„Wir Lehrer haben keinen einfachen Job!“ Interview mit Mona

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Liebe Mona, Du bist Lehrerin und arbeitest in Teilzeit. Kannst Du mal aufschreiben, wie ein ganz normaler Tag bei Dir aussieht?

Der Tag beginnt mit dem Fertig-machen der Kinder. Mein Mann ist auch Lehrer, allerdings mit langem Anfahrtsweg per Zug, das heißt, er ist schon weg, wenn die zwei Kinder und ich aufstehen. Jede Mama weiß, wie das morgendliche Gehetze mit Kindern sein kann. Man findet es selbst fürchterlich, aber man muss eben pünktlich im Klassenzimmer stehen.

Sind die Kinder dann endlich angezogen, haben gefrühstückt, sind die Brotdosen gefüllt, fahren wir zur Kita. Ich habe das Glück, keine langen Szenen des Abschiedsschmerz von meinen Kindern zu bekommen, somit verabschieden wir uns recht schnell und ich renne ins Auto und fahre zügig zur Schule.

Dort habe ich dann leider keine 5 Minuten Ankunftszeit, sondern werde meist schon von meinen "Kindern" erwartet und der Unterricht beginnt. Es passiert mir übrigens sehr häufig, dass ich meine Schüler "Muki" oder "Mäusi" nenne. So ganz umschalten geht eben doch nicht.

In meinem Schulalltag gibt es auch wenig Pausen. Zwischen den Stunden kopiere ich, führe Gespräche über Schüler. Das kann ich so gut wie nie in Ruhe nach der Schule erledigten, denn nach der 5.Stunde hetze ich zurück zur Kita. Dann sind meine Kinder dran und zwar kompromisslos. Wenn die Kids im Bett sind bereite ich Unterricht oder Elterngespräche vor und korrigiere ARbeiten. In der Zeugnisphase komme ich manchmal erst um 2 Uhr morgens ins Bett. 

Es gibt ja das Vorurteil, dass Lehrer generell nur einen Halbtagsjob haben. Ärgert Dich das?

Ja, das ärgert mich sehr. Einfach, weil es mich immer wieder traurig macht. dass so wenig Leute sehen, wie hart wir Lehrer arbeiten. Was für eine wahnsinnige Belastung dieser Job ist. Ich sage einem Physiotherapeuten ja auch nicht, dass er abends immer so faul auf dem Sofa sitzt während ich am Schreibtisch hocke. Ich liebe meinen Beruf, ich verdiene gut. Ich finde aber auch, dass es unserem Job angemessen ist.

Natürlich höre ich oft, dass wir ja so viel frei haben. Das stimmt schon – die Ferien sind vorallem für die Kinder gemacht, die brauchen die Auszeiten ungemein. Ich bin ehrlich, die Sommerferien sind für mich schon eine lange Zeit, ich nutze nur die letzten zwei Wochen zur Vorbereitung. 

Hast Du auch schon mal blöde Sprüche gedrückt bekommen? Wenn ja, welche und von wem?

Im Moment herrscht ja fast überall ein großer Lehrermangel. Ihr glaubt gar nicht, wie häufig ich zu hören kriege "Vielleicht sattel ich auch nochmal um und werde Lehrer." Das ärgert mich, weil es mir das Gefühl gibt, dass viele Leute denken, Lehrer sein kann ja jeder. Wenn ich dann aber sage "Ja komm mach doch mal", meinen die meisten "Oh Gott, nein. Das könnte ich nicht"

Lehrer sagen ja oft, sie hätten einfach generell zu wenig Zeit für alles. Für was ganz konkret hättest Du im Schulalltag gerne mehr Zeit?

Diese Frage kann ich ganz klar beantworten: Für die Kinder.

Warum bist Du eigentlich Lehrerin geworde?

Auch ganz klar: Ich liebe Kinder. 

Hast Du im Laufe der Jahre gemerkt, dass der Job ganz anders ist als gedacht?

Ja, schon. ich war aber gar nicht so bestürzt darüber, da es trotzdem so viele Momente gab und gibt, die mich immer wieder darin bestärken, warum ich diesen Job mache. Was mich anfangs aber schon leicht überfordert hat, war die unfassbar große Spanne der Fähigkeiten, mit denen die Kinder zu uns kommen. Die Heterogenität. Einige konnten schon Wörter schreiben, manche hatten noch nie ein Buch in der Hand, manche kamen gerade aus dem Krieg nach Deutschland.

Mal ganz ehrlich: Gibt es wirklich so viele schreckliche Eltern, die über jede 2 minus ihres Kindes diskutieren wollen?

Leider ja. Es gibt leider auch immer mehr Kinder, die sehr unsozial und überhaupt nicht empathisch sind. Viele Eltern sehen nur ihr eigenes Kind und das lässt Kinder leider häufig egoistisch werden.

