen Schule, hat eine speziell ausgebildete Pädagogin. Er geht wieder gerne zu Schule und hat Freunde. Wir haben zuvor mit der Direktorin über die Rassismuserfahrungen gesprochen – über unsere Ängste und Sorgen. Wir wurden sehr ernst genommen und fühlen uns gut aufgenommen. 

Ich bin glücklich, dass mein Sohn nun wieder glücklich ist. Aber ich weiß auch, dass diese Erfahrungen sich bereits tief bei ihm eingegraben haben und wir nicht wissen, ob sie Schäden hinterlassen. Ich möchte allen Eltern mit auf den Weg geben, dass auch heute noch Rassismus stattfindet. Und dass wir als Eltern in der Pflicht sind, dagegen anzukämpfen. 

Foto: pixabay

74228ef843b44453aea62da2aeb358be

Du magst vielleicht auch


6 comments

  1. hallo, meine therapeutin hat mir mal gesagt:
    es ist nicht wichtig, das kinder keine schwierigkeiten haben.
    wichtig ist, da sie bei den eltern sehen das schwierigkeiten bewältigt werden können und das die eltern daran auch glauben.
    ich habe drei kinder und ich glaube dies entspricht auch meinen erfahrungen.
    sicher ist es nicht leicht, sich selbst als eltern zu vertrauen, dass wir alle probleme bewältigt können.
    wir können unseren kindern jedoch aus vollem herzen sagen, das wir klug und findig sind, immer alles tuen werden was notwendig ist und das sie nie allein sein werden.
    ich finde es prima wie ihr die probleme bewältigt habt.

  2. Es ist unfassbar. Diese Welt ist so schön weil sie bunt ist. Liebe Elsa, es gibt auch gute Menschen, Menschen die mit dem Herzen sehen. Ich hoffe für Euch, dass ihr mehr von diesen Herzmenschen trefft in dieser Welt.

  3. Multikulturell
    Ich finde es toll, dass Du Deine Geschichte hier teilst. Ich halte das für den richtigen Weg. Wir leben in einer so bunten Welt, in der im Grunde nichts & niemand mehr als „anders“ im negativen Sinne angesehen werden sollte. Alles Gute für euch!
    LG, Richard & Hugo vom https://www.vatersohn.blog/

  4. Erwachsene in der Pflicht
    Verletzender noch als die Mobbingversuche der Kinder sind die der Erwachsenen, finde ich. Aus diesen Gründen kommen Kinder überhaupt in die Lage, zu mobben und zu hänseln. Wir Erwachsenen sind Vorbilder für Kinder, auch für die, die nicht unsere eigenen sind. Das vergessen viele Menschen.
    Wenn wir zeigen, dass Mobbing – in Bezug aif was auch immer – nicht in Ordnung und geduldet wird, werden es die Kinder genauso sehen.
    Schön, dass ihr eine andere Schule gefunden habt, mit der ihr und eueer Sohn glücklich ist.

  5. Danke
    Danke für das Teilen eurer Geschichte. Erschütternd was eurem Sohn und eurer Familie passiert ist. Ich finde es unfassbar wie die Kinder sich verhalten haben und dann noch die vollkommen inkompetente Reaktion der Schule.. Ich wünsche euch, dass euer Sohn sich gut erholt und in der neuen Schule eine glückliche Schulzeit hat.

  6. Alles Liebe!
    Schlimme Geschichte! Unfassbar wie ignorant und inkompetent die Grundschule reagiert hat! Ihr habt richtig daran getan, die Schule zu wechseln und die Dinge beim Namen zu nennen.
    Auch wenn es Rassismus leider immer noch im vielen Köpfen gibt, darf man ihn nicht hinnehmen oder kleinreden.
    Dir und deinem Sohn für die Zukunft alles Liebe und Gute!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert