Hättste halt keine Kinder gekriegt!

fuesse 0
Ich hasse Totschlagargumente. Aber ganz besonders eines. Nämlich das, dass das Ihr schon im Titel dieses Beitrages lest: Du hattest ja die freie Wahl, Du hättest Dich ja auch gegen Kinder entscheiden können. Selbst schuld! Hättste halt keine Kinder gekriegt.
Sagt einem natürlich niemand ins Gesicht, aber ich merke sehr genau, wenn jemand meint, man habe es sich schließlich ausgesucht und deswegen solle man gefälligst aufhören zu nölen. Selbst eingebrockt, bätschibätsch, nu komm halt damit klar.
Ich beziehe das nicht nur auf mich, sondern auf viele viele Artikel von Eltern, die zur Zeit erscheinen und die im Ton vielleicht ein bisschen kläglich sind, weil eben gerade mal alles zu viel wird oder warum auch immer. Habt Ihr Euch die Kommentare dazu mal durchgelesen? Schlimm.
Also halte ich hier heute mal gern dagegen. Denn: Wenn wir eines nicht bereuen, dann ist es: Kinder bekommen zu haben. Aber gerade weil das so ist, müssen wir ab uns zu eben auch mal Dampf ablassen. Um im nächsten Augenblick schon wieder strahlend die Kleinen in die Arme zu nehmen und an ihren durftenden Haaren zu schnuppern (aber darüber schreiben dann halt nicht mehr so viele öffentlich… außer wir hier bei Stadt Land Mama 🙂
So, und hier ist sie, die Gegenrede (Vorsicht, Übertreibung!):
 
– Wenn Du Dich heute über Deinen Partner aufregst, hättest Du Dich ja gar nicht in ihn verlieben müssen!
 
– Wenn Dich Dein Job seit Wochen so nervt: Dann hättest Du ja einfach etwas anderes studieren können!
 
– Wenn Dich kochen so stört, dann iss halt nichts mehr!
 
– Wenn Dich tote Mäuse in der Wohnung anekeln, dann bring halt die Katze ins Tierheim.
 
– Wenn Dich die Enstcheidung für diese oder jene Türklinke überfordert, dann hättest Du halt besser kein Haus gebaut.
 
– Du putzt nicht gern? Dann zieh halt unter die Brücke.
 
– Falls Deine Kinder Hausaufgaben hassen, meld sie halt von der Schule ab.
 
– Dir ist Einkaufen zu teuer? Dann werd halt Selbstversorger im eigenen Garten.
 

Merkt Ihr was? Wenn wir uns beschweren, dann sind das Momentaufnahmen. Details. Das heißt aber nicht, dass unser Elternsein nicht das beste ist, was uns je passiert ist. Und dass wir die grundsätzliche Entscheidung für Kinder nicht für absolut und vollkommen richtig halten.
Und nein, man kann sich vorher NICHT vorstellen, wie das ist, eigene Kinder zu haben („Du wusstest, auf was Du Dich einlässt!“ NEIN!).
Und wenn man sie hat, dann bleibt man trotzdem noch man selbst. Und träumt sich eben manchmal mit einem Buch und einem Caipirinha ALLEINE an einen Karibikstrand. So what?       

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12 comments

  1. Absolut richtig!
    Ganz meine Meinung!!
    Und warum sind wir denn ab und zu so angespannt und gereizt?
    Man verlangt von uns die gleiche Arbeit wie Leute ohne Kinder und machen diese sogar gern. Haben einen Haushalt zu führen und sind dabei sogar sehr akribisch, da wir es so gelernt haben. Wir bemühen uns um unsere Freunde und Familien, damit wir nicht als abseitsstehend gelten. Wir richten Feste, Feiern und Termine aus, damit alle sich freuen können. Wir haben unseren Kindern zuliebe Tiere, die wir gern versorgen. Wir beklagen uns selten und fallen nachts nach getaner Arbeit ins Bett. Wir gehen nicht aus, wir sorgen dafür, dass unser Mann, unsere Kinder und wir selbst aus dem Haus gehen, ohne auszusehen wie ungepflegte Rüpel. Wir bringen unseren Kindern Manieren bei, denn es wird ja sonst behauptet, wir wären unfähig unsere Kinder zu erziehen.
    Und wenn man such dann mal äußert, dass man gern mal ein Tag ohne Kind wäre, dann sind wir schlechte Eltern, die keine Kinder in die Welt setzen sollten!
    Jeder der sich gegen Kinder entscheidet, soll dies tun, aber seine Meinung für sich behalten.
    Wir schreiben auch niemandem vor, wie er sein Leben leben soll und verkneifen uns Kommentare zu deren Problematiken, die sie im Alltag ständig von sich geben.
    Ich liebe mein Kind und würde mich gänzlich aufopfern. Aber es ist mein gegebenes Recht mal zu sagen, ich kann nicht mehr. Vor allem, weil in meinem Fall, mein Kind mich nicht kaputt macht, sondern alles andere rundherum. Ich arbeite 40 Stunden die Woche und dies zum Teil auswärts. Sehe dadurch mein Kind nicht jeden Abend. Warum ich den Job nicht wechsel? Weil dieser Job sicher ist und ich nicht in Armut gerate.
    Alles in allem beschwere ich mich nicht, aber ich möchte auch mal sagen, dass ich etwas Ruhe bräuchte.

  2. Ich frag mich…
    ob der besagte Satz wohl auch angebracht wäre, wenn jemand sich darüber beklagt, mittlerweile zu alt für Kinder und den ganzen Familienkram zu sein oder sich beschwert, nie den richtigen Partner gefunden zu haben. Denn auch das sind Dinge, die wir steuern können/entscheiden. (JA, auch die Sache mit dem richtigen Partner liegt viel mehr in unserer Hand, als wir wahr haben wollen!). – Neee, wäre natürlich völlig unangebracht, was ich garantiert auch sofort zu hören bekäme. Aber Eltern dürfen sich häufig nicht mal über solche Sätze beschweren. Ganz überhaupt haben wir scheinbar weniger Recht zur Beschwerde, als andere Menschen. Egal ob es ums Haus, um Geld, um den halbtagsjob oder die Großfamilie geht. Das ist jedenfalls meine Erfahrung. Eltern sind ÜBERMENSCHEN? Das macht mich manchmal verrückt, ehrlich. Ein Glück, dass es Freunde gibt, bei denen man sich unkritisiert auskotzen kann. DANKE dafür!

  3. Genau richtig!
    Ich höre derartige Meldungen auch manchmal bzw. sehe, dass diese Meldungen gedacht werden (wenn sie nicht ausgesprochen werden), aber ganz ehrlich: es ist nun einfach mal so, dass man ab und zu gerne Dampf ablässt und ein bisschen herumnörgelt. Das liegt wohl einfach in unserer menschlichen Natur. Deinen Gegenangriff finde ich einfach nur super! Danke dafür!

    Ganz liebe Grüße
    Nina
    http://ninaitwanina.blogspot.co.at/

  4. Genau!
    Als Mutter hat man, kaum meckert man mal, sofort schon das schlechte Gewissen (und die Blogger die gehässigen Kommentare dazu).
    Dabei – habe ich in meinem Vollzeitjob etwa nie über die viele Arbeit gemeckert, im Studium nie mit anderen Studis über den anspruchsvollen Lehrstoff gestöhnt und an dem ein oder anderen Schultag das Pausenklingeln herbei- (und mich auch mal auf eine einsame Insel) gesehnt!?
    Eben!

    Jeder darf (und MUSS) auch mal meckern. Egal in welcher Lebenslage, ob selbst gewählt oder nicht.
    Danke für den tollen Artikel, Lisa.

  5. So!
    So und nicht anders!

    Das Leben ist manchmal (so was von!) anstrengend und darüber DARF auch gestöhnt werden!:)
    Danke hierfür!