Was war der letzte richtig schöne Lehrermoment für Dich?

Als ich in meiner Elternzeit meine Schule besucht habe und ein Schüler, der sonst immer recht schwierig war und gern provoziert hat, mir entgegen rannte, mich umarmte und aus tiefstem Herzen sagte " Frau F. , ich habe Sie so vermisst".

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9 comments

  1. Respekt
    Hallo, also ich muss sagen, ich habe Respekt. Allein, dass man sich immer abends noch einmal hinsetzen muss für die Vor- und Nachbereitung verlangt viel Disziplin! Ich habe jahrelang ein Fernstudium gemacht und zu Hause gelernt, Hausarbeiten und Diplomarbeit geschrieben. Ich genieße es jetzt sehr, dass meine Arbeit auf Arbeit bleibt und ich zu Hause einfach privat bin! Ich würde auch nicht wirklich im Homeoffice arbeiten wollen, aus den Erfahrungen mit dem Fernstudium… die Entgrenzung von beruflich und privat wäre gar nichts für mich. So muss ich zwar Präsenz zeigen, aber dank Gleitzeit und Art des Jobs genieße ich das sogar. Also liebe Lehrer, hoffentlich macht Ihr alle Euren Beruf so gerne, wie offensichtlich die Klassenlehrerin unseres Sohnes! Er ist richtig aufgeblüht seit der Einschulung und geht täglich gerne zur Schule! Wenn er zu Hause Schule spielt mit seiner kleinen Schwester erlebe ich mit welch tollen Methoden seine Lehrerin ihm die Welt der Buchstaben und Zahlen beibringt! Und letztens seufzte er und meinte im Brustton der Bewundern: Ach, meine Lehrerin weiß einfach alles! Ich wünsche mir von Herzen, dass er viele solche Lehrer in seiner Schullaufbahn kennen lernt!

  2. Mmh
    Also meine Nachbarn sind Lehrer und haben drei Kinder. Jedes Kind hat zwei Hobbies und sie sagen selbst, dass es nur funktioniert, weil sie Lehrer sind und nachmittags die Kinder zu ihren Hobbies fahren können. Klar abends, wenn die Kinder schlafen, müssen sie noch arbeiten. Aber beide Elternteile sehen ihre Kinder nachmittags. Andere Nachbarin ist Ärztin und ihr Mann ist Lehrer. Sie sagt, dass Lehrer ein sehr familienfreundlicher Beruf ist. Da er nachmittags meistens zu Hause ist, kann sie in der Praxis arbeiten. Übrigens sagt er selbst, dass er Vollzeit arbeitet und mal seine kompletten Stunden aufgeschrieben hat. Er kommt auf 40 Stunden in der Woche.

  3. und..
    ich finde den Kommentar „bis 13 Uhr und dann Homeoffice ist doch super“ schwierig. Stellt euch 28-30 Einzelcoachings in 6-8 Stunden zeitgleich vor…und dann noch allen Rest der Lehreraufgaben, die eigentlich Psychologen, Physiologen, Eltern, Sozialarbeiter etc. übernehmen könnten. Lehrer jammern nicht mehr als andere Berufe, aber sie können nicht den Job am Tor abgeben, sondern sind gerade für Eltern gefühlt 24 Stunden bitte ansprechbar udn wehe man verhält sich nicht wie erwartet. Lehrer stehen mehr als andere im Blickpunkt und Kreuzfeuer und vor allem, weil alle es oft besser wissen, wie es geht und denken „ach so schwer ist das doch gar nicht, das bisschen unterrichten und dann frei“. Es ist absurd, dass man sich dafür rechtfertigen muss, mit dem Erwartungsdruck aller und sich selbst klar zu kommen, immer zu funktionieren, immer vor der Klasse perfekt, lustig, wissensvermittelnden, spannend und individuell zu agieren und dann am Ende für alles verantwortlich zu sein: schlechte Noten und Abschlüsse, Klassenklima, Erziehung, Probleme…selbst vor Familienproblemen oder Eheproblemen sind wir nicht sicher, auch die werden an uns getragen. Und viele Eltern sehen nur ihr Kind, und vergessen, dass man vielleicht in 6 Lerngruppen unterwegs ist, selber auch ein Privatleben noch hat.Die, die am lautesten schreien, wie gut Lehrer es haben, sind leider die, die diese am wenigsten wertschätzen. Sagt den Lehrern doch öfter mal danke als nur Kritik und Erwartungen. Denn wer bedankt sich bei Ihnen, dass sie die Kinder ins Leben führen, sie selbstbewusst werden lassen, sie annehmen und fördern…

  4. Nie vor 16 uhr
    …und wenn man Ganztag wie in Hamburg hat, dann endet der Tag in Schule nie vor 16Uhr und an Konferenztagen 18 Uhr und dann noch Fortbildungen bis 19Uhr einbauen. Das fatale was keiner sieht, ist eben dass Lehrer durchgetaktet den ganzen Tag sind, mehr als 48 Std und daher so lange Ferien haben und eigtl nie Schluss haben:Vorbereitung und Eltern die um 20Uhr noch anrufen, Streitklärung, Förderpläne, Abschlussvorbereitung…-die Vielschichtigkeit und die vielen Anforderungen und die wenige Zeit für das Wesentliche, das sieht man von aussen eben nicht.