  6. Es ist wie es ist
    Bevor wir Eltern wurde hatten wir keine Ahnung was auf uns zukommt. Wie denn auch? Da wir die ersten waren die in unserem Freundeskreis Eltern wurden hatten wir auch keinen Vergleich. Außerdem, kann man die anderen Kinder mit dem eigenen vergleichen? Ich würde sagen eher nicht! Nun sind wir seit 23 Monaten Eltern und ja es ist anstrengend, wobei die ersten 3 Monate die besten waren, was die eigene Freizeit angeht. Denn was macht der kleine Wurm in der ersten Zeit? Essen, pupsen, schlafen. Jetzt ist die Zeit da wo die Kinder Grenzen austesten, Tag für Tag, Stunde für Stunde. Jetzt ist auch die Zeit da wo Mama wieder arbeiten geht, ihr Studium beendet und der Haushalt erledigt sich ja nicht von alleine. Klar ist es für andere leicht zu sagen, hättest ja von Anfang an dich anders entscheiden können und jetzt brauchst du dich nicht zu beschweren. Das tu ich auch nicht! Es ist toll Mama zu sein und all die anderen „Berufe“ nebenbei. Es ist ein Gefühl, welches man vorher nie empfunden hat und es nie empfinden wird, wenn man selber keine Kinder hat. Also, es sind Momnetaufnahmen, wenn man frisch geputzt hat und der kleine Mann innerhalb von 30 Minuten das Haus so aussehen lässt als wäre es noch nie geputzt. Es sind Monemtaufnahmen, wenn man sich entspannt in die Badewanne legt und schon kreischt das Kind nach Mama. Es sind Momentaufnahmen, wenn man beim Einkaufen auf einmal eine wissenschaftliche Diskussion an den Tag legen muss, weil der kleine Mann einen Keks haben möchte. Es sind aber auch diese Momente wenn er dich anlächelt, wenn er dich mit einem Kuss morgens aufweckt, wenn er auf dich zugelaufen kommt und dich so feste drückt, dass dir die Luft wegbleibt. Es sind diese Momente die solche Momentaufnahmen verblassen lassen und du ganz genau weiss, warum du Mama bist. Also wenn mir jemand sagt, ich hätte mich ja auch anders entscheiden könne, weiss ich, dass ich mich richtig entschieden habe und Menschen mit solchen Kommentaren keine Ahnung haben und vielleicht einfach nur neidisch sind, weil die sich selber nicht trauen!

  7. So isses. Es sind
    So isses. Es sind Momentaufnahmen! Und es ist unser gutes Recht auch mal Dampf abzulassen! Und keiner weiß, was auf einen zukommt, wenn man Kinder bekommt. Und trotzdem ist es das Schönste und Unbeschreiblichste Mutter zu sein!
    Danke für den Artikel!

  8. Deja vu?
    Ich bin grad echt unsicher – ist der Text neu, oder hab ich den schon mal gelesen? Soll kein Vorwurf sein, aber mir kam das inhaltlich so bekannt vor – aber vielleicht lese ich einfach zu viele Blogs.

    1. Neu!

      Liebe Chrisi, der Text ist nietenagelneu, der Computer ist quasi noch warm, so frisch ist der Text. Nämlich von heute morgen, durch mich allein an meinem Schreibtisch entstanden. Falls Dir ein ähnlicher Text unterkommt: Verlink ihn doch gern hier. Würde uns sehr interessieren! Liuebe Grüße und: wir haben das nicht als Vorwurf verstanden, sondern freuen uns über so aufmerksame Leser!

  9. Hättste halt keine Kinder gekriegt
    Bin sowas von Deiner Meinung! In jedem Punkt! Vor allem der vorletzte Absatz, dass man wirklich nicht wusste, worauf man sich einlässt und trotzdem keine Minute mehr missen möchte. Klasse geschrieben. 🙂