  5. Ich glaube sie jammern gar
    Ich glaube sie jammern gar nicht sondern reagieren nur auf blöde Kommentare und versuchen sich ständig zu rechtfertigen… lieben Dank für deinen Einblick! Die Vereinbarkeit von Beruf und Kindern ist wirklich in den meisten Fällen und vielen Berufen schwierig und sehr anstrengend..

  6. Ich bin selber keine Lehrerin
    Ich bin selber keine Lehrerin, habe aber sehr viele Lehrer in meinem Umfeld und viele von ihnen beklagen sich ständig wie hart ihr Job sei und wieviel sie zu tun hätten. Dagegen kenne ich Ingenieure, Ärzte, Juristen, die nicht weniger arbeiten, aber deutlich weniger jammern. Ich möchte keinesfalls mit Lehrern tauschen, da ich schon beim Lautstärkepegel in einer Schulklasse durchdrehen würde. Ja, ich bin mir sicher, dass die Arbeit hart ist. Aber: Schon alleine zu deiner Schilderung der morgendlichen Situation: Das ist doch normal. Welche (berufstätigen) Eltern kennen das nicht? Einer muss früher los, der andere macht die Kinder fertig und muss dann pünktlich bei der Arbeit sein. Anstrengend (bei uns trifft das meistens meinen Mann), aber doch nichts besonderes!
    Um 13.00 Uhr „Feierabend“ und dann Homeoffice! Super!
    Ihr Lehrer arbeitet sicher in Summe genauso viel wie andere, aber ihr habt schon tolle Freiheiten (Ferien, teilweise freie Einteilung der Arbeit), ihr arbeitet nicht zwangsläufig nachts, nicht am Wochenende, ihr habt in den Ferien kein Betreuungsproblem….
    Es ist ein Beruf wie viele andere Berufe und in allen gibt es anstrengendere und weniger anstrengende Phasen. Und Ferien sind schon toll, warum jammert ihr so auffällig viel?
    Viele Grüße

  7. Sehr schoener Beitrag!
    Liebe Mona, Dein Tag hoert sich anstrengend an, aber Du bist bestimmt eine tolle Lehrerin.
    Mein Sohn ist in der 1. Klasse und ich bin der Lehrerin sehr dankbar fuer Ihre Geduld, ihre tolle Arbeit mit den Kindern.
    Ihr seid so unendlich wichtig fuer die Kinder!
    LG Anna

  8. Ein bisschen Neid ist doch immer
    Ganz ehrlich: Ein bisschen Neid ist doch immer und jeder äugt mal zu den anderen rüber. Tatsächlich sind die Ferien eine tolle Vorstellung – selbst wenn man da arbeiten muss, eben flexibel. Mit meinen 24 Urlaubstagen bin ich da durchaus neidisch. Dafür habe ich halt einen Kreativ-Beruf im Büro, von 7:30 bis 16 Uhr. Da guckt bestimmt auch so mancher neidisch drauf, der in Schichten arbeiten muss oder bei der Kälte draußen arbeitet.

    Lehramt habe ich oft im Kopf gehabt und immer herzlich gern wieder verworfen, obwohl mir einige Bereiche des Berufs großen Spaß machen würden. Leider kann man sich ja nicht nur die Rosinen rauspicken. Zur Klarstellung: Damit meine ich jetzt nicht die Ferien, sondern freie Projekte mit Schülern 😉

  9. Ich bin auch …
    Lehrerin und lasse diese Kommentare gar nicht mehr an mich ran. Im Gegenteil, ich gebe sie zurück: „Augen auf bei der Berufswahl“ sage ich gerne, oder wenn jemand sagt: „Du bist ja um 13 Uhr schon im Supermarkt“, dann sage ich: „Du aber auch!“. Gerade Eltern, die Kinder in der Schule haben, wissen doch, was wir leisten.
    Und über so viele Berufe gibt es diese Vorurteile. Pfarrer arbeiten nur sonntags und Beamte am Finanzamt sitzen nur ihre Zeit ab.
    Das mit den Pausen in der Schule kenne ich so aber auch. Die sind einfach nicht-existent. Bis man den Klassenraum abgeschlossen hat und ins Lehrerzimmer gegangen ist, noch was kopiert hat oder weggeräumt, dann klingelt es schon wieder…